Protokoll der Sitzung vom 09.12.2005

Also noch einmal: Weil diese Fragen nicht aktueller sein können, hat meine Fraktion den Einspruch gegen die Entscheidung der Präsidentin in der 12. Plenarsitzung am 24. Februar nicht zurückgenommen.

Erinnern wir uns noch einmal zurück: Welcher Sachverhalt lag der Entscheidung der Präsidentin am 24. Februar zugrunde? Kollege Blechschmidt hat das schon recht ausführlich hier dargestellt. Die SPDFraktion hatte damals gegen die schon erwähnte Wiederholung der Abstimmung im Haushalts- und Finanzausschuss über einen ihrer Änderungsanträge den Ältestenrat angerufen. Dieser beauftragte den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten mit der Prüfung dieser wiederholten Abstimmung. Der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten fasste in einer sehr frühzeitig anberaumten Sitzung am 24. Februar den Beschluss, dass die Wiederholung der Abstimmung zulässig gewesen sei. Allerdings wies der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten darauf hin, dass die Wiederholung einer Abstimmung nicht rechtsmissbräuchlich sein dürfe. Ausdrücklich steht das damals in der Beschlussvorlage drin. Aber warum gerade die im Haushalts- und Finanzausschuss wiederholte Abstimmung nicht rechtsmissbräuchlich gewesen sein soll, darüber konnte sich die Mehrheit im Ausschuss nicht verständigen und das konnte sie auch nicht überzeugend darlegen.

Die Präsidentin, Sie, sehr verehrte Frau Prof. Schipanski, gab nun diesen Beschluss des Justizausschusses dem Plenum am 24. Februar bekannt. Warum und auf welcher Grundlage dieses Hauses Sie das getan haben, das bleibt im Dunkeln und konnte bis heute in den Ausschuss-Sitzungen auch nicht erleuchtet werden. Nach Auffassung meiner Fraktion - da unterscheiden wir uns von der Auffassung des verehrten Kollegen Blechschmidt - konnten Sie es nur unter sinngemäßer Anwendung des § 121 Abs. 2 Geschäftsordnung tun, denn nur dieser Paragraph, diese Vorschrift sieht eine Entscheidung des Landtags über eine Auslegung der Geschäftsordnung im Einzelfall vor. Dass es sich um einen Einzelfall gehandelt hat, das scheint ja nun wohl unzweifelhaft. Auch hier gilt wieder das eingangs von mir zitierte Sprichwort: „Recht bleibt Recht, aber man verdreht es gern.“ Da nicht sein sollte, was nicht sein durfte, ließen Sie eine Entscheidung des Landtags über den Beschluss des Justizausschusses eben nicht zu. Das, meine Damen und Herren, forderte natürlich unseren Einspruch heraus - wiederum gestützt, jetzt befanden wir uns ganz offensicht

lich unzweifelhaft im Verfahren nach § 121 Abs. 2 GO - über den der Landtag diesmal hier und heute entscheiden muss. Damit, Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, bin ich wieder bei der ersten meiner zwei gestellten zentralen Fragen: Halten wir uns an die selbst gegebene Geschäftsordnung oder benutzen wir Sie, wie sie uns gerade in den Kram passt? Natürlich sagen Sie, es müssen sich alle an die Geschäftsordnung halten, wo kämen wir da sonst hin. Vor ein paar Wochen, noch gar nicht so lange her, Frau Professor, haben Sie das meiner Auffassung nach nicht ganz so eng gesehen. Ich erinnere daran, dass der Herr Ministerpräsident nicht im Landtag war, als der Haushalt 2006/2007 zum ersten Mal beraten wurde, aber dennoch nahm er sich im Übrigen klar gegen den Wortlaut des § 32 GO am nächsten Tag mitten in der Plenardebatte das vermeintliche Recht, als Abgeordneter eine persönliche Bemerkung abzugeben, die in Wirklichkeit eine Erwiderung in der Sache war. So, meine Damen und Herren, darf mit dieser Geschäftsordnung nicht umgegangen werden. Sie darf auch nicht in dieser Weise gebeugt werden.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Zusammenhang noch ein Wort zu unserem neuen Landtagsdirektor, der in einem Schreiben - da hinten sehe ich Herrn Dr. Hütte - an mich versuchte, diesen Vorgang zu rechtfertigen. Auch hier gilt, Herr Dr. Hütte: Recht bleibt Recht. Aber auch Sie haben versucht es zu verdrehen.

(Unruhe bei der CDU)

Mir scheint, dass ich genau den richtigen Nerv getroffen habe.

Meine Damen und Herren, die Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/1344, die uns heute vorliegt, will uns nun glauben machen, dass die Landtagspräsidentin nicht anders handeln konnte, als unseren ersten Einspruch vom 24. Februar zurückzuweisen; denn die Regelung des § 121 GO - so die Beschlussempfehlung, von jedem nachzulesen - betreffe lediglich Entscheidungen des Präsidenten, wenn während der Sitzung Zweifel des Landtags über die Auslegung der Geschäftsordnung auftauchen.

Auf Ausschussvorsitzende - und das ist im Übrigen eines der meiner Ansicht nach recht unrühmlichen Ergebnisse der beiden vom Wissenschaftlichen Dienst dieses Hauses erstellten Gutachten - könnte die Regelung des § 121 GO somit nicht Anwendung finden. Mit dieser Rechtsauffassung der Mehrheit des Ausschusses, die im Übrigen nicht die meinige ist, bin ich bei der zweiten meiner zentralen Fragen angekommen: Wie wenden wir die Geschäftsordnung auch auf die Ausschüsse des Landtags zweckmä

ßig, aber nicht willkürlich an?

Ich will Ihnen mal versuchen zu erläutern, wie das hohe Haus Geschäftsordnungsrecht gesetzt hat, was das in Zukunft für die Arbeit der Ausschüsse in diesem Haus bedeuten würde, würde es so angewandt, und es muss offensichtlich so angewandt werden. Das ist auch der zentrale Punkt, warum ich dieser Beschlussempfehlung nicht zustimmen kann.

Der erste Punkt: Ich und meine Fraktion, wir nehmen den Wortlaut des § 76 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung ernst. Dort heißt es - zur Erinnerung -, meine Damen und Herren: „Für die Beratungen“, gemeint sind hier die Beratungen der Ausschüsse, „gelten die Grundsätze dieser Geschäftsordnung, soweit nichts anderes bestimmt ist.“ Ein Ausschluss auf die Anwendbarkeit einer einzelnen Vorschrift, nämlich des § 121, auf den Ausschussvorsitzenden findet sich an keiner einzigen Stelle dieser Geschäftsordnung formuliert und - ich sage das mal etwas salopp dazu - verliert sich auch in den Tiefen pseudowissenschaftlicher Betrachtungen.

Ferner ist für mich - und damit komme ich zum zweiten Punkt - das vom Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten formulierte Auslegungsergebnis völlig unpraktikabel und verhindert eine zügige Arbeit und Beratung in den Ausschüssen. Der Inhalt der Beschlussempfehlung hätte folgende Konsequenz: Es entsteht in irgendeinem Ausschuss, nehmen wir mal als Beispiel im Sinne der Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses damals im Februar, eine Unklarheit über die Auslegung der Geschäftsordnung. So, wie jetzt das Verfahren bestimmt ist, müsste der Haushalts- und Finanzausschuss den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zur Klärung dieser Geschäftsordnungsangelegenheit anrufen. Dieser würde und müsste sich der wissenschaftlichen Begleitung des Landtags bedienen. Erst dann käme der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zu einer Entscheidung, die dann wieder zurück in den eigentlich ursprünglichen Ausschuss zu gehen hat, wo dann über die Zweifel der Auslegung der Geschäftsordnung zu befinden wäre.

Meine Damen und Herren, Sie wissen genauso gut wie ich, dass das schlichtweg unmöglich ist, ein solches Verfahren zur Anwendung zu bringen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist aber das Ergebnis dieser Beschlussempfehlung und aus diesem Grund kann ich dieser Empfehlung nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren, ich appelliere deshalb zum Schluss an Sie: Wenn wir uns selbst ernst neh

men wollen in diesem Haus und wenn uns unsere Geschäftsordnung, die wir uns selbst gegeben haben, etwas wert ist, dann können Sie dieser Beschlussempfehlung nicht zustimmen. Sollten Sie es dennoch tun, was ich im Übrigen befürchte, so fordere ich Sie und uns heute schon auf - und ich bin auch dankbar, dass Kollege Schröter und auch Kollege Blechschmidt in ihren Ausführungen darauf hingewiesen haben -, mit Initiativen dafür zu sorgen, der Geschäftsordnung in den Ausschüssen ebenso Geltung zu verschaffen wie hier im Plenum, denn - das wusste schon der Herr Geheimrat Weiland - Recht bleibt Recht, und wer es auch hat, das zeigt sich am Ende. Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen in dieser Aussprache mehr vor. Ich kann diese also schließen und wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten in der Drucksache 4/1344. Wer für diese Beschlussempfehlung stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön, das ist eine Mehrheit. Die Gegenstimmen bitte. Es gibt eine Reihe von Gegenstimmen. Die Stimmenthaltungen. Es gibt keine Stimmenthaltung. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten ist damit angenommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 13 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 14

Änderung der Anteilseignerstruktur der Thüringer Aufbaubank (TAB) Antrag der Landesregierung - Drucksache 4/1375 - dazu: Beschlussempfehlung des Haus- halts- und Finanzausschusses - Drucksache 4/1414 -

Der Abgeordnete Gerstenberger hat die Berichterstattung übernommen und ich bitte ihn zu seiner Berichterstattung.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Antrag der Landesregierung in Drucksache 4/1375 wurde gemäß § 52 Abs. 2 der Geschäftsordnung bereits vor der ersten Beratung an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen und der Haushalts- und Finanzausschuss hat den Antrag der Landesregierung in seiner 24. Sitzung am 6. Dezember beraten. Gegenstand des Antrags ist die Herabset

zung des Grundkapitals der Thüringer Aufbaubank von 66.468.000 € auf 33.234.000 €. Die rechtliche Grundlage für diesen Antrag bildet § 3 Abs. 2 des Thüringer Aufbaubankgesetzes, der bei Änderungen des Grundkapitals durch die Anteilseignerversammlung die Zustimmung des Landtags und der Aufsichtsbehörde verlangt. An diesem Grundkapital der Thüringer Aufbaubank sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale, kurz Helaba, und der Freistaat Thüringen mit jeweils 50 Prozent beteiligt. In der Anteilseignerversammlung der Thüringer Aufbaubank am 23. November haben die Anteilseigner einstimmig beschlossen, dieses Grundkapital der Aufbaubank mit Wirkung zum 31. Dezember zu halbieren, also auf 33.234.000 € herabzusetzen. Zur Wirksamkeit dieses Beschlusses bedarf es genau dieser Zustimmung des Landtags und der Aufsichtsbehörde.

Zur Kompensation dieser Kapitalreduzierung wird die Helaba der Thüringer Aufbaubank ein Nachrangdarlehen über 40 Mio. € gewähren, mit dem das haftende Eigenkapital der Thüringer Aufbaubank gestärkt wird. Insgesamt kommt es in diesem Prozess beim haftenden Eigenkapital der Thüringer Aufbaubank zu einer Reduzierung von über 10 Prozent. Weiter wurde mitgeteilt, die Aufsichtsbehörde habe grundsätzlich keine Bedenken gegen die Herabsetzung des Grundkapitals.

Ein Hinweis wurde noch gegeben zum Hintergrund des Geschehens: Die Beteiligung der TAB an Konsortialfinanzierungen ist vorgesehen und könnte die Vergabebereitschaft der Geschäftsbanken erhöhen und damit die Kreditversorgung des Thüringer Mittelstandes verbessern. Im Ausschuss wurde mehrheitlich empfohlen, diesem Antrag der Landesregierung die Zustimmung zu geben. Ich danke Ihnen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Dr. Pidde, SPD-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist gerade einmal vier Jahre her, da hatten wir hier zu beraten über einen Antrag zur Einwilligung zu einer Beteiligung der Landesbank Hessen-Thüringen, Helaba, an der Thüringer Aufbaubank. In den höchsten Tönen wurde von der Landesregierung und auch von der CDU-Fraktion das Engagement der Helaba bei der Thüringer Aufbaubank gepriesen. Frau Präsidentin, ich zitiere aus dem damaligen Antrag in Drucksache 3/1767: „Aus Sicht des Freistaats ist ein Engagement der Helaba wünschenswert, weil er mit der Helaba eine renommierte Bank als Miteigentümerin der TAB gewinnen kann, die mit ihrer

umfassenden und langjährigen Erfahrung die Steuerung der TAB auf allen Ebenen verstärken kann. Ferner lassen sich vor allem auf dem technischen Sektor, wie etwa bei der Zusammenarbeit der beiden Banken im Bereich der EDV, erhebliche Synergiegewinne realisieren. Schließlich wird sich auf der Grundlage der gewählten Vertragskonstruktion das Förderspektrum durch die Bildung neuer Förderprogramme im Eigenobligo der Bank erheblich erweitern lassen.“ Ende des Zitats. Nun haben wir einen Antrag, der all diese von Ihnen einst gepriesenen Vorteile leichtfertig wieder aufheben will. Das will mir nicht einleuchten. War denn die Beteiligung der Helaba an der Thüringer Aufbaubank ein Fehler?

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion war damals etwas skeptisch, was die Beteiligung der Hessisch-Thüringischen Landesbank an der Thüringer Aufbaubank anbelangte. Unsere Befürchtung war, dass die Thüringer Aufbaubank zu sehr fremdbestimmt werden könnte. Damals hatten wir im Gegensatz zum diesmaligen Verfahren sehr umfangreiche Beratungen im Haushalts- und Finanzausschuss. Die SPD stimmte dem damaligen Antrag zwar nicht zu, da nicht alle unsere Vorschläge berücksichtigt worden sind, wir lehnten ihn aber auch nicht ab, nicht im Haushalts- und Finanzausschuss und auch nicht im Plenum.

Meine Damen und Herren, die Thüringer Aufbaubank hat sich nach der Entscheidung von 2001 gut entwickelt. Ich gehe davon aus, dass das Wirken der Helaba-Vertreter in den Gremien der Thüringer Aufbaubank daran einen wesentlichen Anteil hatte. Nun soll die Aufbaubank aus dem ruhigen, aber erfolgreichen Fahrwasser herausgeholt werden und auf dem offenen Meer den heftigen Stürmen des Direktkreditgeschäfts ausgesetzt werden. Das Ansinnen, dass man damit der Thüringer Wirtschaft helfen will, ist ja ehrenhaft, aber ist dieses Mittel wirklich das geeignete? Ist es wirklich gut, dass die Thüringer Aufbaubank wieder, wie schon damals in den 90erJahren, in dieses risikoreiche Geschäft einsteigt? Aufbaubank und der Gewährträger Freistaat Thüringen haben doch genügend Lehrgeld gezahlt in den Jahren 1996/1997. Die Aufbaubank war in schweres Fahrwasser geraten und stand kurz vor dem Untergang. Ursache damals war das Versagen beim Direktkreditgeschäft. Und ist der Preis, der Verlust eines sehr versierten und kompetenten Mitanteilseigners, der Helaba, nicht zu hoch? Für die SPD beantworte ich diese Frage mit Ja.

Zudem erfolgt die ganze Behandlung im Schweinsgalopp, denn es musste ja in diesem Jahr noch durch das Parlament. Sinnvolle Vorgänge will die SPD überhaupt nicht hinauszögern und trotz unserer Bedenken haben wir der Vorabüberweisung des Antrags an den Haushalts- und Finanzausschuss zugestimmt.

Ich hätte mir aber gewünscht, dass wir genügend Zeit hätten, die Dinge fachlich umfassend zu beraten. Im Haushalts- und Finanzausschuss habe ich schon ausgeführt, dass ich gern die Bankenverbände, den Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen und die Helaba, nach ihren Positionen zu dem Vorgang befragt hätte. Aber es wurde Zeitdruck erzeugt; zum 31.12.2005 soll die Umwandlung schon wirksam werden und die Zustimmung oder die Abstimmung im Landtag muss unbedingt in dieser Plenarsitzung erfolgen.

Meine Damen und Herren, 2001 vertrat die Landesregierung noch die Auffassung, die Gewährung von Direktkrediten gehört nicht zu den typischen Aufgaben einer Förderbank. Deshalb sollte auch eine solche Ausreichung von Direktkrediten nicht erfolgen. Woher kommt nun dieser vollzogene Sinneswandel? Sind die Probleme der Vergangenheit und deren Ursachen schon wieder zu sehr in Vergessenheit geraten? Stutzig macht mich ganz besonders, dass die Helaba, die Hessisch-Thüringische Landesbank, diesen Weg nicht mitgehen will. In der Antragsbegründung steht ja auch zu lesen, ihre offene Einlage bei der TAB durch Ausweitung des Geschäftsbetriebs der TAB würde die Helaba größeren Risiken ausgesetzt sehen. Die Helaba schätzt das Risiko als zu hoch ein. Die Landesregierung will aber kraft Wassersuppe dieses Risiko schultern, als ob der Freistaat Thüringen völlig unbelastet und ohne eigene Schulden dastünde.

Meine Damen und Herren, die Kreditarrangements, die dann auf die Aufbaubank zukommen werden, werden in der Regel mit höherem Risiko sein. Dort, wo das Risiko nicht so hoch ist, machen Geschäftsbanken sowieso das Kreditgeschäft allein. Es besteht dann die Gefahr, dass die Aufbaubank fast ausschließlich Kredite mit hohem oder höchstem Risiko in ihrem Portfolio hat. Es ergibt sich außerdem die Frage, wer, wann, welchen Kredit bekommt; eine Richtlinie gibt es noch nicht, es konnte uns auch im Ausschuss nicht gesagt werden, ob es überhaupt eine solche Richtlinie geben soll. Was sind dann also die Kriterien der Kreditvergabe, das richtige Parteibuch vielleicht?

Meine Damen und Herren, in Auswertung der offen gebliebenen Fragen im Haushalts- und Finanzausschuss und in Abwägung der erwarteten Vor- und Nachteile kann die SPD-Fraktion dieser Vorlage nicht zustimmen. Wir wollen nicht, dass die Aufbaubank in das Direktkreditgeschäft einsteigt. Einzelfallentscheidungen und -engagements in besonders brennenden Fällen sind ja bereits heute möglich. Der Freistaat Thüringen ist schon jetzt hoch verschuldet und nicht nur mit den direkten Krediten in Höhe von 15 Mrd. € belastet, sondern auch durch eine ganze Reihe weiterer Belastungen aus alternativen Finan

zierungen, aus den so genannten Sondervermögen, aus Pensionslasten. Wir haben ja gestern hier im Rahmen der Debatte um die Landesentwicklungsgesellschaft auch noch über Patronatserklärungen geredet, woraus weitere Risiken erwachsen können. Dass wir diesen Belastungen nicht noch ein weiteres Risiko hinzufügen, dafür spricht sich die SPD-Fraktion aus. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat die Frau Finanzministerin Diezel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung erwartet in dieser Legislaturperiode von der Thüringer Aufbaubank weitere förderpolitische Impulse und Beiträge zur Verbesserung der Kreditversorgung des Thüringer Mittelstands. Dazu gehört auch, dass sich die Thüringer Aufbaubank künftig bei ausreichendem öffentlichen Interesse als Konsortialpartner an komplexen Unternehmensfinanzierungen beteiligen kann. Es ist davon auszugehen, dass nach dem Wegfall der Anstalts- und Gewährträgerhaftung bei den Sparkassen und Landesbanken sowie den Regelungen nach Basel II die zurückhaltende Geschäftspolitik der Kreditinstitute bei der Bereitstellung von Krediten für die Thüringer Wirtschaft und vor allen Dingen für den Mittelstand weiter anhält. Die Beteiligung der Thüringer Aufbaubank an Konsortialfinanzierungen kann in dieser Situation dazu beitragen, dass die Vergabebereitschaft der Banken zu erhöhen ist und damit die Kreditversorgung für den Thüringer Mittelstand verbessert werden kann. Die Ausdehnung des Geschäftsbetriebs der Thüringer Aufbaubank u.a. auf dieses Geschäftsfeld bietet nach Auffassung der Landesregierung Vorteile sowohl für die Förderpolitik des Freistaats als auch für die Thüringer Aufbaubank. Die Konsortialkreditbeteiligung erweitert die Palette der aktiv genutzten Förderinstrumente bei der Thüringer Aufbaubank im Sinne der Thüringer Wirtschaft. In welchem Maße seitens der Hausbanken darauf zurückgegriffen wird bzw. in welchem Umfang die Thüringer Aufbaubank Beteiligungsangebote davon nutzen wird, wird sich zeigen, aber es besteht ein Interesse an diesem Instrument, an diesem neuen interessanten Instrument für die Förderbanken. Dieses Instrument wird von vielen Förderbanken in anderen Bundesländern genutzt; ich nenne hier Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Berlin, Schleswig-Holstein, Saarland u.a.

Angesichts der aktuellen Erkenntnis, dass für viele Klein- und mittelständische Unternehmen die Kreditaufnahme spürbar schwieriger geworden ist, ist

die Erweiterung der Förderinstrumente der Thüringer Aufbaubank mit der Konsortialfinanzierung ein wichtiges Anliegen der Thüringer Landesregierung.

Natürlich, meine Damen und Herren, bedeutet diese Chance auch Risiko, doch die Thüringer Landesregierung ist davon überzeugt, dass die Thüringer Aufbaubank in ihrer jetzigen Situation dieses handhaben kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Thüringer Aufbaubank hat seit der Beteiligung der Landesbank Hessen-Thüringen im Jahr 2002 ihre Aufbau- und Ablauforganisation wesentlich gestärkt und die internen Prozesse, insbesondere auch das Risikomanagement, wurden optimiert. Eine professionelle und in allen Funktionsbereichen aufgearbeitete Schwachstellenanalyse und die Behebung dieser Schwachstellen haben stattgefunden. Angesichts der deutlich gestiegenen Leistungskraft ist die Thüringer Aufbaubank inzwischen gut und solide aufgestellt. Das bestätigen auch die bankaufsichtlichen Stellungnahmen und die Jahresberichte der Wirtschaftsprüfer. Damit erfüllt die Thüringer Aufbaubank als effizientes Förderinstitut alle rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen, um sämtliche Fördermöglichkeiten und Bankgeschäfte durchführen zu können, die ihr durch die so genannte Verständigung II mit der Europäischen Kommission über die Ausrichtung rechtlich selbständiger Förderinstitute in Deutschland sowie durch das Thüringer Aufbaubankgesetz eingeräumt werden. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Instrument der Konsortialkreditfinanzierung bereits im jetzigen Thüringer Aufbaubankgesetz verankert ist und die rechtlichen Rahmenbedingungen unverändert bleiben. Auch die Thüringer Aufbaubank kann dann von diesem Förderinstrument profitieren. Bisher ist ihr dies nur begrenzt möglich, außerhalb von Bearbeitungsgebühren und Kostenerstattungen aus dem Landeshaushalt eigene Ergebnisbeiträge zu erwirtschaften. Angesichts abnehmender Fördermittel werden die Kostenerstattungen aus dem Landeshaushalt tendenziell sinken. Für die TAB wird es daher immer schwieriger, den notwendigen anspruchsvollen Geschäftsbetrieb einer Bank aus den Kostenerstattungen dauerhaft zu finanzieren. Durch das Generieren eigener Erträge kann die Bank ihre Abhängigkeit von verfügbaren Haushaltsmitteln verringern, sowohl betreffend die Finanzierung eigener Kosten aber auch das Auflegen dann eigener neuer Förderprogramme. Die erwirtschafteten Erträge bieten also Förderdividenden für weitere haushaltsschonende Spielräume und Förderinstrumentarien der Thüringer Aufbaubank.

Die geschäftspolitische Ausweitung der Förderaktivitäten der Thüringer Aufbaubank ist natürlich nicht ohne Abstimmung mit dem Anteilseigener erfolgt. Es

ist aber zur Kenntnis zu nehmen, dass Basel II und der Wegfall der Anstalts- und Gewährträgerhaftung bei den Landesbanken und den Sparkassen, von dem auch die Helaba betroffen ist, die Helaba zu einer neuen Risikostrategie und einer neuen Ausrichtung ihrer Geschäftspolitik bewegt haben. Günstige Refinanzierungen werden jetzt maßgeblich vom Rating der Bank beeinflusst. Vor diesem Hintergrund sieht die Helaba ihre offene Einlage bei der TAB durch die Ausweitung des Geschäftsbetriebes der TAB größeren Risiken ausgesetzt, als dies bei einer Nachrangfinanzierung der Fall wäre, die der Gewährträgerhaftung unterfallen würde. Diese Auswirkungen waren für beide Anteilseigner der TAB nicht absehbar, als das Engagement der Helaba in Form einer offenen Beteiligung erfolgte. Vor diesem Hintergrund besteht zwischen der Landesregierung, der Helaba und der TAB Einvernehmen, die offene Beteiligung der Helaba an der TAB zu beenden und eine Nachrangfinanzierung zwischen Helaba und TAB zu vereinbaren. Auswirkungen auf das Rating der Thüringer Aufbaubank entstehen nicht, da die Anstaltslast und die Gewährträgerhaftung, das nannte ich, durch die zweite Verständigung Brüssel ohnehin beim Freistaat liegen. Aus Sicht der Landesregierung wäre die Änderung der Anteilseignerstruktur auch im Hinblick auf die neuerliche Verschärfung der EuGHRechtsprechung zu den Vergaberichtlinien, die so genannten In-house-Geschäfte, vorteilhaft. Danach besteht bei einer offenen Beteiligung einer Geschäftsbank an der TAB das Risiko, dass die TAB als gemischtwirtschaftliches Unternehmen eingestuft ist. Dies hätte zur Folge, dass Aufgabenübertragung des Freistaats auf die TAB nur noch auf der Basis einer vorherigen öffentlichen Ausschreibung erfolgen kann - für Insider, ich erinnere an das Urteil Halle. Eine Beteiligung in Form einer Nachrangfinanzierung würde dieses Auslegungsrisiko zweifelsfrei bereinigen.

Ich möchte noch einmal auf die Eckpunkte hinsichtlich der Beendigung der offenen Beteiligung der Helaba an der TAB und die Vereinbarung der Nachrangfinanzierung hinweisen. Die Helaba ist derzeit mit einem Anteil in Höhe von 33,234 Mio. € bzw. 50 Prozent am Grundkapital der TAB beteiligt und verfügt über entsprechende Stimmrechte als Anteilseigner. Einvernehmlich konnte mit der Helaba der Abfindungsbetrag für ihren Anteil an der TAB bestimmt werden. Er beträgt 39 Mio. €. Er basiert auf dem Substanzwert der TAB und beinhaltet den Anteil der Helaba am Grundkapital der TAB, den Gewinnrücklagen, den stillen Reserven und dem prognostizierten Jahresgewinn 2005. Zwischen der Landesregierung, der Helaba und der TAB besteht Einvernehmen, dass dieser der Helaba zustehende Betrag der TAB erhalten bleiben soll. Zur Sicherstellung, dass die TAB auch künftig mit ausreichend haftendem Eigenkapital im Sinne des § 12 des KWG ausgestattet ist, wird die Helaba der TAB ein Darlehen mit

Nachrangabrede über 40 Mio. € gewähren. Die Laufzeit des Darlehens beträgt zehn Jahre. Nach Ablauf von acht Jahren soll die TAB die Option haben, die Laufzeit des Darlehens um insgesamt weitere zwei Jahre zu verlängern. Darüber hinausgehende Verlängerungen sind möglich. Für das Darlehenskapital ist vom Tage der Auszahlung an ein Festzins zu leisten. Die Verzinsung des Nachrangdarlehens ist mit dem Vergleich zur 4,5-prozentigen Verzinsung der offenen Beteiligung für die TAB kostengünstiger.

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Thüringer Aufbaubank gut aufgestellt ist, das gilt sowohl personell als auch von ihrem Finanzstatus her. Deshalb können Sie davon ausgehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass sichergestellt ist, dass die Thüringer Aufbaubank auf gar keinen Fall in eine ähnliche Situation wie Mitte der 90erJahre geraten wird. Vielen herzlichen Dank.