Namens der CDU-Fraktion beantrage ich die Fortsetzung der Aussprache im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt.
Das ist mir bekannt, trotzdem kann das Berichtsersuchen erfüllt sein, auch wenn man weiter darüber diskutiert. Deshalb frage ich noch einmal: Erhebt sich Widerspruch, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist? Es erhebt sich kein Widerspruch.
Es ist beantragt die Fortsetzung der Aussprache im Ausschuss für Umwelt und Naturschutz. Da alle drei Fraktionen die Aussprache beantragt haben, muss von allen dreien die Zustimmungen vorliegen, dass die Aussprache weiter erfolgt im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt. Ich frage die Fraktion der SPD. Einverstanden. Die Fraktion der Linkspartei.PDS. Auch einverstanden.
Damit stimmen wir ab über die Ausschussüberweisung. Wer für die Überweisung an den Ausschuss ist und die weitere Diskussion, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? 1 Gegenstimme. Wer enthält sich? Keine Stimmenthaltung. Damit ist mit großer Mehrheit die Ausschussüberweisung angenommen.
Danke, Frau Präsidentin. Der Übergang vom Thema „Luftreinheit“ zum Thema „Frauen und Arbeit“ ist insoweit relativ einfach, weil natürlich auch Frauen Luft zum Atmen brauchen und
erlauben Sie mir den ganz kurzen Hinweis, dass Frauen an dieser Stelle im besonderen Maße zur Luftreinheit in Thüringen beitragen, weil sie nutzen nämlich überdurchschnittlich den ÖPNV und fahren deutlich spritsparender im Durchschnitt als Männer.
Aber zum Thema „Frauen und Arbeit“. Meine Damen und Herren, Frauen sind anders und Frauen sind kein Anhängsel von Männern, aber
Auch wenn man den Eindruck gewinnen könnte, wenn man auf die Regierungsbank schaut, Frauen wären irgendwie defizitäre Wesen und beim Arbeitsmarkt entsteht der Eindruck nach wie vor und in zunehmendem Maße, dass Frauen mit besonderen Problemlagen umgeben seien. Das kommt in meinen Augen derzeitig doch eher einem Frauenbild von vor 100 Jahren nahe. Lassen Sie mich diese These begründen. Die Arbeitswelt ist mehr als die Mischung aus Selbstverwirklichung und Existenzsicherung. Das ist uns allen bewusst. Uns allen ist die Bedeutung von Arbeit bewusst, nicht umsonst kommt in allen
Umfragen in Deutschland der Frage des Arbeitsmarkts die wichtigste Aufgabe zu in der Politik und in der gesellschaftlichen Gestaltung.
Frauen auf dem Arbeitsmarkt sind aber von besonderen Problemen umgeben. Ich möchte das nur in ganz kurzen Schlaglichtern darstellen, Frau Leukefeld wird natürlich nachher noch mal näher darauf eingehen. Prekäre Arbeitsverhältnisse sind vor allem weiblich bestimmt. Sie sind überdurchschnittlich bei 400-Euro-Jobs vertreten, in befristeten Arbeitsverträgen, erzwungene Teilzeitarbeit ist vor allem weiblich. Ausbildungschancen sind ungleich schlechter von jungen Frauen als von jungen Männern und das, obwohl sie bessere Abschlüsse besitzen im Durchschnitt. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist überdurchschnittlich weiblich geprägt. Und ein Problem möchte ich noch mal in besonderem Maße ansprechen, das ist die Frage von Hartz IV und die in dem Zusammenhang stehende Frage der Bedarfsgemeinschaften und die daraus entstehende Frage der Nichtleistungsbezieher, die eben vor allem weiblich sind mit all den umgebenden Problemen.
Meine Damen und Herren, für mich entsteht das Bild, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt zunehmend die Rolle von Hinzuverdienerinnen spielen, von denen, die eigentlich für Heim und Herd zuständig sind, für Kindererziehung und nebenbei noch ehrenamtlich arbeiten und so ein bisschen für die Selbstverwirklichung noch arbeiten gehen können, ohne wirklich Karriereaussichten und -chancen zu haben. Die Landesregierung ist verpflichtet nach der Thüringer Verfassung, die Gleichberechtigung und Gleichstellung zu fördern, nicht nur zu fordern, sondern auch zu fördern. Ich persönlich vermisse den Aufschrei der Landesregierung bei all diesen zunehmenden Problemen auf dem Arbeitsmarkt, ich vermisse die wirklich sichtbare Förderung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, und deshalb fragen wir heute mit unserem Antrag nach: Was tut die Landesregierung, um die beschriebene Situation zu verbessern? Wie beurteilen Sie die Situation? Und deshalb bitten wir heute um den Bericht der Landesregierung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Antrag „Frauen und Arbeit in Thüringen“ entspricht der wenig zielorientierten Grundstruktur anderer bishe
riger Anträge der Linkspartei.PDS. Der Berichtsantrag umfasst eine Reihe von Detailfragen. Der eigentliche Antrag fordert dann bereits Maßnahmen, nach denen im Berichtsantrag nun mal gerade erst gefragt worden ist. Meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS, Sie scheinen für sich selbst ja alle Punkte längst beantwortet zu haben. Sie werden sicher auch verstehen, dass ich die Ihrem Antrag zugrunde liegende Vorstellung, die Arbeitsmarktlage von Frauen könnte durch Förderprogramme und Einzelregelungen der Arbeitsmarktpolitik allein grundlegend verändert werden und die Landesregierung habe dies ganz allein in der Hand, nur als ein wenig naiv und realitätsfremd bezeichnen kann.
Man kann durch einzelne Maßnahmen Verbesserungen erreichen, wie das der Landesregierung ja auch in den vergangen Jahren gelungen ist. Einen Weltverbesserungsautomaten, bei dem man nur an einem Hebel zu ziehen braucht und unten fällt die Anleitung zum Glücklichsein heraus, den gibt es nun mal leider nicht. Deshalb muss auch die Frage nach der Arbeitsmarktsituation von Frauen nach wie vor im Zusammenhang mit der Gesamtentwicklung der Wirtschaft und der Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und Beschäftigung betrachtet werden. Eine ganz wichtige Antwort besteht dann z.B. auch darin, dass die Reformpolitik auf Bundesebene fortgesetzt werden muss, z.B. im Bereich des viel zu starren Arbeitsrechts, das neue Arbeitsplätze - und das wissen wir alle - geradezu verhindert. Die Antwort besteht aber ausdrücklich nicht darin, Arbeitsmarktreformen zurückzudrehen, wie dies die Fraktion der Linkspartei.PDS in Bezug auf Hartz IV wohl ganz gern hätte.
Lassen Sie mich jetzt zunächst auf die Arbeitsmarktentwicklung und die Arbeitsmarktsituation von Frauen in Thüringen einmal generell eingehen. Die Entwicklung der vergangenen Jahre lässt nämlich durchaus, trotz der nach wie vor schwierigen Gesamtlage des Arbeitsmarkts, positive Veränderungen erkennen. Ich erinnere an der Stelle noch einmal daran, dass Thüringen die niedrigste Arbeitslosenquote unter allen neuen Bundesländern hat, wenn sie auch - wohl bemerkt - immer noch zu hoch ist. So ist der Frauenanteil an den Erwerbstätigen in den letzten zehn Jahren von 44 Prozent auf knapp 46 Prozent gestiegen. Das ist ein Erfolg, auch wenn die Anzahl der Erwerbstätigen im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren in den letzten Jahren in Thüringen insgesamt gesunken ist. Ähnlich ist es bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Trotz des Gesamtrückgangs in den letzten Jahren, der übrigens - und darüber haben wir gestern schon gesprochen - derzeit gestoppt ist und sich sogar zu einem leichten Zuwachs verändert hat, ist der Frauenanteil von rund 47 Prozent vor zehn Jahren auf derzeit rund 49 Prozent gestiegen. Zudem, meine Damen und Herren,
möchte ich darauf hinweisen, dass sich der jahresdurchschnittliche Anteil arbeitsloser Frauen an der Gesamtzahl der Arbeitslosen seit 1999 - damals betrug er 55,4 Prozent - deutlich verringert hat und 2005 nur noch bei 48,1 Prozent lag. Wenn Sie einen Blick in die aktuellen Arbeitslosenzahlen werfen, so werden Sie feststellen, dass die Frauenarbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr sogar um 5,5 Prozent abgenommen hat.
Ich will die Lage hier, meine Damen und Herren, nicht schönreden, aber nochmals darauf hinweisen, dass wir uns im Vergleich der neuen Länder durchaus sehen lassen können. Das gilt insbesondere, meine Damen und Herren, wenn man sich anschaut, wie die Entwicklung in den von der Linkspartei.PDS mitregierten Ländern ist. In Mecklenburg-Vorpommern liegt die Arbeitslosenquote bei 18 Prozent, und damit ist Mecklenburg-Vorpommern das Schlusslicht in der ostdeutschen Statistik, und in Berlin immerhin noch bei 17,1 Prozent; Thüringen - noch mal zum Vergleich - 14,5 Prozent. Auch die Rückgänge im Vorjahresvergleich sind dort deutlich geringer ausgefallen als in Thüringen. Also sollten Sie vielleicht Ihre Kollegen in den Ländern Berlin und MecklenburgVorpommern doch mal auffordern, ähnliche Dinge zu tun wie in Thüringen, vielleicht erreichen sie dann auch Werte wie in Thüringen. Diese vergleichsweise positive Einschätzung betrifft nicht nur die Arbeitsmarkt- und die Ausbildungssituation der Frauen in Thüringen, sondern auch die darauf bezogene Förderpolitik des Landes.
Meine Damen und Herren, damit komme ich nun zum eigentlichen Antrag „Frauen und Arbeit in Thüringen“: Der Antrag der Linkspartei.PDS bezieht sich ausdrücklich auf die DGB-Studie „Frauen in Thüringen - eine Bestandsaufnahme 2005“. Die Studie ist vom März 2006, die der DGB auch dankenswerterweise bereits vor einigen Monaten der Landesregierung zugeleitet hat, und sie beschreibt die Situation von Frauen in Thüringen unter verschiedenen Aspekten - etwa im Hinblick auf das Geburtendefizit, auf Abwanderung, auf Fachkräftesicherung, Beschäftigungsentwicklung und natürlich auch in Bezug auf Entlohnung und Rente.
Selbstverständlich haben sich die zuständigen Ressorts der Landesregierung intensiv mit den Aussagen dieser Studie, den Schlussfolgerungen und natürlich auch dem Forderungskatalog befasst. Es bleibt aber doch festzustellen, dass viele der angesprochenen Problemfelder kein alleiniges Frauenspezifikum darstellen, sondern dass davon Männer in Thüringen ebenso betroffen sind. Es entspricht sicherlich dem Auftrag des DGB, dass in der vorgelegten Untersuchung ausschließlich die Lage von Frauen betrachtet wurde. Dennoch kann man die Arbeitsmarktsituation von Frauen nicht völlig isoliert von einer Gesamt
betrachtung analysieren, sondern muss dies immer im Zusammenhang sehen und natürlich auch im Zusammenhang bewerten.
Eines der angesprochenen Probleme ist das Thema Abwanderung. Keine Frage, Abwanderung ist zweifellos ein ernst zu nehmendes Thema. Hinzu kommt noch, dass die steigende Lebenserwartung und die gleichzeitig niedrigen Geburtenraten zu strukturellen Veränderungen im Altersaufbau führen, in Thüringen ebenso wie in ganz Deutschland. Die im Antrag behauptete überdurchschnittliche Abwanderung von Frauen ist so pauschal nicht zutreffend und muss letztendlich auch ein wenig differenziert werden. Der Frauenanteil bei den abgewanderten Personen Thüringens bewegte sich in den Jahren 2003 bis 2005 zwischen 48,4 und 49,6 Prozent. Insgesamt, meine Damen und Herren, sind also weniger Frauen abgewandert als Männer. Richtig ist allerdings, dass bei den 15- bis 25-Jährigen der Frauenanteil seit einigen Jahren zwischen 54 und 60 Prozent liegt. Das ist überaus unerfreulich, weil sich gerade diese Wanderungsverluste natürlich negativ auf die demografische Entwicklung auswirken werden, wie allerdings auch in allen anderen neuen Ländern und zum Teil auch in strukturschwachen Regionen der alten Bundesländer.
Bereits seit einigen Jahren beschäftigt sich deshalb die bei der Thüringer Staatskanzlei angesiedelte Managementgruppe zur Sicherung des Fachkräftebedarfs, der neben den zuständigen Fachressorts die Thüringer Kammern, der Verband der Thüringer Wirtschaft, die Gewerkschaften sowie die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen der Bundesagentur für Arbeit angehören, natürlich auch mit diesem Themenkreis. Die bisherigen Ergebnisse können den bislang veröffentlichten drei Berichten der Managementgruppe natürlich auch jederzeit entnommen werden. Im Wesentlichen wurden Vorschläge im Bereich von Ausbildung und Beschäftigung einschließlich natürlich der Berufsvorbereitung erarbeitet, die für den Verbleib der Jugend in Thüringen vorrangig sind. Darüber hinaus gibt es aus meiner Sicht drei wesentliche Aufgaben, die größtenteils natürlich der Wirtschaft obliegen:
1. dazu beizutragen, dass das Einkommensniveau in Thüringen steigt und damit auch konkurrenzfähig bleibt,
die neue Thüringer Fachkräftestudie eindeutig belegt - recht gut. Insbesondere die Programme und Maßnahmen zur Schaffung von Ausbildungsplätzen in Thüringen wirken der Abwanderung auch entgegen. Insofern wird die Landesregierung auch in den kommenden Jahren großes Augenmerk darauf richten, dass die Thüringer Jugend hier im Lande, hier in Thüringen Ausbildungsmöglichkeiten erhält. Das wird dadurch ergänzt, dass die Arbeitsmarktförderung besonders junge Menschen, gerade auch an der zweiten Schwelle - also vom Übergang zum Arbeitsleben - unterstützt.
Wie mehrfach bereits im Landtag berichtet, werden Frauen sowohl bei der Ausbildungsförderung als auch bei der Arbeitsmarktförderung als Zielgruppe ganz besonders berücksichtigt. Darauf werde ich auch nachher noch im Zusammenhang mit den Maßnahmen und der ESF-Förderstruktur eingehen.
Von Langzeitarbeitslosigkeit sind Frauen in Thüringen stärker betroffen als Männer. Ihr Anteil an den Langzeitarbeitslosen insgesamt lag im September 2006 immerhin bei 59,9 Prozent. Auch hier muss jedoch festgehalten werden, dass sich die eingesetzten arbeitsmarktpolitischen Instrumente ohnehin ganz besonders auf die Förderung Langzeitarbeitsloser richten und auch schon eine deutliche Besserung herbeigeführt haben. Der Frauenanteil bei Langzeitarbeitslosen lag nämlich beispielsweise noch im September 2000 bei 67 Prozent, also können wir dort immerhin einen erfreulichen Rückgang von 7,1 Prozentpunkten verzeichnen.
Meine Damen und Herren, eines der wichtigsten Ziele der Bildungs- und Berufspolitik ist es, jungen Menschen eine qualifizierte Ausbildung zu ermöglichen. Unserem Ziel, jedem Jugendlichen, der es denn wünscht, eine Ausbildungsmöglichkeit zu bieten, sind wir insbesondere durch den Abschluss des Ausbildungspakts gerecht geworden. Unsere Strategie ist dabei ausgerichtet auf die Sicherung der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe durch Förderung der überbetrieblichen Ausbildung im Handwerk und von Ergänzungs- und Zusatzqualifikationen in Industrie, Handel und Handwerk; eine zusätzliche Ergänzung der betrieblichen Ausbildung durch überbetriebliche Ausbildungsstätten und deren investive Förderung durch das Land; eine qualifizierte Berufswahlvorbereitung, um dadurch das leidige Problem der Ausbildungsabbrüche zu verringern; die Förderung von Beratern zur Lehrstellenwerbung, um das vorhandene Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen auch besser ausschöpfen zu können sowie die Sicherung von Ausbildungsabschlüssen im Fall der Insolvenz eines ausbildenden Unternehmens. Um einen annähernden Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen zu erreichen, war und ist es zudem erforderlich, gemeinsam
mit dem Bund zusätzliche überbetriebliche Ausbildungsplätze zu fördern. Das entsprechende Ausbildungsprogramm Ost wurde deshalb in den vergangenen Jahren durch den Freistaat Thüringen regelmäßig mit mehreren hundert Ausbildungsplätzen aufgestockt. Die Berufswahlvorbereitung in Thüringen wird, meine Damen und Herren, von drei Säulen getragen. Das ist zum einen der Thüringer Berufswahlpass, zum anderen das Qualitätssiegel „Berufswahlfreundliche Schule“ und die Förderung des Praxiserlebens von Schülerinnen und Schülern in der Arbeitswelt. An dem Projekt „Berufsstart in Thüringen - vertiefte wirtschaftsnahe Berufsvorbereitung während der Schulzeit“, nehmen derzeit immerhin 9.000 Schüler teil. Dieses Projekt soll weiterhin forciert und gefördert werden, weil ich es für sehr wichtig erachte. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle das seit Jahren sehr erfolgreich laufende Projekt FrITZI, das vom Bildungswerk Thüringer Wirtschaft e.V. und der Koordinierungsstelle Naturwissenschaft und Technik für Schülerinnen und Studentinnen und Absolventinnen an der TU Ilmenau getragen wird.
FrITZI, das wissen Sie, zielt darauf ab, das traditionell sehr eingeengte Berufswahlspektrum speziell junger Frauen zu erweitern und ihren Blick auch auf naturwissenschaftlich-technische Berufe mit Zukunft zu lenken. Dieselbe Zielrichtung verfolgt auch der von der Landesregierung initiierte und seit dem Jahr 2000 herausgegebene berufsorientierte Jobkalender, den uns Schülerinnen und Schüler jeweils zu Beginn des Schuljahrs förmlich aus der Hand reißen. Ich denke, auch mit diesen Projekten müssen wir uns deutschlandweit nicht verstecken.
Einige weitere Anmerkungen, meine Damen und Herren, möchte ich zum Stichwort Altersarmut machen. Das Sozialhilferecht definiert ein soziokulturelles Existenzminimum. Das heißt, dass die Hilfe zum Lebensunterhalt nicht nur ein psychisches Existenzminimum garantiert, sondern einen soziokulturellen Mindeststandard, der eine angemessene Teilnahme am gesellschaftlichen Leben einschließt. Insofern schützt die Hilfe zum Lebensunterhalt vor Armut und Ausgrenzung. Ausweislich der Statistik von bedarfsorientierter Grundsicherung im Alter bezogen in Thüringen zum 31.12.2004 insgesamt 687 Frauen über 65 Jahre Grundsicherungsleistungen. Von diesen 687 Frauen bezogen 615 eine Altersrente, 46 Frauen eine Hinterbliebenenrente, 12 Frauen verfügten über kein Einkommen und 2 Frauen über 65 verfügten über ein Erwerbseinkommen. Diese Zahlen, meine Damen und Herren, verdeutlichen, dass die Verknüpfung Langzeitarbeitslosigkeit, Realeinkommensverluste, Altersarmut zumindest kein Massenphänomen und auch kein Automatismus sind.
Auf das ebenfalls im Antrag angesprochene Lohnniveau und die Arbeitsbedingungen möchte ich hier nur kurz eingehen. Hier geht es vorrangig um die Zuständigkeit der Tarifparteien und letztlich nicht um staatliche Regelungen. Der Staat hat den Rahmen für Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen zwar gesetzlich vorgegeben, ausgefüllt, das wissen Sie, wird er aber durch die Tarifparteien oder vertraglich auf betrieblicher Ebene. Es gilt aber aus meiner Sicht, dass die Bedingungen legal und auch zumutbar sein müssen.
Zum Ersten, zum Vorschlag der Auftragsvergabe beziehungsweise zum Gleichstellungsgesetz ist Folgendes anzumerken: Zum einen steht der Grundsatz der Berücksichtigung von Chancengleichheit und Diskriminierungsverbot in dem bereits zitierten § 22 des Gleichstellungsgesetzes eindeutig drin, so dass dieser Grundsatz natürlich auch gilt. Zum anderen hat sich der Thüringer Landtag mehrheitlich gegen ein Landesvergabegesetz ausgesprochen, das gegebenenfalls weitere Regelungen hätte treffen können. Zudem ist nach der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung ein solches Gesetz auch auf Bundesebene nicht vorgesehen.
Zum Zweiten: Die Landesregierung betreibt eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die bereits mehrfach im Landtag erläutert und erörtert wurde, den deutlichen Ausbau des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors lehnt die Landesregierung ab und darüber haben wir auch gestern hier in diesem Hohen Hause miteinander diskutiert. Ein Mindestlohn von 8 € - anscheinend mit einem Extraaufschlag für Frauen, denn die bisherige Generalforderung lautete ja 7,50 € - würde zur Arbeitsplatzvernichtung führen, da viele Jobs im geringqualifizierten Bereich eben nicht die notwendige Produktivität für eine solche Entlohnung haben und, meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS, das wissen Sie ganz genau so gut wie ich. Die Landesregierung lehnt deshalb einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn ab. Darüber hinaus kann ich aber auf die Tarifparteien verweisen. Es besteht nach wie vor die Möglichkeit, Flächentarifverträge zu vereinbaren und diese für verbindlich zu erklären, wenn dies alle Partner wollen und für wirtschaftlich sinnvoll erachten.
Zum Nächsten: Um des Weiteren einige offensichtlich vorhandene Missverständnisse klarzustellen und auch die bereits bestehende Förderstrategie im Bereich Frauen und Arbeit zu verdeutlichen, möchte ich nun auf die Förderung im Rahmen des Europäischen Sozialfonds - des ESF - eingehen. Ich zitiere aus Ihrem Antrag, meine Damen und Herren: „Die weitgehende Verwendung der Mittel des Euro
päischen Sozialfonds für Arbeitsmaßnahmen für Frauen“ ist nun mal nach den Vorgaben der Europäischen Union so einfach nicht statthaft. So fordert der Artikel 6 Sozialfondsverordnung vom 5. Juli 2006, ich zitiere noch einmal: „Die Mitgliedstaaten setzen sich für eine ausgewogene Beteiligung von Frauen und Männern bei der Verwaltung und bei der Durchführung der Operationellen Programme ein.“ Eine weitgehende geschlechtsspezifische Konzentration des Mitteleinsatzes im Rahmen des Operationellen Programms würde dem der Verordnung immanenten Prinzip des Gender-Mainstreamings dann auch widersprechen. Immerhin wurde in der Strukturfondsförderperiode 2000 bis 2006 im Rahmen des Operationellen Programms des ESF noch im Jahr 2004 eine Mittelverlagerung in die so genannte Maßnahme 9 vorgenommen, die der Förderung spezifischer Projekte zur Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen und Männern vorbehalten ist. Durch eine formelle Änderung der entsprechenden Plandokumente wurde die für frauenspezifische Maßnahmen vorgesehene Förderlinie um immerhin 4,8 Mio. € auf insgesamt 60,2 Mio. € aufgestockt. Insgesamt konnten in den Jahren 2004 und 2005 damit 31.234 Frauen durch Förderangebote des Europäischen Sozialfonds erreicht werden, davon 10.221 Teilnehmerinnen durch explizit der Verbesserung der Chancengleichheit dienende Projekte. Dies entspricht einem Frauenanteil von immerhin 47,7 Prozent. Für den gesamten Schwerpunkt 4 „Förderung des Arbeitskräftepotenzials sowie der Chancengleichheit“ wurde eine durchschnittliche Frauenquote von 47,6 Prozent erreicht. In der Förderperiode 1994 bis 1999 lag diese Quote - hören Sie gut zu - immerhin nur bei 38,7 Prozent, also auch hier ein ganz deutlicher Aufwuchs. Der Einsatz des Europäischen Sozialfonds wird sich auch in der kommenden Förderperiode über alle Schwerpunkte hinweg am Prinzip des Gender-Mainstreamings orientieren müssen. Dies bedeutet einerseits, dass die Fördermaßnahmen im Hinblick auf ihre geschlechtsspezifischen Auswirkungen betrachtet werden, was auch die Gewährleistung eines ausgeglichenen Verhältnisses von Frauen und Männern an der Gesamtförderung beinhaltet. Andererseits wird das Operationelle Programm des ESF für die Jahre 2007 bis 2013 auch spezifische Angebote zur arbeitsmarktpolitischen Förderung von Frauen unterschiedlicher Lebenslagen beinhalten. Neben dem Abbau von Weiterbildungs- und Aufstiegsbarrieren für berufstätige Frauen sind hierbei erhebliche Mittel für einen eigenen Förderbereich zur Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen und Männern vorgesehen.
Insgesamt, meine Damen und Herren, kann davon ausgegangen werden, dass das neue ESF-Programm für Thüringen das Ziel der Chancengleichheit der Geschlechter in angemessener Weise auch wieder berücksichtigt. Damit ist die zielgerichtete Förderung von Berufsvorbereitung und -ausbildung,