Protokoll der Sitzung vom 04.07.2008

Deshalb bitte ich, dem Entschließungsantrag der SPD-Fraktion mit den Änderungen, die durch die CDU-Fraktion in den Umweltausschuss eingebracht wurden, zuzustimmen und dem Antrag der LINKEN zur Änderung der Beschlussempfehlung auch zuzustimmen, damit wir wieder gemeinsam den Druck auf Kali + Salz erhöhen können. Ich glaube auch herausgehört zu haben, dass es auch Anliegen der CDU-Fraktion und der Landesregierung ist, diesen Druck auf Kali + Salz noch mal zu erhöhen, damit wir endlich ein positives Ergebnis haben und die Transporte von Neuhof-Ellers - egal ob mit Lkw oder mit Bahn - beendet werden. Ich möchte nicht, dass die Lauge weiter an das Werk Werra transportiert wird, da das Werk Werra selber dadurch Probleme bekommen kann und die Entsorgung der Lauge aus Unterbreizbach dadurch gefährdet ist und damit in der ganzen Region die Arbeitsplätze gefährdet werden. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das Wort hat noch einmal Abgeordneter Krauße, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mir ist tatsächlich in der Antrags- und Blätterflut das unabhängige Gutachten abhandengekommen.

(Unruhe DIE LINKE)

Herr Kummer hat natürlich zu Recht gleich darauf hingewiesen, es geht um die Forderung des unabhängigen Gutachtens. Wir haben uns auch im Ausschuss damit intensiv befasst und konnten uns unter anderem durch Experten der TLUG überzeugen lassen

(Beifall DIE LINKE)

- „uns“ da rede ich für die CDU-Mitglieder des Ausschusses -, dass dort tatsächlich Experten sitzen, die ihr Handwerk verstehen, und dass auch die Firma EcoRing, die seit 2004 dieses Gutachten macht.

Wir konnten auch zur Kenntnis nehmen, dass ein solches Gutachten natürlich über einen langen Zeitraum gemacht werden muss, dass ein Langzeitmonitoring nötig ist. Wir können uns auch nicht der Auffassung der LINKEN anschließen, dass hier ein unabhängiges Gutachten zusätzlich erforderlich wäre, denn das suggeriert ja sofort, dass die Firma EcoRing und auch unsere Landesbehörden und unsere Landesfachleute eben nicht unabhängig sind, sondern abhängig wären. Ich will der Firma EcoRing auch nicht unterstellen, dass sie abhängig wären nur deshalb, weil Kali + Salz dieses Gutachten bezahlt. Ich glaube, hier gibt es genügend Kontrollen und ein Kurzzeitgutachten. Das mag wohl sein, ich kenne mich da mit Fischlarven, Wasserflöhen und Algen und Fischeiern nicht so aus und was da alles nachgewiesen und bewertet werden kann. Ich denke trotzdem, wir sollten das Gutachten, welches jetzt in Arbeit ist und ziemlich nah vor dem Abschluss steht, abwarten, dann werden wir auch die entsprechenden Erkenntnisse erhalten.

Deshalb lehnt meine Fraktion diesen Antrag auf ein unabhängiges Gutachten ab. Dazu gehört auch der Änderungsantrag mit diesen zusätzlichen Tests, die nochmals gefordert sind. Ich glaube, wir kommen insgesamt mit dem jetzt in Arbeit befindlichen Gutachten durchaus über die Runden. Das heißt nicht, dass wir uns da zurücklehnen können. Wir werden uns natürlich weiter mit dem Thema beschäftigen, aber wir wollen erst einmal die Ergebnisse dieses Gutachtens abwarten. Das können wir uns dann von den Fachleuten - wir als Laien, Sie Herr Kummer sind ja Fachmann - erläutern und erklären lassen und werden es dann auch zu bewerten wissen.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Wolf zu?

Aber natürlich.

Frau Abgeordnete, bitte.

Vielen Dank. Wir beide sind uns da sicher in der Weise ähnlich, dass auch ich nicht Fischexpertin bin, trotzdem meine Frage: Geben Sie mir recht, dass wir beide uns da auch einig sind, dass Fische in die Werra gehören und dass dementsprechend schon die Frage spannend ist, wie wirkt Kalilauge auf Fische in der Werra?

Da gebe ich Ihnen vollkommen recht, Fische gehören natürlich in jedes Gewässer. Vielleicht sollte man sich auch mal kundig machen, Kollegin Wolf, wie viele Fische und Fischarten mittlerweile wieder in der Werra existent sind

(Zwischenruf Abg. Kummer, DIE LINKE: Große Fische.)

und das nach einer relativ kurzen Zeit von 18 Jahren. Man muss einfach konstatieren, was war bis 1990 an Fischbestand und an Kleinlebewesen in der Werra vorhanden und wie sieht das heute aus? Aber dass in die Werra Fische gehören, da gebe ich Ihnen natürlich recht.

(Beifall CDU)

Danke. Weitere Redeanmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor. Das Wort hat jetzt Staatssekretär Baldus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich hatte eigentlich nicht vor, zu technischen Fragen des Gutachtens Stellung zu nehmen. Da aber Herr Kummer es vorgezogen hat, hier ein Szenario vorzustellen, das die Realität nicht nur nicht widerspiegelt, sondern der Realität diametral entgegengesetzt ist, bin ich leider gezwungen, einige Informationen aus dem Umweltausschuss, die ja in schriftlicher Form vorliegen, auch hier im Hohen Hause noch einmal vorzutragen. Dann wird deutlich, Herr Kummer, dass Sie kein Problem haben mit dem Gutachten der Firma EcoRing. Sie haben ein Problem mit Ihrer Aussage, das Gutachten sei nicht ausreichend, die sie getroffen haben, ehe Sie gewusst haben, was drinsteht. Das haben Sie nämlich erzählt vor der Sitzung des Umweltausschusses, in der die TLUG ausführlich die Methodik und die zu erwartenden Ergebnisse des Gutachtens vorgetragen hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist die Frage, ob der Landtag dafür da ist, Herrn Kummers Ansehen zu retten, wenn er sich vergaloppiert hat. Es würde ausreichen, Herr Kummer, Sie würden sagen, Sie haben einen Erkenntniszuwachs, das Gutachten bringt gute Ergebnisse, die Überwachung der Fischtoxizität findet laufend statt, jeden Tag und jede Nacht, 24 Stunden und 365 Tage im Jahr findet diese Überwachung auf Fischtoxizität statt. Das würden Sie zur Kenntnis nehmen, sagen, jawohl, ich habe dazugelernt, ich ziehe den Antrag zurück, das wäre ehr

lich.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat in der 51. Sitzung des Umweltausschusses auf Wunsch des Ausschusses nochmals ausführlich zu inhaltlichen Aspekten Stellung genommen, die von den Anträgen berührt werden.

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE nach einem unabhängigen Gutachten zur Wirkung der Einleitung von Kalilauge auf den Lebensraum Werra war festzustellen, dass dieses Ansinnen offenbar an der konkreten Realität vorbeigeht. Die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie hat dem Ausschuss in einem Vortrag sehr anschaulich verdeutlicht, welche Schritte zur Erfassung und Bewertung des Lebensraums Werra die zuständigen Behörden bereits im Jahre 2003 eingeleitet und in den Folgejahren weiterverfolgt haben. Die Landesanstalt hat das dazu beauftragte Gutachten der Firma EcoRing, dessen Ergebnisse Anfang 2009 zu erwarten sind, dem Ausschuss in den Kernanforderungen eingehend erläutert und die bereits vorliegenden Zwischenberichte, aus denen ich gleich kurz zitieren werde, in ihren Kernaussagen vorgestellt.

1. Es wurde zweifelsfrei dargelegt, dass vor diesem Hintergrund die begründete Erwartung besteht, mit dem Gutachten die derzeit anstehenden Fragen zum Lebensraum Werra, insbesondere vor dem Hintergrund der im Jahre 2009 anstehenden Entscheidung zur Neufestsetzung des Härtegrenzwertes, sachgerecht beantworten zu können.

2. Es wurde festgestellt, dass die methodischen Ansätze des Gutachtens dem Stand von Wissenschaft und Forschung entsprechen.

3. Die Arbeit der Gutachter wird von den Fachbehörden in Hessen und Thüringen inhaltlich festgelegt, sie wird inhaltlich mitgetragen, sie wird überwacht und sie wird verifiziert.

4. Die Landesregierung hat dem Ausschuss vorgeschlagen, dem runden Tisch das zum Jahreswechsel vorliegende Gutachten sowie die diesbezüglichen Stellungnahmen der Fachbehörden dann umgehend zur Verfügung zu stellen, um noch einmal von neutraler und unabhängiger Seite den Inhalt des Gutachtens betrachten zu lassen und zu einer Bewertung zu kommen.

(Beifall CDU)

Wir können natürlich heute noch nicht endgültig absehen, welches Ergebnis das Gutachten bringen wird. Frau Becker, eines wissen wir heute schon und da sind wir uns einig: Der Härtegrad 90 ist schädlich für die Fischfauna. Das wissen wir heute schon, das ist

das Zwischenergebnis des laufenden Gutachtens. Insofern, Frau Becker, steht fest, dass wir als Landesregierung gegenüber der Firma Kali + Salz darauf drängen werden, den Härtegrad zu reduzieren, und zwar deutlich.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Sie legen den Grenzwert fest?)

Die Behörden legen den Grenzwert fest und ich gehe davon aus, dass der Grenzwert in absehbarer Zeit nicht mehr 90 Grad deutscher Härte sein wird, weil die Schädlichkeit der Härte auf die Fischfauna unstreitig bewiesen ist. Dazu bedarf es keines zusätzlichen Gutachtens mehr. Wo die zuträgliche Grenze liegt, das wird noch zu bewerten sein.

Meine Damen und Herren, es macht in Kenntnis des realen Sachverhalts aus unserer Sicht keinen Sinn, neue Gutachten zu fordern, bevor die laufende Gutachtertätigkeit noch nicht abgeschlossen ist, für die übrigens von Beginn an der Grundsatz eines unabhängigen Herangehens in wissenschaftlicher wie in jeder anderen Hinsicht Geltung hatte.

Meine Damen und Herren, zur Rechtswirkung eines zusätzlichen Gutachtens sei nur angefügt, dass das derzeitige Gutachten Bestandteil eines rechtskräftigen Bescheides ist, dass das Verfahren zum Gutachten amtlich festgelegt ist und dass die Firma Kali + Salz einen Anspruch darauf hat, dass in dem laufenden Genehmigungsverfahren auf der Basis des jetzt zu erarbeitenden Gutachtens entschieden wird, es sei denn, es gäbe gravierende wissenschaftliche Erkenntnisse, die einen anderen Ansatz erzwingen würden.

Meine Damen und Herren, einige Anmerkungen aus dem Umweltausschuss: Herr Katschmann, der beauftragte Vertreter der Thüringischen Landesanstalt für Umwelt und Geologie, hat dem Umweltausschuss dargelegt, welche Ergebnisse bis heute vorliegen. Der Zwischenbericht 2007 beinhaltete beispielsweise die Ergebnisse der Untersuchung des Makrozoobenthos an der Werra an mehreren Standorten zu verschiedenen Zeitscheiben. Des Weiteren gehe es um das Phytoplankton, das mit Netz und Schöpfproben gewonnen werde, um die Untersuchung der Kieselalgen an verschiedenen Standorten und zu verschiedenen Zeiten, um eine Untersuchung der Makrophyten als Kartierung vom Boot im Jahre 2007 im Werra-Abschnitt zwischen Vacha und HannoverschMünden sowie auch um eine Untersuchung des Phytobenthos. Bisher seien 240 Proben der wirbellosen Fauna zur Einschätzung des Arteninventars, knapp 300 Proben Kieselalgen für die Einschätzung der Nährstoffsituation, mehrere Hundert Proben an Kieselalgen und Wirbellosen direkt aus den Flüssen Werra und Ulster genom

men worden. Es seien Messungen zur Algendynamik, die Kartierung der Wasserpflanzen in 198 Vegetationsaufnahmen und - jetzt für Herrn Kummer - fischereiökologische Untersuchungen usw. erfolgt. Im Laufe der Jahre sei ein methoden- und bearbeiterkonstanter sowie in Dichte und Qualität einzigartiger Datenpool aufgebaut worden, der im Jahre 2008 weiter vervollständigt werde.

Zusammenfassend sei festzustellen, dass das Gutachten sowohl hinsichtlich des Untersuchungsumfangs als auch der Laufzeit von fünf Jahren das bisher umfangreichste zum Thema Werra und eines der umfangreichsten in Deutschland sei. Herr Kummer hat gefragt, wie das denn mit der Wirkung auf die Fische sei. Herr Nixdorf antwortete, die Kaliabwassereinleitung - Herr Nixdorf ist auch TLUG - würden regelmäßig durch die Behörden überwacht. Hierbei würden bis hin zur Fischeitoxizität alle relevanten Parameter kontrolliert. Also die Fischeitoxizität wird behördlicherseits überwacht und bedarf deshalb keiner zusätzlichen Begutachtung.

Meine Damen und Herren, Herr Kummer, ich denke, es wäre an der Zeit, Ihren Ansatz zu diesem Antrag zu überdenken.

Zum Antrag der Fraktion der SPD teilt die Landesregierung die Auffassung des Umweltausschusses.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung vertritt laufend und auch gegenüber der Firma und auch zusammen mit den hessischen Behörden die Auffassung, dass es dringend an der Zeit sei, dass die Firma Kali + Salz ihr Entsorgungskonzept auf eine solide Grundlage stellt. Die Landesregierung schlägt Ihnen vor, dem Antrag der SPD in der vorliegenden Form zuzustimmen und den Antrag PDS/DIE LINKE als überflüssig abzulehnen. Danke schön.

(Beifall CDU)

Das Wort hat Abgeordneter Kummer, DIE LINKE.

Herr Staatssekretär, ich muss mich schwer zurückhalten, um jetzt nicht zu sagen, vielleicht gehört auch eine gewisse Fähigkeit dazu, manche Dinge bewerten zu können.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Baldus, Staatssekretär: Vorsicht! Ordnungsruf für das, was Sie sagen wollten.)

Erst mal finde ich erstaunlich, wie Sie aus dem Umweltausschuss zitiert haben. Das habe ich bisher hier noch nicht erlebt. Das war eine nichtöffentliche Sitzung, aber wenn das neue Gegebenheit hier im Hause werden soll, dann habe ich nichts dagegen. Wir haben uns schon immer für Öffentlichkeit in dieser Frage eingesetzt.

Nun zu den Dingen, die Sie angesprochen haben und wo Sie mich baten, meine Haltung zu überdenken. Wir hatten in dieser Ausschuss-Sitzung eine sehr lebhafte Diskussion über das Gutachten, wo die Fachbehörden ihre Ansicht dargestellt haben und wo ich am Ende dieser Debatte darum bat, einen Beschluss des Ausschusses zu vertagen, um ein paar Dinge noch zu klären.

(Beifall DIE LINKE)

Das hat die Mehrheit des Ausschusses leider abgelehnt, und ich sage, ganz gezielt abgelehnt, weil für Sie klar war, wo Sie hinwollen. Sie wollen nämlich nichts ändern an dem, was hier als Gutachten erarbeitet wird. Ich sage mal, es geht doch nicht um das Gutachten als Selbstzweck, es geht darum, dass damit festgelegt werden soll, wie stark die Werra belastet wird in den nächsten Jahren. Das müssen wir doch ernst nehmen.

(Beifall DIE LINKE)