Protokoll der Sitzung vom 15.12.2006

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 9

Aufstellung eines Nachtrags- haushalts für das Haushalts- jahr 2007 Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/2425 -

Mir ist nicht signalisiert worden, dass die Fraktion der Linkspartei.PDS eine Begründung für ihren Antrag geben möchte, so dass ich sofort die Aussprache er

öffnen kann. Als Ersten in dieser Aussprache rufe ich für die CDU-Fraktion den Abgeordneten Mohring auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der PDS-Fraktion zur Aufstellung eines Nachtragshaushalts für das Jahr 2007 veranlasst mich zu drei Feststellungen.

Erstens: Dieser Antrag zeigt, Sie haben keine Ahnung von Haushaltspolitik. Zweitens: Dieser Antrag kommt nicht nur zeitlich zu spät, er ist auch völlig überflüssig, insbesondere weil drittens, wenn sie Haushaltsrecht in Thüringen kennen würden, dann würden Sie wissen, dass dieser Landtag mit Mehrheit eine zukunftskluge Entscheidung getroffen hat, die sich im Thüringer Haushaltsgesetz in § 3 wiederfindet. Dort heißt es: „Mehreinnahmen sind grundsätzlich zur Verminderung des Kreditbedarfs oder zur Bildung von Rücklagen zu verwenden.“ Wir meinen, dass der Landtag mit dieser zukunftsklugen Entscheidung einen richtigen Weg eingeschlagen hat, nämlich dass alle Steuermehreinnahmen in diesem Freistaat dafür einzusetzen sind, dass die Nettoneuverschuldung abgesenkt wird. Das ist eine wichtige Zukunftsentscheidung, deshalb sollen wir es so halten und brauchen dazu keinen Nachtragshaushalt. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Pidde zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir beraten heute über den Antrag der Linkspartei.PDS mit der Forderung an die Landesregierung, einen Nachtragshaushalt aufzustellen und insbesondere im Punkt 2 mehr Geld einzustellen für die Bereiche Soziales, Bildung, Prävention gegen Rechtsextremismus.

Es ist allseits bekannt, dass die SPD nicht zufrieden mit dem bestehenden Doppelhaushalt 2006/2007 ist, den die CDU-Fraktion im vergangenen Jahr gegen die Stimmen der Opposition beschlossen hat. Der Haushalt gibt - anders als das eben Herr Mohring dargestellt hat - in vielen wichtigen politischen Fragen keine oder nicht die richtigen Antworten. Der Haushalt ist in weiten Teilen unsozial. Die Bildung als die Investition in die Zukunft kommt trotz aller Lippenbekenntnisse vom Ministerpräsidenten, vom Kultusminister, von der CDU-Fraktion zu kurz.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zahlreiche Änderungsanträge haben im vergangenen Jahr gezeigt, wo die SPD-Fraktion andere Schwerpunkte gesetzt hätte, insbesondere im sozialen, im kulturellen und im Bildungsbereich sowie bei den Kommunen. Zu den Anträgen, die damals nicht die Zustimmung der CDU erhielten, gehörte auch der Antrag, die Steuereinnahmen realistischer zu veranschlagen, da sich bereits damals abzeichnete, dass im Jahr 2007 Mehreinnahmen gegenüber dem Haushaltsentwurf der Landesregierung zu verzeichnen sein werden. Es ist nicht zu bestreiten, dass meine Fraktion für die damaligen Konjunkturerwartungen gut geschätzt hat. 180 Mio. € haben wir an zusätzlichen Steuereinnahmen für 2007 prognostiziert. Mit 352 Mio. € kann die Finanzministerin nun für 2007 nach den neuen Steuerschätzungen rechnen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ihr seid ja richtige Hellseher.)

Meine Damen und Herren, die Veranschlagung der zusätzlichen Steuereinnahmen wurde aber von der SPD im vergangenen Jahr nicht vorgeschlagen, um das große Füllhorn mit vielen neuen Wünschen auszuschütten. Der Antrag wurde gestellt, um die Kreditaufnahme im Plan um 132 Mio. € zu senken und um die Ansprüche, die den Thüringer Kommunen aus einer höheren Steuereinnahme des Landes entstehen, zeitnah zu befriedigen. Es sollten deshalb, der Systematik der Berechnung der Finanzausgleichsmasse folgend, 48 Mio. € zusätzlich an die Kommunen fließen - Geld, das den Kommunen als gesetzliche Leistung ohnehin zusteht.

Meine Damen und Herren, die Thüringer CDU hat sich im vergangenen Jahr mit der Ablehnung dieses Haushaltsantrags vor allem gegen die Thüringer Kommunen gestellt. Dadurch wird den Kommunen im kommenden Jahr Geld vorenthalten, welches bereits zu diesem Zeitpunkt für Investitionen in Infrastruktur und Bildung zur Verfügung stehen könnte. Bereiche, die auch die CDU immer vorgibt fördern zu wollen. Das Land spart, indem der Haushalt anders beschlossen wurde, erst einmal Zinsen, da der Zahlungszeitpunkt für die den Kommunen zustehenden Gelder durch die jetzige Veranschlagung hinausgeschoben wurde.

Hat die Landesregierung den Zahlungszeitpunkt wirklich nur herausgeschoben? Genau hier melde ich schon heute starke Zweifel an. Zwar verweist die Finanzministerin auf die Schlussabrechnung, die dann für das Jahr 2009 einen Nachzahlungsanspruch der Kommunen begründen würde. Ich wage aber an dieser Stelle die Behauptung, dass die Landesregierung die Kommunen um diesen Ausgleichsbetrag

bringen will. Ich wage die Behauptung, dass die von der Landesregierung ins Auge gefasste Kürzung bei den Zuweisungen an die Kommunen, wie bereits in den Vorjahren praktiziert, durch die Verrechnung von Nachzahlungen aus Vorjahren, hier speziell dem Jahr 2007, verdeckt und verschleiert werden soll.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Hell- seher, ich sage es doch!)

Ja, da sprechen wir uns noch wieder.

(Zwischenruf Diezel, Finanzministerin: Ja, ja!)

Meine Damen und Herren, wir sind im Jahr eins nach der Beschlussfassung des Doppelhaushalts 2006/2007 und wir wissen, dass die SPD mit vielen damals vorgelegten Änderungsanträgen recht hatte und die richtigen Weichenstellungen vorgeschlagen hat. Deshalb auch die Unzufriedenheit meiner Fraktion mit dem aktuellen Haushalt. Trotzdem bin ich und ist auch die SPD-Fraktion dagegen, die damals geführte Diskussion angesichts der steuerlichen Mehreinnahmen nun erneut zu führen. Auch ohne den neuen § 3 des Thüringer Haushaltsgesetzes wäre klar gewesen, dass Mehreinnahmen grundsätzlich zur Verminderung des Kreditbedarfs zu verwenden sind. Das ist nichts Neues im Haushaltsrecht, es wurde nur noch einmal explizit formuliert. Und die SPD-Fraktion spricht sich dafür aus, dass dies auch so umgesetzt wird, weil es die finanzielle Situation des Freistaats erfordert.

Auch die Linkspartei.PDS hatte im Rahmen der Haushaltsberatungen nichts gegen diese Verwendung möglicher Mehreinnahmen einzuwenden und nun kommt mit dem vorliegenden Antrag die Kehrtwende. Die Aussagen des Demographieberichts, der Seitz-Studie und auch die der Bertelsmann-Studie werden einfach ignoriert. Die Linkspartei.PDS verfällt in ihren alten Fehler, Gelder auszugeben, die nicht vorhanden sind. Sie verfällt in den alten Fehler, Wohltaten zu versprechen, die durch höhere Verschuldungen erkauft werden. Deshalb ist der vorliegende Antrag rundweg abzulehnen.

Meine Damen und Herren, im Jahresverlauf 2007 wird aber trotzdem die Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts entstehen. In der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Technologie am 10. Dezember wurde vonseiten des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Technologie ausgeführt, dass über einen Nachtragshaushalt im Hinblick auf die Umsetzung der Förderprogramme der 4. EU-Förderperiode nach Genehmigung der Operationellen Programme nachzudenken und zu entscheiden sei.

Der Hintergrund ist Folgender: Da das Gesamtvolumen der EU-Förderung im Jahr 2005 bei der Aufstellung des Doppelhaushalts 2006/2007 noch nicht bekannt war, wurden zwar entsprechende Haushaltspositionen neu eröffnet, diese jedoch nur mit einem Nullansatz versehen. Genau hier klafft nach meiner Auffassung eine haushaltsrechtliche Lücke, die spätestens zur Jahresmitte durch einen Nachtragshaushalt geschlossen werden sollte. Bis Ende des 1. Halbjahres 2007 stehen noch genügend Mittel aus der 3. Förderperiode zur Verfügung, die in diesem Zeitraum bewirtschaftet und zum Teil auch neu vergeben werden können. Zudem kann das Land nach den Kriterien der neuen 4. Förderperiode auch im Haushalt vorgesehene Landesmittel vergeben und darüber verfügen. Nach Genehmigung der Operationellen Programme des Freistaats Thüringen durch die Europäische Union muss die Ausgabeermächtigung, die der Haushalt der Regierung im Hinblick auf die EU-Fördermittel gibt, neu justiert und fortgeschrieben werden. Das ist dann der Zeitpunkt, zu dem man über einen Nachtragshaushalt reden muss. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich Herr Abgeordneter Huster zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Rede des Herrn Mohring war sehr kurz, nicht nur das, sie war inhaltlich sehr dürftig. Ich will versuchen, mich mit einem Ihrer zentralen Argumente, welches Sie versucht haben zu skizzieren, auseinanderzusetzen, weil ich glaube, darum geht es. Ich möchte aber natürlich auf die Rede meines Kollegen Pidde insofern eingehen: Das Einzige, Herr Pidde, was Sie gemacht haben an Konsequenz, war Ihre Inkonsequenz bei diesen Fragen. Sie haben eigentlich an mehreren Stellen die Begründung geliefert, dass man einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2007 braucht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Kontinuität haben Sie in dem Sinne gewahrt, dass Sie immer in die alten Erklärungsmuster unserer Haushaltspolitik verfallen, mit immer denselben Vorwürfen, nur, dadurch werden sie nicht wahrer.

Meine Damen und Herren, wenn wir heute und natürlich in der konkreten Zeit in Deutschland einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2007 beantragen, geht es um zwei Dinge. Es geht natürlich um Inhalte, aber in erster Linie geht es um den Grundsatz der

parlamentarischen Beteiligung. Ich weiß sehr wohl, dass es Argumente gegen einen Nachtragshaushalt gibt, die werden auch des Öfteren in der Öffentlichkeit vorgetragen, nur, dadurch werden sie nicht wahrer. Ich will mich damit aber auseinandersetzen. Herr Mohring hat ein Argument genannt, wonach der Haushaltsgesetzgeber, sprich der Thüringer Landtag, die Landesregierung verpflichtet habe, über § 3 des Haushaltsgesetzes alle Mehreinnahmen ausschließlich zur Senkung der Nettoneuverschuldung einzusetzen. Es heißt dort wörtlich: „Mehreinnahmen sind grundsätzlich zur Verminderung des Kreditbedarfs oder zur Bildung von Rücklagen zu verwenden.“

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Sehr gut.)

Offensichtlich interpretiert die Ministerin den § 3 des Haushaltsgesetzes nicht so eindeutig, dass sie vom Parlament in dieser Hinsicht ein absolutes Weisungsgebot bezüglich der ausschließlichen Verwendung der Mehreinnahmen zur Senkung der Nettoneuverschuldung erhalten habe. Wenn dem nämlich so wäre, wäre nahe liegend gewesen, dass sie angekündigt hätte, absehbare Mehrausgaben in einzelnen Bereichen vollständig über andere haushaltswirtschaftliche Maßnahmen zumindest abdecken zu wollen und damit tatsächlich dem Grundsatz nach die absehbaren Mehreinnahmen aus der Steuerentwicklung zur Senkung der Nettoneuverschuldung einzusetzen.

Werte Kollegen, das tut sie aber ausdrücklich nicht. Das heißt, sie interpretiert § 3 des Haushaltsgesetzes freier. Ich ziehe daraus den Schluss, dass die Landesregierung durchaus in einzelnen Bereichen Mehrbedarfe zur Deckung sieht und Mehreinnahmen, die prognostiziert sind, offensichtlich dazu heranziehen will. Dann sind wir in dem Moment der Gestaltung. Meine Damen und Herren, hier meine ich, dass das Parlament ausschließlich der Ort ist, wo über die Gestaltung dieser Politik gesprochen werden muss, wo diskutiert werden muss.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Dann ist doch nahe liegend, dass es natürlich nicht nur darum geht, das Parlament möge nachvollziehen, was an unabwendbaren Mehrausgaben im Laufe des Jahres zu erwarten ist, sondern dann geht es natürlich auch darum, über den Haushalt, über die Debatte zum Nachtragshaushalt Änderungen zu diskutieren, die sich aus der konkreten Lage im Land ergeben. Ich komme nachher noch zu den Beispielen. Es sind inzwischen so viele Baustellen aufgemacht, so viele Bedarfe werden täglich im Land diskutiert, dass dieser Landtag darüber reden sollte, wie die Mittel am sachgerechtesten verteilt werden sollen, das heißt ganz konkret, wie ein vernünftiger Mix

zwischen Senkung der Nettoneuverschuldung einerseits und wie andererseits gestaltende Elemente hier austariert werden müssen.

Meine Damen und Herren, wir würden tatsächlich das Budgetrecht des Parlaments mit Füßen treten, wenn wir hier in dieser Frage nicht konsequente Forderungen an die Landesregierung stellen würden. Mein Verdacht ist, wenn die Landesregierung hier in ihrem Handeln nicht eingeschränkt wird, dass sie weiter ihre Spielwiesen finanziert und dass sie Deckungen aus den Bereichen heranzieht für ihre unabwendbaren Mehrausgaben, wo sie schon in den Haushaltsansätzen zum Doppelhaushalt 2006/2007 gekürzt hat. Sie können sicher nachvollziehen, dass wir Ihnen genau diesen Spielraum nicht bieten wollen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Sie kapieren es nicht.)

Herr Mohring, ich weiß nicht, ob Sie selbst als regierungstragende Fraktion damit Ihren Kontrollrechten gerecht werden; ich denke, nicht. Auch Sie haben objektive Kontrollverantwortung.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ist doch falsch.)

Meine Damen und Herren, ich will mich mit zwei weiteren, sicher übergreifenden Argumenten auseinandersetzen, die auf der Pressekonferenz der Ministerin eine Rolle gespielt haben und zum Teil auch widergespiegelt wurden in der offiziellen Erklärung des Finanzministeriums. Zum einen wird bemerkt, dass wir mit Blick auf das Abschmelzen der Solidarpaktgelder und der demographiebedingten Einnahmeverluste bis 2020 - Herr Pidde, Sie sehen, wir blenden das nicht aus, ganz im Gegenteil - erhebliche Mindereinnahmen in der Zukunft zu kompensieren haben. Wir müssen jetzt umsteuern, so lautet die Argumentation, und gerade deshalb gebe es für Mehrausgaben keine finanziellen Spielräume. Weiterhin wird auf derselben Linie vorgetragen, dass wir uns deshalb - ich zitiere an der Stelle - „nicht in allen Bereichen mehr gönnen dürfen als der Rest der Republik“. So die Finanzministerin in der Presseerklärung zur Steuerschätzung. Auch wenn dieses Argument in den letzten Wochen sehr häufig genannt wird, wird es nicht wahrer. Ich versuche das nachzuweisen. Natürlich erkennen auch wir, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltsnotlage in Berlin auch in dieser Debatte eine gewisse Dynamik zu erkennen ist. Auch Ministerpräsident Althaus hat das Urteil von der Grundtendenz begrüßt, wonach dem Land Berlin in dieser Haushaltsnotlage die Solidarität verweigert wird.

Meine Damen und Herren, aus der konkreten Interessenlage Thüringens behaupte ich, dass diese Anbiederung, die ich bei Ihnen erkenne, die Anbiederung an die Wettbewerbsfetischisten, die in Bayern, in Baden-Württemberg und in Hessen sitzen, in der Sache unlogisch ist und auch in der Sache tendenziell gegen die Interessen des Landes Thüringen gerichtet ist, weil

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

wir zu den finanzschwachen Ländern gehören, und ich behaupte auch, dass in Wirklichkeit die finanzstarken Länder nicht mehr Wettbewerb wollen, sondern sie wollen ihren Wettbewerbsvorteil, den sie jetzt haben, auf Dauer in Beton gießen und sanktioniert sehen. Das ist natürlich gegen unsere Interessen.

Meine Damen und Herren, wie tendenziell das Bundesverfassungsgericht beurteilt hat, können Sie an den ungewöhnlichen Empfehlungen sehen, die dieses Gericht ausgesprochen hat. Als Beispiel wurde dort der Verkauf der Berliner Wohnungen als Lösungsvorschlag für die Haushaltsprobleme Berlins angepriesen. Ich will Ihnen ein einfaches Beispiel nennen, dass dieser Vorschlag völlig untauglich ist. Man könnte diesen Wohnungsbestand unter erheblichen politischen und sozialen Risiken verkaufen. Man könnte damit - rein theoretisch - 200 Mio. € an Zinsen sparen. Nun schauen Sie sich die aktuelle Zinsentwicklung in der Europäischen Union an. Ein Viertelprozentpunkt Erhöhung durch die Europäische Zentralbank frisst genau diesen gesamten Vorteil von 200 Mio. € Zinsen wieder auf. Das heißt, sie haben einmalig ihr gesamtes Wohnungsvermögen in einem Land verschleudert, ohne dass sie da im Haushalt überhaupt eine relevante und eine dauerhafte Entlastung haben. Deshalb sind all diese klugen Ratschläge, die im Zuge des Verfassungsgerichtsurteils vorgetragen werden, keine wirkliche Lösung des Problems. Ich komme dann noch auf Problemlösungsmöglichkeiten. Aber ich will zumindest hier feststellen, dass ich auch von der Thüringer Landesregierung erwarte, dass sie nicht einseitig mit dem Mainstream der finanzstarken westdeutschen Länder mitschwimmt, sondern einmal deutlich macht, was die Interessen Thüringens in dieser Debatte sind.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das macht sie nicht. Da wird der Vorwurf gegenüber Berlin geäußert, dass die sich in einigen Bereichen mehr leisten als andere Länder, und es wird exemplarisch, beispielsweise auf dem Gebiet der Kultur, exerziert. Nun könnte man durchaus einmal fragen, was uns das in Thüringen angeht. Das möchte ich Ihnen gern sagen. Auch wir haben in Thüringen in den letzten Jahren in einzelnen Bereichen erhebliche Anstrengungen unternommen bzw. unternehmen

müssen, ich nenne einmal hier den Bereich der beruflichen Ausbildung. Hier wurden sehr viele öffentliche Mittel eingesetzt, obwohl die Früchte von ausgebildeten Fachkräften dann überwiegend in den südlichen Ländern geerntet werden. Ein nächstes Beispiel, was generell auf dieser Linie liegt und was Herr Mohring an anderer Stelle schon durchaus einmal deutlich gemacht hat, ist, dass z.B. die gesamte Einwohnerbezogenheit in dem Finanzausgleichssystem im weitesten Sinne natürlich tendenziell die Länder bestraft, die von überdurchschnittlich hoher Abwanderung betroffen sind. Da wird z.B. über Ausgleiche in keinster Weise diskutiert.

Lassen Sie mich noch einen Gedanken zu dieser Frage der Standards sagen, Frau Ministerin, weil Sie gesagt haben, wir können uns nicht mehr Standards als andere leisten. Auf welche Bereiche bezogen meinen Sie denn das?