Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Herr Abgeordneter Gentzel, zu Ihrem Vorwurf, dass wir Landessteuern für den Konzessionär absenken: Ich gestatte mir einen Auszug oder eine Zusammenstellung der Spielbankver

ordnungen und -abgaben der neuen Bundesländer. Hier liegen wir genau im Trend mit unseren Nachbarn in Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, wenn man nämlich die Abgaben zusammenzählt. Das Absenken ist im Gesetz vorgesehen und alle anderen Länder haben in ihren Verordnungen ebenfalls diese Stufen vorgesehen zu Beginn des Spielbetriebes und gekoppelt an den Spielertrag - genau dasselbe. Wer liest, ist im Vorteil, Herr Gentzel, aber Sie schauen ja hauptsächlich Filme, wenn ich das heute so richtig verstanden habe.

(Heiterkeit bei der CDU)

Die Verordnungen der einzelnen Bundesländer lesen und dann kommen Sie genau darauf, wie diese benachbarten Länder die Spielbankverordnung und die Spielbankabgabe gestaffelt haben - genau dasselbe Prinzip, auch die Höhe.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Im Prinzip ja.)

Der Schaden, der dem Land entstanden ist, den Sie, Herr Gerstenberger, so darstellen, oder entstanden sein kann, ist, dass wir noch keine Spielbankeinnahmen haben. Das ist das Problem. Ich habe in meiner Verantwortung alles getan.

(Unruhe im Hause)

Ich habe Verantwortung dafür seit dem 1. Januar dieses Jahres. Auch das, Herr Gentzel, haben Sie sehr schön vermischt zwischen Innenministerium und Finanzministerium. Die Konzessionsvergabe im vergangenen Jahr war im Innenministerium. Das Finanzministerium hat seit dem 1. Januar verhandelt, was den Mietvertrag betrifft. Wir haben versucht, hier für das Land einen Mietvertrag zur Errichtung der Spielbank auszuhandeln, der jetzt paraphiert ist und hoffentlich unterschrieben wird. Darauf hoffen wir im Sinne der Ehrenamtsstiftung. Vielen Dank.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Da ist das Schwarze-Peter-Spiel in der Landes- regierung schon im Gange.)

Ich beende die Aktuelle Stunde und komme zum nächsten Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8

Thüringer Gesetz zur Verwirk- lichung gesellschaftlicher Teil- habe behinderter Menschen Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 4/913 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion der PDS das Wort zur Begründung? Das wünscht die Fraktion der PDS nicht. Dann eröffne ich die Aussprache. Es spricht als erstes der Abgeordnete Maik Nothnagel, Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Einbringung des Gesetzentwurfs zur Behindertengleichstellung ist nicht nur die Fortsetzung des langjährigen Politikprozesses der PDS und ihrer Landtagsfraktion für die gleiche Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft. Die Einbringung dieses Gesetzentwurfs zum jetzigen Zeitpunkt ist eine unmissverständliche Aufforderung an die Landesregierung, endlich ihre Versprechungen wahr zu machen. Bringen Sie endlich, wie schon lange angekündigt, Ihren Gesetzentwurf für ein Gleichstellungsgesetz zugunsten behinderter Menschen ein.

Sie hatten versprochen, dass dies noch im ersten Halbjahr 2005 geschehen werde. Also gehe ich davon aus, dass wir uns in der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause auf die Gesetzesberatung freuen können. Oder ist auch diese Ankündigung nur wieder mal ein Sturm im Wasserglas? Aber mal ehrlich, wer nimmt Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU und der Landesregierung, denn noch ab, dass Sie es nach all den Verhinderungs- und Gegenmanövern der letzten Jahre mit der Gleichstellung behinderter Menschen wirklich ernst meinen? In der letzten Wahlperiode haben Sie, die Abgeordneten der CDU, den Gesetzentwurf der PDSFraktion und der SPD-Fraktion schnöde abgebügelt. Sie haben die Beratung der Entwürfe nicht einmal in den Ausschüssen zugelassen - aus Angst, weil Sie den Entwürfen inhaltlich nichts entgegenzusetzen hatten, muss ich wohl annehmen. Dieser ignorante Umgang war gerade im Hinblick auf den Gesetzentwurf der PDS-Fraktion besonders zynisch, denn dieser Entwurf war seit Ende der 2. Wahlperiode in enger Abstimmung mit vielen Verbänden und Selbsthilfegruppen entstanden. Auch das außerparlamentarische Bündnis für ein Thüringer Gleichstellungsgesetz beteiligte sich intensiv an dieser Diskussion, dessen Sprecher, Herr Pfeffer, ich heute hier auf der Besuchertribüne recht herzlich begrüße. Viele Anliegen, Anregungen und Vorschläge von behinder

ten Menschen in Thüringen sind in den Gesetzentwurf der PDS-Fraktion eingegangen. Durch Ihre Ablehnung haben Sie von der konservativen Mehrheit all diese engagierten Menschen brüskiert. Die PDSFraktion versteht sich auch und vor allem als parlamentarischer Arm solcher außerparlamentarischen politischen Aktivitäten. Ich möchte hier auch an die Zusammenarbeit mit dem Bündnis „Mehr Demokratie in Thüringen“ in Sachen Volksbegehren erinnern. Gesetzentwürfe sind daher vor allem als juristische Übersetzung dieser politischen Anliegen des außerparlamentarischen Spektrums zu verstehen. Daher haben wir für die erneute Einbringung den Gesetzentwurf nur in wenigen Punkten verändert und diese Änderungen mit den außerparlamentarischen Interessenvertretungen behinderter Menschen diskutiert.

Die Betroffenen bestärken uns, den Gesetzentwurf in der aktuellen Fassung wieder in den Landtag einzubringen. Obwohl es in der letzten Wahlperiode von konservativer Seite erhebliche Kritik am PDS-Entwurf für einen Nachteilsausgleich gab, sprachen sich die behinderten Menschen und deren Interessenvertretungen klar dafür aus, bei unserem bisherigen strukturellen Vorgehen zu bleiben. Deshalb gliedert sich auch der Gesetzentwurf der 4. Wahlperiode in zwei Gesetze, in ein Gleichstellungsgesetz und ein Nachteilsausgleichsgesetz, denn nur konkrete Sachleistungen und finanzielle Unterstützungen machen wirklich gesellschaftliche und gleichwertige Teilhabe am Leben in der Gesellschaft für behinderte Menschen möglich. Es gibt keine Gleichstellung ohne Nachteilsausgleiche. Solche Nachteilsausgleiche sind zum Beispiel das Blindengeld oder auch, wie von uns im Entwurf festgeschrieben, ein Gehörlosengeld. Diesen finanziellen Nachteilsausgleich für hörbehinderte Menschen fordern die Betroffenen und ihre Verbände schon seit Jahren.

Deshalb an dieser Stelle einen Hinweis an die Landesregierung: Wenn Sie einerseits großartige Versprechungen für ein Gleichstellungsgesetz machen und andererseits das Blindengeld in seiner Funktion als Nachteilsausgleich faktisch abschaffen, dann haben Sie immer noch nicht verstanden, was Gleichstellung wirklich bedeutet.

(Beifall bei der PDS)

Nachteilsausgleiche sind keine gönnerhaften Almosen oder das Zubrot zur Sozialhilfe oder Ähnliches, sie sind Leistungen, die dem Empfänger zur Verfügung stehen, um Maßnahmen zum Ausgleich behinderungsbedingter Defizite durchführen zu können. Der Finanzierungsvorbehalt darf daher nicht in einer Bedürftigkeitsprüfung wie bei der Sozialhilfe bestehen. Erlaubt ist höchstens - bitte in Anführungsstrichen zu sehen - eine „Luxuskontrolle“, wie

im PDS-Entwurf vorgesehen. Leistungsgrenze ist hier ein Jahreseinkommen von 50.000 € pro Person. Als Nachteilsausgleiche sieht die PDS in ihrem Entwurf neben dem Blinden- und Gehörlosengeld Leistungen zur Assistenz, insbesondere zur Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements vor, darüber hinaus Leistungen zum Erwerb lebenspraktischer Fertigkeiten. Beides trägt dem Ziel, möglichst selbstbestimmte Lebensführung behinderter Menschen, Rechnung so wie auch die im Nachteilsausgleichsgesetz vorgesehenen Leistungen zur Beseitigung von Mobilitätsnachteilen, die die Unabhängigkeit im Alltagsleben stärken sollen. Die spezielle Form der Assistenz für behinderte Schüler ist ausnahmsweise nicht im Nachteilsausgleich, sondern im Gleichstellungsgesetz geregelt. Dort findet sich in § 32 ein Anspruch auf gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht behinderter Schüler. Denn diese Assistenzform ist für viele Betroffene notwendige Voraussetzung für die Integration in den Alltag einer normalen Schule. An dieser Stelle sei angemerkt, dass Assistenz nicht nur Geld kostet, sondern auch Arbeitsplätze schafft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, durch Assistenz werden versicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen und das ist doch das Ziel eines jeden hier in dem hohen Hause. Sind Sie es nicht, meine Damen und Herren von der CDU und insbesondere unser Ministerpräsident Herr Althaus, die immer und immer wieder vom stetigen Wachstum predigen und dieses aber nicht einmal konkret untersetzen? Hiermit, mit der persönlichen Assistenz, haben Sie eine Möglichkeit, Arbeitsplätze zu schaffen und somit für Wachstum zu sorgen. Gleichstellung ist somit kein Geldgrab, wie von Ihnen so oft behauptet wird. Es ist die Möglichkeit, jahrzehntelang ausgetretene Pfade zu verlassen, diese in Frage zu stellen und für die Betroffenen positiv zu verändern. Dies setzt aber einen gewollten Strukturwandel voraus. Die Landesregierung ging in der 3. Wahlperiode im Kampf gegen den PDS-Entwurf für ein Landesgleichstellungsgesetz mit unseriös hohen Zahlen um, was die angeblichen Mehrkosten des Gesetzes angeht. Gerade auch für die Barrierefreiheit wurde mit entsprechenden Summen gespielt. Barrierefreiheit kostet aber im Vergleich zur normalen Lösung nicht wesentlich mehr Geld, wenn sie von Anfang an in die Planung aufgenommen wird. Neueste Studien haben ergeben, dass Barrierefreiheit von Anfang an nur 2 Prozent der Gesamtbaukosten beträgt. Das sind Kosten in Höhe einer Endreinigung der Baustelle. Nur bei Nachrüstungen können höhere Kosten entstehen. Doch hier ist die technische Entwicklung so fortgeschritten, dass es mittlerweile für alle Bereiche, in denen Barrierefreiheit eine Rolle spielt, kostengünstige Lösungen gibt. Dazu gehören vor allem die Bereiche Bau, Verkehr und Kommunikation. Was die Kostenfrage angeht, muss man sagen, hat die Landesregierung mit zweierlei Maß gemessen. Bei ihrem Ent

wurf über die Novellierung der Bauordnung haben Sie die Kosten für die Barrierefreiheit elegant aus der Debatte herausgehalten. Die Bauordnung ist übrigens trotz der Novellierung in Sachen Behindertengleichstellung noch nachbesserungsbedürftig. Wir haben aber dennoch davon abgesehen, unseren Gesetzentwurf zu einem umfangreichen Artikelgesetz mit Änderungsvorschlägen zu diesen und anderen Fachgesetzen zu machen. Die PDS-Fraktion vertritt hier in Thüringen einen Weg, den man z.B. im Nachbarland Hessen schon erfolgreich begangen hat. Dort hat man den gesamten Stand aller Gesetze im Hinblick auf die Anforderungen an die Behindertengleichstellung überprüft und daraus notwendige Änderungsvorschläge entwickelt. Deshalb wird die PDS-Fraktion in Erweiterung ihres Entschließungsantrags auch in der letzten Legislatur die Landesregierung auffordern, eine Überprüfung und Überarbeitung der Thüringer Landesgesetze in Sachen Gleichstellung Behinderter vorzunehmen, wie es in Hessen z.B. geschehen ist. Was eine CDU-Regierung Koch in Hessen kann, müsste doch auch bei einer CDU-Regierung Althaus in Thüringen möglich sein.

(Beifall bei der PDS)

Im Rahmen dieser Überprüfungsarbeit sollten auch die Ergebnisse der Großen Anfrage der PDS-Fraktion zur Situation behinderter Menschen in Thüringen berücksichtigt werden. Nur als kurzer Hinweis an dieser Stelle: Die PDS-Fraktion wird nach der Sommerpause diese Große Anfrage und die mittlerweile vorliegende Antwort der Landesregierung ebenfalls in die Arbeit im Plenum und in den Ausschüssen mit einbeziehen. Einen kleinen Schritt in Richtung Gleichstellung hat die Thüringer Landesregierung versucht, indem sie einen Behindertenbeauftragten installierte. Dieser Beauftragte hat allerdings keine Kompetenzen und dazu kommt noch, dass er mit seinen öffentlichen Äußerungen den Betroffenen in den Rücken fällt, siehe die öffentliche Verteidigung der Demontage des Landesblindengeldes durch Herrn Dr. Brockhausen. Diese Vorgänge machen nochmals deutlich, dass die jahrelange Forderung der PDS-Fraktion nach einem Landesbehindertenbeauftragten mit weit reichenden Rechten richtig und notwendig ist. So finden Sie auch im aktualisierten PDS-Gesetzentwurf ausführliche Regelungen über den Landesbehindertenbeauftragten, der auf Vorschlag von Verbänden für sechs Jahre vom Landtag gewählt werden soll. Er ist hauptamtlich tätig und hat umfassende Rechte bis hin zu Beanstandungsrechten gegenüber Behörden. Dass sich solche Regelungen wie ein Benachteiligungsverbot, ein besonderes Fördergebot für behinderte Frauen, ein Verbandsklagerecht oder auch die Einführung der Gebärdensprache als Amtssprache finden, brauche ich hier nicht noch einmal weiter auszuführen. Dazu möchte ich auf die parlamentarischen Bera

tungen der 3. Wahlperiode verweisen.

Wir haben, wie gesagt, auch einige Punkte geändert. So haben wir das Landesförderprogramm zur Schaffung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen im öffentlichen Dienst aus dem aktualisierten Entwurf herausgenommen. Hier gibt es mittlerweile gute Förderprogramme, die von der Bundesebene getragen werden, sofern es auch hierfür Verwaltungsvereinbarungen z.B. gibt. Ziel der PDSGesetzentwürfe zur Behindertengleichstellung ist, immer im Verhältnis von Bund und Land bestehende Versorgungslücken durch Landesgesetzgebung zu schließen. Sollte in Zukunft in Sachen Förderung von Behindertenarbeitsplätzen eine Lücke entstehen, z.B. durch einen Regierungswechsel in Berlin, könnten die von der PDS-Fraktion vorgeschlagenen Gesetze ohne weiteres die Funktion der Lückenfüllung übernehmen. Durch die Herausnahme des Werkstattgeldes als Nachteilsausgleich für behinderte Menschen in Werkstätten könnte man von einer Lücke sprechen. Hier möchte aber die PDS-Fraktion in der kommenden Zeit das Thema „Menschen mit Behinderungen in Werkstätten“ umfassender angehen, denn zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitssituation ist leider mehr notwendig als nur ein Werkstattgeld. Die Forderung nach einem Werkstattgeld wird demnächst wieder aufkommen, dann jedoch als Bestandteil eines umfassenden Förderkatalogs. Insoweit bitte ich Sie noch um etwas Geduld.

Meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU, Sie werden einwenden: Das alles löst nicht unser Geldproblem. Hier antworte ich Ihnen stellvertretend für die PDS-Fraktion: Das von Ihnen angeführte Geldproblem ist ein Scheinargument und das wissen Sie auch. Sie behaupten, Thüringen habe nicht die 300.000 € zur Einführung der Gebärdensprache. Fast zeitgleich hat aber Thüringen weit mehr als 50 Mio. € für dubiose Sicherheitspakete ausgegeben, obwohl selbst die Landesregierung zugab, dass sich die Sicherheitslage in Thüringen nicht verändert habe. Als ganz aktuelles Beispiel möchte ich auf die Kosten des unsinnigen Castortransports von Rossendorf nach Ahaus verweisen. Die Gesamtkosten werden auf 300 Mio. € geschätzt. Davon wird auch Thüringen einen Teil tragen müssen und dennoch befürwortet die Landesregierung solche unsinnigen Aktionen. Auf die Geldverschwendung durch die Spielbank möchte ich jetzt erst gar nicht weiter eingehen, das haben wir eben in der Aktuellen Stunde ausführlich getan.

Ich frage Sie: Wie viel wirksame Gleichstellung für behinderte Menschen könnte man in Thüringen mit all diesen Millionen schaffen? In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf etwas Grundsätzliches hinweisen. Es ist zynisch, Menschen - gerade behinderte Menschen - zu Kostenfaktoren zu degra

dieren, wie Sie es, meine Damen und Herren der CDU, bei der Diskussion um ein Thüringer Gleichstellungsgesetz getan haben. Deshalb machen Sie endlich ernst mit Ihren Versprechungen. Überweisen Sie den vorliegenden PDS-Gesetzentwurf zur Behindertengleichstellung zur Beratung an die Ausschüsse, und zwar an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten, an den Innenausschuss und an den Bildungsausschuss. Bringen Sie endlich auch den Regierungsentwurf für ein Gleichstellungsgesetz in das Parlament und in die Ausschüsse oder schreiben Sie als CDU-Fraktion einen eigenen Entwurf. Führen Sie dann eine ernsthafte Diskussion, damit Thüringen endlich ein Gleichstellungsgesetz für behinderte Menschen bekommt, aber eines, das sich im bundesdeutschen Vergleich sehen lassen kann und welches auch einen solchen Namen verdient. Die PDS-Fraktion wird auf der Grundlage ihres eigenen Entwurfs gern und engagiert mitdiskutieren, und zwar nach dem Grundsatz „Wirkliche Gleichstellung braucht einen wirksamen Nachteilsausgleich“.

Meine Damen und Herren, die meisten von Ihnen kennen die neue Werbung der Aktion Mensch „5.000 x Zukunft“ - Projekte, für die Thomas Gottschalk wirbt. Dort gibt es das Bild des Deutschen Bundestages mit redenden und redenden und redenden Politikern. Dieses Bild ist auch auf den Thüringer Landtag übertragbar. Thomas Gottschalk sagt in dem Werbespot der Aktion Mensch „Reden, reden, reden, das kann jeder, aber handeln?“.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns jetzt endlich handeln, es ist höchste Zeit.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich erteile der Abgeordneten Künast das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich begrüße ausdrücklich, dass nun auch die andere Oppositionspartei dieses Hauses einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht hat. Der Gesetzentwurf zur Gleichstellung behinderter Menschen der SPD-Landtagsfraktion liegt bekanntlich bereits seit der Januar-Sitzung diesem Landtag und den zuständigen Fachausschüssen vor.

Meine Damen und Herren, ich will heute nicht auf die inhaltlichen Schwerpunkte des Gesetzentwurfs der PDS eingehen. Dies hat der Kollege der PDS bereits zur Genüge getan. Außerdem haben wir - so hoffe ich natürlich - im Ausschuss für Soziales,

Familie und Gesundheit bald ausreichend Gelegenheit dazu - hoffentlich bald, denn die Landesregierung lässt sich offensichtlich weiter Zeit. Deshalb möchte ich heute nur zwei Sachverhalte feststellen:

Erstens: Wie bereits in der vergangenen Legislaturperiode trägt auch diesmal die Opposition die Landesregierung zum Jagen. Die Opposition ist es, die die Landesregierung zwingt, möglichst bald zu handeln und dann als eines der letzten Länder der Bundesrepublik Deutschland ein Behindertengleichstellungsgesetz zu verabschieden. Immerhin ist es aufgrund des Drucks der Opposition ja noch erklärter Wille der Landesregierung - noch, wer weiß, was noch passiert. Nachdem ein entsprechender Entwurf des zuständigen Fachressorts in der letzten Legislaturperiode aufgrund angeblich unzureichender Finanzmittel gestoppt wurde, kann ich nur hoffen, dass sich das nicht wiederholt.

Meine Damen und Herren von der Landesregierung, bringen Sie endlich Ihren Gesetzentwurf in den Thüringer Landtag ein, damit wir uns in den Fachausschüssen und in der Anhörung der Experten differenziert damit auseinander setzen können. Da sich die finanzielle Situation des Landes aufgrund der miserablen Haushaltspolitik der vergangenen Jahre und der ewig verschobenen Entscheidungen bekanntlich nicht verbessert hat, befürchte ich allerdings, dass ein Entwurf der Landesregierung in erster Linie aus Unverbindlichkeiten und heißer Luft besteht. Der Referentenentwurf lässt diese Befürchtung sehr wahrscheinlich werden.

Zweitens: Lassen Sie uns keine weitere Zeit verstreichen mit der Beratung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen. Ich sehe die Gefahr, dass bei weiterer Verzögerung im Landeshaushalt kaum noch Politik für Menschen mit Behinderungen zu erkennen ist. Wenn ich nur beispielsweise die Entwicklung bei der Förderung der Beratungsstellen und beim Blindengeld ansehe, dann habe ich die arge Befürchtung, dass mit dem Aufstellen des Doppelhaushalts 2006/2007 die Behindertenpolitik der Landesregierung endgültig auf die zwingenden gesetzlichen Leistungen reduziert wird. Ich ahne nach den Entwicklungen der letzten Wochen, dass all diese Kürzungen vom Behindertenbeauftragten kritiklos hingenommen, ja, sogar zustimmend hingenommen werden. Deshalb kann unterstellt werden, dass die einzige verbindliche Leistung in einem Ausführungsgesetz der Landesregierung die Einrichtung des Behindertenbeauftragten sein wird, eines Behindertenbeauftragten, der treu und brav alle Kürzungen der Landesregierung abnickt und verteidigt. Das ist das Selbstverständnis dieser Landesregierung. Wenn das so weitergeht, wird es bald nichts mehr zu verteidigen geben bei der Förderung von Menschen mit Behinderungen. Deshalb,

meine Damen und Herren, sollten wir keine weitere Zeit verlieren. Ich hoffe, dass die Landesregierung in der nächsten Sitzung endlich ihren Gesetzentwurf einbringt. Gemeinsam mit dem Material der Oppositionsfraktionen und deren Vorlagen wird es dann genügend Anlass geben, um zu dokumentieren, wer in diesem Land Thüringen die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen will, wer das gleichberechtigte Zusammenleben behinderter und nicht behinderter Menschen zur Selbstverständlichkeit werden lassen will, wer pragmatische Vorschläge zur Umsetzung präsentiert und wer eine unabhängige Interessenvertretung von Menschen mit Behinderungen innerhalb der Landesregierung etabliert haben möchte. Wir werden mit Blick auf all das, was in den vergangenen Monaten an Sozialabbau im Behindertenbereich bereits erfolgt ist, deutlich machen, was Schein und was Wirklichkeit in dieser Landesregierung ist. Deshalb, Kolleginnen und Kollegen von der PDS, ist es gut, dass mit Ihrem Gesetzentwurf erneut Handlungsdruck auf die Landesregierung bewirkt wird. Deshalb, meine Damen und Herren von der CDU und der Landesregierung, erwarte ich endlich die Vorlage der Landesregierung. Ich hoffe, dass Sie nach der Erörterung mit den Verbänden kurzfristig doch zu einer qualitativ erheblich verbesserten Vorlage eines Gesetzentwurfs kommen und ich hoffe, dass Sie im Interesse der Person des Behindertenbeauftragten auch diese Rolle nicht weiter missbrauchen, um Funktion und Person unwiderruflich zu schädigen. Genau diesen Eindruck konnte man in den vergangenen Wochen und Monaten nämlich mehr und mehr gewinnen. Der von der Landesregierung endlich vorgelegte Gesetzentwurf wird die letzte Chance sein, diesen Eindruck zu widerlegen und endlich der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen den gebührenden Stellenwert zukommen zu lassen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Panse.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Herr Kollege Nothnagel, Frau Kollegin Künast, ich glaube nicht, dass es Ihrer Aufforderung an die Landesregierung bedarf, um ein Landesgleichstellungsgesetz vorzulegen.

(Zwischenruf Abg. Künast, SPD: Dann hätten wir es schon seit drei Jahren.)

Ich bin sehr überrascht, dass Sie augenscheinlich in den Beratungen, die wir im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit dazu hatten, und bei

den Beratungen, die wir hier im Landtag hatten, gar nicht zugehört haben. Herr Nothnagel hat es wenigstens noch zitiert, dass wir vor der Sommerpause das Gesetz noch beraten könnten und auch beraten wollen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Welche Sommerpause, hat er nicht gesagt.)

Sie haben es nicht einmal zitiert und ich sage Ihnen, Sie haben offensichtlich bei den letzten Beratungen, als wir uns mit dem Gesetzentwurf der SPD im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit auseinander gesetzt haben, nicht hingehört. Sie wissen, dass es einen Gesetzentwurf der Landesregierung gibt, der sich derzeit in der Anhörung befindet, der mit den Verbänden diskutiert wird, wozu es auch kritische Anmerkungen natürlich gibt und der, soweit ich weiß, kurz vor der zweiten Kabinettsbefassung steht und uns demzufolge tatsächlich vor der Sommerpause noch ereilen wird.

Es ist nicht das Blindengesetz, Frau Kollegin Thierbach, Sie müssten es eigentlich auch besser wissen, auch als Ausschussvorsitzende. Sie fragen ja regelmäßig danach.

Lassen Sie mich vorweg noch so ein paar Sachen sagen, was mir bei den Wortmeldungen meiner beiden Kolleginnen und Kollegen hier vorhin aufgefallen ist.