Protokoll der Sitzung vom 09.05.2008

(Unruhe im Hause)

Entschuldigen Sie bitte. Es hat mich wahrscheinlich jetzt so irre gemacht, dass Herr Mohring dort steht und wie ein Pirat mit einer zusammengedrehten Zeitung auf mich schaut, dass ich komplett die Abstimmung vergessen habe.

(Heiterkeit im Hause)

Vielen Dank, Herr Schröter.

Wir stimmen nun die Nummer 2 des Antrags der Fraktion DIE LINKE ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrzahl von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Diese Nummer 2 ist abgelehnt.

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 13 tatsächlich auf

Kreditverkäufe von Banken - Auswirkungen auf die Kunden Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/3958 -

Es liegt keine Wortmeldung zur Begründung vor, so dass ich gleich die Aussprache zu diesem Thema eröffnen möchte. Ich rufe für die Fraktion DIE LINKE Abgeordneten Nothnagel auf.

Werte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion und der LINKEN, guten Morgen werte Schlafmützen der CDU-Fraktion.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe CDU)

Herr Minister Reinholz hat in seiner Rede zum Tagesordnungspunkt 11 gesagt, dass wir mit unserem Antrag offene Türen einrennen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das darf doch nicht wahr sein.)

Zu Ihrem Antrag hat der Bundesrat im letzten Monat die Tür zugeschlagen. Wollen Sie uns jetzt Ihre Beule erklären, die Sie sich dabei geholt haben? Die CDU will die Landesregierung heute, am 9. Mai 2008 bitten, im Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz aktiv zu werden, und das, obwohl der Bundesrat das Gesetz bereits am 25. April 2008 beschlossen hat. Völlig unerwartet sind die fünf Punkte Ihres Antrags im Gesetz des Bundesrats enthalten. Hier ist die Drucksache 152/08 des Bundesrats

mit über 20 Seiten. Wenn Sie aber den Antrag nun trotzdem nicht zurückziehen, kann das nur einen Grund haben: Weil Sie keiner für diesen vorausschauenden, klugen Antrag lobt, wollen Sie dies hier nun selbst tun. Sie wollen hier einen Teil meiner und unserer Lebenszeit sinnlos verschwenden, um sich selbst mit Lobhudeleien zu überschütten.

(Beifall DIE LINKE)

Doch, meine Damen und Herren, es ist so, wie es ist mit Eigenlob - es stinkt. Ihre Forderungen sind zwar nicht falsch, aber doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Bedurft hätte es aber nicht nur fünf Tropfen, sondern mindestens zwei Eimer. Ich werde Ihnen natürlich jetzt auch noch sagen, was diese zwei Eimer gewesen wären: Zum Ersten wäre die Verpflichtung der Banken zur verantwortungsvollen Kreditvergabe zu präzisieren. Kreditgeber wären zu verpflichten, entsprechend dem Grundsatz „Sanierung vor Vollstreckung“, also schonende Sicherheitsverwertung, die Potenziale zur Vermeidung der Fälligstellung auszuloten und mit dem Schuldner oder der Schuldnerin zu besprechen. Der Grundsatz der schonenden Sicherheitsverwertung besagt, dass die Banken über den Kreditvertrag die Verpflichtung eingehen, bei Störungen zur Beseitigung der Ursachen beizutragen, und im Vollstreckungsfall bei der Verwertung der Sicherheit die soziale und wirtschaftliche Lage der Kreditnehmer und der Kreditnehmerinnen berücksichtigen müssen. Weil dieser Grundsatz in der Praxis heute missachtet wird, muss eine gesetzliche Präzisierung erfolgen. Eine zweite Forderung für einen konsequenten Verbraucherschutz wäre ein gesetzliches Verbot, Kreditverträge einseitig verkaufen zu können. Daher wird DIE LINKE im Bundestag beantragen, dass die Übernahme eines Darlehensvertrags durch Auswechselung des Vertragspartners ohne Zustimmung des Darlehensnehmers unzulässig sein soll.

(Beifall DIE LINKE)

Abschließend weise ich nochmals darauf hin, dass das Kreditnehmerschutzgesetz im Bundesrat durch ist. Daher ist der vorliegende Antrag der CDU sinnentleert, eine Abstimmung also nicht möglich. Falls der Antragsteller trotzdem über den Antrag abstimmen lassen sollte, wird sich meine Fraktion an dieser Abstimmung nicht beteiligen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Abgeordneter Nothnagel, da Sie - ich habe mich extra noch mal rückversichert - am Anfang die Mitglieder der CDU-Fraktion als „Schlafmützen“ bezeichnet haben, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, DIE LINKE: Herr Heym bekommt aber keinen Ordnungsruf.)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Sehr gut.)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Das wird sich noch herausstellen, wer eine Schlafmütze ist.)

Ich rufe als Nächsten in dieser Aussprache für die SPD-Fraktion Abgeordneten Dr. Pidde auf.

Für die Zwischenrufer würde ich sagen, wenn ich das direkt auf Personen bezogen höre, würde das dann genauso gelten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der vorliegende CDU-Antrag greift ein wichtiges Problem auf, aber er kommt zum falschen Zeitpunkt und kann beim jetzigen Sachstand als überflüssig betrachtet werden.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zuerst einmal auf die Inhalte eingehen. Die Veräußerung von Immobilienkrediten durch Banken an Finanzinvestoren hat eine hohe politische, wirtschaftliche und soziale Brisanz. Nach Erhebungen der deutschen Kreditwirtschaft sollen seit der Bankenkrise des Jahres 2002 Kreditforderungen in Höhe von 35 bis 40 Mrd. € auf diese Weise ausplatziert worden sein. Die massive Zunahme der Abtretung von Kreditforderungen oder die Veräußerung der Kreditverhältnisse im Ganzen einschließlich der zur Sicherung bestellten Grundschulden hat eine nachhaltige Verunsicherung der Darlehensnehmer hervorgerufen. Oftmals sind die neuen Gläubiger nicht am Bestand einer langfristigen Kunden- und Geschäftsbeziehung, sondern lediglich an der schnellen Abwicklung des Kreditverhältnisses interessiert. Das Darlehensrecht in seiner bisherigen Form bietet dem Darlehensnehmer hiergegen keinen hinreichenden Schutz. Der Kreditnehmer, der immer seinen Zahlungsverpflichtungen ordnungsgemäß nachgekommen ist, darf nicht der Leidtragende eines Kreditverkaufs sein. Gleiches gilt selbstverständlich auch für den Grundstückseigentümer, der sich in einer finanziellen Notsituation befindet. Deshalb treten wir Sozialdemokraten mit Nachdruck für eine schnellstmögliche Stärkung des Verbraucherschutzes ein.

Meine Damen und Herren, wie in der Union ist es genauso in der SPD üblich, dass eine Bund-Länder-Koordinierung erfolgt und dass die Finanzpolitiker des Bundes und der Länder sich zu Sprecherkonferenzen oder anderen Beratungsrunden treffen. Dort haben wir eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet, die ich hier in der gebotenen Kürze nennen möchte:

Wir wollen die Kreditinstitute verpflichten, ihre Kunden ausdrücklich über die Möglichkeit von Kreditverkäufen im abzuschließenden Kreditvertrag zu informieren und nicht - wie derzeit in der Praxis üblich - bloß in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Wir wollen, dass der Darlehensnehmer spätestens drei Monate vor einer Änderung bzw. dem Auslaufen des Darlehensvertrags darüber zu informieren ist, ob eine Anschlussfinanzierung gewährt oder das Kreditverhältnis nicht verlängert wird.

Wir wollen die Einführung einer unverzüglichen Anzeigepflicht bei Kreditforderungsverkäufen. Dem Verbraucher soll es ermöglicht werden, sich eingehend über den neuen Gläubiger zu informieren und zu entscheiden, ob er eine langfristige Vertragsbeziehung mit diesem eingehen möchte.

Wir wollen die Schaffung einer besonderen „Sicherungsgrundschuld“ mit Verbraucherschutzcharakter. Die Regeln für Verbraucherkredite sollen sich auch auf Immobiliendarlehen erstrecken.

Wir wollen als schärfste Waffe die Einführung eines befristeten Sonderkündigungsrechts für - ich sage mal - vertragstreue Kreditnehmer, denn jede Form des Forderungsverkaufs ist mit der Kündigung eines Vertragsverhältnisses gleichzustellen. Schuldner und Gläubiger müssen sich auf Augenhöhe begegnen.

Meine Damen und Herren, warum habe ich gesagt, der CDU-Antrag ist überflüssig und er kommt zum falschen Zeitpunkt? Schauen wir uns den Sachstand mal ein bisschen genauer an. Im September des vergangenen Jahres fand vor dem Hintergrund zunehmender Verunsicherung von Kreditnehmern im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags ein Fachgespräch zum Verkauf von Kreditforderungen mit zahlreichen Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft statt. Dabei hat sich gezeigt, dass grundsätzlich gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Bereits einen Monat später hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken beschlossen. Der Bundesrat hat im November - also zwei Monate später - seine Stellungnahme zu diesem Risikobegrenzungsgesetz beschlossen. Die Thüringer Landesregierung hätte dabei aktiv werden können, aber sie äußerte sich nicht im Sinne des heute vor

liegenden Antrags. Sie äußerte sich überhaupt nicht im Bundesrat zu diesem Thema. Jetzt liegt der Ball beim Bundestag.

Meine Damen und Herren, im März brachte die bayerische Landesregierung nun einen, wie sie es nennt, Gesetzentwurf zur Begrenzung der Risiken des Kreditverkaufs in den Bundesrat ein. Ich bin mir sicher, dass diese Initiative nicht oder nicht nur wegen der bevorstehenden Landtagswahl erfolgte, sondern im Interesse der Bürger des Freistaats Bayern. Anscheinend hat die bayerische Landesregierung wenig Vertrauen zu ihren Vertretern der Union im Deutschen Bundestag, wo nun einmal der Ball liegt. Aber wie dem auch sei, der Bundesrat hat den Entwurf dieses Kreditnehmerschutzgesetzes vor zwei Wochen mit einigen Änderungen beschlossen. Er gibt dem Bundestag wichtige Hinweise für die vorgesehene Aufnahme von Regelungen zum Kreditnehmerschutz in das Risikobegrenzungsgesetz. Die Koalitionsfraktionen des Bundestags haben die Bundesregierung aufgefordert, entsprechende Vorschläge für eine Einfügung in das Risikobegrenzungsgesetz zu machen. Der Gesetzentwurf befindet sich nun in der Ressortabstimmung; der Kabinettsbeschluss soll in Kürze erfolgen. Dann ist der Bundestag gefragt.

Meine Damen und Herren, nun zum vorliegenden CDU-Antrag: Inhaltlich liegen Ihre Vorstellungen dicht bei unseren Positionen. Über die Details müsste man diskutieren. Mit Ihrem Antrag wollen Sie die Landesregierung beauftragen, Eckpunkte in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Die Landesregierung ist doch aber weder Mitglied der Bundesregierung noch Vertreter im Bundestag. Ihren Antrag hätten Sie auf der Parteischiene der Bundes-CDU nahebringen sollen.

(Beifall SPD)

Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass sie den Antrag nur gestellt haben, um Ihre Position hier im Hohen Haus darstellen zu können. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Abgeordneter Wehner, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, werte Kollegen, vielleicht fangen wir als Erstes mal mit einem Stück weit Aufklärung an zum zeitlichen Ablauf dieser ganzen Geschichte.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Toi, toi, toi.)

Sofern die Opposition auch des Lesens mächtig sein sollte, bitte ich Sie, die Drucksache 4/3958 wirklich mal anzuschauen, da steht nämlich auch ein Datum drauf. Das Datum lautet 02.04.2008, da haben wir unseren Antrag gestellt.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Den können Sie zurückziehen.)

Am 10. und 11.04. wäre eine Plenarsitzung des Thüringer Landtags in der Lage gewesen, diesen Antrag zu behandeln, wenn nicht die Opposition mit ihren vielfältigen Problemen und Anträgen die Tagesordnung immer derart überlasten würde, dass wichtige Probleme leider nicht mehr drankommen.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)