Protokoll der Sitzung vom 19.06.2009

Darf ich die gleich nacheinander stellen?

Dann tun Sie das bitte.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, inwieweit ist es denn jetzt für die Rechtsaufsichtsbehörde in Kenntnis dieses Fakts zwingend geboten, eine Prüfung vorzunehmen? Anders formuliert, kann auch durch Hinweis eines Dritten an die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde die Behörde veranlasst sein, zwingend eine solche Prüfung vorzunehmen?

Die zweite Frage - Sie hatten gesagt, auch Amtsträger, kommunale Amtsträger, Mandatsträger unterliegen dem Zurückhaltungsgebot, dem Neutralitätsgebot: Wie bewerten Sie denn in diesem Zusammenhang die Kandidaturen vieler Bürgermeister und Landräte auf den Listen unter dem Schlagwort „Scheinkandidatur“ und sie können die Wahl gar nicht annehmen? Da ist doch immer davon auszugehen, dass natürlich der Bürger weiß, dass diese Personen Bürgermeister und Landräte sind. Sehen Sie da nicht Handlungsbedarf, das nun endlich mal aus der Welt zu schaffen?

Zur ersten Nachfrage: Wenn Sie zugehört hätten, ich habe gesagt, dass die Rechtsaufsichtsbehörde von Amts wegen prüft.

Zur zweiten Nachfrage: Eine solche Kandidatur, wie Sie sie angesprochen haben, ist rechtlich zulässig.

Danke. Weitere Nachfragen gibt es nicht. Ich rufe die nächste Mündliche Anfrage auf, die des Abgeordneten Kuschel, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/5277.

Vorgänge in der „Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Thüringen“

Medienberichten war zu entnehmen, dass einem Erfurter Unternehmer, der aus der sogenannten „Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Thüringen“ ausgetreten ist, vom Vorsitzenden des Kreisverbandes Ilm-Kreis jener Vereinigung deshalb Sanktionen bei der Auftragsvergabe angedroht worden sind.

Ich frage die Landesregierung:

1. Inwieweit haben sich welche Landesbehörden mit welchen Ergebnissen mit dem beschriebenen Vorgang in der sogenannten „Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Thüringen“ (MIT Thü- ringen) beschäftigt?

2. Hat die MIT Thüringen öffentliche Fördermittel erhalten und wenn ja, wann, in welcher Höhe und zu welchem Zweck?

3. Findet eine Kooperation der Landesregierung mit parteinahen Wirtschaftsverbänden wie der MIT Thüringen hinsichtlich der Ausgestaltung der Wirtschaftsförderpolitik statt und wenn ja, bezogen zum Beispiel auf die 4. Wahlperiode des Thüringer Landtags, in welcher Form?

4. Plant die Landesregierung, aufgrund des oben genannten Vorgangs bei der MIT Thüringen gegebenenfalls ausgereichte Fördermittel zurückzufordern, und wie wird diese Entscheidung begründet?

Es antwortet Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Landesbehörden haben von dem Vorgang aus den Medien erfahren.

Zu Frage 2: Nein.

Zu Frage 3: Eine Kooperation hinsichtlich der Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik findet nicht statt.

Zu Frage 4: Ich verweise auf die Antwort zu Frage 2.

Es gibt Nachfragen. Abgeordneter Kuschel.

Herr Minister, laut Satzung dieser Mittelstandsvereinigung gehören Sie als Wirtschaftsminister mit beratender Stimme dem Vorstand dieser Mittelstandsvereinigung an. Inwieweit erklären Sie in diesem Zusammenhang, dass Sie ausschließlich aus den Medien über diesen Vorgang in Kenntnis gesetzt wurden; hat sich der Vorstand nicht mit der Sache beschäftigt?

Zweitens: Wie kann es sein, dass in einem Parteiverein ein Wirtschaftsminister eines Freistaats - die Landesregierung unterliegt ja auch einer Neutralitätspflicht - per Satzung Vorstandsmitglied mit beratender Stimme ist? Können Sie das mal erklären? Das stinkt doch wirklich stark nach Verquickung von Parteiinteressen und Handeln der Landesregierung.

Zu Frage 1, Herr Kuschel: Wir haben es aus der Zeitung erfahren, ich persönlich auch.

Zu Frage 2: Die Satzung regelt das so.

Weitere Nachfragen gibt es nicht. Ich rufe die nächste Anfrage auf, die der Abgeordneten Leukefeld, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/5286.

Verweigerung von Mehrbedarf nach SGB II wegen chronischer Erkrankungen durch Träger der Grundsicherung für Arbeit Suchende in Thüringen?

Der Fraktion DIE LINKE sind in letzter Zeit Einzelfälle von Hartz-IV-Bezieherinnen und -beziehern bekannt geworden, in denen es um die Frage von Mehrbedarfsleistungen im Rahmen des § 21 SGB II wegen chronischer Erkrankungen geht. Dabei handelte es sich zum einen um Fälle, in denen eine Ablehnung ausgesprochen worden war, obwohl es für diese Erkrankung schon Gerichtsurteile gibt, die Mehrbedarf zuerkennen (z.B. Diabetes mellitus II). Zum anderen wurde in bestimmten Fällen für die ablehnenden Entscheidungen von den Trägern der Grundsicherung auf die „Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (DV)“ verwiesen. Diese Empfehlungen sollen gerade im Punkt „Mehrbedarfe bei chronischen Erkrankungen“ vor einiger Zeit geändert worden sein. Außerdem gibt es Hinweise, dass die verschiedenen ARGEn in Thüringen bei tatsächlich gleich gelagerten Fällen in Fragen von Mehrbedarfsleistungen nach SGB II unterschiedlich entscheiden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche rechtliche Bindungswirkung haben die oben genannten Empfehlungen des DV - insbesondere mit Blick auf darin vorgenommene Änderungen - und die internen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu § 21 SGB II, die auf diese „Empfehlungen“ Bezug nehmen, für die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter im Rahmen der Erstellung von Hartz-IV-Bescheiden?

2. Inwiefern besteht ein struktureller Zusammenhang zwischen den Mitgliedsorganisationen des DV und den kommunalen bzw. öffentlichen Trägern im Sozialbereich sowie den Trägern der Grundsicherung für Arbeit Suchende?

3. Nach welchen rechtlichen, tatsächlichen, insbesondere medizinischen Gesichtspunkten und nach welchem organisatorischen Verfahren erstellt der DV nach Kenntnis der Landesregierung seine „Empfehlungen“?

4. Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen können Bescheide über Mehrbedarfsleistungen im Rahmen des § 21 SGB II aufgehoben werden, wenn sich weder die tatsächliche Situation noch die Rechtslage seit der Erteilung des ursprünglichen Bewilligungsbescheids geändert haben?

Es antwortet Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss auf die langen Fragen leider auch genauso lang antworten.

Zu Frage 1: Über die Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt nach § 21 SGB II führt grundsätzlich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Rechts- und die Fachaufsicht. Die Hinweise der Bundesagentur mit den Verweisen auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge stellen interne Weisungen dar, um eine einheitliche Anwendung des § 21 SGB II zu gewährleisten. Für die Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen besteht insofern eine rechtliche Bindungswirkung. Über die zugelassenen kommunalen Träger führt das Land die Rechtsaufsicht. Die internen Hinweise der BA sind nur dann für die zkT rechtsverbindlich, wenn dort eine entsprechende rechtsverbindliche Weisung an die Bearbeiter und Bearbeiterinnen erteilt wurde. Im Rahmen der Rechtsaufsicht erfolgte eine Empfehlung an die zkT, die Empfehlung des DV entsprechend anzuwenden.

Zu Frage 2: Es tragen weit über 2.500 Mitglieder den DV, dazu gehören Städte, Landkreise, Gemeinden und deren Vereinigungen wie der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Hinzu kommen Organisationen und Spitzenverbände der Freien Wohlfahrt und der Bundesverband für Arbeiterwohlfahrt, das Deutsche Rote Kreuz und der Deutsche Caritasverband. Weiterhin gehören zu den Mitgliedern des DV der Bund, die Länder wie auch der Freistaat Thüringen, soziale Dienste, Universitäten, Fachhochschulen und andere Ausbildungsstätten. Einige der Mitglieder sind auch Träger im Sozialbereich sowie im Bereich der Grundsicherung für Arbeit Suchende, insoweit besteht ein organisatorischer und auch struktureller Zusammenhang.

Zu Frage 3: Bei der Erstellung dieser Empfehlung des DV haben entsprechend des Gliederungspunkts II der Dritten Empfehlung des DV aus dem Jahre 2008 Ärztinnen und Ärzte aus dem Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens sowie weitere Fachkräfte aus medizinischen und sozialrechtlichen Bereichen mitgewirkt. Es fand eine Revision der Empfehlungen von 1997 statt, dabei waren im Rahmen eines drei Jahre währenden fachlichen Diskurses das Rationalisierungsschema 2004 des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner und anderer Fachverbände, eine wissenschaftliche Ausarbeitung zu den Lebensmittelkosten aus dem Jahre 2008 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sowie weitere einschlägige Literatur wichtige Arbeitsgrundlagen. Nach Kenntnis der Landesregierung bezieht der DV generell Fachleute und Fachgremien in die Erstellung seiner Empfehlungen ein.

Zu Frage 4: Bescheide über Mehrbedarfsleistungen im Rahmen des § 21 SGB II können, wie generell im Sozialrecht, ohne Änderung der Sach- und Rechtslage unter den Voraussetzungen des § 44 ff. SGB X aufgehoben werden.

Es gibt Nachfragen. Bitte, Abgeordnete Leukefeld.

Danke. Herr Minister, eine Frage: Wie schätzen Sie das denn aber ein, dass zu gleichen Sachverhalten unterschiedlich entschieden wird, und was soll man den Leuten da sagen?

Ich kann da nur empfehlen, dort …

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Bei der Mittelstandsvereinigung nachfra- gen, da wird dem Minister geholfen.)

Er hat es beantwortet, danke. Ich glaube, Herr Kuschel, Sie sollten sich einfach ein bisschen zurückhalten und ein bisschen Benehmen hier in dem Hohen Hause wäre einfach für Sie auch angezeigt. Da würde ich einmal darauf bestehen, einmal ganz abgesehen von Ihrer Kleiderordnung, und als ehemaliger IM sollten Sie sich das erst recht zu Herzen nehmen.

Frau Leukefeld, ich würde an der Stelle einfach empfehlen, das zu machen, was ich zur letzten Frage gesagt habe. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass das aufgehoben wird, und da muss man einfach letztendlich noch einmal nachhaken. Sollten die Entschei

dungen fehlerhaft gewesen sein, kann man auch, selbst wenn der Bescheid inzwischen nicht angriffsfähig, also festgesetzt ist, trotzdem rückwirkend aufheben.

Weitere Anfragen gibt es nicht. Es kommt die nächste Mündliche Anfrage, eine der Abgeordneten Döllstedt, Fraktion DIE LINKE, in Drucksache 4/5300.

Umverlegung der B 247 in Gotha-Siebleben

In Gotha-Siebleben berichteten Einwohnerinnen und Einwohner, dass offensichtlich im Auftrag der DEGES Vermessungsingenieure und Lärmschutzbeauftragte aktiv seien. Auf ihr Tätigsein angesprochen wurde erklärt, die Arbeiten stünden im Zusammenhang mit einer Verlegung der B 247 bzw. Lärmschutzmaßnahmen. Es sei beabsichtigt, beidseitig des Straßenverlaufs Lärmschutzwände mit einer Höhe von bis zu vier Metern zu bauen.

Der Stadt Gotha seien bisher diese beabsichtigten Maßnahmen nicht bekannt.

Ich frage die Landesregierung: