Aus meiner Sicht ist das Ziel, dass wir so schnell wie möglich ausgeglichene Haushalte haben müssen, unstrittig. Da müssen wir uns doch nichts vormachen. Worüber wir in den letzten Jahren hier immer wieder gestritten haben, ist in welchen Zeithorizonten - da spielte die Bewertung der konjunkturellen Lage immer eine Rolle - und mit welchen Maßnahmen. Herr Matschie, da bin ich ja bei Ihnen, die Kritik teilen wir ja, dass die Landesregierung nicht sagt, mit welchen Maßnahmen will sie denn das erreichen, aber das macht Ihr Antrag auch nicht. Ihr Antrag formuliert normativ ein Ziel ohne Beachtung der Aufgaben, die dieses Land zu bewältigen hat, der aktuellen Situation, aber auch ohne Beachtung der Risiken der konjunkturellen Lage, und das tragen wir nicht mit. Das können wir so nicht mittragen, weil es bedeutet, dass dieses Land tendenziell in einen Abbauwahn der Nettoneuverschuldung läuft, der unter Umständen volkswirtschaftlich völlig kontraproduktiv ist. Da meine ich Ihren Versuch, einen Keil zwischen die Akteure in diesem Haus zu treiben. Ich meine, in so eine Mittelfristige Finanzplanung gehört eine solide Analyse und ein solides Konzept. Beides weist die Mittelfristige Finanzplanung nicht aus. Aber Ihr Weg, normativ ohne Analyse und ohne Konzept zu fordern, noch zwei Jahre schneller auf null zu kommen, ist in dem Sinne genau nichts Besseres, sondern nimmt dasselbe Niveau an.
Da komme ich sicher noch hin. Wenn ich die Landesregierung an der Stelle kritisiere, Herr Matschie, dass sie sowohl in der Analyse als auch in den konzeptionellen Vorschlägen deutliche Schwächen aufweist, so will ich daran erinnern, dass sich dieser Zustand natürlich nicht verändert hat gegenüber den Vorjahren; denn das hat die Landesregierung vor Jahren schon gemacht. Sie hat sich das Ziel gesetzt, im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Sie hat das natürlich im Jahr 2000 gemacht, als eine Bundesregierung, an der Sie damals beteiligt waren, zusammen mit der CDU eine Steuerreform ausgehandelt hat, die die öffentlichen Haushalte in Deutschland beinahe in den Bankrott geführt hat. An diesen Auswirkungen haben wir noch jahrelang in Thüringen, aber auch in jedem anderen Bundesland zu tun gehabt. Die Landesregierung hat in dieser Zeit, weil sie die volkswirtschaftlichen Wirkungen dieser Steuerreform genauso überschätzt hat wie Sie, einen Abbaupfad entwickelt, der besagt hat, unsere tolle Steuerreform, die den Unternehmen die
Steuern erlässt, dann investieren die, dann geht es hier richtig aufwärts. Da hat die Frau Ministerin gedacht, dann bekommt sie jedes Jahr 200 Mio. € mehr Steuern rein und um denselben Betrag senken sie jedes Jahr 200 Mio. € Nettoneuverschuldung und siehe da, wenn man das hochrechnet, ist man im Jahr 2006 bei einer Nettoneuverschuldung von null. Das war doch Ihr Konzept, was keines ist. Das war einfach nur eine simple Rechnung ohne die Überlegung, was passiert denn, wenn die Erwartung nicht eintrifft.
Da bin ich natürlich bei der Kritik, dass das nicht funktioniert hat, dass ich jetzt auch nicht mehr erkennen kann. Aber da nehme ich sie wenigstens in dem Punkt in Schutz, dass sie sagt, sie geht da etwas realistisch ran. Sie macht nicht den Fehler noch mal, alles hochzuschreiben, sondern sie sagt, na gut, schauen wir erst mal. Was ich in diesem Zusammenhang besonders kritisieren muss, ist, dass sie versucht hat, diese ausgabenseitige Konsolidierung über den Sozial-, den Bildungs- und Kulturabbau herzustellen. Ergebnis der Politik in Thüringen in den letzten Jahren ist auch, dass genau das nicht funktioniert, sondern die Probleme vergrößert hat.
Da bin ich bei einem zweiten Märchen, was immer erzählt wird. Da können Sie auch sagen, das hat mit der Mittelfristigen Finanzplanung nichts zu tun,
doch ich finde, es hat sehr wohl damit zu tun - die Einnahmenseite, natürlich. Sie werden das, was Sie vorhaben, nicht nur über die Ausgabenseite hinbekommen. Wenn ich sage „nicht nur“, dann impliziert das auch, ja, es muss auch über die Ausgabenseite gehen, natürlich, aber die Einnahmenseite zu vernachlässigen, ist völlig politikfern.
Es geht völlig gegen das, was in den letzten Jahren hier eigentlich auch Ihre Erfahrung ist. Ich nenne Ihnen drei Stichworte, ich nenne Ihnen sehr konkret die Vorschläge der CDU zur Reform bzw. zur Abschaffung der Gewerbesteuer. Wir erfahren jetzt, dass die Gewerbesteuer die kommunale Topsteuer ist, auch in Thüringen. Wer hat sich denn von Ihnen die Frage gestellt, der die Abschaffung gefordert hat, wie unsere Kommunalhaushalte heute aussehen würden, wenn sich diese Vorstellungen durchgesetzt hätten? Die Kompensationsgeschäfte, die im Gespräch waren, die hätten diese Effekte mit hoher Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht zeitigen können.
Natürlich, Frau Taubert, die SPD habe ich nicht angesprochen, denn sie hat an der Stelle signalisiert, dass sie da nicht mitmacht.
Ich will Ihnen ein zweites Beispiel nennen, das hatten wir auch schon debattiert. Die CDU hat sich dafür eingesetzt, dass der Spitzensteuersatz gesenkt wird. Über die Ausgleichsmechanismen hat die Senkung des Spitzensteuersatzes um 3 Prozentpunkte zum 01.01.2005 in etwa 100 Mio. € jährlich in den Thüringer Landeshaushalt gerissen. Die Tatsache kann man doch nicht leugnen, wenn man darüber redet, wie wir in den nächsten Jahren das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben gestalten. Deswegen sage ich, bei allen Steuersenkungen der nächsten Zeit muss man besonders aufpassen, besonders kritisch diskutieren und wenn die an Unternehmen gehen soll, würde ich von vornherein sagen, überhaupt keine Toleranz mehr. Es darf in den nächsten Jahren an Unternehmen keine Steuersenkung geben. Wenn ich erlebe, dass die Bundesregierung genau wieder vor dieser Frage steht, sagt, weil die Konjunktur jetzt gerade einmal läuft und jetzt noch einmal schnell wettbewerbsfähig werden, haben die sich die Frage gestellt, was passiert, wenn diese Effekte wieder nicht eintreten oder wenn eine der Katastrophen eintritt, die Frau Diezel völlig zu Recht benannt hat, oder nennen wir es Risiken, große Risiken, weltwirtschaftliche Risiken; wir leben doch in diesem Zustand dieser dauernden Labilität. Wir sind abhängig von anderen, abhängiger als in den Jahrzehnten vorher. Gerade dann ist jede Reform, die meine sicheren Einnahmen erst einmal infrage stellt, doppelt zu hinterfragen. Das machen Sie nicht. Ich wünschte mir eine Mittelfristige Finanzplanung einer Landesregierung, die sagt, wir werden unseren Einfluss auf Bundesebene dahin gehend geltend machen, dass wir Steuergeschenken an Unternehmen und an Besserverdienende in den nächsten fünf Jahren nicht zustimmen wollen.
Meine Damen und Herren, ich bin bei einem zweiten Komplex, der sich wieder mit der Frage beschäftigt - unter der Annahme, dass es ja alles sehr schwierige Rahmenbedingungen sind -, welchen Beitrag kann die Landesregierung in Thüringen leisten und welchen Beitrag leistet sie. Ich habe festgestellt, dass die Konsolidierung des Haushalts über die Sozial- und die Kulturkürzungen, so wie Sie sie betrieben haben, offensichtlich nicht die gewünschten und erhofften Effekte hatte. Zweitens stelle ich fest an der Stelle, dass das Parlament über die CDU-Mehrheit Ihnen haushalterisch nahezu alle Möglichkeiten gegeben hatte, hier durchzuziehen. Sie konnten mit Sperren, mit Bewirtschaftungsreserven, sie konnten
mit allen Instrumenten agieren, Sie haben sich Vorschlägen der PDS-Fraktion zur Vorlage von Nachtragshaushalten beständig verweigert. Sie haben mit § 3 des Haushaltsgesetzes den
ausschließlichen Auftrag des Landtags bekommen von der Mehrheitsfraktion, Mehreinnahmen ausschließlich zur Senkung von … einzusetzen. Herr Fiedler, was ich damit sagen will, eine Regierung, die die ganze Palette voller Instrumente hat, da kann ich nachvollziehen, wenn Sie in besonders schwierigen Zeiten Fehlbeträge erwirtschaftet. Ich kann nicht nachvollziehen, wenn Sie in relativ „normalen Zeiten“ sich im Januar vor das Plenum stellen und sagen, ich werde alles mit Sparen und Gestalten machen und ich stelle am Jahresende fest, all das, was ich hätte machen können, ist nicht passiert. Ich habe weiter Fehlbeträge erwirtschaftet, ich habe Globale Minderausgaben am Anfang des Jahres ausgebracht mit Beschlussfassung des Doppelhaushalts, wo meine Kollegen aus den Fachressorts zu Recht kritisiert haben, wir möchten gern einmal wissen, wie sie die untersetzen. Die Landesregierung erklärt dann, das machen wir zum Jahresende und wir haben dann mit der Haushaltsrechnung festgestellt, es ist doch nichts geworden. Ich will darauf hinweisen, dass Sie die Möglichkeiten hatten, zu agieren mit Ihrer absoluten Mehrheit, dass Sie sich diese Möglichkeiten haben sanktionieren lassen von Ihrer Mehrheitsfraktion und dass Ihre Ergebnisse zu Ihren Ankündigungen im deutlichen Widerspruch standen und nach wie vor stehen. Dazu möchte ich zwei Sachen nennen: Ihre Schulden in Thüringen sind auf Rekordstand, obwohl Sie immer erklärt haben, dass Sie genau die entgegengesetzte Politik machen wollen. Sie haben uns für unsere Vorschläge kritisiert
und Sie haben die Situation, dass Mecklenburg-Vorpommern, das Sie immer kritisiert haben wegen vermeintlicher Sozialkürzungen, jetzt als ähnlich strukturschwaches oder finanzschwaches Land im Jahr 2006 den Haushaltsausgleich geschafft hat. Ich habe Ihnen ja gesagt, dass ich Ihre Implikation - Haushaltskonsolidierung über Ausgabenkürzungen im Sozial-, Bildungs- und Kulturbereich - überhaupt nicht teile, aber jetzt stellen wir mal fest, offensichtlich hat die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern dieses auch nicht getan und trotzdem haben sie es dann offensichtlich durch andere Maßnahmen geschafft, strukturell ihren Haushalt einigermaßen in Ordnung zu bringen.
batte zum Jahresabschluss gehabt, da haben Sie letztes Jahr erklärt, Sie können den vorläufigen Jahresabschluss erst im April machen für das Jahr 2005. Sie haben erklärt, dazu müssen Sie die europatechnischen Verrechnungen - und das sei auch alles ganz kompliziert, also lieber Thüringer Landtag, wir machen das vernünftig und seriös und ihr bekommt das im April 2006; da hatten wir das dann, glaube ich, auch bekommen. Mir hat sich nicht erschlossen, warum alle anderen neuen Bundesländer in der Lage waren, spätestens am 10. Januar so etwas wie eine pressewirksame Erklärung abzugeben - zwei Seiten, worin steht, wahrscheinlich sind das unsere Eckdaten, irgendwo steht sicher auch ein Sternchen, das muss natürlich alles noch genau geprüft und verrechnet werden, aber voraussichtlich ist das unser Haushaltsabschluss mit folgenden Eckdaten. Wir haben festgestellt, während alle neuen Bundesländer dazu in der Lage waren und sehr offensiv damit umgegangen sind, man konnte das am 10. Januar von den Homepages nehmen, war Thüringen nicht in der Lage und hat gesagt, wir brauchen da länger und machen das im April. Wir haben vergangene Woche im Haushalts- und Finanzausschuss dieselbe Debatte geführt und haben gehört vom sehr verehrten Staatssekretär, dass wir das dieses Jahr im Februar zu erwarten haben. Damit waren Abgeordnete im Haushalts- und Finanzausschuss nicht einverstanden, obwohl sie gelobt haben, dass Februar ja immerhin schon besser ist als April. Dann haben wir diskutiert, warum kriegen es wieder die anderen hin, bis zum 10. oder bis zum 17. Januar zu sagen, das sind die Eckdaten für das Haushaltsjahr 2006, was passiert in Thüringen anders? Dann haben wir gehört, dass Thüringen eine „andere Darstellungstiefe“ erreicht. Thüringen erreicht eine „andere Darstellungstiefe“, da kann man zunächst mal nachdenken, es kann ja sein, dass man der Landesregierung mit der Kritik dann auch wirklich unrecht tut, dass die das alles seriöser prüfen, aber ich glaube auch nach längerem Nachdenken, Frau Diezel, irgendwas läuft in Ihrem Haus da schief, ist falsch organisiert oder nicht gewollt. Ich meine, es muss möglich sein, im Monat Januar Eckdaten herauszugeben. Wenn ich mir dann vorstelle, dass am Donnerstag die Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses stattgefunden hat, am Freitag offensichtlich noch ein Arbeitstag im Haus war und Sie am Montag erklären, wie der Jahresabschluss 2006 war, dann, denke ich, haben Sie ja doch das eine oder andere noch regeln können. Was mir daran nicht gefällt, ist Ihr Umgang mit Forderungen des Parlaments nach Schnelligkeit, nach Transparenz, auch mal unter den neuen Bundesländern selbstbewusst nach vorn gehen und sagen, wir haben mal was auf die Reihe gekriegt und dies ist nicht nur der Jahresabschluss, dies ist die Frage des Umgangs mit den Ist-Listen, das ist Ihr Umgang, wenn aus den Reihen des Hauses ein Nachtragshaushalt gefordert wird, das ist Ihr Umgang bei der Beteiligung im
Bereich der Landesgesellschaften - überall versuchen Sie letztendlich, mit Ihrer absoluten Mehrheit durchzuregieren. Ich behaupte, dieses Durchregieren findet und spiegelt sich auch in der Finanzlage des Landes wider. Das ist das Ergebnis Ihres absoluten Anspruchs.
Meine Damen und Herren, man kann doch sachlich die Frage stellen, was machen denn die anderen anders, dass die das nach wenigen Tagen hinbringen? Da will ich Ihnen noch etwas mit anbieten, obwohl ich die Vertreter des Thüringer Rechnungshofs, unserer Kontrollinstanz, hier nicht mehr sehe: Auch die Rechnungshofberichte, wenn man die sich anschaut, mal vergleicht, dann stellt man tatsächlich eine „andere Darstellungstiefe“ fest, Frau Ministerin. Eine Darstellungstiefe, die man feststellt - da rede ich nicht darüber, wie viele Tabellen da wirklich drin sind -, ist das im Haushalts- und Finanzausschuss angesprochene Beispiel des Zinsmanagements. Da schafft es Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise durch sein Zinsmanagement im Jahr ca. 40 Mio. € einzusparen. Von Thüringen höre ich dergleichen wenig.
Das mag ja alles sein, aber man muss mal darüber reden. Wir werden darüber reden. Ich stelle nur die Frage, ob wir die Theaterdebatte wirklich führen müssten, wenn im Bereich des Finanzministeriums tatsächlich alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden würden. Ich will Ihnen auch die Quelle nennen, die ich dem Staatssekretär vorenthalten habe. Der Landesrechnungshof in Mecklenburg-Vorpommern weist eine Analyse aus und vergleicht das Zinsmanagement und stellt eindeutig fest, dass Thüringen letztlich das Schlusslicht in Deutschland ist, während offensichtlich andere Bundesländer hier viel professioneller rangehen. Herr Staatssekretär, Ihnen zumindest will ich die Seite nicht sagen, weil ich Ihnen den gesamten Bericht sehr empfehlen würde für Ihre weitere Arbeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Diezel hat sich hier im Landtag mehrmals auf Herrn Prof. Seitz berufen. Ich durfte mich mit dem Gutachten auch schon das eine oder andere Mal beschäftigten und ich will zumindest versuchen, zu der einen oder anderen Klarheit beizutragen. Aus der Tatsache, dass Herr Seitz als Wissenschaftler sagt: Aus meiner Sicht sind die Probleme in Thüringen struktureller Art und die liegen da und da und da. Er gibt methodische Hinweise, zu denen gehört z.B., dass er sagt: Ich bewerte nicht politisch, ich vergleiche nur Zahlen, ich mische mich auch nicht ein, weil das Frage des
Parlaments ist. Man muss diese, finde ich - auch um einem Wissenschaftler gerecht zu werden -, methodischen Hinweise auch im Gespräch, Herr Fiedler, mit Bürgermeistern oder mit Mitgliedern einer Verwaltungsgemeinschaft ernst nehmen. Er sagt nicht, kürzt in der Bildung 400 Mio. €, sondern er zeigt Bereiche auf und sagt, das müsst ihr letztlich in Thüringen selber miteinander aushandeln, das müsst ihr regeln. Dieser Konsens ist natürlich nicht vorhanden und er kann nicht vorhanden sein, denn an den Stellen, wo Sie sagen, wir kürzen im Bildungs- und im Sozialbereich, wird die Opposition in diesem Haus immer sagen, da machen wir nicht mit. Wir wollen stattdessen und angelehnt an Seitz natürlich Reformen im Bereich Funktional-, Gebiets- und Verwaltungsreform, weil wir letztlich für die nachhaltige Konsolidierung des Haushalts die Strukturreform als einen entscheidenden Faktor sehen und weniger die Frage, ob eine Sozialleistung um mehrere 100.000 € gekürzt wird, die haushalterisch so gut wie nichts bringt, aber das ganze Land in Unfrieden hinterlässt und wichtige Angebote für die Bevölkerung zerstört.
Meine Damen und Herren, ich habe auch meinen Kollegen Fiedler vor Ort erleben können. Ich sage Ihnen, eins geht natürlich nicht, das werden Sie bis 2009 oder mit Blick auf 2009 versuchen, ich denke aber, das geht nicht durch: Sie können hier nicht Seitz in die Pflicht nehmen, um Ihre Sparpolitik zu rechtfertigen und vor Ort verteufeln Sie den Seitz als weltfremden Wissenschaftler aus Dresden, der akademisch irgendwelche zentralistischen Großstrukturen wie damals die Berlin-Förderung haben will. Das ist unlauter und das, finde ich, ist auch dem Ernst der Sache völlig abträglich.
Das hätte ich mir nie träumen lassen, dass Sie, die uns immer vorwerfen, wir würden den Leuten vor Ort alles Mögliche erzählen, jetzt erlebe ich profilierte Kommunalpolitiker, die den Leuten vor Ort sonst was erzählen in Thüringen so nach dem Motto: Wir müssen überhaupt nichts ändern, das ist ja alles völlig in Ordnung.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich will noch etwas zu Visionen sagen, weil auch Herr Pidde das angesprochen hat. Jawohl, dieser Landesregierung fehlt eine Vision. Ich rede nicht zuerst über die verwaltungsmäßige Verfasstheit der drei neuen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, aber ich rede darüber, wie jämmerlich Sie versagt haben auf dem Gebiet der Kooperation dieser drei Länder, als Sie dort drei absolute Mehrheiten hatten, als Sie die Chance hatten,
und auch ein Stück Vision zu entwickeln. Die Vision beginnt damit, dass ich frage: Wo bin ich 2020? Wo will ich diesen Raum im europäischen Maßstab aufgestellt haben? Da komme ich zu ganz anderen Ergebnissen und zu ganz anderen Denküberlegungen, als wenn ich nur defensiv darüber nachdenke, wie kompensiere ich die Einnahmeverluste aus dem Solidarpakt II und die demographiebedingten Verluste.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wäre sicher noch viel zu sagen, auch zu der Frage, warum Thüringen so einen hohen Verschuldungsstand hat, nicht bloß, weil wir zwei, drei Fluglinien subventioniert haben, da hat Herr Mohring recht. Es musste ein Flughafen gebaut werden, es mussten in viele Großprojekte Hunderte Millionen Geld versickern, es musste jeder Marktplatz vergoldet werden, es musste jedes kleine Dorf eine Feuerwehr haben, Herr Fiedler, ohne zu schauen, haben wir in zehn Jahren noch die Leute, die auf diesen Feuerwehren sitzen etc. Wir haben mehrere Untersuchungsausschüsse in diesem Haus. Man kann sehr wohl darüber reden, wer verursacht hat, dass dieses Land in diesen Schwierigkeiten steckt. Dazu wird Gelegenheit sein das nächste Mal bei der Behandlung der Großen Anfrage „Kassensturz“ meiner Fraktion hier im Hause und ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor, die Ministerin möchte auch nicht mehr. Dann möchte ich, bevor ich die Aussprache schließe, noch mal aufgrund der stattgefundenen Debatte darauf verweisen, dass Zitate aus nicht öffentlichen Ausschuss-Sitzungen nicht gestattet sind. Ich bitte in Zukunft darauf zu achten. Ich bin aber auch gern bereit, in den Sitzungen regelmäßig darauf hinzuweisen, falls es der eine oder die andere Abgeordnete wieder vergessen sollte.
Herr Abgeordneter Dr. Pidde, war das eine Wortmeldung? Ich hatte gesagt, bevor ich die Aussprache schließe. War das eine Wortmeldung? Dann bitte, Abgeordneter Dr. Pidde.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe mich deshalb noch mal zu Wort gemeldet, weil Herr Mohring ein Meister im Verdrehen und Ver
Fangen wir mit der Seitz-Studie an. Herr Prof. Seitz macht ein Benchmarking und er schreibt extra in seine Studie, dass er die Entscheidungen daraus der Politik überlässt. Er sagt nicht, an welchen Stellen gekürzt werden soll, sondern er vergleicht lediglich die Länder und er vergleicht Thüringen mit den finanzschwachen Flächenländern West, mit SchleswigHolstein, mit Rheinland-Pfalz, mit Niedersachsen und dem Saarland, und sagt, in welchen Positionen haben wir 2003 - und daher stammen die Zahlen - mehr ausgegeben und wo haben wir weniger ausgegeben. Nun ist es natürlich schön, Herr Mohring, wenn Sie sich diese 44 Mio. € Mehrausgaben bei der Kultur herauspicken, weil Ihnen das gerade in den Kram passt, dass aber Prof. Seitz auch geschrieben hat, dass wir über 300 Mio. € mehr ausgeben nur allein für Ministerialbürokratie als diese vier Länder, die Zahl haben Sie heute nicht genannt.
Zweite Anmerkung zu den 6.000 Stellen, die in der Mittelfristigen Finanzplanung beschrieben sind - ich zitiere, Frau Präsidentin: „Die Stellen wurden auf die Ressorts verteilt und in wesentlichen Teilen durch die Ausbringung von kw-Vermerken identifiziert.“