Protokoll der Sitzung vom 08.12.2005

heißt, wir wissen deutlich schonungslos, es gibt keinen Euro für uns geschenkt. Aber wir wissen auch, es wird Verlässlichkeit geben und die ersten positiven Anzeichen, auf die wir seit Jahren gewartet haben, Präzisierung der Verkehrswege Deutsche Einheit, auch des ICE für Thüringen 2015 ist ein solcher Erfolg und ist ein Zeichen, dass es Hoffnung gibt.

Gustav Bergemann hat andere Themen angesprochen, der Solidarpakt, der Korb II mit den für uns zugesagten Mitteln, die Entlastung bei Sonder- und Zusatzversorgungssystemen, um die wir Monate gerungen haben, ohne Ergebnis, das kommt jetzt in Gang in unserem Sinne, vieles andere mehr, auch dass wir für die Arbeitsplätze endlich einmal über die Kombilohnmodelle ernsthaft diskutieren und Lösungen finden wollen, Vorhaben zur Technologieförderung und vieles Weitere wäre zu nennen, auch Dinge, wo wir Meinungsverschiedenheiten haben, auch zwischen Thüringen und dem Bund, ich nenne nur das ÖPNV-Thema beispielsweise, das alles wird jetzt diskutiert. Wir wissen, wer die Akteure sind, und ich denke, mit einer festen Überzeugung hier doch sprechen zu können, es wird vorwärts gehen, es wird deutlich vorwärts gehen und, ich denke, dieses positive Signal in Anbetracht einer politischen Situation, die wir mit dem Thüringen-Monitor auch hier im Hause diskutiert haben, sollten wir von uns aus begleiten, denn jeder weiß auch, ein Großteil, dass der psychologische Funke rüberkommt, und ich bin ganz sicher, die nächsten Wochen werden deutlich mehr Hoffnung bringen und wir wollen alles daran setzen, dass diese Hoffnung auch begründet bleibt, dass wir zu guten Ergebnissen für Thüringen kommen. Bei allen parteipolitischen Unterschieden auch zwischen den Akteuren in der großen Koalition werden wir von unserer Seite aus das positiv begleiten. Das stärkt Demokratie in unserem Land und es stärkt unser Land insgesamt.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen begrüße ich das und hoffe auf eine gute Zukunft. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Abgeordneter Buse, bitte.

Werte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Rede der Fraktionsvorsitzenden der CDU-Fraktion hat mich doch angeregt,

(Beifall bei der CDU)

namens der Fraktion der Linkspartei.PDS einiges zu dieser Aktuellen Stunde zu sagen.

Liebe Kollegen, nach dem Zugang der Unterrichtung durch die Präsidentin, Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde, war mir nicht ganz klar: Was soll denn heute hier passieren? Wenn es denn eine Lobpreisung der Landesregierung sein soll, wenn denn auf die Landesregierung das umgemünzt werden soll, was Frau Merkel zur Bundesregierung gesagt hat, eine „Regierung der Taten“, da dachte ich schon, dass ein bisschen mehr hier rüberkommt als Zuversicht und jetzt wird alles gut. Erst habe ich gedacht, gut, das soll eine Chance sein, dass der Herr Ministerpräsident hier die gute Politik in Thüringen darstellen und erläutern kann. Da habe ich mich gefragt, warum nicht in einer Regierungserklärung, sondern nur in einer Aktuellen Stunde. Herr Bergemann, Sie hatten ja selbst zu tun mit fünf Minuten, Ihren Inhalt hier zu sagen. Ich glaube, vielleicht ist das Thema eher geeignet, Herr Mohring als Generalsekretär, für den nächsten CDU-Parteitag. Vielleicht laufen dann nicht alle Delegierten weg und man kann darüber vielleicht mal besser reden.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Zum Thema!)

Das Thema der Aktuellen Stunde stellt Ihnen, liebe Kollegen der Mehrheitsfraktion, für meine Begriffe doch ein gewisses Armutszeugnis aus. Denn selbst der antragstellenden Fraktion scheinen ja die 191 Seiten Koalitionsvertrag und das, was sich für Thüringen daraus ableitet, nicht mehr wert zu sein, dass pro Fraktion zweimal fünf Minuten hier geredet werden kann. Damit bleibt festzustellen: Recht haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht ist auch über dieses Vertragswerk nicht mehr zu sagen.

(Unruhe bei der CDU)

Bei aller wohlwollenden Betrachtung des Koalitionsvertrags ist im Sinne von Chancen für Thüringen unter dieser Landesregierung nun wirklich nicht viel zu sagen. Da sind wir einig mit der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger. Bekanntlich geben nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Hamburger Magazins „Stern“ lediglich 27 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger dem Koalitionsvertrag die Note gut, 42 Prozent schätzten das Vertragswerk als schlecht ein, bei 21 Prozent findet der Vertrag teils Zustimmung, teils Ablehnung.

Es ist sicherlich nicht gewollt und ich will auch gar nicht hier auf Einzelheiten des Koalitionsvertrags eingehen, weil es ja eine Aktuelle Stunde ist, aber namens unserer Fraktion möchte ich jedoch grundsätzlich feststellen, dass die auf der Grundlage dieses Vertrags fußende Politik eher zur weiteren Ver

schärfung ökonomischer, arbeitsmarktpolitischer, sozialer und kultureller Probleme in der Gesellschaft führen, als zu einer Lösung beitragen wird.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ob sich daraus Chancen für Thüringen ergeben, darf echt bezweifelt werden. Aber der Koalitionsvertrag scheint ja wenigstens ein touristisches Konzept zu sein. Frau Merkel hat nach der Unterzeichnung des Vertrags gesagt - ich darf zitieren: „Es ist sozusagen der Ausgangspunkt für eine gemeinsame Wanderung mit einem Partner, mit dem wir über 40 Jahre in den tiefsten Kämpfen verstrickt waren.“ Wenigstens zum Wandern scheint er geeignet zu sein.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, Die Linkspartei.PDS: Auf dem Rennsteig!)

Die Thematik, liebe Kolleginnen und Kollegen, es sei mir gestattet, auch unter einem anderen Aspekt noch mal hinzuweisen, der hier gerade durch Frau Lieberknecht gesagt worden ist, er gibt neue Impulse, neue Chancen auch hier im Land Thüringen. Herr Ministerpräsident Althaus wird ja in einem Zeitungsbericht dahin gehend zitiert, dass er zum Ausdruck brachte, der neue Umgang in Berlin ist sicher auch ein Signal für die Bundesländer, in denen keine große Koalition regiert. Damit war sicherlich gemeint oder muss ja nun gemeint sein, dass künftig die CDUMehrheit hier im Landtag einen anderen Umgang mit der Opposition pflegen wird als bisher.

(Beifall bei der SPD)

Ja, ich zweifele genauso wie Sie, Herr Minister Sklenar, wenn ich Ihren Zwischenruf hier aufnehmen darf, daran, das einigt uns. Es ist doch die Frage zu stellen, ob hier zu erwarten ist, dass Vorschläge der Opposition nicht von vornherein abgeschmettert werden. Ist jetzt die CDU-Mehrheit bereit, sich in kritischen Diskussionen sach- und fachgerecht mit Oppositionsvorschlägen auch in Ausschüssen auseinander zu setzen und nicht sklavisch den Vorgaben der Landesregierung zu folgen? Gilt das für die politische Streitkultur allgemein oder soll lediglich die SPD-Opposition hier im Landtag umarmt werden? Wir werden sehen.

Herr Abgeordneter Buse, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich glaube aber diesbezüglich, Überraschungen werden ausbleiben. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit schließe ich den ersten Teil. Doch, bitte, Herr Ministerpräsident.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, seit dem oder spätestens seit dem 22. Mai dieses Jahres wird Deutschland nicht mehr vernünftig regiert und das haben wir hier in Thüringen - die Menschen in den Kommunen genauso wie wir hier im Thüringer Landtag - schmerzlich erfahren. Wenn jetzt seit dem 22. November in Deutschland wieder eine stabile Regierung vorhanden ist unter der Bundeskanzlerin Angela Merkel, dann halte ich sehr viel davon, dass wir das hier im Thüringer Landtag zur Kenntnis nehmen und auch debattieren.

(Beifall bei der CDU)

Denn anders als der Oppositionskollege der Linkspartei.PDS glaube ich, geht es nicht nur darum, was in Berlin geschieht, sondern auch, welche Stimmung in diesem Land,

(Beifall bei der CDU)

in unserem Heimatland, in unserem Vaterland existiert. Und wir haben ein Mentalitäts- und ein Stimmungsproblem und sehr viel zur negativen Stimmung trägt z.B. Die Linkspartei.PDS bei.

(Beifall bei der CDU)

Wenn jetzt die große Koalition helfen kann, wichtige Probleme in Deutschland so zu lösen, dass Thüringen dabei Rückenwind bekommt, dann bin ich gerne bereit, auch deutlich zu machen, dass wir, SPD und Union, beide dafür Sorge tragen müssen, dass sich in diesem Land auch die Stimmung ändert, damit die Politik erfolgreich handeln kann.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Die Sie jahrelang blockiert haben!)

(Beifall bei der CDU)

Dass so eine große Koalition sehr schwer auf den Weg zu bringen ist, das wissen einige hier im Raum und in Deutschland ist das noch einmal schwerer. Der Vertrauensverlust, der mit dem Abgang der letzten Regierung verbunden ist, wirkt nach. Denn was am 22. Mai dieses Jahres geschehen ist, hat den Menschen tiefes Misstrauen in die parlamentarische Demokratie oder - besser - in die konkrete Erlebbar

keit vermittelt. In einer aktuellen Studie über den Zustand der sozialen Marktwirtschaft können Sie nachlesen, dass nicht nur in Thüringen, sondern auch in ganz Deutschland die Zweifel an der Wirkfähigkeit der Demokratie deutlich gestiegen sind, in den letzten fünf Jahren von 27 Prozent auf bundesweit 51 Prozent. Deshalb meine ich, weil wir anders als Die Linkspartei.PDS dieses Land mit Demokratie und in Freiheit in die Zukunft führen wollen, lohnt es sich, auch hier im Thüringer Landtag, auch in einer Aktuellen Stunde, deutlich zu machen, dass wir aus Thüringer Sicht froh sind über Angela Merkel als Bundeskanzlerin, über eine stabile Regierung, eine große Mehrheit, und dass wir uns selbst, aber auch die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes bitten, diesen Anfang mit Motivation und mit Zustimmung zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Wer glaubt, dass man heute gegen Stimmungen dauerhaft erfolgreich Politik machen kann, der verkennt, dass wir in einem Meinungsstreit und in einem Handlungsstreit am Ende auch mentale Unterstützung für das brauchen, was wir tun. Und deshalb bin ich froh, dass Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung deutlich gemacht hat, worauf es ankommt. Sanieren, reformieren und investieren - und alle drei Bereiche sind existentiell für Thüringen! Das ist ja das Problem, dass viele in unserem Land glauben, wir könnten hier in diesem Landtag und über die Regierung die grundsätzlichen ordnungspolitischen Veränderungen beschließen.

(Beifall bei der CDU)

Wir hängen davon ab, welche Ordnungspolitik in Deutschland organisiert wird. Und deshalb bin ich froh, dass an wichtigen Stellen im Koalitionsvertrag aufgeschrieben ist, welche Reformen stattfinden müssen. Im Übrigen ist im Nachgang deutlich, dass viel der Kritik, die hier im Landtag an der vergangenen Regierung und der Ordnungspolitik geübt worden ist, berechtigt war. Dass die Pflegeversicherung grundsätzlich reformiert wird, ist auch wichtig für die Arbeitskosten. Dass wir beim Thema Rente eine Überarbeitung erreichen, ist wichtig für die Rentnerinnen und Rentner und für die Arbeitskosten. Dass wir bei der Arbeitslosenversicherung zwei Prozentpunkte absenken und auch durch Mehrwertsteuererhöhung finanzieren, ist wichtig für Arbeitskosten und auch für die Einnahmesituation des Landes. So kann man alle Bereiche der Reformpolitik durchdeklinieren und ich sage auch, für mich ganz wichtig, dass wir eine Steuerpolitik bekommen, die endlich rechtsformneutrale Steuern für alle Unternehmen in Thüringen bedeutet, dass Mittelständler personengetragen nicht länger benachteiligt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb finde ich es richtig, dass man gleich zu Beginn diese Aktuelle Stunde nutzt und wenn die SPD nicht ein paar Tage später eine weitere Aktuelle Stunde beantragt hätte, wäre auch mehr Zeit zum Austausch.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Insofern geht die Kritik ganz eindeutig an Sie zurück und ich wünschte mir in Zukunft, dass Sie die Aufgabe, die jetzt in Berlin zu schultern ist, nicht mit Häme begleiten, sondern mit mehr Aktion unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Warum das jetzt auf der Tagesordnung steht, lieber Herr Höhn, kann ich Ihnen sagen: In der nächsten Woche stehen zwei zentrale Projekte für Thüringen auf der Tagesordnung in Deutschland und Europa. Erstens die Finanzielle Vorausschau und wenn die nicht gelingt, dann werden wir zu Jahreshaushalten in Europa kommen so wie in den 80er-Jahren und dann gibt es keine Verlässlichkeit für die nächsten Jahre. Deshalb sollten wir vom heutigen Tag aus sagen, wir müssen alles dafür tun, auch unter der Bereitschaft, zu Kompromissen fähig zu sein, damit diese Finanzielle Vorausschau unter der britischen Präsidentschaft gelingt.

Das Zweite: Sie haben vollkommen Recht. Noch vor Weihnachten wird der Knoten durchschlagen, Föderalismusreform ja oder nein. Es sind in dieser Reform Dinge, die uns auch nicht gefallen. Ich sage so wie im Juni und das sollte ich heute auch noch einmal sagen, damit es alle wissen: Wenn wir eine Föderalismusreform haben wollen, dann geht sie nur im Gesamtpaket oder gar nicht. Deshalb das klare, unmissverständliche Votum der Landesregierung, trotz einzelner Differenzen, Dienstrecht z.B., sind wir der Meinung, diese Reform kann helfen, Deutschland transparenter und auch besser zu regieren, die Länder mit mehr Kompetenzen auszustatten. Deshalb werden wir, wenn es von unserer Seite und von mir aus geht, noch vor Weihnachten dieser Föderalismusreform im Grundsatz zustimmen und dann muss sie zügig umgesetzt werden. Dann wird es keine Chance mehr geben, im Grundsatz zu verändern. Aber dann wird es auch keine Chance mehr geben, im Detail besondere Veränderungen zu organisieren.

Das Dritte: Es wird auch noch vor Weihnachten das Planungsbeschleunigungsgesetz verlängert und gleichzeitig der Weg für eine grundsätzliche Novelle eingeleitet. Das heißt, es gibt ganz konkrete Punkte. Dabei will ich auch nicht vergessen, ein wichtiges Gesetzesvorhaben für den Mittelstand, es soll ein Artikelgesetz sehr kurzfristig auf den Weg gebracht werden, von dem gerade Thüringer Mittelständler profitieren. Die wachstumshemmende Überregulierung

soll in einem Artikelgesetz aufgeführt und kurzfristig abgebaut werden. Das ist wichtig für den Thüringer Mittelstand und das ist es auch wert in einer solchen Aktuellen Stunde hier auch zu sagen.

(Beifall bei der CDU)