Protokoll der Sitzung vom 12.07.2007

Allerdings: Diesen Gesamtausgaben in Höhe von knapp 1,7 Mio. € stehen langfristig Einsparungen von rund 4,8 Mio. € gegenüber. Diese Einsparungen ergeben sich vor allem aus den dauerhaft reduzierten Personalkosten. Aufgrund der Synergieeffekte werden die Personalaufwendungen bis zum Jahr 2020 um 3,2 Mio. € gesenkt und die Gesamtersparnis an Sachkosten bis zum Jahr 2020 liegt bei rund 1,7 Mio. €. Alles in allem ergibt sich neben dem logistischen Vorteil und der für die Bürger einfacheren Ansprechbarkeit an einem Standort also auch ein deutlicher Einspareffekt. Genau das wollen wir erreichen. Vielen Dank.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich den ersten Teil der Aktuellen Stunde. Bevor ich den zweiten Teil aufrufe, möchte ich bekannt geben, dass wir den Tagesordnungspunkt 2 morgen um 9.00 Uhr aufrufen werden und dass wir heute nach der Aktuellen Stunde die Wahl durchführen und nach der Wahl mit Tagesordnungspunkt 11 in der Tagesordnung fortfahren.

Ich rufe jetzt auf den zweiten Teil der Aktuellen Stunde

b) auf Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS zum Thema: „Mögliche Auswirkungen der Anreiz- regulierung für Energienetze auf Thüringer Stadtwerke“ Unterrichtung durch die Präsiden- tin des Landtags - Drucksache 4/3165 -

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Schubert, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Linkspartei.PDS hat für heute eine Aktuelle Stunde beantragt zum Thema „Anreizregulierung“. Das ist ein wichtiges Thema, wie wir alle erfahren konnten aus vielen Briefen von Stadtwerken, aber natürlich auch, wer sich inhaltlich mit diesem Thema beschäftigt. Wir befinden uns dabei in einem Spannungsfeld zwischen den Interessen von Stadtwerken und damit von kommunalen Interessen auf der einen Seite und auf der anderen Seite der ewig währenden Diskussion von steigenden Energiepreisen und natürlich auch dem Thema „Versorgungssicherheit“. Diese drei Dinge sind da zu beachten und deshalb ist es ein sehr wichtiges Thema, was für eine Aktuelle Stunde meiner Ansicht nach auch angemessen ist. Man kann hier sicher einmal darüber reden, aber es muss weitere Schritte geben. Deshalb hatten wir ja schon vor einer ganzen Zeit dazu im Wirtschaftsausschuss einen Antrag gestellt, der im September dann dran ist. Wir werden, das kann ich hier schon ankündigen, auch einen Plenarantrag dazu stellen, denn einen Tag nach unserer nächsten Plenarsitzung im September wird der Bundesrat wahrscheinlich darüber entscheiden. Wir möchten gern die Landesregierung dort bitten oder auffordern, eine bestimmte Position zu vertreten. Das möchte ich hier schon einmal ankündigen.

Natürlich ist das ganze Thema „Anreizregulierung“ - es geht ja darum, dass die Kosten der Netznutzung gesenkt werden sollen, weil dieser Bereich nicht dem Markt unterliegt, sondern hier ein natürliches Monopol vorliegt - erst mal ein richtiger Ansatz. Da müssen die Kosten gesenkt werden. Die Frage ist nur, wie weit müssen sie gesenkt werden und wie weit müssen auch die Interessen von Stadtwerken beachtet werden? Da ist es in der Beratungsfolge bei der Bundesregierung schon zu einigen Veränderungen gekommen, dass nämlich gerade die kleineren Versorgungsunternehmen, die bis jetzt 30.000 Kunden im Strombereich und 15.000 Kunden im Gasbereich versorgen, nur einem vereinfachten Verfahren unter

liegen. Aber wir denken, dass es nicht ausreicht, dass man sich vor allen Dingen von der Orientierung am Klassenbesten verabschieden soll und eher dahin kommen sollte, eine sogenannte Spitzengruppe zu bilden und sich an der Spitzengruppe zu orientieren, um am Ende nicht das eine oder andere Stadtwerk zu überfordern und es dann dort zu Insolvenzen oder zu Verkäufen kommt. Denn dann wäre die Folge, dass nur die Großkonzerne dort einsteigen und dann haben wir eine noch größere Monostruktur in der Energieversorgung als wir sie bereits jetzt schon haben.

Bei der ganzen Diskussion muss man natürlich eins immer wieder in den Mittelpunkt stellen: Die Probleme, die wir heute mit steigenden Energiepreisen haben, haben größtenteils andere Ursachen. Der Netzbetrieb ist die eine Seite. Die andere Seite sind steigende Rohstoffkosten, die am Weltmarkt entstehen und die in den nächsten Jahren noch weiter steigen werden und die natürlich eines Tages durch erneuerbare Energien, die, da die Sonne kostenlos zur Verfügung steht, der Erscheinung nicht unterliegen, verdrängt werden. Auf der anderen Seite sind gerade die vier Großkonzerne, die in Deutschland tätig sind, die Mitverursacher und Hauptverursacher der hohen Energiepreise. Deshalb muss auf der Erzeugerstrecke noch vieles passieren.

Dort hat man auf Wettbewerb gesetzt. Leider findet dieser Wettbewerb momentan nicht statt, wie man offensichtlich sehen kann. Da ist eine Menge zu tun, um überhaupt Wettbewerb zu erzeugen. Vielleicht kann es den auch niemals im vollen Umfang geben. Aber man muss dann darüber nachdenken, auch stärker einzugreifen in diesen Bereich und dort wieder eine Kontrolle einzuführen. Das sind Überlegungen, die wir alle mal anstellen sollten.

Deshalb nochmals von uns die Botschaft, es ist ein wichtiges Thema, dies heute hier nicht auszudiskutieren, sondern im nächsten Wirtschaftsausschuss und dann in der nächsten Plenarsitzung. Ich hoffe, dass wir uns dann vielleicht auf eine gemeinsame Position verständigen können, um in diesem Spannungsfeld die richtigen Entscheidungen zu treffen:

1. niedrige Energiepreise,

2. Stadtwerke müssen am Leben bleiben, weil sie eine wichtige Einrichtung der Kommunen sind,

3. Versorgungssicherheit ist ein wichtiges Thema.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Abgeordneter Kummer, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Deutschland stöhnt in diesen Tagen unter den hohen Strompreisen. Besonders betroffen sind gerade die Thüringer Verbraucher und auch die Thüringer Wirtschaft, weil die Strompreise bei uns innerhalb Deutschlands besonders hoch sind.

Einen Anteil an diesen Strompreisen von den Kosten her hat natürlich der Anteil der Netzdurchleitung. Die macht sich erheblich beim Strompreis bemerkbar. Um diese Kosten für die Netzbetreibung niedrig zu halten, soll es diese Anreizregulierung geben, die gegenwärtig als Entwurf vorliegt. Gleichzeitig will man damit Voraussetzungen für einen freien Strommarkt schaffen, um hier die Handelsmöglichkeiten zu schaffen.

Aber, meine Damen und Herren, der Entwurf, der vorliegt und der im September vom Bundesrat beschlossen werden muss, wie Herr Schubert schon angesprochen hat, berücksichtigt die Strukturunterschiede zwischen den einzelnen Netzbetreibern nicht ausreichend. Das, was hier im Moment passiert, ist, dass gerade kleine Netzbetreiber, wie wir sie mit den Stadtwerken in den Regionen vorrätig haben, massiv benachteiligt werden. Alleine der hohe bürokratische Aufwand - Erhebungsbögen von 900 Seiten Umfang - wird Stadtwerke überfordern und ist von ihnen kaum zu leisten. Wir haben ein Schreiben bekommen, Sie sicherlich auch, von den Stadtwerken Heiligenstadt, acht Mitarbeiter. Wenn man sich vorstellt, die müssen diesen Aufwand leisten, das ist natürlich eine ganz andere Geschichte, als wenn das ein großer Westbetreiber machen muss, und von der Warte her mit einem wesentlich höheren Aufwand verbunden. Es gibt aber auch wenig Einsparpotenzial bei einem kleinen Netzbetreiber. Eine Anforderung der Anreizregulierung ist ja, massiv Kosten zu sparen, und ein großer Anteil bei diesen Kosten sind natürlich die Fixkosten für die bereits vorhandenen Netze und da gibt es wenig Spielräume, wenn gerade Stadtwerke ihre Netze stehen haben, vielleicht vor 20 Jahren errichtet, noch lange nicht abgeschrieben und hier eigentlich nichts ändern können, ihre Technik nicht auswechseln können, auch wenn sie nicht so effizient ist, wie sie heute sein könnte. Gemessen werden sie aber an den Klassenbesten. Diese ganzen Probleme haben die Stadtwerke Heiligenstadt zusammengefasst dargestellt, wo denn bei ihnen noch gespart werden könnte. Das möchte ich mal kurz vorlesen. Sie sehen noch Möglichkeiten des Sparens beim kurzfristigen Abbau

von Arbeitsplätzen bei Stadtwerken und Zulieferbetrieben, bei der weiteren Entwertung der Netze und damit auch des Vermögens der kommunalen Anteilseigner. Als Folge sehen sie darin fehlende dringend benötigte Einnahmen in den kommunalen Haushalten, ein mittel- und langfristiges Absinken der Versorgungsqualität durch Verkommen der Netze und möglicherweise die mittelfristige Gefährdung der Stadtwerke in ihrer Substanz.

Meine Damen und Herren, das kann nicht in unserem Interesse sein. Die Stadtwerke erfüllen für uns eine wesentliche Funktion bei der Stärkung einer dezentralen Energiewirtschaft, beim Vorantreiben von KraftWärme-Kopplungen und der Nutzung erneuerbarer Energien. Sie erfüllen in besonderer Weise die Vorstellungen unserer Fraktion von einer zukunftsfähigen Energiewirtschaft. Deshalb erwarten wir, dass es zu einer Nachbesserung des Entwurfs kommt. Wir erwarten, dass im Entwurf eine Senkung von Netzkosten gemeinsam mit der Sicherung der Stadtwerke gelingt. Dazu möchten wir die Vorstellungen der Landesregierung hören. Das wäre mit einem Antrag für diese Tagesordnung nicht gelungen, weil der Antrag wahrscheinlich nicht mehr behandelt worden wäre, und deshalb haben wir die Form der Aktuellen Stunde gewählt.

Herr Dr. Schubert, ich stimme mit Ihnen überein, dass wir uns im September gerne noch einmal darüber verständigen können. Die Inhalte, die wir wollen, sind gleich. Von daher erwarte ich von der Landesregierung, dass sie uns erste Vorstellungen vorträgt, und dann können wir im Nachhinein darüber diskutieren und sehen, dass Thüringen eine entsprechende Position auch gerade zur Stärkung der Verbraucher hier und der Stadtwerke vertritt. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Carius, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Herr Kummer, das kann man Ihnen hier nicht durchgehen lassen. Die Anreizregulierung ist schon seit einigen Monaten im Gespräch und dass Sie keine Zeit hatten, hier einen ordentlichen Plenarantrag vorzulegen, halte ich doch für etwas geflunkert, um es mal gelinde auszudrücken.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ein Verordnungsentwurf des Bundes ist sicher kein klassisches Feld für eine Auseinandersetzung zwischen einer Regierungsfraktion in einem Landtag und den Oppositionsfraktionen.

Aber immerhin, meine Damen und Herren, finde ich, Herr Kummer, da gebe ich Ihnen recht, er ist es natürlich schon wert, ein aktuelles Thema auch in einer Aktuellen Stunde zu behandeln. Nur glaube ich, dass das Thema „Anreizregulierung“ eigentlich zu überkomplex ist, als dass man es hier wirklich ordentlich behandeln könnte. Deswegen verweise ich gern darauf, dass die SPD-Fraktion hier einen Selbstbefassungsantrag im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit gestellt hat und wir uns im Ausschuss damit auch etwas intensiver und angemessener beschäftigen können. Ich möchte an die energiepolitischen Debatten der Vergangenheit erinnern. Hier ging es vor allen Dingen im Haus darum, wie wir Preissenkungen für industrielle und private Verbraucher erreichen können. Und es ist uns doch allen klar, dass die Anreizregulierung, die der Senkung der Kosten für die Netzentgelte dient und damit eines zentralen Bestandteils von Stromkosten, nämlich rund eines Drittels des Gesamtpreises, ein Verfahren ist, das zunächst mal theoretisch sehr marktnah und effizienter ist als jedes andere Verfahren, was man zur Preisregulierung sonst einführen kann. Ich will in dem Zusammenhang auch daran erinnern, dass Sie sich jetzt nicht einfach herstellen und sagen können, ja, wir wollen schon niedrige Preise, aber bei der Anreizregulierung, da wollen wir dies und jenes doch nicht, weil das ja den Stadtwerken irgendwie schaden könnte. Da müsste man sich meines Erachtens schon entscheiden. Ich möchte auch daran erinnern, dass Sie vor wenigen Wochen noch darüber geredet haben, dass man die Preisaufsicht, Herr Kummer, erhalten solle. Hier haben wir Hunderte von Fragen an die Stadtwerke stellen müssen mit einer marginalen Effizienz im wirklichen Effekt, was an Senkungen dann herausgekommen ist für den Stromkundenpreis. Jetzt stellen Sie sich hin und sagen uns, der Aufwand, der durch die Anreizregulierung erfolgen sollte, der wäre überhoch. Ich sehe das natürlich in Teilen auch so, aber dann dürfen Sie nicht auf der anderen Seite bei einem etwas veralteten und auch überhaupt nicht marktgerechten Instrument wie der Preisaufsicht fordern, dass dieses Instrument, was noch dazu nicht effizient ist, fortgeführt wird.

Ich möchte hier klarstellen, dass die CDU-Fraktion im Interesse der Verbraucher für die Anreizregulierung und gegen ungerechtfertigte Renditen auf Kosten und zulasten der Verbraucher einsteht. Gleichwohl, meine Damen und Herren, sehe ich natürlich schon, dass wir Versorgungssicherheit und die Pluralität im Wettbewerb - denn das ist das entscheidende Merkmal, was unsere Stadtwerke auszeichnet - erhalten wollen und natürlich auch den Aspekt der Dezentralität von Versorgung, wobei auch da die Stadtwerke natürlich kein Alleinstellungsmerkmal für sich geltend machen können. Hier muss man sehen, meine Damen und Herren, welche Wirkung letztlich die Ausnahmereglung in der Verordnung, in

dem jetzt schon veränderten Verordnungsentwurf für die Anreizregulierung bietet. Herr Dr. Schubert hat darauf hingewiesen, dass wir diese Einwohnergrenze von 30.000 haben. Da muss man sehen, ob das ausreicht für die kleinen Stadtwerke, denn dann ist der Aufwand zunächst mal auf den ersten Blick scheinbar nicht so groß.

Ein zweiter Punkt, den man betrachten muss, ist sicher die Produktivitätsvorgabe, die schon herabgesenkt wurde auf 1,25 Prozent. Da sind wir uns einig, dass wir hier nach einer Lösung schauen müssen, die auch den kleinen Stadtwerken, die ohnehin schon sehr produktiv sind, ein vernünftiges Auskommen sichert.

Meine Damen und Herren, dann müssen wir uns natürlich auch noch über einen anderen Aspekt unterhalten, der im Rahmen der Anreizregulierung zwar keine große Rolle spielt, aber ein wichtiger Aspekt für die Zukunft der Stadtwerke überhaupt ist, und zwar ist das der steuerliche Querverbund. Sie wissen wahrscheinlich, dass der Bundesfinanzhof zunächst in einer Entscheidung darauf hingewirkt hat, dass dieser steuerliche Querverbund so nicht weiter existieren darf. Das heißt, hier haben wir doch eine zentrale Herausforderung für die Stadtwerke.

Meine Damen und Herren, ich will mich kurz fassen: Die CDU-Fraktion und die Landesregierung haben in der Vergangenheit zu den Stadtwerken gestanden. Ich erinnere hier nur an die Aufhebung des Örtlichkeitsprinzips, hier sind wir auch noch Vorreiter für andere Länder. Ich denke auch hier, dass wir auf einem guten Wege sowohl für die Verbraucher als auch die Stadtwerke sind.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Nothnagel, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Kollege Kummer ist bereits auf die möglichen Auswirkungen der Anreizregulierung auf die Stadtwerke eingegangen. Nach Auffassung unserer Fraktion bleiben aber gerade dadurch die Verbraucher nicht verschont, insbesondere bei den Kunden von den kleineren Stadtwerken oder solchen, die gar keine eigenen Stromnetze besitzen. Warum ist das der Fall? Kritiker, wie z.B. der Geschäftsführer des Bundesverbandes neuer Energieanbieter, Robert Busch, verweisen darauf, dass mit staatlicher Regulierung kaum Einfluss auf die Nutzungsentgelte möglich ist. Die Folge würde sein, dass in erster Linie

in den Bereichen des Vertriebs, aber auch des Service, insbesondere in den kundennahen Bereichen, gespart werden könnte. Dann hätten die Kunden die Chance, als Alternative auf effizienter arbeitende Anbieter auszuweichen. Glaubt man einer Meldung der „Ostthüringer Zeitung“ vom 25. Juni dieses Jahres, scheint der Wechselwille in Thüringen aber noch nicht sehr ausgeprägt zu sein. Lediglich 3 Prozent der Thüringer hätten in dem letzten Jahr von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihren Anbieter zu wechseln. Die Gründe mögen verschieden sein. Vorstellbar ist aber, dass die meisten vor den bürokratischen Hürden zurückschrecken und daher lieber bei ihrem angestammten Stromanbieter bleiben. Auch die Vorsitzende des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale, Frau Prof. Dr. Edda Müller, sieht bereits in der Art und Weise, wie in Deutschland ein Regulierer eingerichtet worden ist, einen handwerklichen Fehler, und zwar stellt sie einen Vergleich mit Großbritannien an. Dort würden im Gegensatz zu Deutschland die Belange der Verbraucher viel eher berücksichtigt. In Deutschland würden die Verbraucherrechte bei der Bundesnetzagentur kaum eine Rolle spielen, daher setzt Frau Müller ihre Hoffnung auch in eine Regulierung auf europäischer Ebene, wodurch auch eine Entflechtung der überregionalen Stromnetze viel eher möglich wäre.

Was kann nun die Anreizregulierung für die Energiekunden bedeuten? Es wird kaum dazu kommen, dass sie preislich entlastet werden. In den Bereichen der Strompreisbildung wird wohl eher zugeschlagen. Merkwürdig ist, kaum dass die Preisaufsicht durch das Land ab 1. Juni dieses Jahres weggefallen ist, erhöhten nach Angaben der Verbraucherzentrale 17 regionale Versorger in Thüringen ihre Strompreise. Oberflächlich betrachtet kann man solches Gebaren erst einmal an den Pranger stellen, aber andererseits ist es völlig legitim, dass die Unternehmen marktwirtschaftlich denken und ihre Mehraufwendungen an die Kunden weitergeben, noch dazu, wo bei den Stadtwerken kaum Spielräume als letztes Glied in der langen Versorgungskette bestehen. Die Verlierer sind natürlich wiederum die Bürger, die sich gegen überhöhte Preise nur schwer wehren können, und in Thüringen schlagen die Preise besonders zu Buche, weil wir zu den Ländern mit dem niedrigsten Lohnniveau gehören. Die Tendenz ist weiter sinkend. Nun soll die Anreizregulierung für mehr Transparenz in der Kostenaufstellung der Versorgungsunternehmer sorgen. Dann könnte vielleicht auch nachvollziehbar werden, warum überwiegend kleinere Stadtwerke die Tarife erhöht haben, die größeren, wie in Erfurt und in Jena, erst einmal nicht. Auf all diese Fragen kann es bis heute keine abschließende Antwort geben, auch die Landesregierung wird sie uns vermutlich nicht geben können, weil sie mit der Preiskontrolle nichts mehr zu tun hat. Daher wird die Linksfraktion die verbleibende Zeit nutzen, um den Stadtwerken in Thüringen anzu

bieten, ihre Probleme und Bedenken zur Verordnung zur Anreizregulierung vorzutragen. Solange das Risiko besteht, dass diese nicht ausgeräumt werden können, möchte ich von hier aus an die Landesregierung appellieren: Stimmen Sie im Bundesrat dem jetzigen Entwurf der Anreizregulierung nicht zu, sondern handeln Sie Verbesserungen im Interesse der kleineren Stadtwerke und für die Verbraucher aus. Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Herr Minister Reinholz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Bundeskabinett hat am 13. Juni 2007 den Entwurf einer Anreizregulierungsverordnung der Entgelte für Energieversorgung verabschiedet. Nach der Sommerpause soll die noch ausstehende Bundesratsbefassung erfolgen. Wenn der Bundesrat dem Verordnungsentwurf zustimmt, dann werden ab dem 1. Januar 2009 die Entgelte für den Zugang zu den Energieversorgungsnetzen auf dem Wege der Anreizregulierung bestimmt werden. Dem Thüringer Landtag steht es natürlich selbstverständlich zu, sich dennoch mit der Frage zu beschäftigen, welche Auswirkungen die Anreizregulierung im Freistaat Thüringen haben wird. Zu kurz gegriffen scheint mir aber die Frage, welche Auswirkungen die Anreizregulierung allein auf die Thüringer Stadtwerke haben soll. Fragen wir uns doch lieber zunächst einmal, was wir uns insgesamt in Thüringen von der Anreizregulierung versprechen dürfen. Ziel der Anreizregulierungsverordnung ist es, das bestehende Netzmonopol den Anforderungen und den Bedingungen des Wettbewerbs besser anzupassen. Den Netzbetreibern sollen Anreize für einen effizienten Betrieb der Strom- und Gasversorgungsnetze gesetzt werden. Die Gebühren, die die Betreiber von Strom- und Gasnetzen für die Netznutzung berechnen, sollen schrittweise dem Niveau des günstigsten Anbieters angeglichen werden. Die Betriebskosten müssen dabei über einen Zeitraum von zehn Jahren um verbindliche Raten reduziert werden. Das ist ein Weg, um preisgünstige, effiziente und diskriminierungsfreie Netznutzungsentgelte auch durchzusetzen.

Übrigens machen die Netznutzungsentgelte beim Strom derzeit - und das wissen Sie alle - rund ein Drittel des Endkundenpreises aus. Eine Eingrenzung trägt zu einer dauerhaften Entlastung der Energiekunden bei. Genau aus diesem Grund hat das Thüringer Wirtschaftsministerium auf Arbeitsebene an der Er

arbeitung des Verordnungsentwurfs auch sehr intensiv mitgewirkt. Deshalb begrüßt die Thüringer Landesregierung auch ausdrücklich dessen Verabschiedung. Ich darf in diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, daran erinnern, dass wir an dieser Stelle auf ausdrücklichen Wunsch der Damen und Herren der Oppositionsparteien wiederholt über Maßnahmen zur Regulierung der Strompreise und über die Verbesserung des Wettbewerbs auf dem Thüringer Energiemarkt diskutiert haben. Dabei galt - über Differenzen in Einzelfragen hinweg - unsere Besorgnis den steigenden Energiepreisen. Gefordert wurden wirksame Mittel zur Eindämmung der Preisentwicklung im Energiesektor. Ich kann Sie nur auffordern, jetzt, da wir ein solches Mittel auf den Weg bringen wollen, diese Interessenlage nicht plötzlich aus den Augen zu verlieren und sich eben nicht einseitig auf die Seite derer zu schlagen, die jetzt laufend gegen die Anreizregulierung protestieren.

Es ist richtig, meine Damen und Herren, dass der Verordnungsentwurf von der Versorgungsbranche kritisiert wird. Mit der Anreizregulierungsverordnung wird schließlich der Versuch unternommen, das bestehende Monopol der Netzbetreiber aufzubrechen und wettbewerbsähnlichen Bedingungen zu unterwerfen. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich nicht verwunderlich, dass gerade vonseiten der Versorgungswirtschaft und ihrer Verbände erhebliche Einwände gegen das Verordnungsvorhaben vorgebracht werden. Es bleibt aber unbestritten, dass im Rahmen der Anreizregulierung nicht nur das wirtschaftliche Überleben, sondern auch die Profitabilität des Netzbetriebs in einem gesamtwirtschaftlich vertretbaren Maß sichergestellt sein muss. Aber dies darf nicht zu einer einseitigen Bevorzugung der Netzbetreiber führen. Wir dürfen die berechtigten Interessen der Netznutzer - sei es der Stromhändler oder auch der industrielle oder private Endkunde - nicht aus dem Auge verlieren. Das, meine Damen und Herren von der Opposition, haben Sie ja hier stets und ständig gefordert.

Die bisherige Entwicklung der Strom- und Gasmärkte hat gezeigt, dass diese Interessen ohne staatliche Maßnahmen nicht ausreichend gewahrt werden können. Letztlich geht es um den Ausgleich gegenläufiger Interessen. Der Entwurf der Bundesregierung, der uns vorliegt, wird in den nächsten Wochen Gegenstand von intensiven Prüfungen und Diskussionen sein, gerade im Hinblick auf das anstehende Bundesratsverfahren. Dabei mag es in Detailfragen zu einzelnen Änderungen kommen, man kann gewissermaßen von einer Feinjustierung sprechen, mit der die optimale Funktionsfähigkeit der Anreizregulierung dann auch angestrebt wird.

Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang aber auch, dass in dem jetzt von der Bundesregie

rung vorgelegten Entwurf im Vergleich zur ursprünglichen Fassung den Einwänden der Netzbetreiber bereits erheblich Rechnung getragen wurde. So hat man die beiden ersten Regulierungsperioden, innerhalb derer die Unternehmen Gelegenheit haben, etwaige Ineffizienzen abzubauen, um jeweils ein Jahr auf je fünf Jahre verlängert. Gleichzeitig wurde der sektorale Produktivitätsfaktor deutlich abgeschwächt und liegt jetzt in der ersten Regulierungsperiode bei jährlich 1,25 Prozent.

Das Ausgangsniveau der Erlösobergrenzen wird durch Kostenprüfung im Rahmen der Netzentgeltgenehmigungen ermittelt, wobei den Netzbetreibern wiederum zugute kommt, dass es sich dabei im Wesentlichen um kalkulatorische und nicht um bilanzielle Kosten handelt. Schließlich werden bei der Anreizregulierung die Netzbetreiber nicht einzeln miteinander verglichen, sondern es werden Vergleichsgruppen für Effizienzvorgaben gebildet. Dabei können strukturelle Besonderheiten und die kalkulatorisch ermittelten Kosten auch berücksichtigt werden. Darüber hinaus sieht die Verordnung gegebenenfalls die individuelle Prüfung von Erreichbarkeit, Übertreffbarkeit und Zumutbarkeit der Effizienzvorgaben vor. Daraufhin kann die Regulierungsbehörde dann im Auftrag in bestimmten Fällen abweichende, individuelle Effizienzvorgaben bestimmen.