Protokoll der Sitzung vom 01.03.2007

(Beifall bei der SPD)

Die Niedrigenergiehäuser, Frau Becker, sind natürlich ein großes Thema, ohne Frage, die sind aber natürlich für den kleinen Mann, der sich ein Häusle bauen will, auch wieder eine Kostenfrage.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ich meinte die Landesregierung, nicht den kleinen Mann.)

Man muss schauen, wie weit man das jetzt im Einzelnen und sofort bezahlen kann.

In der Gesamtbetrachtung müssen wir natürlich auch den Flugzeugverkehr betrachten. Ich möchte mal wissen, wie viel tausend Tonnen Kerosin hier über Deutschland in die Luft geblasen werden. Wenn Sie anführen, wie viele Leute gerne auf eine Flugreise verzichten und worauf die Leute überhaupt alles verzichten wollen, dann würde ich mir an Ihrer Stelle einmal anschauen, wie die Leute bei Umfragen stimmen, wenn man sagt: Sind Sie für Reformen in Deutschland? Über 70 Prozent schreien „hurra“ und dann wird das erste „Reförmchen“ eingeführt, dann brüllt alles: Aber nicht bei mir; um Gottes Willen macht das, aber nicht bei mir, ich will keinerlei Auswirkung davon spüren. Dann haben wir natürlich diese wunderbaren und schönen und hysterischen Reaktionen überall. Herr Staatssekretär hat es schon zum Teil angesprochen. Woher kommt das eigentlich? Der milde Winter - klar, Klimawandel, die Erde verbrennt. Warum hat zum Beispiel im letzten Jahr, als wir einen langen, ausgiebigen, schneereichen Winter hatten, vom Klima keiner gesprochen? Da hat das plötzlich überhaupt niemanden interessiert. Jetzt kommen wir zu diesen schönen Ideen aus meiner Sicht. Ich habe nur einmal ein paar Beispiele aufgeführt. Wir haben nur noch Zeit bis 2015, um das Steuer herumzureißen. Ich hatte das Glück, mich mit Prof. Seifert, einem Klimaforscher, oben auf dem Schneefernerhaus zu unterhalten. Der sagt, wenn wir die nächsten 50 Jahre überhaupt keine Treibhausgase mehr ausstoßen würden, würde der Klimawandel weiter fortschreiten. Klar ist in diesem Zusammenhang eines, wir sollen tun, was wir tun können, keine Frage, aber mit einem Sonntagsfahrverbot, wie es jetzt wieder ins Gespräch kam, werden wir sicher nichts erreichen. Gerade wenn am Sonntag, am Wochenende die LKWs, die ja nun sehr viel dazu bei

tragen, dass die Luftschadstoffe sich erhöhen auch im Bereich des Feinstaubs, nicht nur durch den Auspuff, Bremsen, Kupplung, alles, was dazugehört, nicht fahren. Und die Leute, die Ausflugsgebiete erreichen wollen, die Gaststätten aufsuchen wollen, die sich touristisch in Thüringen bewegen wollen, die sollen dann mit dem Sonntagsfahrverbot belegt werden. Glühlampenverbot ist auch so eine schöne Sache oder - wunderbar - CO2-Ausgleich für Dienstreisen bei der Bundesregierung. Da sollen ein paar Millionen eingespart werden und Umweltprojekte finanziert werden. Da sage ich: Prima, Umweltprojekte finanzieren ist immer gut, wenn sie nützlich und sinnvoll sind. Aber CO2 wird deshalb durch die Dienstreisen auch nicht eingespart. Da muss man sich schon etwas anderes einfallen lassen. Das sind aber noch die kleinsten Problemchen, die ich damit habe, denn das größere Problem ist ja nach wie vor Methan, 21-mal klimaschädlicher als CO2.

(Beifall bei der CDU)

Da muss man fragen: Wo wird denn Methan hauptsächlich freigesetzt? Zum Beispiel bei der Erdgasgewinnung, in der Tier- und Pflanzenwelt. Wer die Max-Planck-Studie gelesen hat, der konnte nachlesen, dass auch ein gesunder Wald eine ganze Menge an Methan ausstößt, Deponien, MBAs, die von Ihnen hoch gelobten und heiß geliebten MBAs. Das Methan, das dort ausgestoßen wird, kann ich nämlich auch nicht rausfiltern, das muss durch Energieeinsatz mittels Nachverbrennung eliminiert werden, ist wahrscheinlich auch nicht unbedingt das Umweltfreundlichste. Aber noch richtungsweisender war der Vorschlag, doch die Rinder abzuschaffen und die Ernährung umzustellen. Nun ist es ja so, dass es nicht die Rinder allein betrifft, klar können wir nur noch Schweine und Hühner halten, weil die unkritisch sind, seiner Meinung nach - ein Wissenschaftler, der ernst genommen werden will -, aber das betrifft ja alle Wiederkäuer und das sind nicht nur Rinder. Im Moment ist es auch schwierig, diese Tierchen alle hinten und vorne mit einem Filter zu versehen, das wird nicht funktionieren. Ich hätte da noch einen Vorschlag, der vielleicht auch zu durchdenken wäre. Um die Methanemission zu mindern, sollte der Verzehr von Zwiebeln und Hülsenfrüchten verboten werden und wenn das nicht möglich ist, dann sollte man zumindest auf diesen Verzehr eine kräftige Flatulenzsteuer aufschlagen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Es gäbe sicher noch eine ganze Menge solcher kuriosen Vorschläge, aber da wir ja hier im Haus seriöse Politiker sind, beschäftigen wir uns mit dem, was wir in Thüringen tatsächlich bewegen können. Das ist - global gesehen - nicht viel, aber jeder lange Weg fängt mit einem ersten, oft kleinen Schritt

an. Halten wir uns an die Erfurter Erklärung und an die in den Klimaforen aufgezeigten Handlungsfelder und Handlungsmöglichkeiten. Das ist dann schon mehr als ein erster Schritt. Übrigens, bei den erneuerbaren Energien ist Thüringen nach wie vor bundesweit führend, auch wenn wir nicht noch mehr Windräder in unserer schönen Landschaft haben wollen.

Zu Punkt 3 des Antrags muss ich noch etwas sagen. Die Forderungen sind hier für uns ein wenig zu früh und deshalb können wir dem Punkt 3 derzeit nicht zustimmen. Vor allem die Forschungslandschaft in Thüringen, die ihren Beitrag zur Entwicklung notwendiger Anpassungsstrategien leisten soll, leistet das ohnehin, weil in keinem Lebensbereich der Klimafaktor noch außen vor gelassen werden kann und weil wir als Forschungsland Thüringen natürlich und selbstverständlich auch hier in diesem Bereich vorn dabei sein wollen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. Als nächste Rednerin hat das Wort Abgeordnete Scheringer-Wright, Die Linkspartei.PDSFraktion.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss eine Sache gleich zu Beginn noch mal richtigstellen. Herr Prof. Juckenack, „Thüringen hat bei erneuerbaren Energien einen Spitzenplatz in Deutschland“. Das habe ich schon mal erklärt, das stimmt so nicht. Nein, das stimmt so nicht. Schauen Sie doch mal die Zahlen an. Erneuerbare Energien, bei Bioenergie ist Thüringen Spitze, insgesamt liegen wir dann bei erneuerbaren Energien, weil wir sonst nicht so viel haben, bei 11,3 Prozent. Mecklenburg-Vorpommern liegt bei über 20 Prozent, das ist einfach so. Da hatten wir einen Umweltminister, vielleicht liegt es daran.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Richtig ist, seit geraumer Zeit wird über den Klimawandel geredet, noch länger darüber geforscht und seit den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts wird angemahnt von Wissenschaftlern, dass sich ein vom Menschen verursachter Klimawandel vollzieht. Herr Krauße, natürlich hat es im Laufe der Erdgeschichte immer wieder Klimaveränderungen gegeben, aber es ist natürlich ein entscheidender Unterschied, wenn Sie Herrn Juckenack genauer zugehört haben, dann hat der das ja auch dargestellt, ob sich eine Klimaveränderung in Jahrzehnten oder in Jahrtausenden

vollzieht. Das ist ein entscheidender Unterschied für das Überleben vieler Arten und auch für die Existenz und das Überleben vieler Menschen. Es gab schon einmal eine ganz drastische Veränderung. Denken Sie einmal an die Saurier und was aus denen geworden ist.

(Heiterkeit im Hause)

Klar, das ist ein witziges Beispiel; aber das ist das Beispiel, das zeigt, wenn etwas in kurzen Zeitabschnitten passiert oder in langen. Die Kurzfristigkeit unseres Klimawandels, dem wir jetzt zu begegnen haben aufgrund der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen, dies war ja ein zentrales Thema des Berichts, des Intergovernmental Panel on Climate Change, der im Februar der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Bericht macht Druck auf. Trotz noch so eifriger Bemühungen und auch Errungenschaften, wie wir es ja auch im Bericht der Landesregierung für Thüringen z.B. gehört haben, ist das Ergebnis des IPCC-Berichts doch, dass die Emissionsreduzierung viel drastischer sein muss, als bisher angenommen und auch erreicht wurde, wenn wir dem Klimawandel begegnen sollen.

Dass der Klimawandel auch enorme ökonomische Auswirkungen hat, hat nicht zuletzt der sogenannte Stern-Report detailliert dargestellt. Übrigens konstatiert Nicolas Stern, ehemaliger Chefökonom der Weltbank - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis - „dass der Klimawandel das größte Marktversagen ist, das die Welt gesehen hat“. Eine kleine Kapitalismuskritik vom ehemaligen Weltbanker, das finde ich ganz interessant und nebenbei gebe ich das zur Info, weil sie gut geeignet ist, die These, die man nur zu oft hört, „der Markt wird es schon richten“, zu entlarven. Ja, natürlich hat der Klimawandel ökonomische Auswirkungen, auch in Thüringen, ob das die Schäden durch Stürme sind, wie z.B. „Kyrill“, oder der fehlende Schnee für Wintersportgebiete oder

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Oder zu viel Schnee.)

zu viel Schnee sind und es kann keiner mehr von A nach B kommen oder das fehlende Wasser für das Pflanzenwachstum, die fehlenden Fröste zur Schädlingsdezimierung und so weiter und so fort.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Und Kälte und Frost.)

Das alles ist nichts wirklich Neues. Die genannten Berichte haben diese Gewissheit nur noch fundiert. Sie sind - und das ist neu - allgemein anerkannt. Selbst die Amerikaner kommen da nicht mehr herum und auch Herr Krauße, ich muss schon einmal sagen oder den Rest der Fraktion ansprechen, dass

ausgerechnet Sie der Umweltpolitische Sprecher Ihrer Fraktion sind, ist schon erstaunlich.

(Beifall bei der SPD)

Da wäre doch genau eine andere viel besser geeignet, die zwar auch gegen Windkraft ist, aber wenigstens die Fledermäuse an ihrem Herzen hat.

(Heiterkeit im Hause)

Die Landesregierung übt sich, gerade nach der Veröffentlichung des Intergovernmental Panel on Climate Change Reports, darzustellen, dass diese Tatsachen auch für sie nichts Neues sind. Sie verweist auf ihre Klimaschutzpapiere und beeilt sich, zu versichern, dass bestens vorgesorgt sei. Herr Juckenack hat es heute noch mal ein bischen anders dargestellt, das finde ich schon auch ganz interessant und hilfreich.

Nun ist tatsächlich nachzulesen, dass sich der Ausstoß klimarelevanter Gase in Thüringen seit 1992/1993 - und diese Zahl nehme ich, weil da angefangen wurde, sich mit den Emissionsausstößen und mit der Emission zu beschäftigen - über 1995/1996 bis 2000/2001 an absoluten Mengen verringert hat, nämlich auf 19,1 Mio. t CO2-Äquivalente. Deswegen habe ich noch mal gefragt, Sie haben die Zahl 11,1 oder 11,3 genannt. 2000/2001 sind die Zahlen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, die Bilanz 2005/2006 ist noch nicht erstellt, zumindest haben mir das die Wissenschaftler hier in Thüringen gesagt.

(Zwischenruf Prof. Dr. Juckenack, Staatssekretär: 2004 - 11,8.)

Vielleicht haben Sie da ein Insiderwissen mit den 11,3 t. Also, öffentlich sind die Zahlen von 2000/2001. Die sind natürlich über sieben Jahre alt, da ist eine Reduktion vorhanden, damit kann man sich auch selbst loben und beweihräuchern und Selbstdarstellung ist immer eine gute Sache, habe ich vorhin bei einem anderen Antrag schon gesagt. Gut, der Ausstoß hat sich verringert, aber die Prognose hat dann einen Wiederanstieg von Emissionen festgestellt. Die Realität ist also viel komplizierter als es immer so platt z.B. von Leuten wie Herrn Krauße dargestellt wird.

Ich möchte drei Bereiche ansprechen, die diese Kompliziertheit auch noch mal darstellen. Der Bereich Verkehr: Anteilig sind hier die Emissionen angestiegen und das wundert einen auch nicht, Sie haben es gesagt, die Autobahn, wenn man sich da umschaut auf den Straßen, auch in den Städten - das Problem ist bekannt. Leider ist die Auto- und Mineralöl-Lobby so stark, dass reihenweise Politiker, selbst die Bundeskanzlerin, vor deren Macht kuschen oder

sich einlullen lassen - ich weiß gar nicht, wie ich das ausdrücken soll - und so spürbare Verbesserungen verwässern. Daran brauche ich gar nicht zu erinnern oder ich tue es doch, wir alle wissen es, an die Schlacht, die Verheugen und Merkel mit dem EUKommissar für Umwelt geschlagen haben zur Rettung der Profite der deutschen Autoindustrie, so muss man das mal sagen. Und das ist natürlich schon enttäuschend. Die bleiben vor ihrer eigenen Selbstverpflichtung zurück. Eigentlich ist das unerhört und eigentlich ist das enttäuschend. Und weil Herr Krauße über seinen BMW so viel erzählt hat, will ich auch mal kurz etwas sagen zur deutschen Autoindustrie und Autos. 2003 musste ich mir ein neues Auto anschaffen, VW-Polo habe ich gewählt. Weil ich für regionale Wirtschaftskreisläufe bin, bin ich nach Wolfsburg gefahren, das ist nicht so weit von mir, habe den gekauft, der fährt auf Bio-Diesel - leider 2003 ohne Filter. Ja, da kann der Verbraucher auch nichts dafür. Wo hätte ich denn den herkriegen sollen? Jetzt habe ich gehört, inzwischen gibt VW nicht mal mehr seine Autos frei für Bio-Diesel. Das kann nicht daran liegen, dass die Ingenieure bei VW das nicht hinkriegen können, Rußpartikelfilter und Biodieselmotoren zusammenzubringen, das glaube ich einfach nicht. Da steckt etwas anderes dahinter und das ist enttäuschend. Und wenn der Umweltpolitische Sprecher der Fraktion der CDU

(Unruhe bei der CDU)

das dann auch noch darstellt und als toll darstellt, dass sein Auto 185 Gramm CO2 ausstößt, dann sollten Sie sich das echt mal überlegen.

(Unruhe bei der CDU)

Die Privatisierung der Bahn ist ein Negativbeispiel. Wenn das so kommt und an die Börse gegangen wird, dann wird sich eine Strategie der Emissionsverringerung im Verkehrsbereich verschlechtern, da eine planvolle Koordinierung erschwert wird. Zum Thema Verkehr hatte unser Verkehrspolitischer Sprecher …

Entschuldigen Sie, Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Primas zu?

Bitte schön.

Sie haben mich in die Erwartung versetzt, dass Sie uns jetzt sagen, warum die Automobilindustrie ihre Motoren für Bio-Diesel nicht mehr zulässt. Sagen Sie es uns doch bitte, Sie hatten es angedeutet. Können Sie es uns denn sagen?

Ehrlich gesagt, kann ich Ihnen das nicht sagen, aber ich sage Ihnen was anderes, das habe ich vorher gesagt: Technisch, glaube ich nicht, dass das ein Problem ist.

Ich würde es Ihnen jetzt sagen, aber ich darf ja nicht, weil es keine Frage ist.

Sie können mir das ja nachher erklären, aber ich sage Ihnen eins, das ist an den Haaren herbeigezogen, weil mir das keiner verklickern kann, dass die Ingenieure bei VW technische Probleme nicht lösen können. Das glaube ich nicht. Wenn Sie mir es dann sagen, dann kann ich Ihnen noch etwas dazu sagen.

(Heiterkeit im Hause)

Ich war gerade dabei, dass unser Verkehrspolitischer Sprecher eine ganze Reihe von guten Vorschlägen aufgeschrieben hat und darstellen wollte. Wegen der fortgeschrittenen Zeit hat er mir jetzt signalisiert, dass er das nicht heute hier macht. Ich hoffe aber, dass Sie unseren Antrag an den Ausschuss überweisen, dann können wir diese Vorschläge

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das sollte Ihnen zu denken geben.)

auch noch darstellen und diskutieren.

Der zweite Bereich, den Sie nicht genannt haben, Herr Juckenack - das hat mich eigentlich überrascht -, weil er in den Klimabilanzen, die veröffentlicht sind, ausgewiesen ist, ist die Erzeugung und der Verbrauch von Strom und der Stromimport. Thüringen importiert eine Menge Strom und die Emissionen von diesem importierten Strom sind mit etwa 5,3 Mio. t Kohlendioxidäquivalenten doppelt so hoch wie die Emissionen, die wir durch unseren eigenen produzierten Strom hier ausstoßen. Ja, das ist logisch, aber das muss man sich mal klarmachen. Ehrlich, so et