Protokoll der Sitzung vom 28.09.2006

Maßnahmen der Landesregie- rung zur Erhaltung der Verkehrs- sicherheit und des Zustands der öffentlichen Straßen im Freistaat nach den Frostschäden Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/1817 - hier: Nummer II dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Bau und Verkehr - Drucksache 4/2256 -

In der Plenarsitzung am 4. Mai 2006 ist die Nummer 2 des Antrags an den Ausschuss für Bau und Verkehr überwiesen worden. Zu Nummer 1 wurde damals der Sofortbericht erstattet. Für die Berichterstattung hat nun das Wort Frau Abgeordnete Holbe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Damen und Herren, der Antrag der SPD-Fraktion zum Thema „Maßnahmen der Landesregierung zur Erhaltung der Verkehrssicherheit und des Zustands der öffentlichen Straßen im Freistaat nach den Frostschäden“ wurde in Drucksache 4/1817 im Plenum vom 4. Mai 2006 behandelt. Eine Ausschussüberweisung erfolgte zu Punkt 2 des Antrags an den Ausschuss Bau und Verkehr. Dieser wurde in der 15. Sitzung am 18. Mai beraten. Die Ausschussmitglieder kamen darin überein, dass zu dem vorgetragenen Sofortbericht des Ministers nochmals der Gemeinde- und Städtebund befragt werden soll, da die Zuarbeit, die wir erhalten hatten, nur von 41 Prozent der Kommunen abgegeben worden ist. Deshalb fand die abschließende Beratung in der 16. Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr am 14. September 2006 statt. Der Ausschuss beschloss mehrheitlich, die Ablehnung von Punkt 2 des Antrags der SPD dem Plenum zu empfehlen. Dazu liegt Ihnen die Drucksache 4/2256 vor. Danke schön.

Ich eröffne nun die Aussprache und rufe als erste Rednerin für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Doht auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das ursprüngliche Datum unseres Antrags war der 22.03.2006, nämlich kurz nachdem dieser lange und strenge Winter zu Ende war und auch abzusehen war, dass wir mit großen Straßenschäden zu rechnen haben. Dass wir heute darüber reden und die Zeit

schon zumindest über die Straßenschäden 2006 hinweggegangen ist, ist auch der Taktik der CDU-Fraktion im Ausschuss zuzuschreiben, die in der Mai-Sitzung der Auffassung war, noch nicht abschließend über diesen Antrag beraten zu können. So hat sich erst der Ausschuss in seiner letzten Sitzung im September wieder mit diesem Problem befasst. Aber ich gebe Ihnen Brief und Siegel, auch wenn Sie heute diesen Antrag ablehnen, das Problem wird damit nicht vom Tisch kommen, sondern ich gehe davon aus, wir stehen nach dem nächsten Winter wieder hier und reden wieder über Frostschäden. Deswegen sollten wir uns noch einmal darauf verständigen, dass in diesem Bereich mehr geschehen muss, als das bislang der Fall war.

Das Ministerium hat eine Umfrage bei den Kommunen nach den Frostschäden durchführen lassen. Diese wurde über den Gemeinde- und Städtebund initiiert, aber es ist auch gleich von vornherein klar gemacht worden, dass kein zusätzliches Geld kommt. Insofern wundert mich eigentlich der geringe Rücklauf von 41 Prozent, der auch von Seiten der Landesregierung mit als Argument dafür angeführt wurde, dass man so ein Sofortprogramm nicht brauchen würde, überhaupt nicht, sondern er ist eher ein Beleg dafür, dass die Kommunen im Freistaat längst das Vertrauen in diese Landesregierung verloren haben. Das war letztendlich auch bei der gestrigen Mitgliederversammlung des Gemeinde- und Städtebundes sehr deutlich zu spüren.

Wenn wir uns einmal genau die Zahlen ansehen, die Schäden an den kommunalen Straßen, so haben die in den letzten Jahren doch erheblich zugenommen. In der Winterperiode 2003 bis 2004 hatten die Kommunen Mittel aufzuwenden von 380 € pro Kilometer bzw. 4,80 € pro Einwohner; 2004 bis 2005 waren das bereits 404 € pro Kilometer, was einem Pro-Kopf-Schnitt von 5,10 € entspricht; und im letzten Winter 2005/2006 waren es bereits 536 € pro Kilometer, das entspricht 6,77 € pro Einwohner. Damit ist auch deutlich, dass wir im vergangenen Winter einen sehr sprunghaften Anstieg hatten, und die Zahlen machen letztendlich auch den Allgemeinzustand unserer Straßen deutlich. Gerade die Landesstraßen sind in einem sehr schlechten Zustand. Der Minister hat ja in den Haushaltsberatungen selbst gesagt, dass wir letztendlich jährlich 60 Mio. € aufwenden müssten, nur um den jetzigen Zustand zu erhalten. Da reden wir noch nicht von Verbesserungen. Aber gerade einmal 20 Mio. € sind im Haushalt dafür eingestellt und wenn man sich das anschaut, das sind immerhin die Mittel für 5.000 Kilometer Landesstraßen, diese 20 Mio. €. Im Gegensatz dafür gibt der Bund jährlich 50 Mio. für 1.800 Kilometer Bundesstraßen aus, also eine weitaus höhere Summe. Je schlechter der Allgemeinzustand ist, umso höher sind natürlich auch die Frostschäden an den Straßen.

Wir haben hier einen Prozess, dem wir irgendwann einmal Einhalt bieten müssen. Deswegen ist meine Fraktion der Auffassung, auch wenn es jetzt Oktober ist und die Frostschäden des vergangenen Winters notdürftig geflickt wurden, dass durchaus ein Sofortprogramm, und in unserem Antrag steht ja auch nicht da „nur für den Winter 2005/2006“, seinen Sinn macht und wir für die kommende Winterperiode darüber nachdenken sollen.

Wir haben auch in den Ausschussberatungen und hier im Plenum bereits mehrfach Vorschläge für eine Finanzierung gemacht. Ich möchte hier noch einmal das Thema von Subventionierung von Fluglinien anführen. Es ist so, dass für die Fluglinie Erfurt-KölnBonn der Vertrag im August dieses Jahres ausgelaufen ist; hier hätte bereits eine halbe Million Euro zur Verfügung gestanden, die sicherlich für die Landesstraßen und innerhalb der Kommunen sinnvoller hätten eingesetzt werden können. Der Haushaltsansatz 2007, der gegenüber 2006 in diesem Bereich, nämlich der Subventionierung von Fluglinien, von 2,96 Mio. auf 3,6 Mio. € ansteigt, sieht keine komplette vertragliche Bindung für alle diese Mittel vor. Deswegen erneuern wir hier noch einmal unsere Forderung, diese Mittel in die Landesstraßen umzuschichten. Thüringen wird nicht nur aus der Luft erschlossen. Viel mehr Thüringer müssen täglich über diese Straßen fahren; viele Touristen im Thüringer Wald müssen über diese Straßen fahren und diese Mittel wären nach unserer Auffassung hier wesentlich besser eingesetzt. Deswegen werbe ich heute noch mal hier um Zustimmung für den Punkt 2 unseres Antrags.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Schugens zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Doht, Sie mögen ja die Wünsche äußern, die zum Teil auch gerechtfertigt sein könnten, aber Sie wissen auch aus der Haushaltsdiskussion, dass das Land im Moment auf befristete Zeit 30 Mio. € bereitstellt für Projekte, die vordringlich sind, für Sachen der Planung. Sie wissen, das hat die Landesregierung auch immer betont, besonders der Minister, dass diese 30 Mio. €, die im Moment dort eingeordnet sind, sicherlich zukünftig auch auf andere Straßen, Landesstraßen umgewidmet werden können, wenn die Finanzsituation sicher bleibt. Sie haben natürlich auch Recht, dass der Bund wesentlich mehr einsetzt im Moment für Unterhaltung und Instandsetzung auf seinen Straßen, und das gerade in den letzten Ta

gen. Natürlich könnte ich mir vorstellen, dass der Bund durchaus den Ländern über das Land auch den Kommunen über GVFG mehr bereitstellen würde. Aber das kann ich nicht beurteilen. Sie wissen, dass da im Moment durchaus gewisse Möglichkeiten bestehen. Ich meine, die Schwerpunkte sind in Thüringen erst einmal richtig gesetzt, dass wir die Fernstraßennetze ausbauen und aus dem U- und I-Titel nicht unnötig Geld, wie sie einmal im Winter fordern für den Winterdienst und im Sommer für andere Zwecke, einsetzen wollen. Außerdem bin ich der Auffassung, es hat sich erwiesen, nicht nur dass das halbe Jahr herumgegangen ist in Fragen Ihrer Forderung zum Sofortprogramm, sondern dass die Kommunen auch mittlerweile das Problem eigenständig gelöst haben. Wir haben heute in der Debatte gehört, dass die Kommunen zusätzliche Finanzeinnahmen in Millionenhöhen in diesem Jahr haben. Und diese, denke ich, sind auch durch die Kommunen eingesetzt worden.

Zum Zustand der Landesstraßen, da würde ich Ihnen gern Recht geben, da haben wir Nachholebedarf. Wir können nach der Debatte im Ausschuss und nach dem, wie uns die Landesregierung berichtet hat, ihren Antrag im Teil II nur ablehnen. Denn dem, dass für die Verkehrssicherheit, wie jetzt behauptet wird, nichts oder zu wenig getan wurde, muss man entgegenhalten, dass das Land seit 1991 systematisch Straßen ausgebaut hat. Ich erinnere nur an unsere Programme; über KFA und GVFG sind eine Menge Schwerpunkte der Verkehrssicherheit angepackt und realisiert worden. Das sind u.a. Neutrassierung oder Ausrichtung von Trassen, das sind Kreuzungen und Einmündungsbereiche, das sind gefährliche Verkehrskuppen oder Straßenkuppen. Das sind viele Dinge, wie auch im Moment die Deutsche Bahn noch einmal angreift, wie man der Presse entnehmen kann, Übergänge an Schienen; das sind unsere Bushaltestellen. Vieles ist getan worden, um die Verkehrssicherheit in eine bessere Situation zu bringen. Wenn Sie vergleichen, was die Presse in den letzten Tagen noch einmal geschrieben hat, wo wir bezüglich der Verkehrstoten stehen, da kann man in Thüringen natürlich noch nicht zufrieden sein, weil der Bundesdurchschnitt weit besser ist, aber in den Ostländern nehmen wir eine Spitzenposition ein. Das heißt, wir haben dort einen Stand erreicht, der liegt weit unter Mecklenburg-Vorpommern - Gott sei Dank. Wir haben also damit auch bewiesen, dass mit dieser zielgerichteten Politik erst der Ausbau wichtiger Strecken diese Verkehrssicherheit, die Sie ja in den Vordergrund gestellt haben mit dem Antrag, ein Gewicht bekommen hat und vieles getan wurde, um zu verbessern. Für das nächste Jahr, für den nächsten Winter, kann ich mir vorstellen, werden Sie schon heute das Sofortprogramm nicht nur jetzt hier fordern, sondern in einer der nächsten Sitzungen mit einem klaren Antrag. Ich glaube nicht, dass wir dem folgen sollten, weil die

Kommunen oder - anders ausgedrückt - die Baulastträger stets selbst verantwortlich sind für den Zustand. Ich glaube, sie sind auch in der Lage, dies finanziell zu meistern.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich der Abgeordnete Lemke zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Antrag vom März dieses Jahres verlangt ein Sofortprogramm zur Unterstützung für von Frostschäden besonders betroffene Kommunen. Wir haben jetzt Ende September. Selbst wenn wir heute ein Hilfsprogramm beschließen würden und die Realität geboten hätten, ein Sofortprogramm, wie im Antrag gefordert, wäre es eh nicht mehr.

(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: Für den Frost 2007 wäre es gut.)

Obwohl die Mehrheit des Hauses heute der Intention der Landesregierung folgen wird und wir heute kein Hilfsprogramm bekommen, müssen wir über das Problem reden, denn es existiert und ist leider nicht vom Tisch. Jede und jeder, der durch Thüringen und vor allem durch seine Gemeinden fährt, und damit meine ich nicht die Fahrt auf den neu gebauten Autobahnen, sieht und spürt die Auswirkungen, die der letzte Winter an und auf den Straßen hinterlassen hat. Es dürften auch fast alle Kommunen davon unmittelbar betroffen sein. Angesichts dieser Tatsachen ist es umso unverständlicher, dass auf eine Abfrage des Gemeinde- und Städtebundes, in der nach Frostschäden gefragt wurde, gerade einmal 41 Prozent der Gemeinden geantwortet haben. Durch den Gemeinde- und Städtebund wurde diese Rücklaufquote auch noch als gut bewertet, was angesichts der überall vorhandenen Schäden grotesk ist. Zu einer neuerlichen Abfrage war der Gemeinde- und Städtebund nur dann bereit, wenn im Vorfeld klar war, dass es ein Sofortprogramm geben würde.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle muss es erlaubt sein, sowohl den Großteil der Kommunen als auch den Gemeinde- und Städtebund für ihre Untätigkeit zu kritisieren. Sicherlich haben sowohl Kommunen als auch der Gemeinde- und Städtebund oftmals Vorarbeiten für das eine oder andere geleistet, ohne dass die Landesregierung diese in irgendeiner Form berücksichtigt hätte. Aber gerade in diesem konkreten Fall, der vor allem flächendeckend ein Problem darstellt, kann es nicht sein, dass Untätigkeit und Resignation dazu führen, dieser Lan

desregierung, deren Arbeitsweise ohnehin nicht als unbürokratisch, spontan oder flexibel zu bezeichnen ist, die Argumente für ihr Nichthandeln zu liefern. An diesem Problem wäre es besser gewesen, man hätte die Schäden flächendeckend benannt, um damit Druck auf diese Regierung auszuüben.

Meine Damen und Herren, es geht nicht in erster Linie darum, eine wunderschön anzusehende Straße zu haben, sondern es geht um die Gewährleistung der Verkehrssicherheit. Wer übernimmt denn die Verantwortung, wenn ein Schlagloch, eine Rinne oder ein Riss im Straßenbelag Ursache eines Unfalls ist, bei dem es zu Personen- und Sachschäden kommt? Klagen gegen den jeweiligen Straßenbaulastträger gehen dann einmal ganz schnell in den mehrstelligen Millionenbereich. Das wäre aber nur die fiskalische Seite. Wer aber will den Betroffenen und Hinterbliebenen erklären, dass durch seine Untätigkeit dieses menschliche Leid entstanden ist? Wollen Sie das, Frau Finanzministerin, oder Sie, Herr Verkehrsminister? Sie können sich nicht hinter dem Gemeinde- und Städtebund oder den Kommunen verstecken, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, denn Sie tragen die politische Verantwortung, denn Sie wissen um die Probleme und sollten schnellstens nach Lösungen für deren Beseitigung suchen und finden. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Herr Minister Trautvetter für die Landesregierung bitte.

Es seien mir nur ein paar wenige Bemerkungen hier gestattet. Den Populismus aus der Opposition, den kennen wir ja jetzt seit Jahren. Immer wenn ein Problem auftaucht, wird es der Landesregierung zugeschoben, nach Sofortprogrammen gerufen und werden Steuermittel dort hineingesteckt. Über den Zustand der Straßen sind wir wahrscheinlich vollkommen einer Meinung. Dass man auch in den nächsten Jahren überlegen muss, wie man das gestaltet, auch darüber besteht wahrscheinlich Einigkeit im Haus, aber doch nicht mit solchen willkürlichen Sofortprogrammen. Ich sage ja ganz offen, heute morgen haben wir uns auch unterhalten über die Finanzsituation der Kommunen. Ich lege schon Wert darauf, dass eine Kommune zuallererst für ihre Pflichtaufgaben das Geld auszugeben hat und erst in zweiter Linie für freiwillige Ausgaben.

Wenn ich sehe, was teilweise los ist und welche Investitionen noch gefahren werden, dann sage ich,

dann werde ich kein Sofortprogramm gestalten, denn ich erwarte, dass eine Kommune zuallererst mal die Wertigkeit in die Pflichtaufgaben hineinsetzt und da gehören die Straßenunterhaltung, die Straßensanierung dazu.

Wir bereiten jetzt die nächste Wintersaison vor. Jetzt erreichen mich die ersten entrüsteten Anrufer, wie viele Tonnen Salz wir draußen streuen. Mal sehen, ob wir im nächsten Landtagsausschuss dann eine Umweltdebatte führen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Natür- lich.)

30 Tonnen Salz am Rennsteig auf einen Kilometer Straße; definieren wir doch einmal, wie wollen wir unsere Straßenqualität im Winter haben. Werden die Straßen nicht geräumt, liegt 10 cm Schnee auf der Straße und wird festgefahren zu Eis; dann debattiert man, dass wir nicht in der Lage sind, die Bedingungen zu liefern, die man auf unseren Straßen braucht. Wir wollen schwarze Straßen haben. Das geht nur über entsprechenden Einsatz von solchen Mitteln und im nächsten Frühjahr reden wir über Schäden an unseren Straßen.

Das bedeutet, das Thema stellt sich viel komplexer dar als mit populistischen Äußerungen zu Sofortprogrammen. Wir sollten uns mal intensiv damit befassen: Wie wollen wir unsere Straßen in Zukunft definieren? Wie klären wir die Verantwortung dazu? Dann kommen wir auch zu Regelungen, wer dort welche Mittel für welche Straßen bereitstellen muss. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt gibt es offensichtlich keine weiteren Redewünsche mehr. Ich schließe die Aussprache. Auch hier hat die Beschlussempfehlung den Inhalt, dass der Antrag in der Drucksache 4/1817 II abgelehnt wird. Wir stimmen nun direkt über den Antrag ab. Wer dem Antrag in der Drucksache 4/1817 II zustimmen möchte, hebe jetzt die Hand. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf

Konsequenzen der Föderalis- musreform im Bereich Woh- nungsbau und Gemeindever- kehrsfinanzierung Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/2113 -

Wenn ich das jetzt richtig erkenne, hat die CDUFraktion noch keine Wortmeldung abgegeben, so dass ich annehme, dass das Wort zur Begründung nicht gewünscht wird. Das ist der Fall.

Es gibt aber einen Sofortbericht, den die Landesregierung durch Herrn Minister Trautvetter erstattet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nach Jahren umfangreicher Vorarbeiten und intensiver Diskussionen zwischen Bund und Ländern hat der Deutsche Bundestag am 30. Juni 2006 das Gesetzespaket zur ersten Stufe der Reform der bundesstaatlichen Ordnung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen verabschiedet. Auch der Bundesrat hat den als „Föderalismusreform“ bezeichneten Gesetzesänderungen am 7. Juli mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit zugestimmt. Das Gesetzespaket umfasst das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes und das Föderalismusreformbegleitgesetz.

Mit der Neuordnung werden die Zuständigkeiten von Bund und Ländern transparenter und der Bürger wird klarer erkennen können, wer für was zuständig ist. Die politische Notwendigkeit der Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung brauche ich Ihnen nicht darzulegen, sie ist Ihnen in der Vergangenheit mehrfach durch gegenseitige Blockaden der föderalen Ebenen und Institutionen vor Augen geführt worden. In vielen Politikfeldern sind die Kompetenzen und Finanzierungen neu geordnet worden. Betroffen sind auch die soziale Wohnraumförderung und die Finanzhilfen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden.

Damit komme ich zu den Themen des Antrags der CDU-Fraktion: Die Absicht, das oft etwas schwerfällige Instrument der Mischfinanzierung von Bund und Ländern im Rahmen der Föderalismusreform gezielt abzubauen, wird in beiden Bereichen zunächst nicht vollständig realisiert. Die auf der Grundlage des bisherigen Artikels 104 a Abs. 4 Grundgesetz gewährten Bundesfinanzhilfen für die soziale Wohnraumförderung und Gemeindeverkehrsfinanzierung laufen Ende 2006 aus. Nach Artikel 143 c Grundgesetz - neue Fassung - sollen den Ländern von 2007 bis 2019 jährlich feste Beträge aus dem Bundeshaushalt zur Kompensation der bisherigen Finanzhilfen zustehen. Diese sind nach dem Begleittext zu Artikel 143 c Grundgesetz - neue Fassung - und § 2 des Entflechtungsgesetzes bis Ende 2013 zweckgebunden und betragsmäßig auf 518,2 Mio. € für die bisherigen Finanzhilfen der sozialen Wohnraumförderung und auf 1.335.500.000 € für die bisherigen Finanzhilfen der Gemeindeverkehrsfinanzierung festgelegt.

In beiden Bereichen überprüfen Bund und Länder bis Ende 2013, in welcher Höhe diese Kompensationszahlungen von 2014 bis 2019 noch angemessen und erforderlich sind. Sie sollen dann ab 2014 nur noch einer investiven Zweckbindung unterliegen. Allerdings sind die Modalitäten zur geplanten Revision bis Ende 2013 nicht geregelt. Es besteht also Unklarheit über die Höhen der Finanzhilfen an die Länder ab 2014. Da die Finanzzuweisungen nur noch einer allgemeinen investiven Zweckbindung unterliegen, sollte darauf hingearbeitet werden, dass diese Mittel auch ab 2014 in Thüringen im notwendigen Umfang weiterhin zur sozialen Wohnraumförderung bzw. der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zur Verfügung stehen.

Meine Damen und Herren, die Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung liegt ab 2007 bei den Ländern. Die in Artikel 143 c Grundgesetz geregelten Kompensationszahlungen aus dem Bundeshaushalt sollen die Länder in die Lage versetzen, die ihnen übertragene Aufgabe nach Wegfall der Bundesfinanzhilfen künftig allein wahrzunehmen. Die Zuweisungen an die Länder errechnen sich nach dem Durchschnittsanteil eines Landes im Zeitraum 2000 bis 2003 und werden ab 2007 für Thüringen jährlich 29,1 Mio. € betragen. Das entspricht einem Anteil von 5,62 Prozent der Kompensationszahlungen. Mit diesem Betrag sind auch die Mittel zur Ausfinanzierung der vom Bund bis zum 31.12.2006 eingegangenen Verpflichtungen abgegolten. Es wird für diese Zahlung des Bundes keine Komplementierung gefordert und im Umkehrschluss entfällt die Gefahr, dass Bundesmittel mangels Komplementierungsmittel nicht abgerufen werden können. Die bestehenden Rückbürgschaften, die der Bund bis 2006 eingegangen ist, verbleiben beim Bund. Eine Abgeltungsregelung wurde auf Druck der Länder gestrichen. Sie sind mit den Kompensationszahlungen nicht abgegolten. Die Kompensationsmittel des Bundes dienen somit zum einen der Ausfinanzierung der vom Bund bis 31.12.2006 auf der Grundlage von Verwaltungsvereinbarungen zur sozialen Wohnraumförderung eingegangenen Verpflichtungen, zum anderen der Finanzierung neuer Investitionen durch die Länder ab dem Jahr 2007.

Meine Damen und Herren, im verabschiedeten Doppelhaushalt 2006/2007 sind ausreichend Haushaltsmittel für die Wohnraumförderung eingestellt, die sowohl die Verbindlichkeiten aus eingegangenen Verpflichtungsermächtigungen des Landes als auch neue Maßnahmen in der Wohnraumförderung sicherstellen. In Vorbereitung des nächsten Doppelhaushalts 2008/2009 werden wir unsere wohnungspolitischen Förderziele und Inhalte in einem Strategiepapier neu fixieren.

Die Föderalismusreform macht neben etlichen Änderungen von Grundgesetzartikeln zahlreiche Folgeregelungen auf der einfach-rechtlichen Ebene notwendig. Im Wohnungsbereich sind einige Gesetze von einer Änderung betroffen bzw. sind durch die Kompetenzverlagerung Überleitungsgesetze notwendig. Ich möchte hier auf das Gesetz zur Überleitung der sozialen Wohnraumförderung auf die Länder sowie notwendige Änderungen des Baugesetzbuchs, des Wohnungsbindungsgesetzes und des Wohnraumförderungsgesetzes hinweisen. Das auf der Grundlage des bisherigen Artikel 74 Abs. 1 Nr. 18 Grundgesetz erlassene Recht bleibt als Bundesrecht bestehen; es kann durch Landesrecht ersetzt werden. Die Länder haben die Wahl, weiterhin Bundesrecht anzuwenden oder eigenes Recht an dessen Stelle zu setzen. Bisher ist von den Ländern Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt bekannt, eigene Landeswohnraumfördergesetze zu planen. Hier bestehen auch für Thüringen Gestaltungsmöglichkeiten.

Nun zur Gemeindeverkehrsfinanzierung: Thüringen wird nach dem Entflechtungsgesetz für die Gemeindeverkehrsfinanzierung von 2007 bis 2013 jährlich einen Betrag von 50,23 Mio. € erhalten. Damit liegt die künftige Kompensationszahlung des Bundes in der Größenordnung der bisherigen Zuweisung für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz/Länderprogramm, das den öffentlichen Personennahverkehr und den kommunalen Straßenbau umfasst. Bis zum Jahre 2013 ist also die Weiterführung der Investitionsförderung auf dem bisherigen Niveau gesichert. Wie sich das Verfahren der bis Ende 2013 durchzuführenden Revision gestaltet und welche finanziellen Auswirkungen dies auf die Länderzuweisungen hat, ist noch nicht absehbar. Da ab 2014 die Finanzzuweisungen auch hier nur noch einer allgemeinen investiven Zweckbindung unterliegen, ist frühzeitig darauf hinzuwirken, dass diese Mittel im notwendigen Umfang in Thüringen weiterhin zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zur Verfügung stehen.

Die Bundesprogramme zur Gemeindeverkehrsfinanzierung werden bis 2019 fortgeführt. Dazu zählen der im ÖPNV-Bundesprogramm aufgenommene Ausbau der Stadtbahnen in Erfurt, Gera und Jena, die unverändert und mit den in bisheriger Höhe vorgesehenen Mitteln weitergeführt werden müssen. In Umsetzung der Föderalismusreform sind hinsichtlich des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes keine landesgesetzlichen Neuregelungen erforderlich. Das Thüringer Gesetz für den öffentlichen Personennahverkehr muss nicht geändert werden. Einerseits sollen die Förderungen nach dem GVFG-Bundesprogramm trotz Auslaufen des GVFG weitergeführt werden und andererseits ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 Thüringer Gesetz über den öffentlichen Personennahver

kehr vorgesehen, dass ÖPNV-Investitionen auch außerhalb der GVFG-Förderung erfolgen können. So gibt es seit vielen Jahren Förderungen mit Mitteln aus dem Regionalisierungsgesetz und aus dem Kommunalen Finanzausgleichsgesetz. Dagegen ergibt sich Handlungsbedarf durch den Wegfall des GVFG im Bereich der derzeitig gültigen Förderrichtlinien des Landes. Den Verwaltungsvorschriften des Freistaats Thüringen zum GVFG wird mit dem Wegfall dieses Gesetzes quasi die Rechtsgrundlage entzogen. Lediglich für die Großvorhaben im ÖPNV-Bundesprogramm gelten die Regelungen des GVFG fort. Daher müssen die derzeitig gültigen Landesförderrichtlinien im Bereich ÖPNV und kommunaler Straßenbau überarbeitet und um die notwendigen Regelungen zum Förderverfahren aus den Verwaltungsvorschriften des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes ergänzt werden. Die Investitionsförderung für den ÖPNV und den kommunalen Straßenbau soll künftig separat und unabhängig von der Mittelherkunft jeweils nur noch in einer Vorschrift geregelt werden. Grundlage für die ÖPNV-Investitionsförderung ist die ÖPNV-Investitionsrichtlinie. Sie wurde gerade wegen der Anpassung der Fördersätze überarbeitet und infolge der neuen Situation ist eine erneute Überarbeitung erforderlich.

Die KFA-Förderrichtlinie muss ebenfalls entsprechend überarbeitet werden und bis Ende des Jahres sollen die Richtlinien zum ÖPNV, zum kommunalen Straßenbau an die neue Rechtslage angepasst werden, um ab 2007 eine einheitliche Grundlage für das Förderverfahren zu haben. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)