Frau Abgeordnete Reimann, wenn die jetzige Regelung verfassungswidrig ist, sie damit außer Kraft ist, gilt die alte Regelung und dann muss es gesetzlich bezahlt und zurückgezahlt werden. Das weiß auch Ihr Haushaltsausschussvorsitzender, der Herr Gerstenberger. Wir haben in vielen Bereichen, wenn es gesetzliche Leistungen waren und Regelungen, die weit über den Betrag auch von 9 Mio. € liegen - ich erinnere nur daran, dass wir in diesem Jahr im Sozialbereich über 12 Mio. € schon Ausgaben mehr haben -, muss es bezahlt werden. Aus welchen Ausgaben? Es gilt das Prinzip, erst im eigenen Haushalt. Wenn das nicht möglich ist, gilt das Prinzip, durch Mehreinnahmen und dann erst durch Schulden.
Sollte es jetzt noch weitere Redebeiträge geben, bitte ich sie anzuzeigen. Das scheint aber nicht der Fall zu sein, so dass ich die Aussprache schließen kann. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden. Wir werden also direkt über den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/2425 abstimmen.
Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Es gibt keine. Mit großer Mehrheit ist dieser Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9 und begrüße mal unser ganz neues Erdenbürgerchen.
Bund-Länder-Staatsvertrag Qualitätsmanagement Lebens- mittelsicherheit Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/2426 -
Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat angekündigt, dass Frau Abgeordnete Dr. Scheringer-Wright die Begründung für diesen Antrag gibt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie oft haben wir unter dem Eindruck der immer wieder auftretenden Lebensmittelskandale von unserem zuständigen Gesundheitsminister gehört, wie gut doch unsere Lebensmittelkontrolle in Thüringen ist.
Wir sagen aber, das mag aus seiner Sicht so sein, aber nichts ist so gut, als dass man es nicht besser machen könnte, selbst wenn man sich mit so wenig zufriedengibt wie unser zuständiger Minister. Dass es aber selbst mit dem Wenigen nicht so gut bestellt ist, weiß auch der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und hat gesagt - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: „Die Lebensmittelüberwachung muss grundsätzlich besser werden.“ Das, meine Damen und Herren, sagte der Bundesminister, als er um Schadensbegrenzung bei den Skandalen bemüht war. Dann kann man sich vorstellen, wie schlecht es mit der Lebensmittelsicherheit jenseits der Skandale in Wirklichkeit bestellt war und ist. Groß angekündigte „neue“ Konzepte dümpeln dahin. Was da für eine Zuleitung an das Bundeskabinett und den Bundesrat für Anfang des kommenden Jahres vorbereitet wird und was dabei herauskommt, steht in den Sternen. Denn wenn sogar ein schon verabschiedetes Gesetz wie das Verbraucherinformationsgesetz vom Bundespräsidenten, Herrn Köhler, CDU, nicht unterzeichnet wird, obwohl so ein Gesetz als ein Baustein zur Herstellung von Lebensmittelsicherheit hilfreich ist, dann zeigt sich wiederum, wie schlecht es um den Bereich Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz bestellt ist.
Aus den genannten Gründen hat die Fraktion der Linkspartei.PDS den vorliegenden Antrag eingebracht und wir hoffen, dass damit der Anstoß gegeben wird für die Landesregierung, aktiv zu werden. Vielen Dank.
Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Gumprecht zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind uns alle einig, dass ein Qualitätsmanagement, um Lebensmittelsicherheit zu erhöhen, notwendig ist. Nur muss ich Ihnen sagen - und ich denke, Sie wissen es selbst -, dass ein Qualitätsmanagement auf Bundes- als auch auf Landesebene bereits existiert und ständig fortgeschrieben wird. Warum dann dieser Antrag, der inhaltlich nichts Neues bringt, außer der Forderung, dies in einem Staatsvertrag abzuschließen?
1. Meine Damen und Herren, in einem Staatsvertrag regelt man Angelegenheiten, die die eigene Zuständigkeit überschreiten und an ein anderes Land oder den Bund abgegeben werden. Welche Zuständigkeiten soll also Thüringen hier abgeben? Ich bin der Meinung, dass hier Zentralisierung falsch ist und der Freistaat seiner Verantwortung sehr gut nachkommt.
2. Ein Staatsvertrag schreibt immer einen bestimmten Zustand fest. Wie sollen wir also alle Themen, die ständig gerade auch in ein Qualitätsmanagement neue Erkenntnisse geben, aufnehmen, wenn diese Kontrollen und dieses Management festgeschrieben ist? Wir wissen auch gerade vom gestrigen Tagesordnungspunkt 4, wir haben beispielsweise den Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag behandelt und sehen, wie lange es dauert zwischen der Absicht bis zur Inkraftsetzung durch alle Landtage. Ich bin der Meinung, gerade bei einem solchen Managementsystem muss man relativ schnell handeln, das haben gerade die letzten Vorkommnisse gezeigt. Dazu muss man ständig neue Änderungen auch einarbeiten können. Ich denke, ein Staatsvertrag hemmt und blockiert.
Damit wird ein Staatsvertrag die Lebensmittelsicherheit nicht erhöhen, sondern, ich denke, sogar verschlechtern.
3. Eine Zentralisierung von Entscheidungen zur Lebensmittelsicherheit führt immer zu praxisfremden Entscheidungen, die ebenfalls nicht dienlich sind.
Meine Damen und Herren, Lebensmittelsicherheit wird inzwischen sehr stark durch europäisches Recht, nämlich die EU-Verordnung Nummer 882, die sogenannte EU-Kontrollverordnung, gesetzlich geregelt. Diese Verordnung beinhaltet eine Reihe von Standards, deren nähere Ausgestaltung die allgemeine Verwaltungsvorschrift, Rahmenüberwachung vornimmt. Darin heißt es - und ich darf zitieren, Frau Präsidentin: „Zur Verbesserung der Transparenz und Nachvollziehbarkeit richten die zuständigen Behörden spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2007 Qualitätsmanagementsysteme ein." Spätestens aber seit 2004 arbeiten die Länder an der konkreten Ausgestaltung. Die Länderarbeitsgemeinschaft „Gesundheitlicher Verbraucherschutz“ hat eine Projektgruppe, in der auch der Bund vertreten ist, mit der inhaltlichen Erarbeitung beauftragt. Das heißt, ein rechtlich normiertes Instrumentarium für Qualitätsmanagement der Lebensmittelüberwachungsbehörden und für deren Auditierung ist deutschlandweit im Aufbau und in Thüringen bereits wirksam.
Zu Punkt 1, der Festlegung gleichwertiger Standards: Meine Damen und Herren, das ist vernünftig, aber es gibt bereits rechtliche Vorgaben. So ist die Anzahl der Kontrolleure festgelegt nach der Anzahl der Kontrollen. Diese wird in der allgemeinen Verwaltungsvorschrift „Rahmenüberwachung“ risikostrukturiert vom Bundesamt für Verbraucherschutz vorgegeben. Ebenso ist die Qualifikation und die Weiterbildung der Kontrolleure und auch die Gewährleistung der Unabhängigkeit des Überwachungspersonals geregelt. Um eine hohe Kontrollqualität zu gewährleisten, braucht ein Kontrolleur natürlich detailliertes Wissen, auch, wenn Sie wollen, Vertrautheit mit und über das Unternehmen, das er kontrollieren soll. Da helfen nur klare Verwaltungsregeln, wie sich der Kontrolleur zu verhalten hat, um seine Unabhängigkeit zu gewährleisten. Hilfreich ist hier die Trennung zwischen Fach- und Personalhoheit, die einerseits bei einer Landesbehörde, andererseits bei einer kommunalen Behörde liegt. Ich denke, das ist hier hilfreich. Eine globale Verdächtigung schadet.
Zu Ihrem zweiten Anstrich - Zentralisierung der Aufgaben der Lebensmittelüberwachung - habe ich mich bereits mehrfach mit einem klaren „Nein“ geäußert. Die Kommunalisierung hat sich bewährt. Die Landkreise nehmen diese Aufgabe sehr ernst. Ein Personalabbau, wie er prophezeit war, ist nicht erfolgt.
Zu den weiteren Anstrichen Ihres Antrags: Als ehemaliger Behördenleiter weiß ich, dass ein in allen Ländern identisches Datenverbundsystem, das VIS, nämlich Veterinär-Informations-System Thüringen, existiert. Alle Veterinärbehörden sind mit dem Lan
desamt vernetzt, ein Zugriff ist jederzeit möglich. In das Fachinformationssystem Lebensmittelsicherheit/Verbraucherschutz des Bundes stellen die Länder bereits jetzt ihre Daten ein. Ebenso ist eine Einheitlichkeit der Analyseverfahren deutschlandweit gegeben.
Nun zum zweiten Punkt, der Frage der Auditierung: Ich habe das bereits ausgeführt. Die Auditierung ist generell ein integraler Bestandteil eines Qualitätsmanagementsystems, das seit anderthalb Jahren als einheitliches Vorgehen festgelegt ist.
Zum Dritten, der Frage des Frühwarnsystems: Ja, das ist eine Seehofer-Idee. Der Bund hat dies vorgeschlagen und schafft bereits die technischen Voraussetzungen beim Bundesamt. Die Arbeitsgemeinschaft der Länder erarbeitet jetzt die Inhalte. Ich denke, dies wird auch bald komplett eingeführt.
Zu Punkt 4, der Bildung einer Task-Force für bestimmte Vorkommnisse: Auch dies ist geregelt. Es ist bekannt, das EU-Recht verlangt dies, nämlich einen Notfallplan. Der Thüringer Notfallplan Lebensmittelsicherheit sieht eine solche Task-Force vor, die bei Bedarf einberufen wird.
Zu den Punkten 5 und 6, der Errichtung eines nationalen Referenzlabors und der Amtshaftung: Die Benennung für ein solches Referenzlabor steht bisher durch den Bund aus. Nach meinen Auskünften ist aber in den nächsten Wochen damit zu rechnen. Wir sind der Meinung, dass die in Punkt 6 geforderte Verschärfung der Vorschriften zur Amtshaftung nicht notwendig ist, sondern bisher ausreichend geregelt wurde.
Zu Punkt 7, Benchmarking-System: Das grundsätzliche Ziel des Benchmarking ist es, die Schwächen eines Unternehmens und seiner Prozesse durch Vergleich mit anderen Unternehmen und Prozessen aufzudecken und die Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Ein Benchmarking der Lebensmittelbehörden wird alle zwei Jahre vom Bundesverband der Verbraucherzentralen durchgeführt. Sie kennen den Bericht dieses Jahres; wenn nicht, kann ich Ihnen gern einen durch die Verbraucherzentrale zur Verfügung stellen. Auch dabei gilt es natürlich, die Fragequalität ständig zu erhöhen. Sie kennen meine eigene Kritik an der Qualität der bisherigen Fragestellung.
Schließlich zu Ihrem achten Punkt, der Frage der Veröffentlichungspflichten. Die Frage der Veröffentlichung der Kontrollergebnisse aus den Unternehmen ist im Rahmen der Diskussion über das Verbraucherinformationsgesetz bereits geführt worden. Eine sehr ausführliche Information über die Gesamtheit der Lebensmittelkontrollen erhalten wir jährlich im Thüringer Lebensmittelbericht. Ich bin im Grundsatz da
für, dass die Bürger die für sie notwendigen Informationen auch erhalten. Das von unserem Bundespräsidenten nicht unterzeichnete Verbraucherinformationsgesetz wurde nicht vom Inhalt her kritisiert und wird sicherlich bald, vielleicht in rechtlich zulässiger Weise, neu vorgelegt, um anschließend Gesetzeskraft zu erreichen.
Nun zu Ihrer Forderung nach einer umfassenden Veröffentlichung aller Einzelkontrollen. In der Konsequenz führt dies unweigerlich zur Veröffentlichung einer Sünderkartei durch die Behörden. Sensationshascherei kann manchmal helfen, wird aber, absolut freigegeben, eher schaden. Ich halte es ebenso für bedenklich, einen staatlich bestätigten Freibrief als Saubermann der Lebensmittelhygiene zu verteilen. Mein Verständnis von behördlicher Aufsicht ist ein anderes. Eine absolute Informationsfreigabe ermöglicht ebenfalls die Information an das Unternehmen, nämlich wann und wie Kontrollen durchgeführt werden. Es kann doch nicht im Interesse der Lebensmittelsicherheit sein, dass sich Unternehmen auf Kontrollen einrichten können. Umgekehrt gilt es natürlich auch, die berechtigten Interessen der Unternehmen zu schützen. Ein Schutz der Unternehmen an dieser Stelle ist auch ein Schutz unserer Arbeitsplätze.
Meine Damen und Herren, wir lehnen Ihren Antrag ab, weil er nach unserer Auffassung nicht nur inhaltlich überholt, sondern in seinem Grundsatz falsch ist.
Erlauben Sie mir noch eine persönliche Bemerkung am Schluss. Wir alle freuen uns auf das Weihnachtsfest, auf ein Christfest mit unseren Familien. Für viele ist dabei ein gemeinsames Mahl, ein Mittagessen, sehr wichtig und hat einen hohen Stellenwert. Wir können davon ausgehen, dass sich die Lebensmittelkontrolleure in Thüringen sehr verantwortungsbewusst für eine hohe Lebensmittelsicherheit einsetzen. Darum mein Wunsch - auch ohne Staatsvertrag - an Sie, nämlich guten Appetit. Und als Rat von mir: Zu viel ist manchmal ungesund. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Linkspartei hat wie im Bundestag und in den Ländern Sachsen und Brandenburg auch in Thüringen einen Antrag zur Bildung eines Staatsvertrags zwischen Bund und Land eingebracht. Ähnlich wie Herr Gumprecht das in dem ersten Teil seiner Rede vor
getragen hat, lehnt auch die SPD-Fraktion dieses Ansinnen ab. Wir sind der Meinung, dass sich inhaltlich die Punkte natürlich in dem 13-Punkte-Programm, das die Verbraucherschutzministerkonferenz am 7. September 2006 verabschiedet hat, in ihrem Antrag wiederfinden. Herr Gumprecht ist ja schon auf einzelne Punkte eingegangen. Natürlich sehen wir auch Ihre Bedenken und wir tragen sie auch teilweise mit, dass sich Teile dieses 13-Punkte-Programms schon einmal inhaltlich im 10-Punkte-Programm von 2005 wiedergefunden haben - gar keine Frage. Wir wissen auch, dass es bei dieser Umsetzung zu Problemen kam, die dann zwischenzeitlich nicht zum Erfolg geführt hat, wie wir uns das als Verbraucherschützer, die wir in unserer Fraktion zuständig sind, gewünscht hätten.
Ich weiß nicht ganz genau, woran es lag, aber ich hoffe, dass die jetzige Situation und dieses häufige Auftreten von Gammelfleisch, wie man das bewerten kann oder nicht, dazu führt, dass wir uns als diejenigen, die im Landtag dafür Verantwortung tragen, dazu stellen und uns in den zuständigen Ausschüssen darum kümmern, dass das jetzt umgesetzt wird. Nur, ein Staatsvertrag - und da muss ich Herrn Gumprecht recht geben - ist viel zu eng, viel zu starr und für diese Probleme, die hier angegeben sind, gibt es die Verwaltungsvereinbarung und das müssen wir akzeptieren. Wir sind an einen Staatsvertrag gebunden. Sie sehen doch, wie lange die Beratungen in den Ländern brauchen, um das dann umzusetzen. Ich halte es für nicht gegeben.
Noch zu dem, was Frau Scheringer-Wright angesprochen hat, zu unseren Kontrollen: Ich glaube wirklich, dass wir ein gutes Lebensmittelkontrollsystem in Thüringen haben, dass wir sehr gute Kontrolleure haben und dass wir - ja, auch in Gotha, der Fall zeigt es - durch die Kontrollen, natürlich durch die sehr sensiblen Kontrollen in diesen Monaten, da in Bayern die Vorgänge schon bekannt waren, auf das Gammelfleisch und auf die Waren in Gotha gestoßen sind. Nichtsdestotrotz ist es natürlich so, dass wir auch in Thüringen nicht vor krimineller Energie geschützt sind. Es ist kriminelle Energie, wenn Menschen - wie in Bayern - diese Lebensmittel vielfach in den Handel bringen oder umetikettieren, aber es gibt auch Lebensmittelkontrolleure, die das dann nicht sehen oder sehen wollen. Auch für die zählt das Strafrecht und ich finde, wenn Lebensmittelkontrolleure wegsehen und nicht bis hinten in die Kühlhäuser schauen, dann müssen sie strafrechtlich verfolgt werden und da muss dienstrechtlich etwas unternommen werden.