Lassen Sie mich aber an dieser Stelle auch noch knapp auf die öffentlich breit geführte Debatte eingehen. Ich denke, das ist notwendig. Vieles ist schon gesagt worden, von Herrn Schwäblein beispielsweise, der auf die Situation im Haushalt hingewiesen hat - das haben andere auch getan - und der auch darauf hingewiesen hat, dass wir mit dem Kulturkonzept wirklich eine Festlegung getroffen haben, die für andere Bereiche vielleicht sogar beispielgebend ist und für andere Länder beispielgebend wäre. Wir haben nämlich eine Kulturquote festgeschrieben. Wir haben gesagt, wir wollen uns bemühen, auch in
Zukunft 1,3 Prozent des Landeshaushalts für die Vielfalt kultureller Förderungen einzusetzen. Das klingt zunächst als eine kleine Zahl, ist aber im Vergleich der deutschen Länder ein Spitzenwert und an dem wollen wir festhalten. Nun ist es aber so und die gestrige Debatte hat das an verschiedenen Stellen deutlich gemacht, wir werden in den kommenden Jahren damit leben müssen, dass das Gesamtausgabevolumen des Haushalts sinkt. Das hat auch Auswirkungen auf den Kulturbereich und den möchten wir in aller Vielfalt weiter erhalten, das heißt: Standorte für Theater und Orchester, wo Publikum Opernaufführungen, Schauspiel, Ballett und Konzerte sehen kann, aber gleichzeitig auch unsere reiche Museumslandschaft, die jährlich 4 Mio. Besucher anzieht - übrigens mehr Menschen, als in Thüringen auf die Fußballplätze gehen -, unsere Bibliotheken, unsere Musikschulen, den Bereich der Denkmalpflege und alles andere. Wir wollen diese breite Kulturlandschaft nicht nachhaltig schädigen und wir wollen sie in ihrer Vielfalt erhalten. Deshalb gibt es auch nur eine Möglichkeit, Zukunftsfähigkeit hineinzubringen, und das heißt, wir müssen mit den Trägern von Theatern und Orchestern über strukturelle Veränderungen reden, um stabile finanzielle Verhältnisse in diesem Bereich zu erreichen. Das wird im Übrigen auch in der schon öfter in diesen zwei Debattentagen zitierten Studie zur finanzpolitischen Situation reflektiert, die das Thüringer Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung beauftragt hat. Dort heißt es, ich zitiere: „Auf der kommunalen Ebene verzeichnet der Kulturbereich mit Mehrausgaben von nahezu 100 Mio. € den mit Abstand höchsten Ausgabenüberhang. Der Abbau der Mehrausgaben auf der kommunalen Ebene hätte auch beim Land zu erheblichen Einsparungen geführt, da die Kommunen diese Ausgabe auch mit Hilfe von allgemeinen und zweckgebundenen Zuweisungen finanzieren. Das impliziert aber auch, dass das Land durch seine Zuweisungspolitik das Ausgabegebahren der Kommunen steuern muss.“ Wenn es also so ist, dass wir im Ländervergleich überdurchschnittliche Ausgaben in diesem Bereich von etwa 100 Mio. € haben, dann ist eine Reduzierung - das ist, weil wir ein Kulturland sind, deshalb wollen wir das auch - bei einer Notwendigkeit
einer allgemeinen Ausgabereduzierung um 10 Mio. € nach meinem Dafürhalten mehr als maßvoll. Dabei ist mir durchaus bewusst, dass in den bestehenden Strukturen von Theatern und Orchestern keine nennenswerten Einsparpotenziale mehr vorhanden sind. Deshalb müssen wir über strukturelle Veränderungen reden. Ein einfaches "Weiter so" hilft genauso wenig wie eine prozentuale Kürzung aller bisher vorhandenen Zuschüsse mit der Rasenmähermethode.
Wie bisher soll auch für den neuen Vertragszeitraum die Zielsetzung gelten, an allen bisherigen Standorten ein Angebot in den unterschiedlichen Sparten dauerhaft und von höchster künstlerischer Qualität zu gewährleisten. Das ist eine der Prämissen in unseren Gesprächen. Zugleich ist ein Theaterangebot zu gewährleisten, das sowohl in der Mitte den kulturpolitischen Ansprüchen der Landeshauptstadt und der Tradition des Deutschen Nationaltheaters am herausgehobenen Standort Weimar entspricht, aber es soll auch in der Fläche weiterhin breites Kulturangebot möglich sein. Gerade Angebote für Kinder und Jugendliche sind zu befördern. Darüber, wie gesagt, verhandeln wir. Diese Gespräche werden wir unaufgeregt, sachlich und zielorientiert weiterführen. Die öffentliche Debatte, die zahlreichen Proteste an den verschiedenen Standorten, die Sorgen in den verschiedenen Institutionen nehmen wir dabei sehr ernst. Gerade daraus erwächst die Verpflichtung, schnell zu klaren, zukunftsweisenden Lösungen zu kommen. Um die Umsetzbarkeit solcher Lösungen vor Ort aber überhaupt zu ermöglichen, muss, meine Damen und Herren, in der derzeitigen Phase der Verhandlungen eine vertrauensvolle und vertrauliche Gesprächsatmosphäre gewahrt bleiben, zumal verschiedene Träger auch untereinander - zum Teil ohne Beteiligung des Kultusministeriums - Gespräche aufgenommen haben, was ich gut und richtig finde, weil daraus auch Vorschläge aus den Bedürfnissen der Träger selbst herauskommen. Ich bitte Sie um Verständnis für diese Vorgehensweise und kündige noch einmal den Bericht in der vorgegebenen Frist an. Vielen Dank.
Herr Minister, ich kann ja nachvollziehen, dass Sie, was Sie jetzt geschildert haben, über die Gespräche mit den Trägern und den politisch Verantwortlichen noch nicht berichten wollen und dass es da einen entsprechenden Zeitraum noch gibt, das aufzuarbeiten. Mit Hochachtung habe ich auch zur Kenntnis genommen, dass Sie unermüdlich im Land unterwegs gewesen sind und sich auf den Podiumsgesprächen dieser Diskussion gestellt haben. Können Sie uns hier einen Eindruck vermitteln, wie im Grunde genommen im Land die Reaktion auf Ihr „Konzept“ seitens der Bürgerinnen und Bürger, gegebenenfalls natürlich auch der Betroffenen gewesen ist?
Es bestehen an verschiedenen Standorten Sorgen der Betroffenen hinsichtlich ihrer weiteren Arbeit in den derzeitigen Strukturen, deshalb, ich sagte es bereits, haben wir, denke ich, auch die Verpflichtung, schnell zu Ergebnissen zu kommen. Es besteht der verständliche Wunsch der Menschen in den einzelnen Standorten, es möge alles so bleiben, wie es ist. Dies ist aber ein Wunsch, den das Leben in aller Regel nicht erfüllen kann, Herr Blechschmidt. Der Dichter Erich Fried hat einmal gesagt: „Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt.“
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie aus der Seitz-Studie heute zitiert haben und das auch richtig dargestellt haben. Am Dienstagabend haben Sie noch behauptet, der SPD-Gutachter würde vorschlagen, es solle noch mehr als diese 10 Mio. € bei der Kultur gekürzt werden. Nun kann man ja Prof. Seitz wirklich nicht vorhalten, dass er der SPD besonders nahestehe, sondern er ist der Berater der Dohnanyi-Kommission gewesen und ebenso der Ministerpräsidenten Biedenkopf und Milbradt in Sachsen. Das kann man so nicht stehen lassen. Was die Studie selbst angeht, will ich noch einmal hervorheben, dass Prof. Seitz, so wie Sie es auch dargelegt haben, einen Ländervergleich durchgeführt hat, dass dieses Benchmarking ergibt, dass die Kulturausgaben in Thüringen höher sind als in den anderen Bundesländern - das ist ein Fakt -, dass er aber keineswegs gesagt hat, an dieser Stelle muss gespart werden. Das steht in der Studie nicht drin. Prof. Seitz überlässt es der Politik, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen. Die müssen wir auch treffen und darüber werden wir dann auch diskutieren.
Unverständlich ist es für mich aber auch, warum Sie eine solche Disproportionalität bei den Kürzungen bei den einzelnen Theatern und Orchestern an den Tag legen und insbesondere, warum gerade das Sinfonieorchester Gotha-Suhl sogar auf null gestellt werden soll. Sie haben darauf hingewiesen, dass keine konzeptionelle Begründung dem zugrunde liegt, sondern dass es um finanzielle Dinge geht. Ich kann nicht verstehen, dass Sie dort sparen, wo viel Geld einzusparen ist. Als Kulturminister müssten Sie doch schauen, dass zuerst einmal die kulturell wichtigen
Orchester und Theater auch entsprechend gehalten werden, wo Qualität vorhanden ist, und dass Sie mit den entsprechenden Mitteln, wenn Sie schon sparen müssen, dann aber auch etwas Vernünftiges zustande bringen, und nicht einfach, dass Sie nur schauen wie ein Buchhalter, dass zum Schluss die Summe stimmen muss. Danke schön.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Herr Kollege Goebel, erlauben Sie mir, dass ich als Mitglied der regierungstragenden Fraktion noch einen kleinen Hinweis gebe, der vielleicht zumindest in einem Teil hilfreich sein könnte bei der Lösung der Frage. Herr Kollege Schwäblein hat ja vorhin behauptet, die Theater und Orchester wären ausschließlich in der kommunalen Trägerschaft. Das stimmt bis auf einen Fall, dort ist nämlich das Land selbst mit Träger des Ganzen, das ist die Kulturstiftung Meiningen. Die Kulturstiftung Meiningen ist nun erstaunlicherweise der Träger, der am wenigsten von den Kürzungen betroffen ist. Das hängt auch mit der Qualität dort zusammen und mit vielen anderen Dingen. Das ist akzeptabel. Aber Sie wissen seit Langem, dass es Bestrebungen gibt, zumindest von der Westthüringer Seite, von Eisenach her, in enger Kooperation, wenn nicht gar in Fusion mit Meiningen zusammenzuarbeiten, dass diese Dinge leider Gottes nicht so vorankommen, wie es wünschenswert wäre. Ich glaube, für die Bemühungen des Landes, auch glaubwürdig zu sein in der Theater- und Orchesterfrage, wäre es nicht ganz unerheblich, wenn das Land selbst dort, wo es Hauptträger ist, und das ist es in der Kulturstiftung Meiningen, diesen Bemühungen, gestaltend neue Strukturen zu geben, auch wirklich den nötigen Nachdruck verleiht, dass wir zumindest an der Westthüringer Flanke zu einer befriedenden und befriedigenden Lösung der Theater- und Orchesterfrage kommen, wie es ja an der Ostthüringer Flanke, wenn auch unter Schmerzen und über einen längeren Zeitraum, offensichtlich gelungen ist, weshalb Altenburg und Gera auch weitgehend unangetastet bleiben. Es wäre also für die Glaubwürdigkeit des Bemühens des Landes, hier zu einer Lösung zu kommen, durchaus wünschenswert, wenn das Land in den Gesprächen, die zwischen Meiningen und Eisenach nun endlich in Gang kommen sollten, hier eine Kohle drauflegt und nicht nur moderierend sich hinstellt, wie das Land es bei den anderen Gesprächen machen kann, sondern selbst tatkräftig mithilft. Denn Sie sind selbst Träger und sollten nicht so wie andere Kommunen den Eindruck erwecken, wir handeln einmal so, wer sich
zuerst bewegt, der hat verloren, sondern bewegen Sie dort die Meininger Kulturstiftung mit; dort können Sie es. Das können Sie weniger bei Erfurt und Weimar. Aber in Meiningen könnten Sie es und ich bitte herzlich, auch damit das ganze Paket, was Sie vorhaben, zu einem befriedigenden und für die Thüringer Bevölkerung akzeptablen Schluss kommt. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte nicht lange reden und ich halte auch nichts davon, wenn aus jeder Region, wo ein Theater oder Orchester in Gefahr ist, dann die entsprechenden Abgeordneten reden, aber manchmal muss man Ausnahmen machen. Herr Prof. Goebel, ich möchte gern wissen und ich habe den Auftrag auch von den Trägern des Theaters Nordhausen/Sondershausen, auf welchen Kriterien Ihre Berechnung beruht. Meine Kollegin Frau Abgeordnete Klaubert hat Ihnen ja nicht unterstellt, dass das mit Parteibüchern oder irgendwelchen Oberbürgermeistern oder Oberbürgermeisterinnen zu tun hat, also muss es ja sachliche Kriterien dafür geben, dass Sie in Nordhausen 3,41 Mio. € kürzen. Wir können es uns nicht erklären und deshalb sind wir auf Ihren Sachverstand angewiesen, dass Sie uns das erklären, warum Sie den Norden plattmachen wollen. Das ist ja so ein Sprachgebrauch, den alle nehmen; wir liegen nicht an der A 4, wir liegen im Norden. Wir haben das einzige Theater. Frau Klaubert hat auch schon darauf hingewiesen, dass wir diejenigen waren, die früh in Vorleistung gegangen sind, die immer als Modell dargestellt wurden und jetzt am meisten gekürzt werden - 69,5 Prozent. Wir wollen es ja nur mal wissen, auf welcher Grundlage das basiert und warum Sie es tun. Das würde uns schon reichen.
Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht mehr vor, von Abgeordneten nicht und auch nicht von der Landesregierung. Eine Ausschussüberweisung des Antrags wurde nicht beantragt. Damit kommen wir direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/2120. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.
Ladenöffnungszeiten für Thü- ringen regeln - Sonntagsöffnung von Märkten, Messen und Video- theken prüfen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/2142 -
Wünscht die CDU-Fraktion das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung hat einen Sofortbericht angekündigt zu Ziffer 1 des Antrags und berichtet auch gleich über das Ergebnis der erbetenen Prüfung zu Ziffer 2. Deshalb hat jetzt das Wort Minister Dr. Zeh.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, namens der Landesregierung erstatte ich folgenden Sofortbericht zu den Ladenöffnungszeiten während der Fußballweltmeisterschaft.
Gestatten Sie mir zunächst einige Vorbemerkungen: Der Bericht, den ich Ihnen heute gebe, kann im streng statistisch korrekten Sinne nicht repräsentativ sein. Das heißt also, die Aussagen sind nach der Fachsprache „statistisch nicht signifikant“. Ich will das kurz begründen:
Erstens: Der Zeitraum von vier Wochen ist nicht ausreichend, um gesicherte Erkenntnisse über eine mögliche Umstellung der Ladenöffnungszeiten zu gewinnen. Die Menschen brauchen in der Regel länger, um alte Gewohnheiten zu ändern und sich auf die neuen Umstände einzustellen.
Zweitens: Die Situation der Weltmeisterschaft war keine normale und übliche Situation. Der Lebensrhythmus und das Konsumverhalten vieler Thüringerinnen und Thüringer haben sich weitgehend dem Spielplan der Fußballweltmeisterschaft (auch den Sieg- und Niederlagenfeiern) angepasst.
Drittens: Die Datenerhebung konnte nicht auf der Basis von gezielt wissenschaftlich-statistischen Methoden erstellt werden, damit sind sie weniger statistisch signifikant als notwendig.
Dennoch sollte die Sammlung von Erfahrungen der Unternehmen und Verbände mit der erweiterten Ladenöffnung hier kurz dargestellt werden. Befragt wurde der Einzelhandelsverband Thüringen, die Industrie- und Handelskammern in Gera, Erfurt und Suhl, die Gewerkschaft ver.di, die Werbegemein
schaft Gera, das Citymanagement Erfurt, der Thüringen-Park Erfurt sowie vier weitere Einkaufszentren und der DEHOGA (Hotel- und Gaststättenverband).
Meine Damen und Herren, die Fußballweltmeisterschaft 2006 war - auch wenn in Thüringen selbst keine Spiele stattgefunden haben - ohne Zweifel ein gesamtdeutsches Ereignis. Die verlängerten Ladenöffnungszeiten in Thüringen waren auch gedacht als ein Zeichen der Offenheit und der Gastfreundschaft für die Gäste in Thüringen. So konnten gemäß der Allgemeinverfügung des Sozialministeriums vom 31. März 2006 die Geschäfte im Freistaat an Werktagen bis 24.00 Uhr öffnen. Die Chance ist von zahlreichen Unternehmen im Freistaat ergriffen worden. Sie haben dabei überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Das gilt nicht nur für die Unternehmen, sondern insbesondere auch für die Verbraucher.
Gegen diese Allgemeinverfügung wurden allerdings auch in neun Einzelfällen Anträge auf Aufhebung der Verfügung bei den Verwaltungsgerichten in Weimar und Gera gestellt. Zwei Eilanträge entschied das Verwaltungsgericht Weimar am 8. Juni 2006. Sie erinnern sich, am 9. Juni 2006 begann die Fußballweltmeisterschaft. In einem Fall wies das Gericht den Eilantrag zurück, weil die Antragstellerin selbst gar nicht außerhalb der üblichen Ladenöffnungszeiten beschäftigt werden sollte. Im anderen Fall wurde dem Eilantrag stattgegeben, aber nur bezüglich des Einzelfalls. Diese Verkäuferin durfte während der verlängerten Öffnungszeiten nicht beschäftigt werden.
Sechs der neun Klagen wurden zurückgenommen. Zur Hauptsache, also ob die Verfügung insgesamt gesetzeskonform war, wollen die Gerichte erst später entscheiden. Der Zeitpunkt der Entscheidung steht noch nicht fest. Die Läden konnten aber trotz der Klagen während der Weltmeisterschaften länger öffnen. Die Beschäftigung der Arbeitnehmer nach 20.00 Uhr erfolgte in der Regel auf freiwilliger Basis. Bei größeren Einrichtungen gab es dazu auch Betriebsvereinbarungen.
Nach Einschätzung der Gewerkschaft ver.di war das WM-Geschäft kein Erfolg. Längere Öffnungszeiten als bis 20.00 Uhr würden nicht gebraucht. Nach Einschätzung des Einzelhandelsverbands haben viele Händler von den verlängerten Öffnungszeiten profitiert; von den befragten Unternehmen verzeichneten 10 Prozent höhere Umsätze. Allerdings schwanken die Umsätze im Jahresverlauf immer erheblich. So gab es zum Beispiel auch Händler, die während der WM Einbußen hinnehmen mussten. Hier gilt, das Konsumverhalten im Sommer und während der WM war und ist generell anders als sonst.
haltungselektronik, Zeitschriften und Getränken. Von der Ausnahmegenehmigung haben vor allem Einkaufszentren in Erfurt, Jena und Gera Gebrauch gemacht und mit besonderen Events für die Kunden verbunden, in einigen sogar bis 24.00 Uhr dies gestaltet. Auch viele kleinere und mittlere Geschäfte in den Innenstädten haben ihre Öffnungszeiten den Bedürfnissen der Verbraucher angepasst. Das von einigen Seiten vorhergesagte Chaos oder Unsicherheit usw. ist so in dieser Zeit nicht eingetreten.
Der Thüringen-Park Erfurt veranstaltete zwei Mitternachtsshoppings. Dabei kamen zwischen 10 bis 15 Prozent mehr Kunden in die Geschäfte als an den Vergleichstagen im Vorjahr. In der Galerie Anger 1 in Erfurt wurden die hohen Erwartungen durch die zusätzlichen Öffnungszeiten am Freitag und Samstag bis 22.00 Uhr noch übertroffen. Die Geschäfte im Weimar-Atrium haben die Angebote und Möglichkeiten nicht genutzt. Nach Einschätzung des Managements hätte sich eine Ladenöffnung bis 24.00 Uhr nicht für die Mehrheit der Geschäfte gelohnt. Die Industrie- und Handelskammer Gera hob hervor, dass es generell hohe wirtschaftliche Erwartungen an die Fußballweltmeisterschaft gegeben habe, unabhängig von den Ladenöffnungszeiten. Diese haben sich für viele nur zum Teil erfüllt.
Auch die Handelsverbände vertraten die Auffassung, dass der Zeitraum von vier Wochen zu kurz wäre, um gesicherte Erkenntnisse zu verlängerten Öffnungszeiten zu erhalten. Die Kunden benötigten für die neuen Möglichkeiten längere Anlauf- bzw. Gewöhnungsphasen. Es wurde aber übereinstimmend dafür plädiert, den Händlern im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit die Entscheidung über die Öffnungszeiten an Werktagen selbst zu überlassen. Angesichts dieser Erfahrungsberichte ist klar, dass es, wie in anderen europäischen Ländern auch, keiner staatlichen Reglementierung des Ladenschlusses an Werktagen - und ich betone, an Werktagen - bedarf. Die Unternehmen haben eigenverantwortlich, bedarfsgerecht, mitarbeiter- und verbraucherfreundlich von der erweiterten Möglichkeit zur Ladenöffnung Gebrauch gemacht. Ausgehend von dem besonderen Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe ist dann, so wurde übereinstimmend gesagt, nur noch eine Regelung der Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen notwendig.
Noch einmal: Nach einer Neuregelung ist niemand gezwungen, sein Geschäft länger als bisher zu öffnen, wenn er darin keine Vorteile für sich und seine Kunden sieht, denn die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten wird von Angebot und Nachfrage abhängen. Uns muss es um die Wahlfreiheit für Anbieter und Konsumenten gehen.
Nunmehr möchte ich zum zweiten Teil des Antrags berichten. Es geht um die Erweiterung des Thüringer Feiertagsgesetzes für die Durchführung von behördlich festgesetzten Märkten, Messen, Ausstellungen und Volksfesten sowie um den Vertrieb von Videotheken an Sonn- und Feiertagen ab 13.00 Uhr.
Zuerst gehe ich auf den besonderen verfassungsrechtlichen Schutz von Sonn- und Feiertagen ein. Grundlage hier ist der Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung. Dieser Artikel wurde sowohl vom Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland als auch von der Landesverfassung des Freistaats Thüringen übernommen. Er findet sich wortgleich in den beiden Staat-Kirchen-Verträgen, die das Rechtsverhältnis zwischen beiden Konfessionen und dem Freistaat regeln, wieder. Nach dieser Norm sind Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung auch im sekulären Staat geschützt, das heißt, die Sonn- und Feiertage sind von Verfassungs wegen im Regelfall grundsätzlich von allen Erscheinungsformen werktäglicher Arbeit freizuhalten. Ausnahmen davon bedürfen wegen des Verfassungsrangs des Sonn- und Feiertagsschutzes einer sorgfältigen Begründung. Die gesetzlichen Ausnahmen sind in § 4 Abs. 3 des Thüringer Feiertagsgesetzes beschrieben. Dabei geht es um Gefahrenabwehr, Erhalt überragender Güter und Interessen des Gemeinwohls oder um das Interesse der erholungssuchenden Bevölkerung. Die Gewerbeordnung regelt die Grundlagen für die Festsetzung von Messen, Ausstellungen und Märkten. In der Festsetzung nach § 69 der Gewerbeordnung kann die zuständige Behörde u.a. die Dauer und die Öffnungszeiten solcher Veranstaltungen festlegen. Gegen die Veranstaltung von Ausstellungen und Messen bestehen feiertagsrechtlich keine grundsätzlichen Bedenken. Das Vorführen und Zurschaustellen ohne Kaufmöglichkeit oder das organisierte Anbieten nur für Zwischenhändler, also die klassischen Messen, sind in der Regel unproblematisch. Gleichfalls unproblematisch sind seit jeher die Volksfeste. Diese Veranstaltungen dienen der Freizeit und Erholung. Schon aus praktischen Gründen ist es natürlich sinnvoll, sie auf einen Tag der allgemeinen Arbeitsruhe zu legen, denn nur so ist der Besuch mit der Familie oder im Freundeskreis auch möglich.
Die Verfassung und damit das rechtliche Fundament unseres politischen und gesellschaftlichen Lebens schützt die Sonn- und Feiertage. Sie sollen so weit wie möglich von werktäglichem Erwerbs- und Gewinnstreben freigehalten werden. Diese Überlegungen gelten in ihren Grundzügen auch für die Sonntagsöffnung von Video- und Mediatheken. Videotheken unterliegen nicht den Vorschriften des Ladenschlussgesetzes, solange und soweit es sich um die Haupttätigkeit des Verleihens von CDs, Videos und anderen Medien handelt. Daher dürfen Video
theken bereits jetzt an Wochentagen rund um die Uhr öffnen. Ausnahmen für Sonn- und Feiertage sieht das Thüringer Feiertagsgesetz für Videotheken bisher nicht vor, wären aber denkbar.
Einige Länder haben bereits in ihren Feiertagsgesetzen entsprechende Ausnahmeregelungen für Videotheken getroffen. Derartige Ausnahmeregelungen begegnen verfassungsrechtlich allerdings erheblichen Bedenken. Auch ein für Videotheken offensichtlich erkennbarer Freizeitbezug reicht aus Sicht von Experten rechtlich nicht für eine Ausnahme von Sonn- und Feiertagsschutz aus. Verfassungsklagen in denjenigen Ländern, wo solche Ausnahmeregelungen bestehen, sind uns allerdings bisher nicht bekannt.
Die Ausleihe von Medien für den Sonntag ist ohne Weiteres auch am vorhergehenden Samstag möglich, wie ja viele Vorbereitungen für Sonn- und Feiertage unter der Woche stattfinden. Video- und Mediatheken unterscheiden sich eindeutig von Theatern, Kinos und Konzertveranstaltungen. Dort treffen Durchführende und Besucher direkt aufeinander. Das gilt erst recht, wenn Familien oder Freunde gemeinsam solche Veranstaltungen besuchen wollen und dabei auf einen möglichst für alle arbeitsfreien Tag angewiesen sind.