Protokoll der Sitzung vom 27.02.2008

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 27

Wahl des Vizepräsidenten des Thüringer Rechnungshofs Wahlvorschlag der Landesre- gierung - Drucksache 4/3846 -

Die Amtszeit des Vizepräsidenten des Thüringer Rechnungshofs, Herrn Dr. Peter Gundermann, endet demnächst. Eine Wiederwahl ist laut Gesetz ausgeschlossen. Der Landtag wählt den Vizepräsidenten des Rechnungshofs gemäß Artikel 103 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Rechnungshofsgesetzes mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder, also 59 Stimmen, ohne Aussprache für 12 Jahre. Dazu liegt Ihnen der Wahlvorschlag der Landesre

gierung in Drucksache 4/3846 vor. Vorgeschlagen wurde Herr Abgeordneter Dr. Werner Pidde.

Das Rechnungshofsgesetz schreibt keine geheime Wahl vor. Daher gelten die Regelungen unserer Geschäftsordnung. Gemäß § 46 Abs. 2 der Geschäftsordnung kann bei Wahlen durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Mitglied des Landtags widerspricht. Gibt es Widerspruch? Es gibt Widerspruch von der Fraktion DIE LINKE. Dann findet eine geheime Wahl statt und dazu wird wie folgt verfahren. Ihnen wird ein Stimmzettel ausgehändigt, auf dem der Wahlvorschlag der Landesregierung vermerkt ist. Sie haben wieder Ihr Kreuzchen zu machen bei Ja, Nein oder Enthaltung. Jeder Abgeordnete hat eine Stimme. Ich berufe als Wahlhelfer wiederum die Abgeordneten Berninger, Eckardt und Holbe. Ich eröffne die Wahlhandlung und bitte die Schriftführer, die Namen zu verlesen.

Dieter Althaus, Matthias Bärwolff, Rolf Baumann, Dagmar Becker, Gustav Bergemann, Sabine Berninger, André Blechschmidt, Werner Buse, Christian Carius, Birgit Diezel, Sabine Doht, Monika Döllstedt, Hans-Jürgen Döring, David-Christian Eckardt, Antje Ehrlich-Strathausen, Volker Emde, Petra Enders, Wolfgang Fiedler, Dr. Ruth Fuchs, Heiko Gentzel, Michael Gerstenberger, Prof. Dr. Jens Goebel, Manfred Grob, Evelin Groß, Günter Grüner, Christian Gumprecht, Gerhard Günther, Dr. Roland Hahnemann, Ralf Hauboldt, Dieter Hausold, Susanne Hennig, Michael Heym, Uwe Höhn, Gudrun Holbe, Mike Huster, Siegfried Jaschke, Margit Jung, Ralf Kalich, Dr. Karin Kaschuba, Dr. Birgit Klaubert, Christian Köckert, Eckehard Kölbel, Dr. Michael Krapp, Dr. Peter Krause,

Horst Krauße, Thomas Kretschmer, Klaus von der Krone, Jörg Kubitzki, Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, Annette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht, Christoph Matschie, Beate Meißner, Mike Mohring, Maik Nothnagel, Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, Walter Pilger, Egon Primas, Michaele Reimann, Jürgen Reinholz, Dr. Johanna Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schubert, Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun Sedlacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Sklenar, Andreas Sonntag, Carola Stauche, Christina Tasch, Heike Taubert, Andreas Trautvetter, Elisabeth Wackernagel, Marion Walsmann, Wolfgang Wehner, Siegfried Wetzel, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh, Katja Wolf.

Hatte jeder die Möglichkeit seine Stimme abzugeben? Noch nicht. Haben jetzt alle ihre Stimme abgegeben? Das ist offensichtlich der Fall. Dann schließe ich die Wahlhandlung und bitte um Auszählung der Stimmen.

Ich gebe das Ergebnis der Wahl bekannt. Es wurden 87 Stimmzettel abgegeben, 1 Stimmzettel war ungültig. Es sind 56 Jastimmen, 28 Neinstimmen, 2 Enthaltungen. Damit ist die Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Landtags nicht erreicht und die Wahl ist nicht erfolgt. Ich bitte um eine Auszeit und bitte die Parlamentarischen Geschäftsführer zu mir.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, wir sind übereingekommen, dass der Wahlvorgang wiederholt wird. Die Landesregierung bleibt bei ihrem Vorschlag. Wir werden den Wahlvorgang morgen zu Beginn der Plenarsitzung durchführen, also vor der Regierungserklärung. Gibt es Widerspruch dazu? Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 25

Mitgliedschaft von Mitgliedern der Landesregierung in Auf- sichtsräten auf Erwerb gerich- teter Unternehmen hier: Zustimmung des Landtags gemäß Artikel 72 Abs. 2 der Ver- fassung des Freistaats Thüringen Antrag der Landesregierung - Drucksache 4/3827 -

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Die Parlamentarischen Geschäftsführer sind übereingekommen, dass wir diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache durchführen.

Damit kommen wir direkt zur Abstimmung. Wir stimmen über den Antrag der Landesregierung in Drucksache 4/3827 ab. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? 2 Stimmenthaltungen. Keine Gegenstimme. Damit ist diesem Antrag mit großer Mehrheit zugestimmt.

Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 2

Thüringer Gesetz zur Vorberei- tung der Neustrukturierung der Polizei Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/2943 -

dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 4/3840 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/3859 - ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat Frau Abgeordnete Taubert aus dem Innenausschuss zur Berichterstattung. Bitte, Frau Abgeordnete Taubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, der Innenausschuss hat durch Beschluss des Landtags vom 3. Mai 2007 den Gesetzentwurf „Thüringer Gesetz zur Vorbereitung der Neustrukturierung der Polizei“ erhalten und beraten. Der Innenausschuss hat diesen Gesetzentwurf in seiner 44. Sitzung am 6. Juli 2007, in seiner 47. Sitzung am 5. Oktober 2007, in seiner 49. Sitzung am 9. November 2007, in seiner 50. Sitzung am 7. Dezember 2007, in der 51. Sitzung am 18. Januar 2008 und in seiner 53. Sitzung am 20. Februar 2008 beraten und analysiert.

Als besondere Problematik erwies sich insbesondere die Auslegung des 2. Satzes des Artikels 90 der Thüringer Verfassung, zu der insgesamt drei Gutachten erstellt und diskutiert wurden. Die unterschiedliche Auffassung zu diesen Sachverhalten besteht fort und hat nicht zu Änderungen am Gesetzentwurf der Landesregierung geführt. In seiner 46. Sitzung am 14. September 2007 und in seiner 49. Sitzung am 9. November 2007 hat der Innenausschuss mündliche Anhörungen zu dem Gesetzentwurf durchgeführt. Die zweite Anhörung war nötig, weil der Innenminister in der ersten Anhörung nicht auf alle Fragen antworten konnte und der Antwortenkatalog der Landesregierung erst verspätet vorgelegt wurde.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 49. Sitzung am 21. Februar 2008 beraten und empfohlen, diesen anzunehmen. Als Ergebnis der Beratungen im Innenausschuss ergeht demnach folgende Beschlussempfehlung: Der Gesetzentwurf wird angenommen. Dies geschah mit den Stimmen der CDU-Fraktion gegen die beiden Fraktionen DIE LINKE und die SPD. Danke.

Wünscht die CDU-Fraktion das Wort zur Begründung des Entschließungsantrags? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Als erster Redner hat das Wort Abgeordneter Dr. Hahnemann, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist nicht wenige Wochen her, da haben CDU-Innenpolitiker in Aussicht gestellt, dass der Gesetzentwurf den Landtag nicht unverändert passieren würde. Wir haben beraten und beraten und befragt und angehört. Was am Ende herauskommt, ist, der Gesetzentwurf bleibt als Paket unverändert, er bekommt ein Schmuckbändchen namens Entschließungsantrag, ansonsten bleibt alles so wie von der Regierung vorgeschlagen.

Wir haben eine ganze Menge Zeit verloren, denn das Ergebnis, was wir jetzt haben, hätten wir vor ca. einem Dreivierteljahr schon haben können. Aber das wundert nicht in einer Zeit, wo Politikerinnen und Politiker im Zusammenhang mit Wahlen die Bevölkerung, insbesondere ihre eigenen Wählerinnen und Wähler, belügen und betrügen.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das ist eine Schweinerei, was Sie sagen!)

Das finde ich auch, Frau Groß, dass das eine Schweinerei ist.

(Beifall DIE LINKE)

Entgegen den Beteuerungen der CDU-Mitglieder im Ausschuss und vor allem entgegen den Versprechungen gegenüber den Fachverbänden und Interessenvertretungen hatte die Mehrheitsfraktion im Landtag anscheinend doch nicht den Mut, gegenüber der Vorlage des Innenministeriums Verbesserungen durchzusetzen. Die Beratung im Innenausschuss war weder ergebnisoffen noch ehrlich. Das parlamentarische Verfahren zu OPTOPOL hätte vor Monaten bereits beendet werden können. Die erneute Anhörung der Gewerkschaften stellt sich jetzt als eine Farce heraus.

(Beifall DIE LINKE)

Sie haben den Sachverständigen vorgegaukelt, im Interesse der Beschäftigten auch mal die Parteiräson fahren zu lassen - Pustekuchen, das war ein Trugschluss.

Die Debatte um den vorliegenden Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, wurde zu Recht immer als eine Debatte um OPTOPOL verstanden. Also möchte ich zum Gesetzentwurf nur zwei Bemerkungen machen:

Erstens zum kooperativen Landeseinsatzstab: Es ist die logische Konsequenz aus der Neudefinition der Zuständigkeiten im Brand- und Katastrophenschutzgesetz und der Gefahren- und Schadenslagen

beim Gutenberg-Massaker oder beim Hochwasser in Leubingen.

Zweitens: Die Abschaffung des Polizeiverwaltungsamts führt nicht zur Reduzierung der Verwaltungsarbeit bei der Polizei - das ist eine Mogelpackung. Würden wir einen echten Abbau an Verwaltung erreichen, hätten wir diesem Punkt zustimmen können.

Meine Fraktion hat immer gesagt, Thüringen braucht eine Polizeistrukturreform, aber Thüringen braucht nicht OPTOPOL. Wir gehörten nie zu denen, die meinten, bei der Polizei laufe alles gut und es solle alles so bleiben, wie es war und ist. Nein, meine Fraktion und auch die Partei DIE LINKE hat in den letzten Jahren erheblichen Druck gemacht, wenn es um Fragen von Strukturreformen ging. Aber wir haben auch immer gesagt, wir wollen kein Stückwerk, sondern wir wollen ein umfassendes Konzept für eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform,

(Beifall DIE LINKE)

die bürgernah, effektiv und transparent Synergien schafft und Zukunftsfähigkeit gewährleistet. Was wir in Thüringen erleben, ist Flickschusterei und zu dieser Flickschusterei gehört OPTOPOL.

Für mich als Innenpolitiker stellt sich jedoch eine zweite Grundanforderung - in der Beratung hat diese so gut wie keine Rolle gespielt: Es ist die Frage nach zukünftiger Polizeistruktur, die man nicht losgelöst von innenpolitischen Leitgedanken behandeln kann. Dabei stellen wir drei Fragen: Wie sind die strukturellen Veränderungen hinsichtlich Stärkung bürgerrechtlich orientierter Polizeipolitik zu bewerten? Wie korrespondieren die Änderungen in der Polizeistruktur mit den Verschärfungen im Polizeirecht? Welche Auswirkungen hat die Polizeistrukturänderung auf das Verlangen von Bürgerinnen und Bürgern nach öffentlicher und persönlicher Sicherheit?

All diese Fragen spielten und spielen in der Beratung zum Polizeiorganisationsgesetz und in der Debatte zu OPTOPOL keine wichtige Rolle. Maßgebliche Innenpolitiker dominierten die Debatte mit persönlichem Hickhack, Stellungskriegen in der eigenen Partei oder der Fraktion und rein arithmetischen Betrachtungen. Aber diese Fragen können wir nach dem, was wir in der Anhörung erfahren haben, und dem, was uns Experten in Diskussionsrunden berichten, beantworten. OPTOPOL führt nicht zum Abbau der Verwaltung und damit auch nicht zu einer Stärkung des Basisvollzugsdienstes; wir haben das nachgefragt. OPTOPOL ist kein taugliches Mittel zur Befriedigung von Sicherheitsbedürfnissen. OPTOPOL stärkt indirekt Sicherheitsängste. Wir wissen das schon heute: Der Abbau von Polizeibasisdienststellen wird folgen, die Polizeipräsenz wird gerade im ländli

chen Raum zurückgehen. Das wird zur Steigerung von Unsicherheitsgefühlen führen, da ändert auch der Entschließungsantrag nichts. OPTOPOL ist nicht in eine Gesamtkonzeption zur Funktionalstruktur und zur Verwaltungsreform eingebettet. OPTOPOL verschlankt Polizeiaufgaben ohne grundsätzliche Haltung zur Privatisierung solcher Aufgaben. OPTOPOL korrespondiert mit Polizeirechtsänderungen. Am Ende stellt es sich dar als weniger „Blau“ auf der Straße, weniger Bürgernähe, aber mehr anlasslose technische Überwachung. Und OPTOPOL schwächt die Prävention, wenn ich daran denke, dass wir mit dem Konzept, das vorgelegt worden ist, bereit wären, sogenannte polizeifremde Aufgaben wie die Verkehrserziehung aufzugeben.

Meine Damen und Herren, wir beschließen mit einem Entschließungsantrag eine Evaluation. Ich hoffe, das bezieht sich auf die Gesamtkonzeption und nicht nur auf das hier zugrunde liegende Gesetz. Wir werden in dieser Evaluation unsere Anforderungen an eine Polizeistrukturreform einbringen. Trotzdem muss ich Ihnen sagen, der Entschließungsantrag bewirkt in mir ein vergleichendes Bild. Er macht auf mich den Eindruck, als wenn man einen Menschen, von dem man weiß, dass er nicht schwimmen kann, ins Wasser wirft und seine eigene Seele damit beruhigt, dass man ja dem Rettungsschwimmer schon Bescheid gesagt hat.

(Beifall DIE LINKE)

Wie an das Polizeirecht, meine Damen und Herren, stellen wir auch an eine Polizeistrukturreform politische Anforderungen. Das sind die Kriterien Bürgernähe, Effizienz und Transparenz.

Was meinen wir mit bürgernah? Wir fordern den Erhalt und den Ausbau der Polizeibasisdienststellen. Alle Bürger müssen Polizei schnell erreichen können und umgekehrt. Wir fordern eine lebendige Polizei und nicht deren Ersatz durch tote Überwachungstechnik, die zudem den Bürgerinnen und Bürgern noch falsche Sicherheitsversprechen gibt.

(Beifall DIE LINKE)

Wir fordern mehr Kontaktbereichsbeamte. Wir fordern ein anderes Leitbild des Bürgers. Für die Polizei ist der Bürger Grundrechtsträger und nicht Verdächtiger.

(Beifall DIE LINKE)

Wir fordern eine verständliche und bürgerrechtlich orientierte Polizeigesetzgebung.

Was verstehen wir unter Effizienz? Wir streben den Abbau der Verwaltung zugunsten des Vollzugsdienstes an. Wir stimmen der Auslagerung von polizei

fremden Aufgaben nur zu, wenn es nicht zu einer Privatisierung von Sicherheitsaufgaben führt. Wir wollen keine Bürgerwehren, wir wollen keine Sicherheitsdienste mit vermeintlichen hoheitlichen Aufgaben betreuen. Wir erwarten eine permanente Fortbildung der Polizeibediensteten zur Schaffung von Rechtssicherheit und auch von Spezialwissen. Wir brauchen Polizeibeamte in genügender Zahl, ordentlich ausgebildet und ausgerüstet mit entsprechenden Arbeits- bzw. Dienstbedingungen und auch ordentlicher Bezahlung.

(Beifall DIE LINKE)