Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

(Unruhe bei der CDU)

aber ich bin...

(Zwischenruf aus dem Hause: Erst Brille aufsetzen!)

Ach, Entschuldigung - er ist da, dies ist gut, weil ich gleich mit ihm anfangen will.

Herr Mohring, Ihre Ausführungen hinsichtlich der Kommunalfinanzen haben erneut belegt, dass Sie offensichtlich doch an einem erheblichen Realitätsverlust leiden, und es ist immer Vorsicht zu wahren, wenn Sie versuchen, in volkswirtschaftlichen Zusammenhängen zu denken und zu reden.

(Beifall bei der PDS)

Es wäre in Ihrer Rede alles verständlich gewesen, wenn sie den Nachweis hätten erbringen können, dass das, was Sie hier ausgeführt haben, ausschließlich die Gedanken der PDS gewesen wären. Da hätte ich gesagt, okay, Sie können hier durchaus einer anderen Auffassung sein. Aber Sie müssen sich doch fragen, warum ein stellvertretender Landesvorsitzender Ihrer Partei, ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender Ihrer Fraktion und eine Vielzahl von kommunalen Politikern der CDU offenbar hier ähnlich argumentieren wie die PDS. Mit denen müssen Sie sich auch in allererster Linie auseinandersetzen. Herr Mohring, Sie haben ein Beispiel gebracht mit zehn Menschen, die essen gehen. Für mich ist bei diesem Beispiel der eigentliche Skandal, warum es unsere Gesellschaft zulässt, dass vier dieser betroffenen Leute nicht selbstbestimmt über ein Einkommen verfügen, damit sie ihr Essen selbst bezahlen können,

(Beifall bei der PDS)

sondern auf Almosen angewiesen sein sollen. Das ist der eigentliche Skandal.

Meine Damen und Herren, aufgrund der Redezeit, die mir zur Verfügung steht, kann ich bedauerlicherweise nicht auf alles eingehen, was Herr Mohring hier an Märchen und Geschichten erzählt hat, aber auf einige Dinge muss ich erwidern.

Zunächst erst mal, Herr Mohring, ich dachte, wir hätten darüber im Ausschuss ausführlich debattiert, geht es tatsächlich um die Dotierung der Kürzungen, die Sie vornehmen. Sie versuchen durch Zahlenspielerei, diese Sache niedlich zu reden. Ich möchte es hier noch mal versuchen, vielleicht liegt es tatsächlich auch in dem pädagogischen Ansatz, dass in der Wiederholung dann auch bei Ihnen der entsprechen

de Erkenntnisgewinn liegt. Zunächst ist erst mal unstrittig, da stimmen wir mit Ihnen überein, 160 Mio.  wollten Sie den Kommunen netto im Kommunalen Finanzausgleich streichen. Mit der Zurücknahme von den rund 26 Mio. )  eine etwas andere Situation gebracht - sie sind nicht mehr ganz tot, sondern nur noch tot. Hinzu kommen jedoch 20 Mio.  $   tagesstätten, die nicht berücksichtigt wurden, die als überplanmäßige Ausgabe im Jahr 2004 angefallen sind, wo der zuständige Fachminister selbst darauf verwiesen hat, dass in seinem Ministerium gegebenenfalls darüber nachgedacht wird, Standards zu reduzieren. 1,3 Mio. : kosten im Rahmen des Kommunalpakts Winterdienst streichen Sie; 13 Mio.  Altschuldenregelungsgesetz, wo es keine Vereinbarungen mit den kommunalen Spitzenverbänden gab; und 14 Mio. "  D:  geld. Das alles zusammengenommen macht dann mehr als 200 Mio. 4*  alle Kürzungen außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs, z.B. auch beim Städtebau oder bei der Jugendpauschale. In der Diskussion ist auch eine neue Verordnung zur Auftragskostenpauschale. Alle diese Dinge werden unmittelbare Auswirkungen auf die Kommunen und deren Finanzausstattung haben. Insofern sage ich Ihnen und da gebrauche ich durchaus die Worte eines Parteifreundes Ihrer Partei, des Herrn Gnauck, der formuliert hat: Die Kürzungen sind weder durchdacht, weder durchgerechnet und schon gar nicht zukunftsweisend. Das möchte ich kurz belegen, indem ich insbesondere mal auf die Argumente eingehe, mit denen die CDU versucht hat, die Landeskürzungen bei den Kommunen zu begründen. Zunächst verweisen Sie darauf, die Kommunen hätten erheblich mehr Steuereinnahmen und insofern wären also die Kürzungen berechtigt. Auch hier ist unstrittig, wenn man sich die Zahlen ansieht, im Jahr 2004 haben die Kommunen tatsächlich etwas mehr Steuereinnahmen gehabt. Diese resultierten aber ausschließlich aus der Korrektur einer Fehlentscheidung, an der auch die Landesregierung beteiligt war. Zusammen mit der Steuerreform 1999/2000 wurde die Gewerbesteuerumlage erhöht, weil man gedacht hat, durch diese Steuerreform springt die Konjunktur an und die Gemeinden haben erhebliche Steuermehreinnahmen. Das ist nicht eingetreten, sondern wenn das jetzt rückgängig gemacht wird, dann haben die Kommunen insbesondere in den Jahren 1999 bis 2003 Mindereinnahmen zu verzeichnen gehabt. Das aber 2004 zum Anlass zu nehmen und den Kommunen das vorzuhalten, sie hätten mehr Steuereinnahmen, das ist mehr als unseriös. Und wenn wir einmal eine längerfristige Betrachtung machen im Zeitraum von 1995 bis 2003, dann sind zwar die kommunalen Steuereinnahmen um 6 Prozent gestiegen, während die reinen Landessteuereinnahmen tatsächlich etwas gesunken sind, aber Sie wissen genau, Land und auch die Kommunen finanzieren sich

nur zum Teil über die Steuern und sie müssen tatsächlich die Gesamteinnahmeentwicklung unterstellen. Bei den Kommunen sind das die Zuweisungen des Landes und beim Land sind das die Zuweisungen oder die Finanzbeziehungen zum Bund. Wenn man das unterstellt, dann hat in dem genannten Zeitraum das Land einen Zuwachs von 127 Mio.  rund 2 Prozent, und die Kommunen, und da müssen Sie jetzt zuhören, 511 Mio. ! % sind immerhin 11,4 Prozent. Zudem müssen Sie das unterschiedliche Steuerniveau berücksichtigen, während die Steuerfinanzierungsquote beim Land bei rund 50 Prozent liegt, liegt sie bei den Kommunen nur bei rund 17 Prozent. Wenn Sie das verschweigen, dann entsteht tatsächlich dieses verzerrte Bild. Wenn Sie darüber hinaus als zweites Argument verwenden, dass die Kommunen noch erhebliche Reserven hinsichtlich der Steuererhebung hätten, dann kann ich Sie, Herr Mohring, nur an Ihre eigene Rede erinnern. Sie haben eine glühende Rede für Steuersenkungen gehalten und meinen, damit lässt sich entsprechend Ihres neoliberalen Weltbilds die Welt heilen und das Problem der Arbeitslosigkeit bekämpfen. Und selbst fordert Ihr Innenminister, während die CDU auf Landes- und Bundesebene Steuerreduzierungen verlangt, in Thüringen die Kommunen auf, die Steuern zu erhöhen. Welche Logik dahinter stehen soll, müssen Sie hier dem hohen Haus und der Öffentlichkeit schon einmal erläutern. Hinzu kommt, Herr Innenminister, Sie haben die Empfehlung gegeben, dringliche Empfehlung, oder wie Sie das auch immer nennen, aber trotzdem ist es eine Aufforderung, letztlich die Steuern zu erhöhen, und Ihre Partei sagt auf Landes- und Bundesebene, Steuern müssen gesenkt werden. Aber wenn Sie das schon fordern, Herr Innenminister, dann müssten zumindest Sie auch darauf hinweisen, dass es bestimmte Verrechnungsmodalitäten gibt, dass nämlich Steuermehreinnahmen bei den Kommunen zu einer Reduzierung der Schlüsselzuweisungen führen, wenn auch mit zwei Jahren Verspätung. Das heißt, letztlich haben die Kommunen nur rund 30 Prozent der Steuererhöhungen tatsächlich zur eigenen Verwendung. Das ist immer noch etwas, aber zur Wahrheit gehört zumindest das auch und Sie müssen auch darauf verweisen, dass die kommunale Steuerkraft mit 64 Prozent in die Ermittlung des Länderfinanzausgleichs eingeht. Das heißt, auch dort würden Steuermehreinnahmen bei den Kommunen letztlich zu einer Reduzierung des Länderfinanzausgleichs führen. Es gehört sich von Seiten des Innenministers, der auch Kommunalminister ist, zumindest auf diese Zusammenhänge zu verweisen, wenn man schon eine Debatte führt, dass die Kommunen ihre Hebesätze erhöhen sollen. Jetzt haben wir einmal durchgerechnet, die Hebesätze in Thüringen müssten um etwa 300 Prozent erhöht werden, um einigermaßen Ihre Kürzungen auszugleichen. Sie werden sicherlich nicht von den Kommunen in Thüringen tatsächlich er

warten, dass Sie dann höhere Hebesätze haben als Berlin oder Frankfurt/Main. Das ist dann auch eine Art Standortpolitik, die dazu führt, dass die demographische Entwicklung vielleicht noch schneller und rasanter vor sich geht, als das Prof. Sedlacek hier prognostiziert hat.

Dann sprechen Sie von Ausgabereserven bei den Kommunen und ich bin immer einer, der sagt, jawohl, es gibt Reserven bei den Kommunen. Wenn also der Ilm-Kreis die Verwaltung wieder eine Zeiterfassungsanlage für 34.000  =zigen Zeit anschafft, dann bin ich immer dafür zu haben. Aber es geht ja um die Grundtendenz und da ist doch wohl die Einschätzung zu treffen, dass die Kommunen in viel größerem Maße Konsolidierungsanstrengungen unternommen haben als das Land. Allein der Blick auf die Personalkosten und deren Entwicklung macht das sichtbar. Und es kommt etwas anderes hinzu: Es gibt natürlich Ausgabekürzungen, die entsprechen dann auch nicht mehr Ihrem Weltbild. Da möchte ich nur die Investitionen nennen. Wenn die Investitionen 1992 noch 1,8 Mrd. in Thüringen waren, die kommunalen Investitionen, 2004 noch 790 Mio. investiert wurden und in diesem Jahr die Gefahr besteht, dass die Kommunen nur noch 280 Mio. investieren, dann hat das unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung und den Arbeitsmarkt und damit wieder auf Steuerentwicklungen, auf unser Solidarprinzip bei der Kranken-, Renten-, Arbeitslosenversicherung. Insofern kann das doch wirklich nicht Ihr Ziel sein. Hier wird wieder deutlich, Sie sehen immer bloß die Angebotsseite und die Nachfrageseite spielt bedauerlicherweise im Konzept der Landesregierung, der CDU überhaupt keine Rolle.

(Beifall bei der PDS)

Also für Sie muss das peinlich sein, wenn ich Ihnen als demokratischer Sozialist noch diese Zusammenhänge immer wieder um die Ohren hauen muss. Langsam sollte Ihnen das zumindest zu denken geben.

Das vierte Argument, die Landesverschuldung wäre höher als die Kommunalverschuldung. Wer das einfach so im Raum stehen lässt, ohne darauf zu verweisen, dass es Unterschiede zwischen dem Landeshaushaltsrecht und dem kommunalen Haushaltsrecht gibt, der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er Äpfel mit Birnen vergleicht, denn die kommunale Verschuldung und Landesverschuldung lassen sich nicht 1 : 1 vergleichen, denn Sie blenden einfach bei der kommunalen Verschuldung ein paar Punkte aus: die Verschuldung der kommunalen Eigenbetriebe, der kommunalen Zweckverbände, was Wasser-, Abwasser-, Abfallwirtschaft betrifft. Dort sind hohe Investitionen, hohe Schulden zu verzeichnen. Sie lassen die kommunalen Unternehmen,

die Stadtwerke außen vor und Sie lassen die kommunale Wohnungswirtschaft außen vor und die Altschulden der Wohnungswirtschaft auch. Und Sie nehmen einfach nicht zur Kenntnis oder thematisieren es nicht, dass Sie als Landesgesetzgeber, also wir hier, das hohe Haus, den Kommunen die Vorgabe gemacht haben, jährlich tilgen zu müssen. Das sind rund 280 bis 320 Mio. =; : alles zusammenrechne, dann haben die Kommunen gegenwärtig eine direkte Verschuldung von 13 Mrd.  ohne Altschulden der Wohnungswirtschaft, das Land 15 Mrd % %*  schon völlig anders dar und Ihre Argumentation bricht wie so oft wie ein Kartenhaus zusammen. Dann kommt noch etwas hinzu, nämlich dass Sie behaupten, die Thüringer Kommunen werden oder wurden im besonderen Maße durch das Land unterstützt. Herr Mohring hat das auch wieder thematisiert und offenbar hat er da aufgepasst, wie man auch mit Statistik eine Fehlpolitik uminterpretieren kann. Was sind die Tatsachen, und, Herr Mohring, da hätten Sie auch einmal die Antwort der Landesregierung auf meine Anfrage in der Drucksache 4/544 lesen und zur Kenntnis nehmen müssen. Erst einmal ist es ein Skandal, dass das Innenministerium nicht einmal die Zahlen abschreiben kann vom Bundesamt für Statistik, was die Landesverschuldung betrifft. Ihr Pressesprecher, Herr Minister, hat mir vor 14 Tagen versprochen, dass er das korrigiert, weil, noch ist es eine offizielle Drucksache, und Mecklenburg-Vorpommern hat auf einmal die geringste Verschuldung in der ganzen Bundesrepublik und die Sachsen die höchste, aber bisher ist es nicht korrigiert. Aber davon einmal abgesehen, die Zahlen stimmen eben nicht und offenbar ist Ihr Haus nicht in der Lage, das innerhalb von 14 Tagen zu korrigieren. Auch das ist ein Beleg für uneffektives Regierungshandeln. Aber die Zahlen, die stimmen, das war die Abfrage, die Nettozuweisungen des Landes an die Kommunen, und zwar im Finanzausgleich und außerhalb. Da ist Thüringen komischerweise an vorletzter Stelle. Vielleicht, Herr Minister, können Sie das mit dem Generalsekretär der CDU einmal abkaspern, wo da die Ursachen liegen. Also rein den Finanzausgleich zugrunde zu legen ist eben unseriös. Hinzu kommt, dass Sie einfach die Befrachtung des Finanzausgleichs ausblenden, was Sie immerzu vornehmen. Allein die Erhöhung der Auftragskostenpauschale innerhalb des KFA führt letztlich zu einer - fiskalisch gesehen - Reduzierung der Mittel für die Kommunen. Wenn ich die geringen Steuereinnahmen noch hinzuziehe, dann ist es tatsächlich so, dass die Kommunen von Ihnen, vom Land stiefmüttlerlich behandelt werden.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, auf einen letzten Aspekt möchte ich eingehen, wegen der Redezeit. Sie ha

ben ja einen anderen Umgang mit den Kommunen gewählt, das will ich nicht bewerten, aber was Sie zuletzt noch versucht haben, das schlägt wohl dem Fass noch den Boden aus. Sie haben nämlich versucht, Gemeinden und Landkreise gegeneinander auszuspielen. Das ist besonders schäbig, dass Sie noch versuchen, die kommunale Familie zu trennen, weil Sie dann meinen, mit ihr besser fertig zu werden. Sie erhöhen die Schlüsselzuweisungen für die Landkreise zwar um 6 Mio.    zeitig den Sozialhilfelastenausgleich um 5 Mio.  herunter. Das ist ein Umschichten von der einen Tasche in die andere - fast ein Nullenspiel. Sie nehmen die Kürzung der Vorwegschlüsselzuweisungen bei den kreisfreien Städten etwas zurück, nehmen aber auch denen beim Sozialhilfelastenausgleich etwas weg. Und über die kalte Hintertür wollen Sie einfach die Berechnungsgrundlagen der Kreisumlage verändern, indem Sie die investiven Schlüsselzuweisungen des Jahres 2004 herausnehmen. Zum Glück konnte das im Haushalts- und Finanzausschuss verhindert werden, weil da wäre es um 10 Mio.   gangen, die sie den Landkreisen gestrichen hätten zugunsten der kreisangehörigen Städte und das hätte die Konflikte um die Kreisumlage weiter verschärft.

Meine Damen und Herren, insgesamt ist - gerade was den Einzelplan 17 betrifft - eine zukunftsweisende Antwort auf die Herausforderungen der Zeit schon deshalb nicht gegeben, weil Sie ab dem Jahr 2006 den Kommunen wieder mehr Geld geben wollen. Sie riskieren damit, dass im Jahr 2005 Strukturen zusammenbrechen, und tun dann so, als wenn Sie ab 2006 das dann wieder heilen wollen. Dabei wissen Sie, wenn erst einmal Strukturen zusammengebrochen sind, sind sie entweder dauerhaft weg oder nur mit einem erheblichen Mehraufwand wieder zu korrigieren. Und eine derartige Politik ist einfach abzulehnen als unseriös und insofern sind die kommunalen Proteste tatsächlich verständlich. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Danke. Als nächste Rednerin folgt Abgeordnete Taubert, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, der Einzelplan 03 des Innenministeriums und dazu aus dem Einzelplan 17 der KFA - da gibt es eine Reihe dazu zu diskutieren. Das fängt beim Brand- und Katastrophenschutz an, das geht über das Thema Refinanzierung der Beitragserstattungen im Bereich Wasser/Abwasser und weiter über die völlig absurden Ideen der CDU-Fraktion oder der Landesregierung zu den unterschied

lichen Arbeitszeiten von Beamten. Ich will mich aber auf unsere Anträge, vor allen Dingen auf die drei Kernanträge der SPD-Fraktion, die gemeinsam mit der PDS vorgetragen werden, zur Linderung der Millionenausfälle bei unseren Kommunen in Thüringen beschränken. Herr Mohring hat sich ja in der TA zum größten Verfechter kommunaler Interessen gemacht. Ich habe heute mitbekommen, Herrn Fiedler muss es gegrämt haben.

(Unruhe bei der CDU)

Sie machen einen ganz geknickten Eindruck, Herr Fiedler, dass Sie nicht mehr der größte Kommunale im Mittelblock sind. Ob das so ist, das muss jeder selber hier im Parlament abwägen. Aber nach der Rede von Herrn Mohring sage ich mal, vielleicht ist es doch besser, man ruft die Monarchie wieder aus und dann kann man ja auch die Vorgänge im Haushalts- und Finanzausschuss viel besser erklären.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Aber Spaß beiseite. Die Tatsachen wurden doch von Ihnen in der Rede, aber auch in dem Presseartikel ausgesprochen verdreht. Das hat nicht mehr sehr viel mit dem zu tun, was tatsächlich in Thüringen passiert. Es ist doch nicht so, dass Sie dafür gesorgt haben, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, dass die Kommunen wieder mehr bekommen. Das ist doch nicht so. Wenn sich der öffentliche Protest nicht formiert hätte, wenn sich nicht die Spitzenverbände aufgemacht hätten und allen erklärt hätten, was tatsächlich im Lande passieren soll, und wenn sich nicht jetzt PDS und SPD zusammengetan hätten und erklärt hätten, was passieren wird, und dass nicht auch in jedem kleinen Dorf getan hätten, dann hätten Sie sich doch gar nicht bewogen gefühlt, überhaupt etwas nachzubessern. Das muss an der Stelle klar gesagt werden.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Wir fordern, nicht nur die Hälfte der Schlüsselzuweisungen wieder zuzugeben, sondern die Streichungen ganz wegzunehmen, ebenso die Vorwegschlüsselzuweisung für die großen Städte. Jeder weiß heutzutage, was große kreisangehörige Städte und kreisfreie Städte auch für das Umland an positiver Wirkung haben. Und diese 31 Mio.  notwendig, um zumindest das Mindeste an Elend zu lindern. Es ist bereits mehrfach darauf verwiesen worden, an wie vielen anderen Stellen im Haushalt gestrichen wird. Die Finanzakrobatik, die Herr Mohring heute betrieben hat, wenn er noch ein Stück geredet hätte - da sind wir uns in der SPD-Fraktion einig -, dann wäre für die Kommunen vielleicht auch noch was rausgekommen, dann hätten sie etwas

mehr bekommen. Denn es sind ja nur 10 Mio.  macht auf meine Gemeinde 24.000  :  schwert sich der Bürgermeister und legt keinen Haushalt vor? Er könnte es ja locker tun, das sind ja geradezu Peanuts. Dabei streichen Sie vor allen Dingen im ländlichen Raum im ÖPNV-Bereich ganz massiv. Das werden Millionenbeträge sein, die bei den Landkreisen fehlen werden. Und, das will ich auch sagen, Sie haben keinerlei Investition mit diesem wieder draufschlagen, also mit dem Zuschlag, erreicht. Wir werden keine Investitionen in den Gemeinden haben bei Straßen, wir werden keinen Kindergarten sanieren können, der im Moment noch nicht saniert ist, und wir werden auch bei Schulen in den Stop geraten. Apropos Straßen, wir haben in den letzten Tagen und auch Wochen - die meisten von uns sind Vielfahrer - als Autofahrer merken dürfen, wie notwendig es ist, dass Winterdienst erfolgt. Wir können auch sehen, dass bei den Kommunen gerade beim Winterdienst das Geld noch nie reichlich war. Es ist ausgesprochen knapp. Die Verweigerung dieser Zuweisung entgegen den Absprachen mit den kommunalen Spitzenverbänden gefährdet nicht nur die Sicherheit von Autofahrern erheblich, sondern ist auch tourismusschädlich. Das muss man ganz deutlich sagen.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr:... ist tourismusschädi- gend.)

Ja, da wird die Straße auch geräumt. Aber wenn die Straße nicht mehr geräumt wird am Rennsteig, wie will ich denn dann überhaupt zu diesen touristischen Gebieten kommen. Wir haben es doch erlebt. Wenn ich Herrn Wetzel anschaue, er kennt das Beispiel. Es gab ja schon mal vor einigen Jahren einen harten Winter, auch im Saale-Orla-Kreis, auch im Wahlkreis von Herrn Wetzel. Da war das Geld noch da, das war eine kommunale Straße.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Wenn der Landkreis verkauft, dann muss man...)

Entschuldigung, Herr Wetzel, es war die Gemeinde Wurzbach. Der Skilift lief und die Straße war nicht geräumt. Deswegen sage ich, Straße nicht räumen ist tourismusschädlich.

(Unruhe bei der CDU)

Ich will auch auf die Streichung im Bereich Museen und kulturelle Einrichtungen eingehen. Wir behaupten immer, wir sind ein Land der Dichter und Denker und wir bauen ja auch unser Tourismuskonzept ganz intensiv darauf auf.

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Das beste Beispiel haben wir heute erlebt.)

Trotz alledem ist die Landesregierung so weit gegangen, dass sie gerade bei namhaften Museen und Kunsteinrichtungen das Geld streichen möchte und damit diesen Einrichtungen den Garaus machen will.

Wir sehen darüber hinaus natürlich auch Dringlichkeit, in anderen ausgewählten Bereichen Mittel aufzustocken. Dies betrifft vor allem den Bereich Jugend und Bildung. Die CDU-Fraktion und die Landesregierung haben wortreich darum gesprochen im Vorfeld der Diskussion zu Horten, dass man ein Konzept vorlegen wird. Nun liegt es vor, das Konzept Bildung und Betreuung von 2 bis 16, und wenn Sie den Entschließungsantrag der CDU-Fraktion gelesen haben, konnten Sie auch entnehmen, dass man sich bei Familienförderung stark machen möchte. Die Realität des Haushalts 2005 jedoch sieht ganz anders aus. Es ist traurig, dass wir Zuschüsse im Bereich der Schülerspeisung gestrichen bekommen, dass die Schülerbeförderung gekürzt werden soll, dass Zuweisungen an Musik- und Jugendkunstschulen reduziert oder gestrichen werden sollen. Sie predigen zwar Familienpolitik und Familienfreundlichkeit, beschließen aber einen familienfeindlichen Haushalt 2005,

(Beifall bei der PDS, SPD)

der auch an anderen Stellen summarisch erhebliche Belastungen für Familien mit Kindern mit sich bringen wird. Es reicht eben nicht, eine Familienstiftung einzurichten, wenn Sie gerade jungen Familien an anderer Stelle die Entscheidung für Kinder drastisch erschweren. Ich möchte auch noch etwas zu dem Applaus Herrn Fiedlers beim Vortrag der Änderung im Haushalts- und Finanzausschuss sagen in Bezug auf die Kreisumlage. Herr Fiedler, was macht denn Ihr Landkreis mit dem Geld, das er zur Verfügung hat? Sind es nicht die Kinder aller Gemeinden, die in die Schule gehen, die der Landkreis vorhalten muss? Sind es nicht die Personen, die sich kein Auto leisten können, die mit dem ÖPNV fahren? Sind es nicht ältere Bürger, die auch soziale Einrichtungen nutzen? Sind es denn nicht die Menschen, die in Ihrem Ort wohnen, die in Sporteinrichtungen auch des Landkreises Sport treiben dürfen? Es ist doch nicht so, dass der Landkreis ein völlig fremdes Gebilde ist. Er nimmt doch nur wahr, was die Kommunen selber nicht wahrnehmen können. Diese Aufgaben sind gleichermaßen wichtig wie die Aufgaben, die eine Gemeinde erfüllt. Deswegen ist es unredlich, auch noch zu applaudieren, wenn man so etwas vorhat.

Lassen Sie mich eins noch zu dem sagen, was ich seit November in der Haushaltsdiskussion erlebt habe. Ich habe viele Menschen kennen gelernt, die ge

sagt haben, wir sehen ein, dass wir sparen müssen. Aber ich habe noch nie gemerkt - ich bin ja auch neu -, mit wie viel Arroganz man aus der Fraktion der CDU, aus der Landesregierung umgeht, wenn man Menschen finanzielle Grundlagen nimmt. Man macht sich ja teilweise geradezu lächerlich über die Personen, die wagen zu sagen, dass freie Träger, dass Verbände, dass Kommunen teilweise ihre Aufgaben überhaupt nicht mehr erledigen können. Es ist schon heute angesprochen worden, soziale Verbände müssen ihre Arbeit einstellen. Sie bringen mit dieser rückwirkenden Streichung von Mitteln ehrenamtliche Mitglieder von Vorständen in ganz schwierige Situationen. Es wird abgetan mit dem Begriff "Flurbereinigung". Das kann einfach nicht sein. Wir müssen uns alle disziplinieren auf allen Ebenen und das fängt hier im Landtag an, dass, wenn Kürzungen vorgenommen werden und wenn Geld gespart werden muss, es dann alle rechtzeitig wissen müssen. Rechtzeitig, damit sie sich darauf einstellen können, rechtzeitig, damit sich die Vorstände einstellen können, damit sich auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die betroffen sind, auf diese Situation einstellen können, denn nur so kann man Politik auch als ehrliche und glaubwürdige Politik verkaufen. Danke.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Als nächste Rednerin hat sich Abgeordnete Berninger, PDS-Fraktion, zu Wort gemeldet.