Protokoll der Sitzung vom 28.09.2006

(Beifall bei der CDU)

Wird die Aussprache zu diesem Bericht gewünscht? Die Linkspartei.PDS-Fraktion beantragt das. Dann eröffne ich jetzt die Aussprache und rufe als erste Rednerin auf für die Fraktion der Linkspartei.PDS Frau Abgeordnete Sedlacik.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte zu dem Teil „Konsequenzen der Föderalismusreform im Wohnungsbau“ sprechen und zur Gemeindeverkehrsfinanzierung würde ich dann gern Kollegen Lemke nach vorn bitten.

Im Ergebnis der Föderalismusreform stehen die Wohnungspolitik und die Stadtentwicklung in Thüringen vor neuen Herausforderungen. Wir haben es gerade gehört. Wir reden über rund 29 Mio. € jährlich, die dem Land Thüringen dann zufallen, wenn wir allein - also auf Länderbasis - verantwortlich sind für den sozialen Wohnungsbau ab 1. Januar 2007. Wir haben

es gerade erfahren, der Bund zieht sich zurück und die Mischfinanzierung ist somit weitgehend abgeschafft und ab 2007 muss die Verantwortung für die Wohnungsbauförderung allein von den Ländern getragen werden.

Wie ist die Zustandsanalyse im Land Thüringen? Die bisher praktizierte Mischfinanzierung hatte natürlich in unserem Land auch Defizite im Wohnungsbau und im Städtebau. Der Bund konnte jährlich die Zuweisungen von Mitteln an bestimmte Projekte binden, die dann jeweils von den einzelnen Ländern kofinanziert werden mussten. Der Bund hat diktiert, also faktisch in unsere Entscheidungshoheit eingegriffen und das Land hat maximal seine Aufgabe darin gesehen, kozufinanzieren. Die Neuregelung bietet demzufolge auch eine Chance, weil man nämlich diese Mängel beseitigen kann, d.h., die zögerliche Auszahlung der Mittel aufgrund der späten Unterzeichnung der Verwaltungsvereinbarungen gehören endlich der Vergangenheit an. Die leidlichen Erfahrungen der Akteure aufgrund dieser verzögerten Unterzeichnung der Verwaltungsvereinbarungen sowie die spätere Bewilligung der Fördermittel gehören somit wirklich der tiefen Vergangenheit an, auch solche Defizite wie zu späte Reaktion auf bestimmte Entwicklungen im Land, wie die Förderung privaten Eigentumbaus in den 90er-Jahren, die zu spät zurückgefahren wurde, oder die Orientierung auf Stadtumbau ebenfalls mit Verzögerung. Ein weiteres Defizit, wir hatten nicht die erforderliche Verzahnung von Wohnungs- und Städtebauförderung und wir bemängelten auch immer wieder die fehlende Transparenz von Finanzströmen. Wir haben also jetzt im Land Thüringen die Chance, aufgrund der neuen Rechtslage die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Föderalismusreform im Bereich Wohnungsbau birgt aber auch Gefahren und Risiken für finanzschwache Länder z.B., die kein Geld mehr haben für den Wohnungsbau, und hier ist es in Thüringen ja auch nicht gerade gut bestellt, da nützt auch die lautstarke Rede der Finanzministerin nichts heute hier von diesem Platz. Oder ein weiteres Risiko ist, dass die Finanzhilfen des Bundes allein zur Nachfinanzierung früherer Wohnungsbauförderprogramme verwendet werden. Auch ein Risiko ist, dass künftig die Bundesmittel zur Haushaltssanierung des Freistaats statt zur Sicherstellung einer angemessenen Wohnraumversorgung eingesetzt werden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das aber ist nicht Zielstellung der Föderalismusreform. Die Opposition wird ein waches Auge darauf richten, dass solche Risiken und Wirkungen so gering wie möglich gehalten werden. Wir dulden keine Überlegungen und auch keine Konzeptionen, die Bundesmittel zur Haushaltssanierung statt zur Sicherung einer qualitativ und quantitativ angemessenen

Wohnraumversorgung zu verwenden. Ein solches Vorgehen würde den differenzierten Wohnbedarf der Zukunft insbesondere aufgrund des demographischen Wandels ignorieren. Wie ist es in den Wohnungsbauförderungsinformationen des Freistaats zu lesen, ich zitiere: „Der Freistaat Thüringen hat sich zur Aufgabe gemacht, für die Menschen in der Region bezahlbaren, sicheren Wohnraum zu schaffen und auch einkommensschwächeren Haushalten den Wunsch nach den eigenen vier Wänden zu erfüllen.“ So erwarten wir auch ein klares Bekenntnis zu einem modernen sozialen Wohnungsbau und Aussagen darüber, wie das Land die Bundesmittel einsetzt und wie viel eigenes Geld die Landesregierung künftig für die Wohnraumförderung beisteuert. Im Sofortbericht war das heute ein bisschen sehr dünn, wir hatten mehr erwartet, denn wir haben ja bald 2007.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Frage stellt sich mir schon: Wann werden wir auch hier endlich konkreter? Thüringen muss sich durch die Föderalismusreform die geschaffenen Gestaltungsspielräume zunutze machen, muss die Programme kreativ und zukunftsweisend auf die Wohnraumförderung und auf die Bedürfnisse zuschneiden. Ziel der künftigen Wohnungspolitik muss es sein, möglichst alle Haushalte dauerhaft mit angemessenem und bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Ein effektiver Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel, insbesondere unter der Berücksichtigung der demographischen Entwicklung, und eine der schrumpfenden und alternden Gesellschaft entsprechende Umgestaltung der Städte müssen vorrangige Aufgabe sein. Hier gibt uns insbesondere der Demographiebericht einige Hausaufgaben auf. Die Frage, wer will wie und wo wohnen, diese Nachfrage- und Bedarfssituationen hinsichtlich der Wohnform müssen zukünftig eine größere Rolle spielen.

Welche weiteren Schwerpunkte der Landeswohnraumförderung sehen wir? Es ist die Chance für Sie, Herr Minister, sie in Ihrer zukünftigen Konzeption mit zu berücksichtigen. Wir sehen folgende Schwerpunkte:

- attraktives und bedarfsgerechtes Wohnen für Haushalte mit Kindern und Ältere,

- ausgewogene Sozial- und Altersstruktur in den Wohnquartieren,

- generationsübergreifendes, familiengerechtes, bis ins hohe Alter selbstbestimmtes barrierefreies und barrierearmes Wohnen,

- Herstellung zukunftsfähiger Strukturen und Verzahnung von Wohnraum- und Städtebauförderung.

Lassen Sie mich näher erläutern, wie ich das meine. Ein erfolgreicher Stadtumbau braucht die Wohnungsmodernisierung z.B. im Rahmen der Umlenkung der Mieter abzureißender Wohnungen in adäquate mithin modernisierte Ersatzwohnungen. Die Wohnraumförderung ist damit nicht nur Begleitung, sondern notwendige Voraussetzung des Stadtumbaus. Der bisherige Stadtumbau in Thüringen hat noch keine Entlastung gebracht, sondern lediglich den Leerstand gestoppt, und das auf hohem Niveau. So ist darüber nachzudenken, ob Wohnungsbaufördermittel künftig ausschließlich nur noch solchen Wohnungseigentümern gewährt werden sollten, die sich auch aktiv am Rückbau beteiligen. Mehr Stadt für weniger Bürger zu schaffen, heißt auch, ein ausreichendes Angebot von nachgefragten Wohnungstypen zu schaffen. Für die wachsende Zahl von Senioren bedarf es eines ausreichenden Angebots altersgerechter, barrierefreier Wohnungen als Alternative zur Heimunterbringung. Der Mangel an kleinen (hartzgerechten) Wohnungen ist bei der Herstellung zukunftsfähiger Strukturen ebenso zwingend zu berücksichtigen. Die Gewährleistung einer dauerhaften, angemessenen Wohnraumversorgung breiter Bevölkerungsschichten kann nicht allein den Kräften des Marktes überlassen werden. Wir wissen, der Markt ist blind für den sozialen Ausgleich. Der Staat hat hier die Aufgabe, korrigierend einzugreifen. Im klaren Kontrast zu diesen Zielen steht der drohende Ausverkauf des kommunalen Wohnungsbestandes. Auch Thüringer Kommunen begründen ihre Verkaufsabsichten mit dem finanziell nicht leistbaren Sanierungsbedarf, was zugleich die finanzielle Situation der Kommunen in Thüringen widerspiegelt. Kommunen dürfen nicht gezwungen werden, ihren kommunalen Wohnungsbestand in Gänze oder teilweise zu veräußern. Denn dadurch droht eine wesentliche Säule der öffentlichen Daseinsvorsorge und damit eine wichtige Bedingung für soziales Wohnen wegzubrechen. Das Nebeneinander von kommunalen Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und Privaten muss auch künftig in Thüringen Bestand haben. Diese drei Säulen sind unabdingbare Voraussetzung, dass der Wohnungsmarkt funktioniert, dass es einen wohnungspolitischen Gestaltungsspielraum in Thüringen gibt.

Zusammenfassend: Wir fordern ein Wohnungsbauprogramm des Landes, welches die durch die Föderalismusreform eröffneten Handlungsspielräume für Thüringen zielgerichtet nutzt. Wir wünschen uns eine ausführliche Diskussion unter Einbeziehung der Fachverbände und aller Akteure im Fachausschuss des Thüringer Landtags. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Frau Abgeordnete Sedlacik, heißt das Antrag auf Fortberatung?

Danke. Für die SPD-Fraktion rufe ich Frau Abgeordnete Doht auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Föderalismusreform hat uns hier in diesem Hause schon beschäftigt und im Gegensatz zu den Themen Bildung oder Umwelt, wo das Ganze doch seitens unserer Fraktion recht kritisch gesehen wurde, sind der Bereich soziale Wohnraumförderung und auch die Gemeindeverkehrsfinanzierung letztendlich Punkte, wo wir durchaus Chancen sehen für Thüringen und die wir positiv bewerten. Für die soziale Wohnraumförderung erhalten die Länder im laufenden Programmjahr 2006 letztmalig Finanzhilfen des Bundes nach Artikel 104 a Abs. 4 des Grundgesetzes in einem Volumen von insgesamt 202,4 Mio. € und der Anteil für Thüringen beträgt 5,744 Mio. € und das Land muss diesen Anteil im gleichen Umfang kofinanzieren. Mit der Föderalismusreform im Jahr 2007 werden alle Kompetenzen im Bereich der sozialen Wohnraumförderung auf die Länder übertragen. Das betrifft sowohl die Gesetzgebung als auch die Finanzierung. Das dann für Thüringen zu erwartende Finanzvolumen von jährlich rund 29 Mio. € liegt doch wesentlich über dem, was wir bislang vom Bund erhalten haben, und das ist bis 2013 erst einmal gesichert und ist zweckgebunden für die soziale Wohnraumförderung einzusetzen. Ich denke, das ist Geld, mit dem wir in Thüringen eine ganze Menge bewegen können.

Es sei hier in diesem Zusammenhang noch erwähnt, weil von Frau Sedlacik auch das Wort „Städtebau“ fiel: Die Städtebauförderung ist davon nicht betroffen, die geht separat weiter und auch der Stadtumbau Ost ist hiervon nicht betroffen. So sehen wir doch eine große Chance für Thüringen. Es kommt hinzu - das ist hier schon angesprochen worden -, dass es künftig keine Verwaltungsvereinbarungen mehr geben muss, denen auch hier die alten Länder immer zustimmen mussten. Die Verwaltungsvereinbarung für 2006 ist am 13. Juli den Ländern zur Gegenzeichnung übersandt worden. Ich weiß nicht, wann alle Länder gegengezeichnet haben, aber die Förderrichtlinien für 2006 waren diesen Montag im Staatsanzeiger veröffentlicht. Das macht schon das Problem

deutlich, dass hier Bauherren doch in sehr großen Zeitabständen in die Vorfinanzierung gehen wollen, wenn sie nicht gleich mit dem Winterbau beginnen wollen. Dieses Problem wird sicherlich entfallen. Allerdings kann dann die Landesregierung, wenn sich der Bauminister mit der Finanzministerin nicht einig wird über die Förderrichtlinie, auch nicht mehr mit den Fingern Richtung Bund zeigen und sagen, die haben uns ja die Verwaltungsvereinbarung zu spät unterzeichnet. Also wir erhoffen uns hier doch schon eine Beschleunigung und Entbürokratisierung dieser Vorgänge.

Dass die Summe wesentlich höher ist, hatte ich bereits gesagt, damit kann man in Thüringen viel tun. Das Land allein kann über die Prioritäten und die Ausgestaltung der sozialen Wohnraumförderung, über mögliche Förderwege entscheiden. Wir sagen hier als SPD-Fraktion ganz deutlich, wir wollen ein eigenes Landeswohnungsbaufördergesetz. Ich fordere von hier aus auch die Landesregierung auf, möglichst zeitnah einen solchen Gesetzentwurf dem Landtag zuzuleiten, damit wir uns - und das möchte ich dann im Ausschuss besprechen, nicht diesen Antrag - dann über die künftige Schwerpunktsetzung im Bereich der Wohnraumförderung in Thüringen eingehend und tiefgründig unterhalten können und sie hier auf eigene gesetzliche Füße stellen.

Zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz: Mit den bisherigen Bestandteilen wird nach der Föderalismusreform wie folgt verfahren. Das Bundesprogramm einschließlich der Investitionshilfen für die Deutsche Bahn wird fortgeführt. Es umfasst jährlich rund 332,6 Mio. € - für alle Bundesländer, muss man dazu sagen - und aus diesen Mitteln können ÖPNV, Schienenverkehrswege in Verdichtungsräumen mit zuwendungsfähigen Kosten über 51 Mio. € gefördert werden. Der Fördersatz beträgt bis zu 60 Prozent. Auch das Forschungsprogramm Stadtverkehr wird fortgeführt. Es umfasst zurzeit ca. 4,2 Mio. € jährlich. Dagegen laufen die so genannten Landesprogramme aus. Auch hier sind die Zahlen vom Minister genannt worden. Dem Land stehen dann jährlich 50,23 Mio. € zur Verfügung. Als Vergleich: Im Jahr 2005 waren es 49 Mio. €. Also auch hier sind wir nicht schlechter gestellt gegenüber der bisherigen Lösung und auch hier sollte sich die Landesregierung Gedanken machen, wie sie die künftige Finanzierung auf eigene gesetzliche Grundlagen stellt.

Ansonsten kann man zusammenfassend eigentlich aus unserer Sicht sagen, dass diese Bereiche der Föderalismusreform durchaus dem Land entgegenkommen. Wenn das Land bis 2013 die Chance ergreift, die Mittel sinnvoll einzusetzen, denke ich auch, wird nach einer dann anstehenden Evaluierung der Bund sich nicht völlig aus der Finanzierung zurückziehen können.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Wetzel zu Wort gemeldet.

Meine Damen und Herren, werte Frau Präsidentin, mit der Drucksache 4/2113 lag uns als CDU-Fraktion am Herzen, vom Minister eine Sofortberichterstattung oder eine Berichterstattung über den derzeitigen Stand der Föderalismusreform zu hören, speziell hinsichtlich der Konsequenzen im Bereich Wohnungsbau und Gemeindeverkehrsfinanzierung. Nun, dies hat er getan. Der Bericht war sehr umfassend, er hat uns für Thüringen klar aufgezeigt, wohin die Reise geht. Ich will nur noch einmal kurz erwähnen, dass wir - ich brauche nicht an die ganzen Zahlen und Gesetzeswerke erinnern, die der Minister gerade uns angekündigt hat - zwei Daten dabei zu bedenken haben, einmal das Datum 31.12.2006 und damit beginnend die Zeitspanne 01.01.2007 bis 31.12.2013 und der weitere Schritt 01.01.2014 bis 31.12.2019. Nun ist das für manche Menschen wieder ein langer Zeitraum, das mag ja sein, aber wer seit 1990 Politik macht, weiß, dass 16 Jahre, und hier handelt es sich um ganze 13 Jahre, wie im Fluge auch vergehen können und wir uns durchaus mit dem Gedanken „Wie weiter ab 2014?“ klar beschäftigen müssen und aus diesem Grunde auch im Bund klar sein muss bis 2013, wie weiter ab 01.01.2014 gehandelt wird.

Ich freue mich, Frau Sedlacik, dass Sie, also zumindest in der letzten Veranstaltung der lebendigen Stadt in München hervorragend aufgepasst haben. Sie haben heute von Marktanpassung gesprochen und von gerechtem, ordentlichem Wohnungsbau, auch so wie wir ihn brauchen für große und kleine Familien, für wohlhabende und weniger wohlhabende Familien. Toll gelernt, das finde ich großartig. Irgendwann, glaube ich, werde ich auch vergessen, dass die Linkspartei.PDS 1990 einmal gerufen hat: „100.000 Thüringer schlafen bald unter Brücken“. Dies ist nicht geschehen und ich glaube, wir müssen, wenn wir denn Wohnungsbau, weiter Sozialwohnungsbau haben wollen, uns intelligente Lösungen einfallen lassen. Da erwarte ich dann sicherlich auch für die Haushaltsdebatte das Strategiepapier des Ministers, der uns da sicherlich einige Gedanken mit auf den Weg geben muss, wohin es künftig in Thüringen mit dem Wohnungsbau gehen soll. Fest steht jedenfalls, dass, wenn wir keine Wohnungsbaumittel ab 2014 mehr einsetzen - und das haben Sie auch richtig erkannt, Frau Sedlacik -, wir den Stadtumbau ab 2014 nicht mehr bewerkstelligen werden können, so wie wir es brauchen. Ich denke, wir sind uns hier in diesem Hohen Hause alle einig, wir haben in dem

Bereich in den letzten vier Jahren/fünf Jahren, in denen wir den Stadtumbau eigentlich mittels Bundesmitteln und Bundesregelungen betreiben, Hervorragendes bereits geleistet. Aber das wird nicht reichen und es wird der Stadtumbau auch nach 2014 mit uns auf jeden Fall und unseren Ideen und Gedanken rechnen müssen. Tun wir es nicht, hätten wir später auch keinen Wohnungsbau mehr und insofern schließt sich der Kreis.

Wir haben im Bereich Wohnungsbau sicherlich auch in Richtung Gesetzesänderungen zu denken. Der Minister hat von Baden-Württemberg und Bayern gesprochen; hier sage ich mal, wir in der Union sagen, von Baden-Württemberg und Bayern lernen, kann durchaus auch „siegen lernen“ heißen. Ich weiß, es gab schon andere Sprüche im Laufe der letzten Jahrzehnte, aber wir sollten darüber nachdenken, ob wir ähnlich verfahren. Wir wissen im Gemeindeverkehrsfinanzierungsbereich bedarf es keiner Gesetzesänderung, sondern es bedarf einer Richtlinienänderung, also Richtlinienkompetenz, die hier anliegt, und da hat er auch von den großen Bundesmaßnahmen gesprochen, die bis 2019 klar auf der Hand liegen und wo auch die Finanzierung steht.

Insofern freut es mich heute, dass der Minister diesen seinen Vortrag so gehalten hat, dass er ein klares Bild für uns Thüringer für die Handlungsnotwendigkeit auf den Weg gibt, wo wir als Politiker in den nächsten 13 Jahren hindenken müssen, aber speziell in den nächsten zwei Jahren die richtigen Schritte einleiten müssen, um die nächsten 13 Jahre ordentlich zu bestehen und auch einen ordentlichen Wohnungsmarkt, so wie Sie das schön feststellen, als Thüringer zu haben. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Einen kleinen Moment bitte. Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Kuschel? Ja, bitte, Herr Abgeordneter Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Ich wollte Sie noch einmal bitten, kurz zusammenzufassen, was Sie uns jetzt sagen wollten.

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS)

Herr Kollege Kuschel, da Sie mich nicht nach einer Frage fragen, kann ich Ihnen die auch nicht beantworten. Sollten Sie nicht verstanden haben, was ich gesagt habe, lesen Sie es sich einfach noch einmal durch, dann werden Sie merken, dass es zwei klare Richtungen gibt.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Einmal so und einmal so.)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich Abgeordneter Lemke zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im Gegensatz zum Kollegen Wetzel konnte ich nicht erkennen, dass der Minister dem Antrag gerecht geworden ist. Im Antrag steht nämlich, dass Sie über die Konsequenzen aus den Neuerungen berichten sollen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Und Konsequenzen sind Risiken, Chancen und dergleichen. Ich habe davon überhaupt nichts gehört. Ich habe auch nichts von Planung gehört, die Ihre Fraktion gefordert hat in der Begründung. Auch davon war nichts zu hören. Deshalb kann ich nur sagen, das Berichtsersuchen ist eigentlich nicht erfüllt, aber das muss die antragstellende Fraktion mit sich ausmachen, wie sie damit umgehen will.

Ich möchte zum Teil GVFG doch noch einige Worte sagen. Das noch geltende GVFG stellt jährlich Bundesmittel zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zur Verfügung. Diese dienen der Daseinsvorsorge und der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse und haben daher eine wichtige Funktion bei der Sicherung der Mobilität für alle Bürgerinnen und Bürger. Die Zukunft des GVFG in seiner jetzigen Form findet am 31.12.2006 sein Ende. Was bleibt bis 2019: das ÖPNV-Bundesprogramm. Von 2007 bis 2013 erhalten die Länder Festbeträge, die mit einer investiven Zweckbindung belegt sind. Nach einer Revision des Gesetzes im Jahr 2013 wird dann entschieden, ob von 2014 bis 2019 den Ländern dann noch Mittel bereitgestellt werden oder auch nicht. Selbst bei einer positiven Entscheidung steht zu befürchten, dass die Größenordnung deutlich hinter der bis dahin geltenden zurückbleibt.

Meine Damen und Herren, das Ende des GVFG im Zuge der Föderalismusreform war wie die Kürzung der Regionalisierungsmittel im Rahmen des Haushaltbegleitgesetzes eine Kröte, die die Länder im Poker um das eine oder andere Zugeständnis zu schlucken hatten und leider mit viel zu wenig Widerstand auch geschluckt haben. Beide Entscheidungen werden sich negativ auf den ÖPNV in Thüringen auswirken.

Meine Damen und Herren, die Kompensation endet 2019. Von 2007 bis 2013, Herr Minister hat es gesagt, wird die Förderung ungefähr auf dem Niveau gehalten. Ab 2013 wird dann voraussichtlich schrittweise gesenkt. Klar ist jedoch, dass auch nach 2019 noch Mittel in bedeutendem Umfang nötig sind und wir auch in den Jahren bis 2019 eigentlich keine Kürzungen verkraften können, wenn wir es mit unserem gesetzlichen Auftrag ernst meinen, eine Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsleistung vorzuhalten, um Leistungen der Daseinsvorsorge vor allem im ländlichen Raum zu sichern und dem Anspruch der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gerecht werden zu können.

Meine Damen und Herren, die Grundidee, dass man mit Mitteln des GVFG die notwendigen Anlagen baut und dann für die Zukunft gesorgt ist und alles gut ist, wäre zu schön um wahr zu sein. Wir brauchen die Mittel, und zwar dauerhaft und verstetigt. Die Länder haben es jetzt selbst in der Hand, die getroffenen Entscheidungen, so schlecht sie auch sind, so zu gestalten, dass die Gemeinden mit dem Vorhandenen auch arbeiten können. Das Land sollte als Erstes seine Förderpraxis überdenken. Nach einem Mehrheitsbeschluss des Haushalts- und Finanzausschusses wird das, was förderfähig ist, momentan mit maximal 70 Prozent gefördert. Das heißt, die Gemeinden müssen 30 Prozent kofinanzieren. Aufgrund der Haushaltslage in vielen Gemeinden sind diese dazu gar nicht in der Lage, deshalb sollte der Prozentsatz deutlich erhöht werden. Ein weiteres wichtiges Element wäre, den Förderkatalog zu erweitern. Das sind die Chancen, Herr Minister, von denen Sie leider nicht geredet haben. Zukünftig sollte es auch möglich sein, Grunderneuerung, Planungs- und Verwaltungskosten, Stadtbeleuchtungsanlagen, Brückenbaumaßnahmen, an denen Dritte beteiligt sind, und Instandhaltung und Instandsetzung aus diesem Topf zu fördern. Alle genannten Tatbestände sind derzeit nicht förderfähig. Grunderneuerungen, Sie haben es vorhin beklagt, sind jedoch vielerorts die am dringendsten benötigten Maßnahmen. Planungs- und Verwaltungskosten stellen auch bei förderfähigen Maßnahmen einen hohen Kostenanteil dar, sind aber bisher selbst nicht förderfähig. Das sind Hindernisse, die die Länder jetzt beseitigen können und sollten.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf einen besonderen Tatbestand eingehen, der mit dem Wegfall des GVFG eintritt. Das GVFG war und ist zurzeit noch ein Kernstück der Behindertengleichstellungsgesetze des Bundes. Voraussetzung für die bisherige GVFG-Förderung ist, dass die Vorhaben Belange von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen und den Anforderungen der Barrierefreiheit entsprechen. Das Institut für barrierefreie Gestaltung und Mobilität hat ermittelt, dass es eine sol

che weitreichende Regelung zur Barrierefreiheit in keinem anderen Bundes- oder Landesgesetz gibt. Eine ersatzlose Abschaffung des GVFG vernichtet das Kernstück des Behindertengleichstellungsgesetzes und es ist ein herber Rückschlag für die Gewährung der barrierefreien Verkehrsbereiche.