Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

(Beifall CDU)

Das Zweite ist: Uns geht es nach wie vor darum, Arbeitsplätze zu schaffen. Ich habe ja gesagt, wie sich das bis jetzt verhält.

Dorferneuerung: Der Ursprung der Dorferneuerung ist, dass die landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche und gärtnerische Substanz in den Dörfern erhalten wird. Dafür ist die Dorferneuerung mal geschaffen worden. Inzwischen ist das ausgeufert. Jeder hat geglaubt, er kann mit der Dorferneuerung alles machen, angefangen von der Kirchenmauer bis hin zum Dorfplatz und Dorfgemeinschaftshaus. Ich habe nichts dagegen, so lange das geht und so lange auch die Finanzierung seitens der Kommunen da ist, soll man das ruhig machen, aber sich dann hinterher zu beklagen, dass sie vielleicht noch gezwungen worden sind, durch die Dorferneuerung zusätzliche Mittel aufzu

nehmen und jetzt in irgendwelche Probleme gekommen sind, das ist wirklich ein starkes Stück.

(Beifall CDU)

Denn es liegt immer noch im Interesse und in Verantwortung der einzelnen Dorfparlamente: das ist auch gut so. Da will der Herr Kuschel nun große Kreise machen, große Zusammenschlüsse machen. Was soll denn das dann werden? Dann kommt nämlich gar keiner mehr an die Mittel der Dorferneuerung, denn dann bestimmen andere darüber unter den gegenwärtigen Bedingungen. Deswegen bin ich froh darüber, dass wir das jetzt mit den Landgemeinden machen, da kann jeder noch seine Stimme auch erheben. Das dazu.

(Beifall CDU)

Erneuerbare Energie: Also mir kommen die Tränen Frau Becker,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Mir auch.)

mir kommen echt die Tränen. Wenn wir nicht gewesen wären, von Anfang an haben wir vertreten, dass die Landwirtschaft neben der Urproduktion von Nahrungsmitteln auch auf dem Energiesektor etwas tun muss. Da haben wir viel Kritik auch von Ihnen bekommen, weil der Landwirt ja kein Energiewirt werden sollte und, und. Wir haben es aber gemacht und liegen jetzt sehr gut. Wir liegen an der Spitze und wir werden das auch durchhalten. Natürlich, Frau Scheringer-Wright, müssen wir aufpassen, dass hier keine Konkurrenz auftritt zwischen der Biomasseproduktion und der Nahrungsgüterproduktion. Da habe ich große Bedenken. Aber das kriegen wir hin, weil wir genügend Möglichkeiten haben, Biomasse zu erzeugen. Die Biomasse und die Gewinnung von regenerativen Energien kann ich weniger in der Stadt machen, das kann ich nur im ländlichen Raum machen. Sie haben eingeklagt, dass den Dörfern nichts passiert. Fahren Sie mal nach Viernau, schauen Sie sich das an, da haben Sie das beste Beispiel dafür, was man alles machen kann und wie man sein Dorf und seine ländliche Region damit ausstattet.

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, DIE LINKE: Da hätte man ein bisschen mehr tun können.)

Das ist mir ganz egal, Hauptsache es wird etwas gemacht, das ist doch das Wichtigste,

(Beifall SPD)

und nicht immer danach zu schauen, welcher Couleur gehört der Bürgermeister an und macht er es dann

richtig oder macht er es falsch. Ich glaube, Herr Kuschel, da sind unsere Kommunen und die Menschen in den Kommunen weiter als wir manchmal glauben.

(Beifall CDU, SPD)

Die entscheiden nach Sachfragen und pochen nicht immer gleich darauf, wenn mal etwas nicht so klappt wie das ist.

Was das Gemeinschaftsforstamt betrifft, liebe Frau Becker, liebe Dagmar Becker, ich weiß nicht, wie oft ich das immer wieder betont und immer wieder gesagt habe. Ich habe das heute absichtlich nicht gemacht, weil ich mir dann sofort mit Sicherheit eingehandelt hätte, jetzt fängt der schon wieder mit dem Gemeinschaftsforstamt an. Wir haben das vertreten, wir haben darum gekämpft, dass wir es noch behalten konnten. Es gibt genügend Stimmen und es gab auch genügend Stimmen, die immer wieder daran rumsägen und das abschaffen wollten. Und Kyrill hat uns gezeigt, dass das unbedingt notwendig und richtig ist, welchen Weg wir gehen. Ich bin froh darüber, dass das alles so gut abgelaufen ist. Ich habe von dieser Stelle bereits den Forstleuten gedankt und werde nicht müde, das den Forstleuten immer wieder zu sagen.

Jetzt haben wir die nächste Schlacht zu schlagen. Die nächste Schlacht, die wir schlagen müssen, ist, dass wir die rund 14.000 ha Flächen, die entstanden sind durch Kyrill und Schneebruch usw., wieder aufforsten können. Das wird uns viel Kraft abverlangen. Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass wir vonseiten der Europäischen Union etwa 9 Mio. € für Infrastrukturmaßnahmen bekommen werden, die wir für die Kyrillschäden einsetzen können, wovon ein Teil an die Kommunen gehen wird und einen Teil werden wir im Staatswald auch brauchen und einsetzen können.

Was die Abwassergeschichte im ländlichen Raum betrifft, Herr Kuschel, da haben hier schon einige etwas dazu gesagt. Ich will mich nicht wiederholen.

Fakt ist eines, die Verbände müssen mal sagen, was sie nun gern hätten. Die dezentralen Anlagen können wir schon lange machen, die wollen wir auch gern machen. Nur wenn der Verband sagt, nein, ich will es nicht - und das ist ja auch Demokratie, wenn die Verbandsversammlung entscheidet, nein, sie wollen das nicht, sie wollen es anders haben -, dann ist das Sache der Verbandsversammlung. Wir haben wieder Rahmenbedingungen geschaffen, dass wir dezentrale Anlagen machen können, und die wollen wir auch unterstützen. Was das Oberflächenwasser betrifft in den ländlichen Gegenden, das ist genau derselbe Punkt. Ich weiß gar nicht mehr, wann

das im Gesetz schon verändert wurde, dass es in den ländlichen Regionen möglich ist, das Oberflächenwasser dort versickern zu lassen. Die müssen nur einen Antrag stellen und der Verband muss zustimmen. Wenn der Verband sagt, nein, ich mache es nicht, ich will es nicht, dann tut es mir furchtbar leid. Wir haben eine Demokratie. Der Verband ist nicht das Land und der Verband und die Verbandsräte sind demokratisch gewählt - Ihr wollt doch immer mehr Demokratie. Dort kann Demokratie gezeigt werden und die wird dort auch gezeigt, nur leider verkehrt und nicht in dem Sinne, wie Sie es gern hätten, das ist bedauerlich.

Frau Becker, zur Hohen Schrecke: Es ist ein bisschen überzogen, was Sie hier gesagt haben. Sie wissen auch ganz genau, wie das alles gelaufen ist. Ich brauche das hier nicht zu sagen. Ich verwahre mich gegen solche Anschuldigungen, die hier gemacht wurden.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Aber wir machen das von Anfang an.)

Die BVVG - das war BVVG-Wald - hat das über die LEG verkauft und es hat lange Gespräche gegeben. Wir haben über kein Waldstück so lange diskutiert und so lange gesprochen und so lange gerungen wie um die Hohe Schrecke. Wenn aber diejenigen, die das gern haben wollten, nicht bereit sind, annähernd an den Kaufpreis, der vorgesehen war, heranzukommen, ich glaube, weder das Land noch der Bund haben irgendetwas zu verschenken.

(Zwischenruf Abg. Kummer, DIE LINKE: Hätten wir es als Land behalten.)

Das gehörte uns ja nicht, mein lieber Herr Kummer, das war dem Bund. Schön wäre es, wenn wir das hätten haben können, auch da hat es Bestrebungen gegeben, aber leider ging das auch nicht.

Nun noch mal als Letztes ein Wort zu Natur und Tourismus, weil hier angemahnt worden ist, wir haben so viel schöne Natur, aber dass die dann zerschnitten wird mit Infrastrukturmaßnahmen, mit der Autobahn, mit der Eisenbahn und was es alles sonst noch gibt. Natur ist schön, aber ich muss auch hinkommen. Wenn ich nicht hinkomme, kommt auch kein Tourist. Ihr glaubt doch nicht, dass einer in den Thüringer Wald fahren würde, wenn nicht die Autobahn da wäre. Was glaubt denn Ihr, was am Hainich oder am Baumkronenpfad los wäre, wenn wir dort nicht einen ordentlichen Parkplatz geschaffen hätten, wenn wir dort nicht ordentliche Zuwege gemacht hätten, dann hätten wir keine halbe Million Besucher in den letzten zwei Jahren gehabt, wie wir sie gegenwärtig haben. Das muss miteinander harmonieren, dafür bin ich. Das muss man miteinander abstimmen. Man darf das nicht überziehen, so wie das jetzt an der Müritz ist.

Ich würde Sie bitten, sich da mal zu informieren, wie das an der Müritz ist. An der Müritz hat man so viele Infrastrukturmaßnahmen gemacht, dass die Naturschutzleute dort sagen, Freunde, jetzt ist es langsam gut, jetzt müssen wir mal überlegen, wie wir das zumachen. Ich denke, das brauchen wir nicht. Wir haben das immer im Einvernehmen miteinander gemacht. Wir haben eher ein bisschen zu wenig gemacht bei der einen oder anderen Sache, die wir dann nachmachen müssen, wo wir dann das eine oder andere noch mal nachziehen müssen. Aber das wollen wir gern tun, wenn es der Sache dient und wenn sich herausstellt, dass das auch gebraucht wird.

So viel noch mal von mir dazu. Sicher sind noch weitere Fragen offen geblieben, aber wir wollen nicht aufhören damit, sondern wir wollen gemeinsam weiter darum ringen, dass der ländliche Raum sich weiter gestalten kann. Ich stehe für den ländlichen Raum, bin meiner Fraktion sehr dankbar, dass sie sich mit dafür eingesetzt hat, dass wir auch im ländlichen Raum weiterkommen.

Als Letztes, weil ich das gerade lese, Radwege: Sicher könnte man noch eine ganze Menge Radwege mehr machen. Ich wünschte mir auch noch viel mehr Radwege. Nur die Frage ist dann immer - da geht es nämlich schon wieder los -, wie mache ich denn die Radwege. Mache ich einen Sandradweg, der beim nächsten Regenguss wieder übersät ist mit Schlaglöchern, oder mache ich ein bisschen was Festeres mit einer kleinen Asphaltdecke drauf, was dann auch ein bisschen länger hält. Die kann auch reißen, das ist richtig, aber sie hält ein bisschen länger. Das ist immer wieder das Problem, das ansteht, und darum wird gerungen. Aber ich denke mal, wir sind auf einem guten Weg. Wir haben eine ganze Menge in dieser Richtung gemacht, weil wir gesagt haben, ländlicher Wegebau plus Radwegebau können wir miteinander kombinieren, können wir miteinander machen. Das machen wir auch, hoffen wir, dass wir noch sehr lange diesen Fördertatbestand „ländlicher Wegebau“ und „forstwirtschaftlicher Wegebau“ haben. Das brauchen wir nämlich noch. Aber da gibt es eine ganze Reihe Kräfte, die dagegen sind. Ich werde das wieder im Dezember zu den Planungsgesprächen, wenn es um die Förderung für die GA geht, hören, wie das ist. Das ist noch ein Punkt, aber daran werden wir festhalten, weil ich glaube, wir brauchen das. Und Thüringen stellt sich gut dazu, auch in den Städten. Wenn wir das in den Städten bei Neuplanung der Straßen auch so machen würden, dass dann auch Radwege sind und nicht so, wie ich es jetzt wieder in Weimar erlebe, dass man nur den alten erneuert und keinen Radweg mit vorsieht, das bringt uns nicht weiter. Hier ist ganz einfach auch ein Umdenken notwendig. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Es gibt keine weiteren Redewünsche, so dass ich die Aussprache zur Regierungserklärung schließen kann und damit den Tagesordnungspunkt 1.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf

Thüringer Gesetz zur Änderung des Dienstrechts Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/2950 - dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 4/3420 - ZWEITE BERATUNG

Frau Abgeordnete Stauche aus dem Innenausschuss erhält das Wort zur Berichterstattung.

Sehr verehrte Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, verehrte Besucher, in der Plenarberatung am 04.05.07 ist uns der Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/2950 in erster Beratung vorgelegt worden. Dort erfolgte dann die Überweisung an den Innenausschuss. Die Beratung am 01.06. im Innenausschuss stimmte einer schriftlichen Anhörung zu. Die Vorlagen 4/1510, 4/1553 und 4/1555 aus allen drei Fraktionen mit sechs Anzuhörenden wurden einstimmig beschlossen. Die Anhörung wurde bis zum 27. Juli 2007 festgelegt. Die nächste Beratung darüber war am 06.07.2007. Es wurde in diesem Ausschuss festgestellt, dass die schriftlichen Anhörungen zu kurzfristig eingegangen waren und man beschloss einvernehmlich, die Beratung am 05.10.07 fortzusetzen. Am 05.10.07 wurde dann die abschließende Beratung durchgeführt. Nach der abschließenden Beratung wurde dem Antrag der CDU-Fraktion in Vorlage 4/1736 mit einer Enthaltung zugestimmt. Daraufhin beschloss der Innenausschuss, dem Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/2915 in der durch den Änderungsantrag der CDU-Fraktion in Vorlage 4/1736 geänderten Form mit einzelnen Enthaltungen zuzustimmen und dem Plenum zu empfehlen, dem Gesetz zuzustimmen. Danke.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE rufe ich den Abgeordneten Hauboldt auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, endlich ein wichtiges Thema hier im Plenarsaal, das Dienstrecht für Beamte und Angestellte. Herr Kollege, ich weiß nicht, was da jetzt so amüsant ist.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD:... des ländlichen Raums.)

Ich denke, wir sollten uns an dieser Stelle noch mal zu den inhaltlichen Fragen äußern. Meine Damen und Herren, die Änderungen im Dienstrecht scheinen ja auf den ersten Blick eine notwendige Anpassung an bisheriges Dienstrecht auf Basis von Bundesverwaltungsgerichtsurteilen zu sein, aber wie immer, der Teufel steckt im Detail und darauf möchte ich hier in der Debatte noch mal aufmerksam machen. Im Vorblatt des hier zur abschließenden Beratung vorliegenden Gesetzentwurfs wird auf zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2004 verwiesen. Kernpunkt dieser beiden Urteile sind die Kriterien für den Beihilfeanspruch. Insbesondere der Kreis der Anspruchsberechtigten und der Umfang des Anspruchs müssen vom zuständigen Gesetzgeber geregelt werden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob dieser Gesetzgeber der Bundesebene oder eben einem Bundesland zuzuordnen ist. Die Beihilfe als existenzielle Absicherung im Krankheitsfall soll in ihrer Ausgestaltung - und das betone ich hier noch mal ganz deutlich - nicht der Exekutive, also sozusagen zur mehr oder weniger freien Verfügung überlassen werden. Deshalb hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2004 geurteilt, die entscheidenden Regelungen über die Beihilfe müssen in das Gesetz. So weit, so gut, immerhin soll nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf den Forderungen des Bundesverwaltungsgerichts nachgekommen werden. Nur wenn man sieht, wie sehr diese beiden Urteile Wert auf die Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers über die Beihilferegelung legen, ist zumindest ein Punkt des vorliegenden Gesetzentwurfs aus unserer Sicht problematisch. Ich meine, die Rechtsverordnungsermächtigung des § 87 Abs. 6, und zwar vor allem in der Fassung der Beschlussempfehlung. Durch diese Form der Rechtsverordnungsermächtigung wird nach Ansicht meiner Fraktion der Exekutive ein zu großer Gestaltungsspielraum bei Bestimmung des Leistungsumfangs eingeräumt. Die Exekutive kann dort im konkreten Fall sogar Leistungsausschlüsse festlegen.

Mit dem Vertrauen in die Landesregierung, meine Damen und Herren - wir haben es vorhin gehört, auch im Innenausschuss haben wir die eine oder andere Passage zu dieser Frage vernommen -, ist es eben so eine Sache. Selbst in der CDU-Fraktion

gibt es diesbezüglich auch schon kritische Töne zu vernehmen. Ich gebe zu, in der Diskussion im Innenausschuss hat der Kollege - er ist jetzt nicht im Raum - Fiedler von der CDU-Fraktion durchaus eine Brücke gebaut, indem er im Namen der CDU-Fraktion die Zustimmung der zuständigen Ausschüsse des Landtags gefordert hat. Ich war persönlich - meine Kollegen sicherlich auch - anfangs geneigt, über diese Brücke zu gehen, doch im Nachhinein stellte sich heraus, dass das Bauwerk zu brüchig ist. Nach nochmaliger intensiver Betrachtung und Wertung der Sachlage, auch mit Rücksprache der Betroffenen, der Gewerkschaften, der zuständigen Verbände, zeigen sich doch erhebliche Bedenken gegen die vorgeschlagene Verfahrensweise, auf die ich später in meinem Beitrag noch einmal zurückkommen möchte.

Mit Blick auf die Notwendigkeit der Regelung durch die Gesetzgeber selbst, wenn auch konkret auf die Höhe der Kostenbeteiligung bezogen, heißt es im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2004, Frau Präsidentin, ich darf zitieren: „Anderenfalls hätte es die Exekutive in der Hand, das Maß der von den Beamten erwarteten Beteiligung an den Kosten der medizinischen und pflegerischen Versorgung festzulegen und dadurch das mit der gesetzlich festgelegten Besoldung und Versorgung erreichte Niveau unter Ausschluss des parlamentarischen Gesetzgebers in beachtlichem Umfang abzusenken.“ Nach Ansicht meiner Fraktion passt diese Aussage des Urteils nicht nur auf die direkte Kostenbeteiligung, sondern z.B. auch auf den teilweisen oder vollständigen Ausschluss von Leistungen aus dem Leistungskatalog der Beihilfe. Denn auch in diesem Fall wird der Beamte darauf verwiesen, medizinische Leistungen im Krankheitsfall letztendlich selbst zu finanzieren. Nun werden Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung und der CDU-Fraktion, vielleicht sagen, aber die Kritik bezieht sich doch auf die Beihilferegelung in Form von Verwaltungsvorschriften, das wird doch letztendlich durch eine Verordnung geregelt. Doch dieser Einwand geht unseres Erachtens, wie gesagt, am Kern vorbei. Das Bundesverwaltungsgericht kritisiert nur mittelbar die Form als Verwaltungsvorschrift. Kern der Kritik des Gerichts ist: Die Exekutive hat im Verhältnis zum Parlamentsgesetzgeber zu viel Spielraum. Diese Kritik bleibt auch bei einer Rechtsverordnung bestehen. Bei Rechtsetzung im Weg der Verordnung hat nun ebenfalls die Exekutive hier im Verhältnis zum Parlamentsgesetzgeber aus unserer Sicht zu viel Gestaltungsspielraum. Daran kann auch der Zustimmungsvorbehalt in dem Änderungsvorschlag in den Beschlussempfehlungen, die ich kurz erwähnt hatte, nichts verschönern. Denn der Ausschuss kann dann im Rahmen der Beratung zur vorgelegten Verordnung letztendlich nur Ja oder Nein sagen, aber nicht tatsächlich wirksam und eigenständig den Inhalt gestalten. Daher ist nach meiner Meinung und nach

Meinung meiner Fraktion nach nochmaliger reiflicher Überlegung die Beschlussempfehlung abzulehnen.

Gemessen am Maßstab bzw. geforderten Optimum des Bundesverwaltungsgerichts ist die Rechtsverordnungsermächtigung in der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs zumindest in Punkt 2 - Art und Umfang von Eigenbehalt - immer noch problematisch. Daran ändert auch der vermeintliche gesetzgeberische Lichtblick nichts, indem dem Verordnungsgeber, anders als im Vorschlag der Beschlussempfehlung, bestimmte Kriterien für die Bestimmung der Eigenbehalte an die Hand gegeben werden, wie z.B. Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte. Wenn Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung und der CDU-Fraktion, eine solche Regelung unter den Rahmenbedingungen schon wollen, ist im Übrigen eines dringend geboten: Über die Anwendung dieser und der übrigen Beihilfevorschriften muss nach deren Inkrafttreten eine Art Monitoring bzw. Verfahren der Gesetzesfolgenabschätzung stattfinden. Sollte sich herausstellen, dass nach den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts bei der praktischen Anwendung der Vorschriften die Verwaltung zu viel Gestaltungsspielraum hat, insbesondere zulasten der Leistungsempfänger, sollten die Beihilferegelungen unbedingt nachgebessert werden, insbesondere hin zu einer - ich sage einmal - Rückverlagerung von Regelungsinhalten auf die gesetzliche Ebene.

Meine Fraktion begrüßt es grundsätzlich, dass nun Forderungen der Rechtsprechung zugunsten von Leistungsberechtigten im Krankheitsfall in Thüringer Landesrecht umgesetzt werden sollen. Wir haben aber hinsichtlich der Hintertür - so meine Formulierung - einer Rechtsverordnungsermächtigung doch größere Bedenken, denn diese Hintertür macht die Einschränkung des Leistungsanspruchs für den konkreten Fall doch wieder möglich, so dass das im Gesetzentwurf benannte Regelungsziel - Umsetzung der Urteile - praktisch wieder zunichte gemacht wird. Schon deshalb können wir als Linksfraktion dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Nun fragen Sie, meine Damen und Herren, sicherlich auch: Kann die Ausgestaltung einer Rechtsverordnungsermächtigung eine so große Bedeutung haben? Ich sage, ja, das kann sie in bestimmten Fällen. Dass wir uns hier als Linksfraktion mit unserer Kritik und ihrer politischen Gewichtung keineswegs sozusagen in exotischen Gefilden befinden, zeigen auch, und darauf will ich kurz verweisen, die Zuschriften zur schriftlichen Anhörung im Innenausschuss. Dort wurde zum Beispiel, insbesondere vom DGB und dem Beamtenbund, die Ausgestaltung des § 87 Abs. 5 kritisiert, weil er zu einer unnötigen und unberechenbaren finanziellen Belastung der Versicherten führen wird. Die Ausgestaltung der Rechtsverordnungsermächtigung kritisieren der DGB Thürin

gen und der Beamtenbund wie folgt: Der Beihilfeberechtigte könne Art und Umfang der ihm zustehenden Leistungen aus dem Gesetz erkennen, Rechtssicherheit ist nicht gegeben. So der Inhalt.

Meine Damen und Herren, der DGB äußert zu § 87 Abs. 6, auch hier kurz benannt: Die Schaffung einer solchen Verwaltungsvorschrift - gemeint ist die Rechtsverordnung - könnte zu den gleichen Problemen führen, wie sie auch in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts angegriffen wurden. Diese deutliche Kritik bezieht sich, wie gesagt, auf die ursprünglich schwächere Form der Rechtsverordnungsvorschrift. Die Hintertür des § 87 Abs. 6 lässt also nach Ansicht der Anzuhörenden und auch nach Ansicht meiner Fraktion den von der Landesregierung postulierten Gesetzeszweck in entscheidenden Punkten ins Leere laufen. Entgegen der Forderung des Bundesverwaltungsgerichts wird der Exekutive erneut ein entscheidender, vom Parlament faktisch unbeeinflussbarer Entscheidungsspielraum über die Ausgestaltung des Leistungsanspruchs der betroffenen Beamten und Bürger eingeräumt. Nun werden Sie vielleicht sagen - ja, aber die Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte bei der Leistungsgewährung gibt es doch zum Beispiel auch im Krankenversicherungsrecht des Sozialgesetzbuches V. Die im vorliegenden Gesetzentwurf gewählten Begrifflichkeiten sind mit dem fast identisch. Das stimmt, aber im Großen und Ganzen als gesetzliche Bestimmung, wenn auch mit Nachbesserungsbedarf. Es bleibt also auch zu hoffen, dass vergleichbare Kommentierungen der Rechtsprechung, z.B. zum SGB V, auch zur Auslegung dieser Thüringer Beihilferegelung herangezogen werden.