Protokoll der Sitzung vom 03.03.2006

Althaus, Dieter; Bärwolff, Matthias; Bausewein, Andreas; Becker, Dagmar; Bergemann, Gustav; Berninger, Sabine; Blechschmidt, André; Buse, Werner; Carius, Christian; Diezel, Birgit; Doht, Sabine; Döring, Hans-Jürgen; Ehrlich-Strathausen, Antje; Emde, Volker; Enders, Petra; Fiedler, Wolfgang; Fuchs, Ruth; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Goebel, Jens; Grob, Manfred; Groß, Evelin; Grüner, Günter; Gumprecht, Christian; Günther, Gerhard; Hahnemann, Roland; Hauboldt, Ralf; Hausold, Dieter; Hennig, Susanne; Heym, Michael; Höhn, Uwe; Holbe, Gudrun; Huster, Mike; Jaschke, Siegfried; Jung, Margit; Kalich, Ralf; Kaschuba, Karin; Klaubert, Birgit; Köckert, Christian; Kölbel, Eckehard; Krapp, Michael; Krause, Peter; Krauße, Horst; Kretschmer, Thomas;

Klaus von der Krone, Jörg Kubitzki, Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, Annette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht, Christoph Matschie, Mike Mohring, Maik Nothnagel, Eckhard Ohl, Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, Walter Pilger, Egon Primas, Michaele Reimann, Jürgen Reinholz, Wieland Rose, Dr. Johanna Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schubert, Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun Sedlacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Sklenar, Carola Stauche, Christina Tasch, Heike Taubert, Tamara Thierbach, Andreas Trautvetter, Elisabeth Wackernagel, Marion Walsmann, Wolfgang Wehner, Siegfried Wetzel, Katja Wolf, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh, Christine Zitzmann.

Ich gehe davon aus, dass jeder Abgeordnete seine Stimme abgegeben hat und schließe die Wahlhandlung. Ich bitte um Auszählung der Stimmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ergebnis steht fest - Nachwahl eines stimmberechtigten Mitglieds des erweiterten Gremiums nach § 4 des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten: abgegebene Stimmzettel 82, ungültige Stimmzettel keine, gültige Stimmzettel 82. Auf den Wahlvorschlag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/1719 -, Abgeordneter Fritz Schröter, entfielen 59 Jastimmen, 19 Neinstimmen, 4 Enthaltungen. Damit ist die Mehrheit der Mitglieder des Landtags mit 45 Stimmen erreicht. Ich gratuliere zu dem Ergebnis und gehe da

von aus, dass Sie die Wahl annehmen. Sie nehmen die Wahl an. Dann nochmals herzlichen Glückwunsch. Damit kann ich diesen Tagesordnungspunkt schließen.

(Beifall im Hause)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12

Vorbereitung auf den Fall der Ausweitung der Vogel- grippe nach Thüringen Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drucksache 4/1712 -

Es ist angezeigt, dass die Linkspartei.PDS das Wort zur Begründung möchte. Abgeordneter Kummer hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Vogelgrippe hat uns erreicht, nicht in Thüringen, Herr Minister Zeh, aber in Deutschland. Ziel unseres Antrags ist, uns dem Thema ohne Panikmache und Aktionismus zu widmen und uns darauf vorzubereiten, denn die Wahrscheinlichkeit, dass die Vogelgrippe auch Thüringen erreicht, ist groß und wird irgendwann eintreten.

Meine Damen und Herren, das Auftreten der Vogelgrippe in Deutschland war absehbar.

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Nicht die Vogelgrippe, die Geflügelpest.)

Es hat Vorbereitungen gegeben, wie z.B. die Aufstallung von Geflügel zu den Zeiten des Vogelflugs, aber auch die Anschaffung von Schutzkleidung, die Einrichtung von Krisenstäben etc. Was jedoch nicht absehbar war, ist, dass der erste Ausbruch in einer besonderen Situation erfolgte auf der Insel Rügen, wo wir es alljährlich - zumindest wenn wir solch lang anhaltende Winter haben und auch entsprechendes Eis um die Insel ist - mit dem zahlreichen Sterben von Jungschwänen zu tun haben. In diesem Jahr wurde unter den Jungschwänen das hoch ansteckende Virus H5N1 nachgewiesen. In dieser Situation bereitete das Einsammeln von den toten Tieren natürlich Probleme und so war es erforderlich, den Katastrophenfall auszurufen. Das Einsammeln erfolgte dann u.a. auch mit Zuhilfenahme der Bundeswehr; das war in Ordnung. Was ich jedoch für problematisch halte, das war dann die später folgende Dekontaminierung von Fahrzeugen am Rügendamm, was einen schon an Übungen von Bundeswehrsoldaten zum Dekontaminieren nach

Atomschlägen erinnerte. So etwas ist eintrainiert. Allerdings, wenn dann unter der Überschrift „Geflügelpest“ solche Maßnahmen durchgeführt werden und solche Bilder in den Medien zu sehen sind, dann erinnert das natürlich schon an Dinge, die mit einer Tierseuche, mit einer Tiererkrankung nichts zu tun haben. Problemtisch war für mich auch die vorbeugende Keulung von Geflügelbeständen, denn Tiere haben ein Recht auf einen sinnvollen Tod und sollten nicht sinnlos sterben müssen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Problematisch war für mich aber auch die Sprache der Presse. Bemerkungen oder Überschriften wie „Seuche wütet am Bodensee“, wo wir es dann mit wenigen toten Tieren zu tun haben, rufen Bilder wach im Zusammenhang mit Geflügelpest. Herr Minister Zeh, deshalb verwende ich das Wort „Geflügelpest" nicht, sondern sage „Vogelgrippe“, weil eben Pest mit „Pest und Cholera“ verbunden ist und dort Bilder wachruft aus dem Mittelalter, die wirklich an die Urängste der Menschen erinnern und deshalb im Zusammenhang mit dieser Erkrankung nicht angebracht sind.

Meine Damen und Herren, die Resultate von solcher Sprache sind, dass tote Wellensittiche abgegeben werden, dass Hühner und Katzen in die Tierheime gebracht werden, dass es Forderungen danach gibt, das Badewasser in Zukunft zu untersuchen, ob dort der Virus entsprechend gefunden werden kann. Ich warte nur noch darauf, dass man überlegt, ob Fische nicht vielleicht untersucht werden sollten, weil ja dort Wassergeflügel über ihnen geschwommen ist. Diese Entwicklungen müssen gestoppt werden. Was wir brauchen, ist umsichtiges, rechtzeitiges Handeln auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse. Wir brauchen klare Verantwortlichkeiten in Thüringen, wir brauchen ausreichend Untersuchungskapazitäten, um keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung aufkommen zu lassen. Wir brauchen aber auch die Möglichkeit, meine Damen und Herren, weiterhin vernünftig und artgerecht Geflügel in Thüringen zu halten. Dafür müssen wir Wege suchen. Gänse brauchen für ihr Liebesleben, das im nächsten Monat beginnt, unter anderem Wasser und wir sollten ihnen die Möglichkeit geben, dieses Wasser auch entsprechend zu besiedeln.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie von dieser Stelle noch mal aufrufen, sachlich und zügig und ohne Panikmache mit dieser Tiererkrankung, mit dieser Tierseuche umzugehen und die notwendigen Vorbereitungen zu treffen, dass sie uns in Thüringen nicht ereilt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herr Seela, bitte. Oh, Entschuldigung, Frau Präsidentin.

Darf ich?

Sie dürfen.

Herr Kollege Kummer, Sie haben viel von Problemen gesprochen, meine Frage: Wie schätzen Sie denn das Verhalten der Rügener Landrätin (PDS) ein?

Herr Seela, ich habe Ihnen ja im Vorfeld versucht, ein bisschen die Spezifik in Mecklenburg-Vorpommern darzustellen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das hat doch so einen Bart, Herr Seela.)

Auf der einen Seite ist eine Tierseuche sicherlich nicht unbedingt gehalten, den Katastrophenfall auszurufen, auf der anderen Seite habe ich Ihnen dargestellt, dass dieses jährliche Sterben von Jungschwänen auf Rügen als was ganz Normales anzusehen ist. Wir haben unmittelbar, nachdem festgestellt wurde, dass die Vogelgrippe dort bei diesen Tieren nachgewiesen wurde, noch am gleichen Tag die erste Beratung des Krisenstabs gehabt. Am nächsten Tag wurde das Einsammeln der Tiere begonnen. Dass das nicht so schnell geht, wenn die Tiere dort zwischen dem Eis herausgeholt werden müssen, dass das Probleme bereitet, das ist logisch. Dass dort Kreisbehörden überfordert sein können, dass man dann vielleicht auch mal darüber nachdenken sollte, ob Kreisverantwortlichkeit hier allein ausreichend ist, das ist eine andere Geschichte. Sicherlich hätte hier eher um Hilfe gerufen werden können, da ist man im Nachhinein immer schlauer. Wenn Sie sich mit den Rüganern mal unterhalten, ich hatte vor kurzem erst die Gelegenheit, den Präsidenten des Mecklenburger Angelverbands in der Hinsicht zu sprechen, für die war es eben durchaus nichts Unnatürliches, hunderte tote Schwäne zu dieser Jahreszeit um Rügen zu sehen, was natürlich für uns in Thüringen ein ganz anderes Bild hervorrufen würde, viel mehr die Sorge wegen einer Tierseuche verbreiten würde als es dort passiert, wo man weiß, dass durch Witterungsbedingungen viele Jungvögel leider sterben müssen. Danke.

Die Landesregierung hat einen Sofortbericht angekündigt. Das Wort hat Minister Dr. Zeh.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, erlauben Sie mir, bevor ich den Sofortbericht der Landesregierung erstatte, auch eine Vorbemerkung. Im Falle der Geflügelpest - oder falscherweise auch Vogelgrippe genannt - gibt es nach wie vor keinen Grund zur Panik oder zur Hysterie. Auch durch das Auffinden einer toten Katze in Deutschland, die durch den Erreger H5N1 gestorben ist, gibt es nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts keine erhöhte Gefahr einer Grippepandemie beim Menschen. Auch weltweit gibt es keine Anzeichen für eine Influenza-Pandemie. Ich bitte also auch, ebenso wie mein Vorredner, Herr Kummer, alle, die mit diesem Thema befasst sind, um Besonnenheit, um die Menschen, die ohnehin schon sehr verunsichert sind, nicht noch mehr zu verunsichern. Geflügelpest ist eine Krankheit, die nach wie vor nur unter Vögeln grassiert, dort allerdings sehr heftig. Eine Übertragung auf den Menschen oder andere Säugetiere erfolgt nur äußerst selten, nämlich bei allerengstem Kontakt, so wie es beispielsweise in Asien teilweise durch die dortigen Lebensgewohnheiten üblich ist.

Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist an keiner Stelle bisher bekannt. Um sich aber auch hier einmal die Dimensionen klar zu machen: Im Einzugsbereich von ca. 2 Mrd. Menschen grassiert der Erreger unter Vögeln. Dort sind weniger als 200 Fälle von Ansteckung beim Menschen bekannt geworden und nur ca. 90 Fälle gestorben. Dennoch nehmen wir die Situation sehr ernst. Unsere Anstrengungen sind dabei zurzeit darauf gerichtet, dass der Erreger von den Wildvögeln nicht auf das Nutztiergeflügel überspringt. Die Maßnahmen sind daher besonders im Interesse der Geflügelhalter, denn der wirtschaftliche Schaden ist für den Fall einer Infizierung eines Nutztierbestandes erheblich.

Wir müssen aber auch die Menschen vor möglichen Gefahren schützen. Auch für den zurzeit nicht absehbaren Fall einer Pandemie sind Deutschland und Thüringen gut gerüstet. Der beste Schutz der Bevölkerung ist eine Impfung. Der Impfstoff kann aber erst dann zur Verfügung gestellt werden, wenn der Erreger bekannt ist. Noch ist dieser Erreger nicht bekannt. Es kann ein mutierter H5N1-Virus sein, es kann aber auch ein ganz anderer Erreger sein. Das antivirale Medikament Tamiflu oder Relenza oder auch der Wirkstoff Oseltamivir können nur die Auswirkungen der Grippe mildern und damit die Ausbreitung verzö

gern, verhindern können sie die Krankheit aber nicht.

Ich komme nun zum ausführlichen Sofortbericht der Landesregierung. Am 14. Februar 2006 wurden die ersten Infektionen mit dem Geflügerpestvirus H5N1 bei zwei Schwänen auf der Insel Rügen bestätigt. Laut Mitteilung des interministeriellen Führungsstabs Mecklenburg-Vorpommerns vom 1. März 2006 wurde bei 121 Wildvögeln das Influenza-A-Virus H5N1 nachgewiesen. Neben der Insel Rügen sind mit neun Fällen auf dem Festland die Kreise Ost- und Nordvorpommern, Bad Doberan sowie die Stadt Wismar, das ist die Naturschutzinsel Walfisch, betroffen. Am 24. Februar 2006 meldeten die Länder SchleswigHolstein sowie Baden-Württemberg positive Befunde bei zwei Wildenten aus den Landkreisen Ostholstein sowie einer Wildente, die am Bodensee gefunden wurde. Kurz darauf wurde auch in Bayern und Brandenburg bei einer Wildente das H5N1-Virus festgestellt. Alle in Deutschland bis zum 27. Februar 2006 aufgetretenen Fälle betrafen ausschließlich Infektionen bei Wildvögeln; ausgenommen der Fälle der Insel Rügen handelt es sich immer um Einzelfälle. Am 28. Februar 2006 bestätigte das Friedrich-Löffler-Institut einen positiven Befund H5N1 bei einem Hauskater aus Schaprode auf Rügen. Damit wurde erstmals in Deutschland der Erreger bei einem Säugetier nachgewiesen. Dabei handelt es sich um den hochpathogenen - also sehr ansteckenden - Asia-Typ. Am 25. Februar hat das französische Agrarministerium den Nachweis des H5N1-Virus in einem Putenzuchtbetrieb mit 11.000 Puten bestätigt. Damit ist erstmals ein Nutzgeflügelbestand in der Europäischen Union betroffen. Alle Tiere des Bestandes wurden getötet.

Diese Meldungen zeigen, dass sich die Gefährdungssituation in Bezug auf eine Ausbreitung der Geflügelpest nicht nur unter Wildvögeln, sondern auch unter Nutzgeflügel verschärft hat. Daher sind alle Vorkehrungen, wie ich bereits vorher schon sagte, darauf zu richten, eine Einschleppung auf Hausgeflügelbestände zu verhindern. Am empfänglichsten für die Geflügelpest sind Hausgeflügelarten, besonders Hühner und Puten. Eine Infektion von Fleischfressern ist möglich, wenn sie große Mengen des Erregers aufnehmen, wie Berichte aus Südostasien zeigen, wo Großkatzen im Zoo auf diesem Weg erkrankten und auch starben. Katzen konnten experimentell mit dem H5N1-Virus infiziert werden, spielten bisher bei der Verbreitung aber keine Rolle. Nach Auskunft von Experten sind bislang keine Fälle einer Übertragung von Katzen auf Geflügel sowie von Katzen auf Menschen bekannt geworden. Über Infektionen und Erkrankungen bei Hunden wurde noch nichts berichtet. Pflanzenfresser sind in der Regel wenig gefährdet. Für die Übertragung von H5N1 zwischen Vögeln und Säugetieren besteht eine erhebliche Barriere, allerdings kann diese nach Aufnahme sehr großer Virusmengen durchbrochen und eine Infektion ausgelöst wer

den. Dies gilt ebenso für die Menschen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation wurde noch nie eine Geflügelpestinfektion bei Menschen durch Wildvögel beobachtet. Der WHO wurden seit dem Jahr 2003 bisher 169 Fälle von aviärer Influenza beim Menschen gemeldet, die fast alle in Asien auftraten. Aviäre Influenza ist der lateinische Name für die Geflügelpest. Außerhalb Asiens sind nur in der Türkei Erkrankungsfälle bekannt geworden, deren wahrscheinliche Ursache der sehr enge Kontakt zu infiziertem Hausgeflügel war. Wie ich bereits eingangs sagte, eine Übertragung von H5N1 von Mensch zu Mensch wurde bisher noch nicht nachgewiesen. Allerdings könnte das Virus durch Änderung seines Erbgutes oder durch Austausch ganzer Gene mit humanen Influenza-Viren die Fähigkeit erlangen, effektiver als bisher Menschen zu infizieren und von Mensch zu Mensch übertragen zu werden. Diese Möglichkeit schließen Gesundheitsexperten nicht aus, sie wird aber zum jetzigen Zeitpunkt als sehr unwahrscheinlich betrachtet. Ein derartiger Erbgutaustausch könnte in einem Menschen geschehen, der gleichzeitig mit Geflügelpest-Virus und einem humanen, das heißt, einem an den Menschen bereits angepassten Virus infiziert ist. Insoweit besteht irgendwann vielleicht die Gefahr, dass ein neuer Subtyp in die menschliche Population eingeführt wird, der eine Pandemie auslösen könnte.

Aufgrund der Ausbreitung der Geflügelpest in Asien wurde durch die Landesregierung Anfang September 2005 veranlasst, dass verendete Wildvögel in Thüringen sowie Kotproben aus Einstandsgebieten von Wildwasservögeln regelmäßig eingesandt und untersucht werden. Von September 2005 bis Ende Januar 2006 wurden in Thüringen insgesamt 634 Proben untersucht, die von verschiedenen Wildvögelarten, darunter 25 Schwänen, stammten. Alle Proben waren negativ. Mit dem Näherrücken des H5N1-Geflügelpesterregers wurde am 29. Oktober 2005 durch Eilverordnung ein erstmaliges Aufstallungsgebot für Geflügel erlassen. In 175 Fällen wurde eine Ausnahmegenehmigung vom Aufstallungsgebot insbesondere für Laufvögel, hier Strauße, erteilt. Die Veterinärbehörden führten insgesamt 1.350 Kontrollen in Geflügelhaltungen durch. Dabei wurden kleinere Verstöße festgestellt, die aber nur unwesentlich waren. In den Beständen mit Ausnahmegenehmigung erfolgten regelmäßig tierärztliche Kontrollen. Zusätzlich wurden über 2.600 Proben für labordiagnostische Untersuchungen entnommen, die alle negativ waren.

Mit der Feststellung des Geflügelpesterregers H5N1 im Wildwasservogelbestand in den vorher genannten deutschen Ländern ist allerdings eine neue Situation auch bei uns entstanden. Zum Schutz der Nutztier- und Rassegeflügelbestände wurde das erneute Aufstallungsgebot kurzfristig umgesetzt. Ausnahmegenehmigungen hiervon werden sehr restriktiv

und nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz erteilt. Dies zeigt sich daran, dass es im Gegensatz zum Aufstallungsgebot im Herbst bisher nur 23 Ausnahmegenehmigungen gab. Zur Überprüfung des Aufstallungsgebots führten die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter 427 Kontrollen, das ist Stand vom 28. Februar 2006, durch, wobei 45 Beanstandungen festgestellt wurden. Zur Abstellung der Mängel erteilten die Behörden die notwendigen Auflagen. Geflügelmärkte und Geflügelausstellungen sind generell bis zum 30. April 2006 verboten. Das seit Ende letzten Jahres durchgeführte Wildvogel-Monitoring wird in vollem Umfang fortgeführt, um das Gefahrenpotenzial für unsere Hausgeflügelbestände besser abschätzen zu können. Die Bevölkerung wurde gebeten, aufgefundene verendete Wildvögel dem zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt zu melden - ich sage ausdrücklich: zu melden und nicht selbst einzusammeln. Dieses veranlasst die Einsammlung unverzüglich und die Einsendung der aufgefundenen Wildvögel an das Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz. Die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter erhalten bei der Sicherung der Funde Unterstützung durch die Polizeidienststellen sowie die freiwilligen Feuerwehren. Für die gute Kooperation der Behörden möchte ich allen Beteiligten an dieser Stelle noch einmal herzlich danken.

Im Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz wurde kurzfristig eine neue Analysetechnik angeschafft, womit nunmehr täglich mindestens 100 Proben auf aviäre Influenzaviren untersucht werden können. In 2006, das heißt von Januar/Februar, wurden 694 Wildvögel und Proben von diesen mit negativem Ergebnis untersucht. Das heißt, täglich haben wir zurzeit etwa 50 neu aufgefundene Tiere, so dass sich der Bestand und die Zahl natürlich ständig ändern. Ich bitte das mit zu berücksichtigen. Aufgrund der erhöhten Bedrohungslage hinsichtlich Geflügelpest wurde das Tierseuchenkrisenmanagement in den Landkreisen und kreisfreien Städten überprüft. Gleichzeitig wurden bestimmte Mindestanforderungen für die Bevorratung mit Sachmitteln sowie die Bereitstellung von Fach- und Hilfskräften empfohlen.

Da der Geflügelpesterreger unter bestimmten Umständen auch auf den Menschen übertragbar ist, wurden Schutzmaßnahmen für das Fach- und Hilfspersonal, das zur Tötung und Entsorgung infizierter Geflügelbestände eingesetzt wird, getroffen. Dazu gehört auch die Versorgung mit antiviralen Mitteln. Die Landkreise und kreisfreien Städte haben darüber hinaus vom TMSFG die notwendigen arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen erhalten, damit diese die erforderlichen Maßnahmen vorbereiten können. Nach dem Tierseuchengesetz des Bundes und dem Aus

führungsgesetz des Landes sind die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig für die Durchführung der Tierseuchenbekämpfung.

Ich betone noch einmal, die Zuständigkeit ist keine Erfindung des Landes, das ist im Bundesgesetz entsprechend geregelt. Landkreise und kreisfreie Städte nehmen die vorbeugende Überwachung der Tierbestände vor, erlassen die erforderlichen tierseuchenrechtlichen Verfügungen und treffen Maßnahmen zu ihrer Durchsetzung. Diese Behörden haben Krisenzentren zur Bekämpfung akuter wirtschaftlich bedeutender Tierseuchen einzurichten. Die weitreichenden Befugnisse nach dem Tierseuchengesetz wie Anordnung von Schutzgebieten, Sperrung von Gehöften oder sonstigen Standorten, Tötungen, Tierkörperbeseitigungen, Desinfektionen und anderes haben Vorrang vor den Regelungen des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes.

Im Wege der Amtshilfe können nach dem Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz zur Unterstützung der Landkreise und kreisfreien Städte auch andere Behörden in die Pflicht genommen werden. Darüber hinaus obliegen den Gemeinden nach dem Thüringer Tierseuchengesetz bestimmte ordnungsbehördliche Aufgaben wie z.B. die Durchführung von Sperrmaßnahmen und Bereitstellung von Hilfskräften. Das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit und das Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz können im Einzelfall oder bei einer Vielzahl gleichartiger Fälle Aufgaben der nachgeordneten Behörden wahrnehmen, wenn Art und Umfang einer solchen Gefahr dies erfordern. Dies trifft auch dann zu, wenn eine Gefahr für andere Gebiete des Landes ausgeht oder wenn das Land feststellt, dass die betreffende Gebietskörperschaft zur Bewältigung der entstandenen Situation nicht in der Lage ist. Am 17. Februar 2006 hat das TMSFG gemeinsam mit dem Innen- und Landwirtschaftsressort, dem Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie einigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern die erforderlichen Maßnahmen in Vorbereitung auf einen positiven Virusbefund beraten. Die hier festgelegten Aufgaben wurden am 20. Februar 2006 in einer Dienstberatung mit den Veterinärbehörden im Detail abgestimmt und werden von diesen umgesetzt.

Gleichzeitig hat das TMSFG die Landräte und Oberbürgermeister gebeten, die notwendigen Schritte zur umfassenden Sicherstellung der vorbereitenden Maßnahmen für den Seuchenfall zu treffen. Das gilt auch für die Einsatzfähigkeit der lokalen Tierseuchenkrisenstäbe und Krisenzentren. In diesen werden Unterlagen für die Bekämpfung der jeweiligen Tierseuche sowie zur Logistik des Bekämpfungsablaufs geführt. Im Rahmen einer zweitägigen Überprüfung hat sich das TMSFG von allen Veterinär- und Lebensmittel

überwachungsämtern über den Stand der bisher getroffenen Vorkehrungen, insbesondere der personellen und materiell-technischen Absicherung eventueller Bekämpfungsmaßnahmen, berichten lassen. Dabei war festzustellen, dass nahezu alle Kreise und kreisfreien Städte sich gut auf die bestehende Gefährdungslage vorbereitet haben. Die Kreise, in denen Nachholbedarf besteht, wurden aufgefordert, sofort die noch vorhandenen Lücken zu schließen.

In Thüringen gibt es etwa 15.000 Geflügelbetriebe, in denen 4,8 Mio. Hühner, Enten und Gänse gehalten werden. Beim überwiegenden Teil der Haltungen handelt es sich um Betriebe mit nur wenigen Tieren. Demgegenüber werden in 220 Betrieben, das entspricht etwa 1,5 Prozent aller Betriebe, über 95 Prozent des Geflügels, nämlich 4,5 Mio. Tiere, gehalten. In vier Landkreisen, das ist Gotha, Weimarer-Land, Saale-Holzland-Kreis und Schmalkalden-Meiningen, gibt es wirtschaftlich besonders bedeutende Betriebe. Für alle größeren Geflügelbestände, das sind Betriebe mit mehr als 1.000 Tieren, sind in der Vergangenheit betriebliche Krisenpläne entwickelt worden. Diese Pläne enthalten alle Angaben, um sofort Maßnahmen bei Verdacht oder Ausbruch einer Tierseuche im jeweiligen Betrieb einzuleiten und durchführen zu können. Dazu gehört auch die im Tierseuchenfall angeordnete Tötung von Geflügel. Das Land verfügt gegenwärtig über eine elektrische Tötungseinrichtung für Geflügel mit einer Kapazität von 4.000 Stück pro Stunde und ein Containersystem zum Töten von Geflügel mit CO2. Das Containersystem besitzt eine Kapazität von 8.000 bis 10.000 Stück Geflügel pro Stunde. Darüber hinaus laufen derzeit Vertragsverhandlungen mit Firmen, um in großen und hierzu geeigneten Ställen, das sind vor allem Ställe mit Bodenhaltungssystemen, Stallbegasungen mit Kohlendioxid vornehmen zu können. Damit kann die Zeitdauer für das Töten infizierter Bestände deutlich gesenkt werden.

Am 23. Februar 2006 hat die Gesundheitsministerkonferenz einstimmig nach Anhörung der zuständigen Forschungsinstitute festgestellt, dass es trotz der Geflügelpestfälle bei Wildvögeln in Deutschland gegenwärtig weltweit keine Anzeichen für eine Influenza-Pandemie gibt. Für den Fall einer Pandemie ist Deutschland auch im internationalen Vergleich gut gerüstet. Zur Gewährleistung eines bestmöglichen Schutzes der Bevölkerung sind durch den Bund bereits jetzt Verträge mit Impfstoffherstellern abgeschlossen, um so schnell wie möglich für 100 Prozent der Bevölkerung Impfstoffe zur Verfügung zu haben. Für die Übergangszeit bis zur Entwicklung des Impfstoffs ist Deutschland durch Bevorratung mit antiviralen Medikamenten zur Therapie gewappnet. Die Länder werden nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts ihre Vorräte an diesen Mitteln aufstocken und kontinuierlich neue Erkennt

nisse, die dem Schutz der Bevölkerung dienen, berücksichtigen. Die Empfehlung des Robert-Koch-Instituts für die Bevorratung lautet: 20 Prozent antivirale Mittel.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die akut aktuelle Situation bezüglich der Geflügelpest muss ernst genommen werden. Für übertriebenen Aktionismus und Panik besteht aber nach wie vor kein Anlass.

(Beifall bei der CDU)

Alle Verantwortlichen sollten mit Augenmaß und Sorgfalt handeln, um eine Einschleppung und ein Ausbreiten des Virus in Thüringen möglichst zu verhindern. Auf den Verzehr des Gänsebratens oder Putenbratens oder des Frühstückseies braucht nicht verzichtet zu werden, denn für den unwahrscheinlichen Fall einer Infizierung des Geflügels reicht 60 Grad Erhitzung aus, um das Virus zuverlässig zu töten. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)