Protokoll der Sitzung vom 21.09.2007

Ich möchte ein Zitat von Christian Ude, dem Präsidenten des Städtetages nennen, der sagte: „Sie können doch nicht wirklich den schönen Teil der Verkündung übernehmen und die Rechnung dann an die Rathäuser schicken.“ Aber Sie haben die Rechnung längst an die Rathäuser geschickt und diese dürfen sich mit den Trägern und den Eltern auseinandersetzen. Sie ziehen mit der größten Gewissheit vor das Verfassungsgericht, die Klage gegen das Volksbegehren zu gewinnen, weil der Landeshaushalt die Umsetzung des Gesetzentwurfs auf gar keinen Fall hergeben würde. Gleichzeitig ist für das Verfassungsgericht die Lage aber offensichtlich gar nicht

so klar. Es holt Stellungnahmen über Stellungnahmen ein, verlangt umfangreiche Belege für die Zahlenberechnungen und hat Ihnen immer noch nicht recht gegeben. Alles, was wir bisher wissen, dass am 16.10.2007 die erste mündliche Verhandlung stattfindet. Wie es aussieht, muss damit gerechnet werden, dass sich die Sache dann aber auch weiter hinzieht. Die umfangreichen Schriftsätze und divergierenden Berechnungen lassen vermuten, dass ein Gutachter hinzugezogen werden muss. Ihr Sieg wird also weder ein schneller noch ein gesicherter sein. Da nutzt es Ihnen auch nichts, dass Sie immer und immer wieder die Vorteile und Erfolge Ihrer Familienoffensive beschwören. Kommunen und Eltern sind da ganz anderer Meinung, da gebe ich Herrn Matschie recht. Sie stöhnen über die erhöhten Belastungen. Hier einige weitere Beispiele: Von den 84 Kindertagesstätten im Eichsfeld haben bereits 58 ihre Elternbeiträge erhöht, sieben weitere Einrichtungen planen eine Erhöhung. Dabei geht es nicht um ein paar Euro, es geht um viel Geld. In Berlingerode müssen die Eltern nun statt 50 € ganze 90 € bezahlen, in Neuendorf sind es 90 € statt zuvor 65 €, in Greiz geplante Erhöhungen zum 1. Januar 2008 werden von 56 € auf 97 € gesteigert. Wer zwei Kinder in der Kita hat, der darf sogar 164 € bezahlen statt vorher 98,50 €. Dabei darf auch die Belastung der Kommunen nicht vergessen werden. In Greiz selbst wird die Gebührenerhöhung damit begründet, dass vom Land im Jahr 2005 noch über 1,6 Mio € kamen für die Kindertageseinrichtungen. Für das laufende Jahr wird mit einem Rückgang von fast 1 Mio. € auf 650.000 bis 700.000 € gerechnet. Der Kyffhäuserkreis weist auf ein weiteres Problem hin. Die Kürzungen im Kita-Bereich hätten fast alle Tagesstätten gezwungen, ihre Gebühren zu erhöhen. Da es nun aber zahlreiche finanzschwache Eltern gibt, die diese Gebühr nicht bezahlen können, sind die Zuschüsse des Kreises von einer knappen halben Million € im Jahre 2004 auf 720.000 € im Jahre 2006 gestiegen und für das Jahr 2007 wird gar 1 Mio. € veranschlagt. Das, meine Damen und Herren, kann wirklich nicht als Erfolg gefeiert werden.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, dabei haben Sie sich als Landesregierung doch im Grunde ein Eigentor geschossen. Indem Sie den Rechtsanspruch auf einen Platz auf zwei Jahre gesenkt haben und diese Plätze nun auch in Anspruch genommen werden, wird Ihnen gezeigt, dass der Bedarf vorhanden ist. Der Bedarf wird mit der zunehmenden Inanspruchnahme des Elterngeldes steigen, denn der Großteil der Eltern beantragt das Elterngeld für 12, manche für 14 Monate, kaum jemand streckt es auf zwei Jahre. Das heißt aber auch, dass die Eltern nach dieser Zeit einen Platz für ihr Kind in einer Krippe oder bei einer Tagesmutter brauchen. Das wiederum bedeutet, dass der Bedarf schrittweise steigen wird. Warum der Rechtsanspruch für Kin

derbetreuung nicht wenigstens auf ein Jahr herabgesetzt wird, konnte im Ausschuss nicht schlüssig erklärt werden. Meine Fraktion ist sogar für einen Rechtsanspruch von Anfang an. Nehmen wir Sie, Herr Minister, von gestern beim Wort, dann müssten auch Sie genau dieses Anliegen unterstützen.

Konsens ist es also bei allen, dass das Angebot frühkindlicher Bildungsmöglichkeiten ebenso notwendig ist wie die Möglichkeit vor allem für Frauen, die Fürsorge für ihre Kinder besser mit den Anforderungen ihres Berufs verbinden zu können. Die Betreuungsquote durch Väter hat sich im letzten Jahr erfreulicherweise verdoppelt, wenn auch auf einem sehr, sehr niedrigen Niveau. Wir können uns nicht darauf ausruhen, dass die Drittelquote in Thüringen schon erreicht ist, wenn es einen größeren Bedarf für Krippenplätze geben wird. Darum muss sich die Politik darum kümmern, wie dieser Bedarf zu decken ist. Wir haben immer davor gewarnt, dass die fehlenden Landesmittel nur durch drei Dinge aufgefangen werden können, entweder muss die Kommune einspringen oder die Elternbeiträge werden erhöht oder die Betreuungsqualität wird reduziert. Das alles passiert. Wer sich im Land umschaut, kann das auch sehen und belegen.

Nur wenige Wochen nachdem die Landesmittel für die Betreuung der Kindertagesstätten gekürzt wurden, ging der Thüringer Bildungsplan für Kinder bis 10 Jahre in die Erprobungsphase. Dieser Bildungsplan hat den hehren Anspruch der modernste und beste Bildungsplan in ganz Deutschland zu werden. Laut Aussage des Konsortiums gab es keine Einschränkungen seitens der Landesregierung, so dass ein Bildungsplan entstand, der im Wesentlichen modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen standhält und von vielen Seiten gelobt wird. Die Erprobung durch die 111 Praxispartner muss allerdings ehrenamtlich geleistet werden. Spricht man mit denen, die diesen Bildungsplan künftig umsetzen sollen, erfährt man weiter, mit welchen Schwierigkeiten sie täglich zu kämpfen haben; zu große Gruppen, Reduzierungen der Öffnungszeiten, Förderung von Kindern mit Entwicklungsdefiziten wird erschwert. Wir sagen auch ganz klar, dass Bildung auch im frühkindlichen Bereich eine Aufgabe des Landes ist und nicht auf die Kommunen abgewälzt werden darf.

(Beifall DIE LINKE)

Für eine wirkliche Entwicklung sollten Überlegungen hin zu beitragsfreier Kinderbetreuung vom 1. Lebensjahr angestellt werden. Die Zuordnung der frühkindlichen Bildung und Betreuung zum Kultusministerium müsste auch mit geeigneten Maßnahmen untersetzt werden. Ein beitragsfreies Vorschuljahr, wie im Gesetzentwurf des Volksbegehrens verlangt, wäre ein erster Schritt dazu. Wir fordern einen Rechtsanspruch

jedes Kindes auf Bildung und Betreuung in einer Kindereinrichtung vom 1. Lebensjahr an. Bei dieser Forderung muss neben dem Rechtsanspruch auch die Qualität von Bildung und Betreuung eine Rolle spielen. Es geht um soziale Kontakte, es geht um Erfahrungen, die Kinder in Familien oft nicht mehr haben. Es geht auch um zielgerichtete Förderung, die jedem Kind möglich sein soll, allerdings ohne Zwang auszuüben. Wir haben in den Kindergärten in Thüringen durchaus engagierte Erzieherinnen und einige ganz wenige Erzieher. Die Anforderungen an diesen Beruf steigen. Deshalb sieht sogar das Kultusministerium eine Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern an einer Hochschule für langfristig erforderlich an. Immerhin soll ab dem kommenden Wintersemester an der Fachhochschule Erfurt ein Ausbildungsgang für Erzieherinnen und Erzieher, der Bachelor of Arts, angeboten werden. Erzieherinnen und Erzieher erhalten nach dem Abschluss dieses Studiums die Möglichkeit, in Funktionsstellen eingesetzt oder beratend tätig zu werden. Aber mit nur 38 Ausbildungsplätzen würde es etwa 40 Jahre dauern, bis alle etwa 1.400 Thüringer Kindergärten zumindest einen Erzieher oder eine Erzieherin mit Bachelor-Abschluss hätten. Alle Achtung! Sie sehen sicher ein, dass dieser Ausbildungsgang nur ein Beginn sein kann, ein Beginn hin zu einer Hochschulausbildung für Erzieherinnen und Erzieher, wie sie im europäischen Maßstab längst Usus ist. All unsere Kritik und die des Trägerkreises des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik erfährt sowohl in der Bundesdiskussion als auch in den Erfahrungen vor Ort ihre Bestätigung. Es macht keinen Sinn, Geld zu kürzen und es ist auch nicht so, dass das Geld in den Kommunen nicht fehlen würde. Eltern aber durch höhere Beiträge dafür zu bestrafen, dass sie ihr Kind weiterhin in eine Krippe oder Kita geben und den Kommunen weitere Lasten aufzuerlegen, ist rückwärtsgewandt. Hier möchte ich gern die Bundesfamilienministerin zitieren: „Viele junge Eltern und solche, die es werden wollen, wünschen sich beides, Familie und Beruf. Ein breites und hochwertiges Betreuungsangebot auch für Kleinkinder unter drei Jahren eröffnet ihnen die Chance, beides miteinander zu vereinbaren und unterstützt sie bei der Förderung der Entwicklungspotenziale ihrer Kinder. Die Qualität der Kinderbetreuung spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle. Denn Eltern brauchen die Gewissheit, dass ihre Kinder gut aufgehoben sind. Zudem werden die Weichen für die Bildungskarrieren schon am Anfang gestellt. Sehen Sie doch endlich ein, dass es eine der vornehmsten und wichtigsten Aufgaben des Staats ist, den vorhandenen Bedarf an qualifizierten Krippen- und Kita-Plätzen zur Verfügung zu stellen und es keine kurzsichtigere Entscheidung gibt, als bei den Kindern zu sparen. Sie würden ihre Lernfähigkeit beweisen, wenn Sie die Klage gegen das Volksbegehren zurücknehmen und den Kommunen wieder mehr Geld für Kinder

tageseinrichtungen zur Verfügung stellen würden.

Abschließend möchte ich Ihnen, Herr Minister, einen Poesiespruch mit auf den Weg geben, den ich vor Jahren einem meiner Schüler in sein Album geschrieben habe: „Das sind die Weisen, die einen Irrtum begreifen! Die auf den Irrtum beharren, das sind die Narren!“ Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt Abgeordneter Panse, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, ohne Poesie, aber vielleicht mit Sachlichkeit zu dem Antrag, den Sie vorgelegt haben:

Frau Skibbe und Herr Matschie, Sie haben ja beide zu vielen Sachen gesprochen, aber nicht zu den fünf Punkten des Antrags, den wir lange im Bildungsausschuss diskutiert haben. Zunächst aber zur Überschrift Ihres Antrags. Sie haben Ihren Antrag überschrieben mit den Worten „Kindertageseinrichtungen bedarfsgerecht fördern - Klage zurücknehmen“.

Erstens: Ja, genau das tun wir. Kitas bedarfsgerecht fördern, das tun wir in Thüringen. Das ist gut so und das werden wir weiter tun.

Zweitens: Nein, die Klage wird ganz sicher nicht zurückgenommen werden,

(Beifall CDU)

weil sich die wesentlichen Gründe, die zur Klage geführt haben, nicht geändert haben. Die Landesregierung klagt im Übrigen nicht gegen das Volksbegehren, sondern es geht - um das auch noch einmal klarzustellen - um die Zulässigkeit des Volksbegehrens. Die Landesregierung klagt deswegen, weil sie dazu verpflichtet ist. Das Volksbegehren würde in seinen Auswirkungen nach Auffassung der Landesregierung in den Landeshaushalt in unzulässiger Weise eingreifen, mindestens 40 Mio. €, Sie kennen die Argumente, aber darüber hinaus auch rund 60 Mio. € für die kommunale Seite. Das wird glücklicherweise in den nächsten paar Wochen vor dem Verfassungsgericht zu verhandeln sein und dann werden wir ein Ergebnis haben. Wenn Sie so zuversichtlich sind, Herr Matschie und Frau Skibbe, dann können wir das ja mit relativer Gelassenheit abwarten; die paar Tage werden wir dann sicherlich auch noch schaffen.

Lassen Sie mich aber ein paar Sätze zu Ihren Argumenten sagen. Herr Matschie, Sie haben zwar hier vollmundig, lautstark noch einmal Ihre bekannten Forderungen an dieser Stelle vorgetragen, aber an den Argumenten hat sich auch nichts geändert. Die Argumente sind nicht besser und nicht richtiger geworden. Sie haben hier von 500 Stellenstreichungen in Thüringen gesprochen, die durch nichts zu belegen sind. Ich mache darauf aufmerksam, dass die LIGA eine Umfrage durchgeführt hat über Erzieherinnen-Entlassungen. Da ist aufgelistet worden, wie viele - zumindest von denen, die sich zurückgemeldet und auf diese Umfrage reagiert haben - Erzieherinnen entlassen wurden. Die LIGA sagt, 500 Erzieher-Entlassungen, das kann man zunächst so im Raum stehen lassen. Es ist an keiner Stelle gefragt worden, wo Erzieherinnen neu eingestellt wurden, es ist an keiner Stelle danach gefragt worden, ob Überkapazitäten an Personal dort abgebaut wurden, wo keine Kinder mehr da waren. Aber Sie stellen hier in den Raum - und das haben Sie gerade gesagt -, 500 Stellen wurden gestrichen und das ist ganz sicher nicht so. Die Auswertung dieser Personalzahlen werden wir in den nächsten Monaten noch bekommen. Wir hatten, als wir das Kita-Gesetz verabschiedet haben, durchaus die Landesregierung gebeten, dieses im Blick zu behalten, und wir werden ja im Rahmen der Berichterstattung darüber Auskunft bekommen.

Sie haben darüber hinaus auf die Frage der Entwicklung auf Bundesebene Bezug genommen. Die CDU-Fraktion begrüßt das, was auf Bundesebene entschieden wurde, sowohl in der Frage des Ausbaus der Betreuung, wo sie nämlich notwendig ist, und wir haben im gesamten Bundesgebiet erheblichen Nachholbedarf, als auch insbesondere in der Frage des Bundeselterngeldes und bei Ankündigung, dass es um ein Betreuungsgeld gehen soll. Denn auch das steht in dieser Vereinbarung drin, auch wenn es noch nicht mit Zahlen und dem Zeitpunkt der Einführung untersetzt ist. Dieses Betreuungsgeld, welches wir an dieser Stelle anregen, knüpft nämlich genau an das an, was wir ein Stück weit hier in Thüringen tun mit Landeserziehungsgeld auf der einen Seite und Betreuungsplätzen auf der anderen Seite. Das gibt den Eltern tatsächlich die echte Wahlfreiheit, zu entscheiden, wo und wie sie ihr Kind betreut haben wollen, ob sie selber betreuen wollen und dafür auch entsprechende Unterstützung erhalten - wie wir es in Thüringen tun - oder ob sie ihre Kinder in einer Einrichtung betreuen lassen wollen oder mit einer Tagespflegemutter. Die Entscheidung des Bundes finden wir richtig. Auch finden wir richtig, dass der Bund sagt an dieser Stelle, er beteiligt sich finanziell in dem gebotenen Rahmen. Aber ich weise auch noch mal darauf hin, es ist zunächst ein Aufbauprogramm in den alten Bundesländern. Thüringen übererfüllt bereits zum jetzigen Zeitpunkt die

se Zahlen. Wir sind dankbar für die Unterstützung, wir sind deshalb auch dankbar, weil es auch zur Bestandssicherung der Infrastruktur in diesem Bereich dient, die wir in Thüringen bereits haben.

Sie haben am Ende Ihrer Rede dann ausgeführt, wir brauchen keine Klagen. Da kann man Ihnen ja noch folgen, wir brauchen keine Klagen. Wir brauchen vor allem keine permanenten Klagen von Ihnen hier im Thüringer Landtag darüber, wie schlecht ein System ist, wofür wir bundesweit gerade besonders gute Noten bekommen. Insofern kann ich Sie nur herzlich ermutigen, wenn Sie uns immer wieder hier auffordern, wir mögen Klagen zurückziehen, die wir als CDU-Fraktion ja nicht so gestellt haben, sondern es nur unterstützen, hören Sie erst mal mit dem Klagen auf und öffnen Sie die Augen für die Wirklichkeit, was wir für ein Betreuungssystem in Thüringen haben.

Da bin in bei Frau Kollegin Skibbe. Frau Kollegin Skibbe, Sie haben auch beklagt, dass die Elterngebühren steigen würden. Ich glaube in Greiz - was haben Sie gesagt - von 56 auf um die 90 € rum? Wir können seit Jahren konstatieren, dass das Beitragsaufkommen im Landesdurchschnitt so um die 76 € beträgt und das bei einer durchaus großen Spreizung, bei einer sozialen Staffelung. Ich weiß, dass es Kommunen gibt, die da sehr weit in der Beitragshöhe gehen. Ich weiß, dass es Kommunen gibt, die mit der Beitragshöhe sich immer noch oder schon wieder oder auf dem Weg dorthin nahe null befinden. Es gibt selbstverständlich - und das ist ja seit Jahren schon so - Diskussionen darüber, wann und wie Gebühren in den Kommunen angepasst werden. Da sehe ich ja ein völlig unterschiedliches Bild. Es gibt Kommunen, die wollen mehr, es gibt Kommunen, die wollen weniger, es gibt Kommunen, die können sich mehr leisten und es gibt Kommunen, die wollen sich mehr leisten. Wenn das bei Ihnen jetzt auf ca. 90 € angehoben ist, dass immer noch bei einer sozialen Staffelung mit Kostenübernahmen diejenigen, die nämlich keine Gebühren oder kein Einkommen haben, entsprechend auch die Kostenübernahme haben. Ich muss Ihnen sagen, da sind sie nicht weit vom Landesdurchschnitt weg. Sie waren aber mit den ca. 50 € deutlich unter dem Landesdurchschnitt. Das gehört zur Ehrlichkeit hier an dieser Stelle dann dazu.

Ein weiterer Punkt noch - darin pflichte ich Ihnen bei -, ist die Frage, wie sich die Inanspruchnahme von Betreuungsplätzen im Rahmen des Bundeselterngeldes entwickeln wird. Da bin ich durchaus sehr offen für eine Diskussion. Wir haben im Ausschuss darüber gesprochen. Sie haben die Zahlen skizziert, wie viele Eltern die 12 bzw. 14 Monate Bundeselterngeld in Anspruch nehmen. Ich hatte das in der Vergangenheit schon mal deutlich gemacht am Verhältnis Landeserziehungsgeld/Bundeserziehungs

geld. Auch ich glaube, dass vermutlich mehr Eltern einen Betreuungsplatz nachfragen werden. Aber da kommen wir beim Punkt 1 dieses Antrags dazu, wer dann tatsächlich für die Bedarfsplanung und die Bereitstellung dieser Plätze zuständig ist. Das ist auch jetzt schon klar geregelt, wenn sie Menschen haben, die kurzfristig in Arbeit gelangen können, Hartz-IVEmpfänger beispielsweise, muss die Kommune sofort und über Nacht einen Betreuungsplatz zur Verfügung stellen.

Wir haben mal versucht, die Zahlen hochzurechnen und dabei festgestellt im Ausschuss, das sagt ja auch der aktualisierte Bericht, das ist gar nicht so einfach. Man kann es nicht daraus ableiten, wie viele Bundeselterngeld für 12 oder 14 Monate in Anspruch nehmen. Derzeit sind es etwa über 80 Prozent der Eltern, die für 12 oder 14 Monate das Bundeselterngeld in Anspruch nehmen. Wir müssen uns aber als Zweites - und das wissen Sie auch, weil Sie dazu eine Kleine Anfrage gestellt haben - dann die Zahlen ansehen, in welcher Höhe und in welchem Verhältnis nehmen Eltern Bundeselterngeld in Anspruch. Rund 55 Prozent der Eltern bekommen in Thüringen derzeit das Bundeselterngeld nur in der Mindesthöhe von 300 €. Das bedeutet, dass rund 55 Prozent der Eltern nicht erwerbstätig waren oder der Mütter zumindest, die das Bundeselterngeld in Anspruch nehmen. Die waren vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig. Da kann man über Ursachen diskutieren, über Fragen, aber man muss auf der anderen Seite dazu die Zahl nehmen. Rund 45 Prozent der Eltern oder der Mütter waren wie auch immer erwerbstätig vorher, und es ist möglich, dass einige, viele von ihnen auch wieder erwerbstätig sein wollen. Genau an dieser Stelle werden wir den Bedarf an Betreuungsplätzen für die Ein- bis Zweijährigen sehr aufmerksam im Blick behalten.

Ein letzter Punkt vielleicht zu Ihrer Aussage noch. Sie haben über gute Bildung ohne Zwang gesprochen. Da pflichte ich Ihnen bei. Bildung muss gut sein. Der Zwang aber, den wir in Kindertagesstätten an dieser Stelle ausüben, muss sich auch in einem vertretbaren Rahmen halten. Das passt aber überhaupt nicht zu dem Antrag, den Sie uns gestern vorgelegt haben. Gestern haben Sie noch ein verpflichtendes Vorschuljahr gefordert. Das ist zweifellos Zwang. Das ist zweifellos der Weg zu einer Kindergartenpflicht, die wir als CDU-Fraktion sicherlich nicht so tragen.

Aber zum Antrag zurück: Zum Antrag noch mal zu den einzelnen fünf Punkten, über die wir auch die Gelegenheit hatten, im Ausschuss zu diskutieren.

Zum Ersten - und das findet sich bei allen fünf Punkten wieder - findet sich genauso die Antwort auf Ihren Antrag im Kita-Gesetz wie bei den weiteren

vier Punkten. In § 17 des Thüringer Kindertagesstättengesetzes ist zu dem Bedarf an Plätzen in Kindertageseinrichtungen ganz klar geregelt, wer dafür zuständig ist. Nach § 17 ist es eine kommunale Aufgabe. Dort wird und muss möglicherweise dann auch ein wie auch immer steigender Bedarf berücksichtigt werden. Das geschieht in hoher Verantwortung. Da sitzen die Kollegen in den kommunalen Jugendhilfeausschüssen, in den Gemeinderäten, Stadträten, Kreistagen zusammen und reden über diese Bedarfsplanung. Das ist richtig. Das ist in § 17 klar zugewiesen, wer dafür zuständig ist. Insofern passt das natürlich nicht dazu, dass das Land jetzt in diese Bedarfsplanung hereingenommen werden soll. Das können und werden wir nicht tun. Wir haben es im Kita-Gesetz auch anders geregelt. Im Übrigen muss ich darauf hinweisen, wir haben, was die derzeitige Geburtenentwicklung angeht, immer noch einen sehr stark schwankenden Rahmen. Ich freue mich darüber, dass mehr Kinder geboren werden, aber wir befinden uns in einer Pendelbewegung, wenn man sich die Vergleichsjahre 2005/2006/2007 anschaut, ist noch gar nicht so sicher, ob - was wünschenswert wäre - so viele Kinder mehr geboren werden.

Wir müssen uns gleichzeitig auch mal vor Augen führen, welche Betreuungskapazitäten wir derzeit haben. Am 20. Juni gab es dazu viel in der Presse zu lesen, ich lese mal eine Überschrift vor, da stand: „Thüringen bei Ganztagsbetreuung Spitze - nirgendwo in der Bundesrepublik gibt es so viele Angebote für unter 6-Jährige“. Nirgends so viele Angebote wie in Thüringen! Ich will das auch an Zahlen deutlich machen. Wir haben in Thüringen derzeit für die 0- bis 1-Jährigen 2,6 Prozent Angebote, das sind diejenigen, die auch tatsächlich einen Krippenplatz in diesem Alter benötigen, so viel auch zu Ihrer Frage eines möglichen Rechtsanspruchs vielleicht ab der Geburt. Ich weiß ja nicht, ob Sie da noch weitergehen wollen in den Forderungen, aber ich halte das schon für sehr kritisch, zu hinterfragen.

27,9 Prozent der 1- bis 2-Jährigen nutzen derzeit einen Betreuungsplatz. 27,9 Prozent nutzen einen Betreuungsplatz für einen Anspruch, der de facto ja besteht, wir haben das im Kita-Gesetz geregelt. Also insofern ist die Forderung, die da noch an einem späteren Punkt kommt, durchaus auch zu hinterfragen.

Bei den 2- bis 3-Jährigen sind wir bei 80 Prozent der Inanspruchnahme, das war vor der Einführung des Landeserziehungsgeldes und der Absenkung des Rechtsanspruchs auf zwei Jahre und das ist jetzt noch so, da hat sich nichts geändert. Im Wesentlichen war das also ganz großer Klamauk, was Sie da im letzten Jahr hier aufgeführt haben und uns „Herdprämie“ und andere Sachen vorgeworfen

haben. Es war definitiv nicht so, und ich bin froh darüber.

Dann geht es weiter bei den 3-Jährigen bis Schuleintritt, da sind es in Thüringen rund 95 Prozent, so viele - wie ich es eben gerade gesagt habe - wie nirgendwo in der Bundesrepublik. Ich glaube nicht, dass sich diese Zahl wesentlich steigern lässt. Ich glaube, vor dem Hintergrund einer Wahlfreiheit der Eltern ist es in der Tat auch angemessen zu sagen, diese letzte Entscheidung überlassen wir tatsächlich auch den Eltern und werden die Eltern nicht zwingen und vielleicht Ihren Intentionen folgen, Kinder dann um jeden Preis in eine Einrichtung zu bringen.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Jung zu?

Am Ende meiner Rede sehr gern.

Zusammenfassend: Wir haben bei den unter 2-Jährigen mit derzeit 36,8 Prozent eine Quote, die deutlich über der Bundeszielbeschreibung des Jahres 2013 liegt. Herr Matschie, Sie haben das zitiert, 2013. Bundesweit werden 455.000 Plätze benötigt, um auf dieses Bundesziel zu kommen, aber wir liegen in Thüringer über dieser Quote, das ist gut, das ist richtig so. Das muss man anerkennend und deutlich sagen.

Kommen wir zu einem weiteren Punkt: Wenn wir über Ihren Antrag reden, über den Antrag des zusätzlichen Fachkräfte- und Qualitätsbedarfs, den Sie in Punkt 2 erfragen, § 15 des Thüringer Kita-Gesetzes ist auch da sehr eindeutig, was nämlich die Frage von Fortbildung, Weiterbildung und Qualifizierung angeht. Da steht drin, das ist eine Aufgabe für das Land, für die Kommunen und für den Träger. Das ist richtig. Das haben wir im Ausschuss deutlich gemacht, der Bericht ging ja darauf auch ein. Wir sind selbstverständlich auch, was den Bildungsplan angeht, momentan in einer Erprobungsphase. Wir können nicht abschließend sagen, ob und welcher zusätzliche Fachbedarf sich daraus ergeben wird. Wir werden aber selbstverständlich aufmerksam im Auge behalten, wie die qualitative Umsetzung des Bildungsplans, den wir alle wollen - das habe ich auch von Ihnen gerade gehört - sich tatsächlich gestaltet.

Zu Punkt 3 - Rechtsanspruch ab einem Jahr: Ich weise darauf hin, wir haben gemäß § 2 des Kita-Gesetzes in Absatz 1 de facto einen Rechtsanspruch. Eltern, die einen Betreuungsplatz brauchen, erhalten einen Betreuungsplatz, das ist definiert. Es gibt diese von Ihnen unterstellte Betreuungslücke, die

Sie ja dann in der Antragsbegründung schreiben, nicht, weil auch für Kinder unterhalb des gesetzlichen Rechtsanspruchs - und das ist in Thüringen unterhalb von zwei Jahren - Plätze zur Verfügung gestellt werden. Sie wissen, das muss die Kommune in einer Betreuungseinrichtung oder in Tagespflege tun.

Jetzt kommen wir zum vierten Punkt, und da wird es ja ganz schwierig. Zum Ersten: Das, was Sie fordern, passt selbstverständlich nicht mit dem Thüringer Kita-Gesetz zusammen, das haben wir, glaube ich, auch im Ausschuss schon mal erläutert. Im Thüringer Kita-Gesetz steht eben genau nicht drin, dass die entsprechenden Plätze nach prognostizierten Bedarfen gefördert werden, sondern wir fördern danach, was tatsächlich an Plätzen in Anspruch genommen wird. Wir fördern auch nicht mehr - wie in der Vergangenheit - nach Gruppengrößen, wir fördern auch nicht mehr danach, was es an Sonderbedingungen gibt, sondern wir haben eine Pro-Kopf- bzw. Pro-KindFörderung, das ist richtig. Wir haben damals bewusst auch in diesem Bereich umgesteuert. Und es gibt auch keine starre Prozentquote. Auch für die Kinder unter zwei Jahren fördern wir nicht nach einer starr vorgegebenen Prozentquote. Ich denke, Sie entsinnen sich, als wir damals das Gesetz gemacht haben, haben wir sehr wohl darauf gedrängt, als wir gesagt haben, die 100 €, die das Land an Unterstützung für die Kinder unter 2 Jahren bezahlt, werden nach der Anzahl der in Anspruch genommenen Plätze bezahlt, nicht danach, wie viel momentan gerade hingehen oder wie viele wir vielleicht im nächsten Jahr erwarten, sondern wie viele tatsächlich hingehen. Das ist gut und richtig. Das ist in § 14 des Kita-Gesetzes als Personalausstattung ganz klar geregelt. Es geht nicht um eine Personalbedarfsfinanzierung, sondern es geht um eine platz-kindbezogene Förderung, wie wir sie in Thüringen für die tatsächlich belegten Plätze tun.

Ein Weiteres zu Punkt 5. Das ist ja eigentlich das, worum es Ihnen ging. Ihnen ging es ja nicht wirklich darum, eine sachliche Diskussion zu führen, was wir in den letzten Monaten an Entwicklungen erlebt haben, sondern Ihnen ging es eigentlich darum, mal wieder Drive in die Diskussion Volksbegehen zu bringen. Ich erlebe schon, dass vieles zurzeit am Abklingen ist, weil die Eltern merken, die von Ihnen prognostizierten Folgen sind nicht so eingetreten. Sie fordern also, die Klage zurückzuziehen. Nein! Ich habe das vorhin gesagt, die Klage kann und soll nicht zurückgezogen werden, weil die Landesregierung gute Gründe hat, gegen die Zulassung des Volksbegehrens zu klagen wegen 40 Mio. € Mehrbedarf für das Land. Da sind wir ja noch in Diskussionen, von welcher Basis aus das gerechnet wird. Ich weise aber darauf hin - weil Sie das immer so infrage stellen, ob das Mehrbelastungen für die Kommunen bedeutet -,

in der Stadt Erfurt hat es Ihre ehemalige Kollegin, Frau Thierbach exakt ausgerechnet, für die Stadt Erfurt würde die Umsetzung des Volksbegehrens 12 Mio. € Mehrkosten bedeuten - für die Stadt Erfurt allein 12 Mio. €. Das ist nachzulesen in einer Stadtratsanfrage, in der Frau Thierbach das schriftlich einzeln aufgelistet hat, was sich allein aus den Forderungen ergibt. Sie mögen das in Zweifel ziehen, was ich Ihnen sage, aber ich bitte Sie dann sehr herzlich, nehmen Sie das ernst, was Ihre ehemalige Kollegin, unsere ehemalige Kollegin zu Papier gebracht hat.

Wir haben - und auch das führt auf das zurück, was wir in einigen Kommunen erleben - bei den Auswirkungen des Familienfördergesetzes mehr positive als negative Effekte. Wir haben Ordnung ins System gebracht, wir haben eine verlässliche und berechenbare Förderung umgesetzt und wir haben mit dem Landeserziehungsgeld ein Instrument geschaffen für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Wir erleben auch deswegen, dass momentan das Interesse am Volksbegehren durchaus dramatisch zurückgeht. Man merkt das bei jeder der Diskussionsrunden, bei denen vor einem Jahr noch sehr viel Aufregung war, es wird durchaus aus gutem Grund ruhiger.

Ich möchte deswegen, um das vielleicht ein ganz klein wenig zum Schluss zu untermauern, ein Zitat ans Ende stellen. Frau Präsidentin, ich zitiere: „Für den Großteil der Träger bestehen durch die neue Rechtslage bessere Personalausstattungen und damit bessere Bedingungen.“ Wer dies sagt, Herr Matschie, das ist Ihr stellvertretender Parteivorsitzender, Oberbürgermeister der Stadt Erfurt, Andreas Bausewein. Der sagt genau dies gegenüber dem Erfurter Stadtrat, das ist auch nachzulesen. Damit es auch bekräftigt wird, hat er es auch noch von Frau Thierbach unterschreiben lassen. Insofern, wenn Sie uns nicht glauben, glauben Sie bitte denjenigen, die durchaus Beleg dafür sind, dass das, was Sie uns hier als Horrorszenarien an die Wand malen, tatsächlich nicht eingetreten ist, auch nicht eintreten wird. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter, Sie haben die Anfrage von Frau Jung zugelassen. Frau Jung, bitte.

Ich will die Frage zum Erziehungsgeld stellen. Sie haben gesagt, es ist nicht eingetreten, was prognostiziert wurde mit der Herdprämie. Wir sagen, zum Glück ist das nicht eingetreten. Erklären Sie mir doch

einmal, wie Sie jetzt aus der Situation, dass die Eltern das Erziehungsgeld nicht in dem Umfang in Anspruch nehmen, den bürokratischen Aufwand, der damit verbunden ist, vor allen Dingen auch im Hinblick auf das neue Elterngeld der Bundesregierung. Ich will es noch für die, die es nicht wissen, sagen, zwei unterschiedliche Beantragungsstellen. Sehen Sie diesen bürokratischen Aufwand noch als gerechtfertigt an?