Protokoll der Sitzung vom 04.07.2008

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist Überweisung an den Innenausschuss beantragt worden. Wer für die Überweisung an den Innenausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung? Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung, keine Gegenstimmen, damit ist der Ausschussüberweisung einstimmig zugestimmt worden.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 15

Gesetz zur Änderung des Thü- ringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes und weiterer verwaltungsrecht- licher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/4238 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Bitte, Herr Innenminister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung legt Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes und anderer verwaltungsrechtlicher Vorschriften vor. Bereits in der letzten Legislaturperiode hat die Landesregierung mit dem Entwurf eines Thüringer Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften die Initiative zur Aktualisierung dieses Gesetzes ergriffen. Auf Drängen der kommunalen Spitzenverbände wurden damals einzelne Änderungen in das Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz aufgenommen, die eine Verbesserung der Situation der Kommunen als Vollstreckungsbehörden bewirken sollten. Nachdem der Gesetzentwurf der Diskontinuität verfallen war, wurde die Zeit genutzt, um das Gesetz in intensiver Diskussion mit den Beteiligten nochmals zu überarbeiten. Es haben sich aus diesem Diskussionsprozess mehr als 30 Regelungsbedürfnisse, wenn auch zum Teil nur geringfügiger Art, ergeben, welche mit dem Entwurf umgesetzt werden. Die wichtigsten Komplexe will ich kurz darstellen.

Im Bereich des Verwaltungszustellungsrechts wurde das Gesetz an die im Bund bereits erfolgten Änderungen angepasst. Bedeutsamer für die tägliche Arbeit der Kommunen sind mit Sicherheit aber die im Bereich des Verwaltungsvollstreckungsrechts vorgesehenen Änderungen. Sie sollen die Arbeit der Kommunen als Vollstreckungsbehörden vereinfachen.

Kurz die wichtigsten Änderungen in diesem Bereich: Im Rahmen der länderübergreifenden Vollstreckungshilfe werden die uneinbringlichen Vollstreckungskosten nun nach dem Gegenseitigkeitsprinzip erhoben. Das bedeutet, dass Thüringer Kommunen immer dann von Behörden anderer Länder eine Erstattung verlangen können, wenn auch nach deren Gesetzen die Erstattung dieser Kosten zu

leisten ist. Dies ist nach bislang geltendem Recht nicht möglich. Die Unter- und Obergrenze für die Vollstreckungskostenpauschale werden in Anpassung an die allgemein gestiegenen Kosten der Verwaltung erhöht. Diese Vollstreckungskostenpauschale ist zu entrichten, wenn Kommunen für andere Gebietskörperschaften vollstrecken. Die Vollstreckung zugunsten von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ist bislang unübersichtlich im Gesetz und in einer Rechtsverordnung geregelt. Sie findet sich nun an zentraler Stelle ausschließlich im Gesetz wieder. Gemeinden und Landkreise können die ihnen aufgrund der Erhebung von kommunalen Steuern bekannten Daten nun auch bei der Vollstreckung von Geldforderungen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren heranziehen. Hierdurch wird die Verwaltungsvollstreckung maßgeblich effektiver gestaltet. Forderungen, die in der Vergangenheit aufgrund fehlender Informationen niedergeschlagen werden mussten, können nun kassenwirksam werden. Außerdem ist es künftig möglich, für die Eintragung einer Zwangshypothek Forderungen mehrerer Gläubiger gegen einen Schuldner zusammenzuziehen. Das ist deshalb wichtig, weil diese Form der Vollstreckung erst ab einer Forderungshöhe von mehr als 750 € zulässig ist. Die Versteigerung von gepfändeten Gegenständen im Internet wird detailliert geregelt. Die neue Bestimmung trifft eindeutige Regelungen zum Zuschlag und zur Zahlung und beseitigt damit bestehende Rechtsunsicherheiten. Wer rechtskräftig zur Abgabe einer Willenserklärung verpflichtet ist, kann bislang nur durch Zwangsgeld oder Zwangshaft zu dieser Erklärung veranlasst werden. Dieses Verfahren ist langwierig und ineffektiv. Durch die Einführung einer gesetzlichen Fiktion einer derartigen Erklärung ist ein Zwangsverfahren nicht mehr notwendig. Die Willenserklärung gilt durch die gesetzliche Regelung als abgegeben. Im Interesse vor allem der Vollstreckungsschuldner wird die Möglichkeit der Ratenzahlung eingeräumt, die nach bisher geltendem Recht nicht besteht.

Meine Damen und Herren, dies sind nur wenige wichtige Beispiele, um zu belegen, dass der Entwurf Defizite abstellt, die bei der täglichen Zustellungs- und Vollstreckungsarbeit der Kommunen in der Vergangenheit offenbar geworden sind. Der Entwurf bringt das Zustellungs- und Vollstreckungsrecht in Thüringen auf einen Stand, der den seit der letzten Überarbeitung eingetretenen rechtlichen, technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung trägt. Der Entwurf liegt vor allem im Interesse der Kommunen als Vollstreckungsbehörde, aber er dient auch den Bürgern, sowohl denen, die als unmittelbar Betroffene ein klares Verfahren erwarten, als auch jenen, die, ohne direkt betroffen zu sein, als Steuerzahler eine effektive und bezahlbare Verwaltung ihres Gemeinwesens wünschen.

Ich hoffe, dass der Entwurf erfolgreich beraten und verabschiedet wird. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Kalich, Fraktion DIE LINKE.

Werte Frau Präsidentin, meine werten Damen und Herren, das uns heute in erster Lesung vorliegende Gesetz zur Änderung des Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes und weiterer verwaltungsrechtlicher Vorschriften hat aus Sicht meiner Fraktion ein notwendiges Thema aufgegriffen. Wir sind der Meinung, dass die Klärung einer Vielzahl von offenen Problemen, die in diesem Gesetz aufgegriffen werden, schon lange überfällig ist. Wir wollen an dieser Stelle auch nicht verschweigen, dass dabei auch Ideen und Vorstellungen, die in meiner Fraktion diskutiert worden sind, sich im Gesetz wiederfinden. Um dabei ein Beispiel zu nennen, verweise ich auf den § 38 b, in dem die gütliche und zügige Erledigung von Vollstreckungsverfahren geregelt ist. Dort wird den Zahlungspflichtigen die Möglichkeit von Ratenzahlungen eingeräumt, ein der Sache sicherlich dienender neuer Aspekt. Aber auch dies muss in diesem Hohen Haus gesagt werden, wir sehen eine Reihe von Problemen, die aus unserer Sicht einer weiteren Beratung und vor allem Klärung im Interesse der Betroffenen bedürfen.

So ist in § 34 geregelt, wann es keine Mahnungen mehr geben muss. Dabei sind Zinsen, Zuschläge und Kosten der Vollstreckung und andere Nebenforderungen genannt, wenn die Vollstreckung der Hauptforderung eingeleitet ist. Dies bedeutet, ein Widerspruch für die Betroffenen ist zwar noch möglich, aber er hat keine aufschiebende Wirkung mehr. Im Weiteren sehen wir Klärungsbedarf über § 37 b, der die besonderen Befugnisse der Gemeinden und Landkreise regelt. Dort ist Folgendes festgehalten, und ich zitiere: „Gemeinden und Landkreise dürfen ihnen bekannte, aufgrund des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c des Thüringer Kommunalabgabengesetzes nach § 30 der Abgabenordnung geschützte Daten, die sie bei der Vollstreckung kommunaler Abgaben verwenden dürfen, auch bei der Vollstreckung wegen anderer öffentlich-rechtlicher Geldforderungen sowie Geldforderungen des bürgerlichen Rechts nutzen, soweit sie nach diesem Gesetz vollstreckt werden.“ Sicherlich ist dies gängige Praxis und Gesetzeslage in unseren Landesbehörden. Darum muss auf Landesebene wieder von der Praxis abgegangen werden und nicht diese auf die Kommunen ausge

dehnt werden. Dem notwendigen nur möglichen Datenschutz im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger ist wesentlich mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Diesen sehr sensiblen Teil unserer Gesellschaft gilt es umfassend zu schützen und nicht versteckt immer weiter auszuhöhlen.

Es gibt also aus Sicht meiner Fraktion genügend Diskussionsbedarf im Ausschuss. Ich beantrage genauso die Überweisung an den Innenausschuss des Landtags.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat Abgeordneter Baumann, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden zahlreiche Änderungen in Vorschriften des besonderen Verwaltungsrechts angestrebt. Die Landesregierung reagiert damit u.a. auf die Rechtsentwicklung auf Bundesebene. Vor allem wird die Vereinfachung des Zustellungsrechts angestrebt. Das Vollstreckungsrecht soll beschleunigt und modernisiert werden. Das soll vor allem durch die Öffnung des Verwaltungsverfahrens für die Nutzung moderner Kommunikationsformen - Stichwort „elektronische Elemente“ - erreicht werden. Das ist längst überfällig. Insgesamt bildet der Gesetzentwurf die Grundlage für ein leichteres und schnelleres Verwaltungshandeln. Einen ersten Anlauf gab es dazu schon, wie gesagt, in der vergangenen Legislaturperiode und dieser Gesetzentwurf war der Diskontinuität zum Opfer gefallen. Mir drängt sich trotzdem dabei die Frage auf, warum erst nach fünf Jahren die Landesregierung einen zweiten Anlauf zustande gebracht hat. Die in diesem Gesetz vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung hätten längst greifen können. Vielleicht hätte sich die Landesregierung in der Vergangenheit lieber auf die naheliegenden und notwendigen Maßnahmen zur Verwaltungsmodernisierung so wie in diesem Gesetz konzentriert, statt sich in einer Behördenstrukturreform zu verzetteln, die für die Thüringer und Thüringerinnen mehr Kosten und weniger Qualität zur Folge hat. Wir haben das Beispiel in den letzten Tagen gehört: 10.000 offene Verwaltungsverfahren. Das hat natürlich alle unsere Mutmaßungen übertroffen.

Meine Damen und Herren, in den Gesetzentwurf aufgenommen wurden auch Anregungen der kommunalen Spitzenverbände zur Änderung des Thüringer Zustellungs- und Vollstreckungsrechts. Diskussionsbedarf besteht hier sicherlich bezüglich des Vorschlags, dass Gemeinden die Aufgabe der Voll

streckung künftig auf einen Zweckverband übertragen können bzw. für diese Aufgabe einen neuen Zweckverband gründen können. Das ist für einige Gemeinden sicherlich eine Alternative, insbesondere für diejenigen, die bisher keine eigene Vollstreckungsstelle und keine eigenen Vollstreckungsbeamten haben und die die Aufgabe durch den Landkreis wahrnehmen lassen. Allerdings wird so die Voraussetzung für die Bildung von Parallelstrukturen geschaffen. Auch darüber ist zu diskutieren im Ausschuss. Ebenso strittig dürfte die Anhebung der Vollstreckungskostenpauschale von 10 auf 23 € sein. Einerseits erscheint die Anpassung an die allgemeinen bestehenden Kostensteigerungen nachvollziehbar. Die Orientierung der Kosten an einer halben Stunde Arbeitszeit eines Beamten oder Angestellten erscheint sinnvoll. Aber letztendlich kommen die erhöhten Gebühren als Belastung bei denjenigen an, die von einer Vollstreckung betroffen sind. Über diese und andere Punkte werden wir uns in der weiteren Beratung verständigen müssen, allerdings handelt es sich - wenn ich das so sagen darf - um eine zum großen Teil eher trockene und schwierige Rechtsmaterie. Unsere Fraktion befürwortet deshalb die Überweisung an den Innen- und Justizausschuss und wir befürworten ebenfalls eine Anhörung zu diesem Thema. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Das Wort hat Abgeordnete Lehmann, CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, mit dem Gesetz zur Änderung des Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes kommt die Landesregierung einem Anliegen der Landkreise, Städte und Gemeinden, ihrer Spitzenverbände nach sowie richtet sie sich auch nach den neuen Rechtslagen aus anderen Vorschriften, die hier in den Gesetzentwurf eingearbeitet wurden. Das Gesetz wird der höheren Effizienz der Arbeit der Verwaltung dienen, enthält viele Vereinfachungen und soll Hemmnisse bei der Vollstreckung beseitigen. Vollstreckung ist nicht häufig ein Thema hier im Landtag und sicher auch nicht im Ausschuss. Insofern schließe ich mich dem Wunsch nach Überweisung an den Innenausschuss an, so dass wir das dort in aller Ruhe betrachten und besprechen können und sicherlich auch eine Anhörung durchführen werden.

Zu den einzelnen Vereinfachungen und Regelungen hat der Minister schon viele Beispiele genannt und an dieser Stelle ausgeführt, deshalb werde ich das jetzt nicht noch einmal wiederholen. Die Vorschriften des Vollstreckungsrechts wurden größten

teils auch auf Anregung der Kommunen geändert, um ihre Situation als Vollstreckungsbehörden zu verbessern. Zur Vollstreckungskostenpauschale, die eben auch schon eine Rolle spielte, möchte ich noch anmerken, dies, werte Kolleginnen und Kollegen, sollten wir uns im Ausschuss noch einmal ganz genau anschauen und hier erwarte ich auch von unseren kommunalen Spitzenverbänden vielleicht noch die eine oder andere Zuarbeit in Form von Statistiken, wie viele Fälle - Herr Baumann nannte eben schon eine Zahl - hier vorliegen, wie viele Fälle wir haben, wo die Forderungen auch uneinbringlich sind. In diesen Fällen muss man überlegen, ob eine Erhöhung einer Pauschale sozusagen als Luftbuchung überhaupt etwas bringt, bzw. um welche Einnahmen es sich bisher aus den Vollstreckungsgebühren gehandelt hat, um uns dabei auch mal den Überblick über die Höhe dieser Beträge insgesamt zu verschaffen. Ich denke also, das wird uns noch bewegen, und wir werden uns intensiv damit im Ausschuss auseinandersetzen. Den Kommunen wird die Möglichkeit eingeräumt, den sogenannten Vollstreckungszweckverband zu gründen. Auch hier sollten wir uns noch mal die Zuarbeit von den Spitzenverbänden genau einholen und ansehen in welchen Fällen das infrage kommt. Viele Kommunen haben ja ihre entsprechenden Mitarbeiter, die in diesem Bereich tätig sind. Wir können uns ja mal beispielhaft anhören, wo denn ein solcher Verband z.B. schon angedacht sein könnte.

Die Möglichkeit, Teilzahlungen entgegenzunehmen, begrüßen wir auch ausdrücklich; denn das Ziel, den Rückstand insgesamt beizubringen, kann so im Interesse aller Beteiligten oft besser und schneller erreicht werden als durch viele andere auch zeit- und personalaufwendige Vollstreckungsmaßnahmen. Auch diese neue Regelung finden wir gut und unterstützen sie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie gesagt, die Erhöhung der Vollstreckungsgebühr wollen wir uns noch mal näher anschauen. Die anderen Regelungen sind Rechtsanpassungen und zum Teil Vereinfachungen. Ich denke, wir werden dazu im Ausschuss eine gute Beratung haben und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann kommen wir zur Abstimmung über die Ausschussüberweisung. Es ist beantragt worden, dieses Gesetz an den Innenausschuss zu überweisen. Wer für die Überweisung an den Innenausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung? Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltungen, keine Gegenstimme. Damit ist einstimmig dieser Gesetzentwurf

an den Innenausschuss überwiesen.

Es ist beantragt worden, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen. Wer für diese Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diese Überweisung? Wer enthält sich der Stimme? Bei einer Zahl von Stimmenthaltungen und einer Reihe von Jastimmen ist mit Mehrheit die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 16

Thüringer Gesetz zur Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und Ermächtigung von Übersetzern sowie zur Ände- rung weiterer Justizvorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/4243 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Bitte, Frau Ministerin Walsmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zur ersten Landtagsbefassung steht heute der Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Thüringer Gesetz zur Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und Ermächtigung von Übersetzern sowie zur Änderung weiterer Justizvorschriften an. Es handelt sich hierbei um ein Artikelgesetz, das aus vier Einzelgesetzen und einer Rechtsverordnung besteht. In aller Kürze zu den einzelnen Bestandteilen.

Erstens - Ergänzung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes um die Dolmetscher- und Übersetzerregelungen: Das Bundesverwaltungsgericht hat im vergangen Jahr die Verwaltungsvorschrift über die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und Ermächtigung von Übersetzern des Landes Rheinland-Pfalz als eine Berufsausübung im Sinne des Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes bewertet, die einer normativen Regelung durch den Gesetzgeber bedarf. Auch Thüringen hat bislang die Voraussetzungen für die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern lediglich in einer Verwaltungsvorschrift geregelt. Da wegen des vorgenannten Urteils diese Verwaltungsvorschrift nicht mehr anwendbar ist und infolgedessen allgemeine Beeidigungen nicht mehr vorgenommen werden können, ist dringend eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Dies soll mit dem hier vorliegenden

Gesetzentwurf geschehen. Dabei haben wir die bisher in Thüringen geltende Verwaltungsvorschrift nicht einfach in Gesetzesform gegossen, sondern an die Bedürfnisse der Praxis angepasst. Soweit notwendig, haben wir auch die Vorgaben der EU-Dienstleistungsrichtlinie berücksichtigt. Durch die Einführung eines für ganz Thüringen gemeinsam geführten Verzeichnisses der allgemein beeidigten Dolmetscher und ermächtigten Übersetzer in elektronischer Form wurde zudem ein weiterer Schritt zur Modernisierung der Thüringer Justiz getan.

Zweitens - Ergänzung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes um die Aufbewahrungsbestimmungen: Die Aufbewahrung des Schriftguts der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Fachgerichtsbarkeiten, der Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsbehörden ist bislang durch Verwaltungsvorschriften geregelt. Aus dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts, welches Gesetzeskraft hat, folgt, dass die Datenverwendung und -verarbeitung eine bereichsspezifische Befugnisnorm erfordert. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordern daher, die Dauer der Aufbewahrung, die Aussonderung und Vernichtung, insbesondere von Strafakten, durch ein formelles, den Grundsätzen des Volkszählungsurteils entsprechendes Gesetz zu regeln. Dieses soll nun hiermit geschehen.

Die Bestimmungen wurden zwischen den Landesjustizverwaltungen sowie den Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern und der Arbeitsgruppe Archive und Recht der Archivreferentenkonferenz abgestimmt und von der Justizministerkonferenz 2007 in Berlin zur Kenntnis genommen. Das Gesetz sieht die Ermächtigung zum Erlass einer Ministerverordnung vor, um es nicht mit Einzelregelungen zu überfrachten und zum Erhalt einer flexiblen Handhabung bei Änderungen.

Dritter Teil - Änderung des Thüringer Justizkostengesetzes: Darüber hinaus bedarf es der Novellierung des Thüringer Justizkostengesetzes. Im Wesentlichen geht es darum, Bestimmungen an geänderte Bundesgesetze anzupassen, redaktionelle Änderungen vorzunehmen und auch gegenstandslose Bestimmungen aufzuheben. Eine inhaltliche Änderung betrifft die Einführung einer Pauschalgebühr für die Überlassung gerichtlicher Entscheidungen auf Antrag nicht am Verfahren beteiligter Personen. Diese ersetzt die bisher für diese Fälle geltende Auslagenregelung und dient im Wesentlichen der Verwaltungsvereinfachung. Die Gebühr wird 12,50 € betragen. Bereits in sieben Bundesländern ist für eine solche Überlassung eine Pauschalgebühr eingeführt. Die anderen Länder beabsichtigen, ebenfalls eine entsprechende Pauschalgebühr einzuführen.

Vierter Teil - Änderung des Gerichtsstandortgesetzes mit Folgeänderung der Thüringer Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit: Das bedeutet, im Übrigen sollen das Thüringer Gerichtsstandortgesetz und die Thüringer Verordnung über Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit an die geänderte Bundesgesetzgebung in der notwendigen Art und Weise angepasst werden. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Die Fraktionen sind übereingekommen, diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache zu behandeln. Wird Ausschussüberweisung beantragt? An den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten.

Wir stimmen ab über die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Wer für die Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung? Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung, keine Gegenstimme, damit ist dieses Gesetz einstimmig an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 17

Thüringer Gesetz zur Zusammen- fassung der Rechtsgrundlagen und zur Neuausrichtung des Ver- messungs- und Geoinformations- wesens Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/4248 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Bitte, Herr Staatssekretär.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, in den letzten Jahren haben sich die Anforderungen an das amtliche Vermessungswesen erheblich verändert. Geoinformationen, mit denen das Vermessungswesen arbeitet, sind heute aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Sie alle kennen Navigationssysteme im Auto, die die eingespeicherten Geodaten abbilden. Wir nehmen es als selbstverständlich hin, dass uns diese Geräte den Weg weisen. Aber wo kommen diese Daten her, wo sind die Grundlagen? Die Grundlagen für das öffentliche Geoinformationswesen mit seinen Geoinformationen legt das amtliche Vermessungs

wesen. Mit dem heutigen Gesetzentwurf fließen die neuen Anforderungen in die Rechtsgrundlagen des Thüringer Vermessungs- und Informationswesens ein.

In Artikel 1 des Gesetzentwurfs werden vier Gesetze zu einem Gesetz, dem Thüringer Vermessungs- und Geoinformationsgesetz, zusammengefasst. Das sind das Thüringer Katastergesetz, das Thüringer Abmarkungsgesetz, das Thüringer Landesvermessungsgesetz und das Thüringer Gesetz über Unschädlichkeitszeugnisse. Damit werden die teilweise fast 17 Jahre alten Gesetze grundlegend aktualisiert und nach einem bundesweiten Vergleich auf den neuesten Stand gebracht. Begriffe werden angepasst und neue Inhalte definiert. Einen breiten Raum nimmt dabei das öffentliche Geoinformationswesen ein. Durch die Formulierung im Gesetzentwurf wird ein zeitgemäßer Zugang zu den Datenbanken des amtlichen Vermessungswesens gewährleistet. Dabei werden alle Anforderungen des Datenschutzes eingehalten. Das amtliche Raumbezugssystem wird durch einen satellitengestützten Positionierungsdienst sowie dauerhaft vermarkte Lage, Höhen- und Schwerefestpunkte realisiert. Die Zuverlässigkeit des satellitengestützten Positionierungssystems ist inzwischen den herkömmlichen Messtechniken gleichwertig und übertrifft diese sogar in Effizienz und Genauigkeit.