Protokoll der Sitzung vom 12.09.2008

(Beifall CDU)

Überlegen Sie einmal, wir können durchaus an dieser Stelle den ganzen Tag hier darüber diskutieren, wie viele Millionen wir vielleicht benötigen könnten, um Ihren Forderungs- und Wunschkatalog zu finanzieren. Sie werden am Ende feststellen, das Geld ist nur einmal da. Man kann es nicht dreimal bezahlen. Man kann es nicht dort bezahlen, man kann nicht da sagen, 100 Mio. € hätten wir gerne für Kindertagesstätten mehr, man kann nicht sagen, da hätten wir gerne noch 100 Mio. € mehr für Arbeitsmarktprogramme. Irgendwo ist die Grenze dessen erreicht; ein bisschen Realismus täte da sicherlich ganz gut.

Ein bisschen Realismus, Herr Matschie, da muss man schon ein paar Sätze zu den Haushaltsentwicklungen der letzten Jahre sagen. Sie haben skizziert, wie dramatisch sich die Haushaltskürzungen im Jahr 2005 ausgewirkt haben. Ich darf einmal daran erinnern, da waren wir beide damals hier im Parlament, als wir im Haushalt 2005 darüber diskutiert und auch schmerzliche Reduzierungen vorgenommen haben. Wir haben uns in einer Haushaltssituation befunden, in der wir nicht gewusst haben, wie wir den Haushalt rund bekommen, in der wir nicht gewusst haben, wie wir die Leistungen, die wir auf der einen Seite als Steuereinnahmen von den Bürgerinnen und Bürgern bekommen, gleichzeitig mit den Ausgaben, die wir tätigen wollen und müssen, in Deckung bringen sollen. Deswegen haben wir damals eine intensive Diskussion gehabt, um Reduzierungen in einzelnen Leistungsbereichen vorzunehmen. Deswegen haben wir auch schmerzliche Prozesse durchgemacht wie beispielsweise beim Blindengeld, deswegen haben wir auch in dieser Zeit damals Ausgaben bei der Jugendpauschale reduzieren müssen. Ich konstatiere aber, wenn Sie sich den Haushalt 2008/2009 anschauen, dass Sie dann feststellen, es bewegt sich auch etwas in diese Richtung wieder, dass wir zusätzliche Leistungen, die wir hier politisch werten, die wir politisch miteinander beschließen, dann auch auf den Weg bringen. Das gehört zur Anerkennung dazu.

Herr Matschie, wir haben vorhin über die Situation von Kindern gesprochen, 19-Punkte-Programm für Kinder. Maßnahmenkatalog, den die Landesregierung auf den Weg gebracht hat. Es mögen in Ihrem Blickwinkel kleine Bausteine sein, Familienhebammen und andere Sachen. Ich sage Ihnen, es sind Maßnahmen, die den Menschen in unserem Lande helfen, die uns auch in Zeiten knapper Kassen schwerfallen zu finanzieren, die wir aber trotzdem auf den Weg bringen. Ich muss Ihnen widersprechen: Wenn man sich den Haushalt 2008/2009 anschaut, im Haushaltsjahr 2009 steigen die freiwilligen Leistungen im Bereich des Sozialministeriums. Schauen Sie es sich an, insofern, was Sie hier herbeireden, da geht es um die Reduzierung von gesetzlichen Leistungen, es geht aber auch bei diesem großen Abfall, den Sie vielleicht im Hinterkopf haben, den Sie bei der letzten Haushaltsdiskussion verkündet haben, der Sozialhaushalt wird jetzt zertrümmert und halbiert und ganz schlimm, dabei ging es um die Kommunalisierung, enorme Kosten, die von der finanzierungsfähigen auf die kommunale Seite gegeben und verlagert wurden. Das hat die größten Brocken ausgemacht. Es gehört dazu, wenn wir hier nicht eine intensive haushaltspolitische Debatte noch miteinander führen wollen, dass man zumindest in der Replik diese wenigen Sätze zum Haushalt noch anführen darf.

Herr Matschie, Sie haben auf einen nach Ihrer Meinung Kernfehler der Familienoffensive hingewiesen. Da zieht sich durch die Diskussion der letzten Monate und Jahre die Frage des Bezugs des Thüringer Landeserziehungsgeldes. Das, was Sie uns vor zwei Jahren, vor drei Jahren skizziert haben, als es um die Beschlussfassung zur Familienoffensive ging, ist schlichtweg nicht eingetreten. Nun mag es den einen oder anderen ärgern, die Art und Weise, wie die Zahlen zur öffentlichen Diskussion gekommen sind, ich stelle aber fest, die Zahlen sagen selbst für die zwei- bis dreijährigen Kinder, dass mehr Kinder in Einrichtungen gehen. Hier an diesem Pult haben Sie gestanden, haben die Vertreter der LINKEN und der SPD gestanden und haben uns erklärt, 50 Prozent der Kinder würden jetzt aus den Einrichtungen herausgerissen und mit der Keksrolle vor den Fernseher gesetzt. Das war falsch. Bekennen Sie das mal, stellen Sie sich hier hin und sagen Sie, wir haben auch bei den Zwei- bis Dreijährigen eine ungebrochen wichtig und richtig hohe Zahl von Kindern, die Einrichtungen besuchen - über 76 Prozent, in keinem anderen Bundesland der Bundesrepublik Deutschland finden Sie das. Es war schlichtweg Popanz, was Sie uns damals verkündet haben. Bekennen Sie das und hören Sie auf, diese Diskussion, diese Ängste immer weiter zu schüren.

(Beifall CDU)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Regierungserklärung der Frau Ministerin Lieberknecht hat aus allem, was wir im sozialen Bereich haben - so umfänglich wie sie auch war - trotzdem immer nur einzelne Punkte herausgreifen können. Es ist richtig und notwendig, dass man diese Punkte einer erfolgreichen Sozialpolitik darstellt, miteinander diskutiert. Ich habe Verständnis für die Kolleginnen und Kollegen der Opposition. Die Opposition hat die Aufgabe zu kritisieren, sie hat aber auch die Aufgabe, konstruktive Vorschläge einzubringen. Genau an dieser Stelle stelle ich fest, liebe Kolleginnen und Kollegen, da sind Sie eine schlechte Opposition. Was wir hier im Thüringer Landtag immer wieder am Pult erleben, ist im Wesentlichen Kritik, Miesmachen, Verunsichern, Ängste schüren, das ist das, was wir nahezu in jeder Debatte erleben. Hinterher wird dann wieder so ein bisschen versucht, es wieder verbrämt geradezurücken, wir würden ja vielleicht gern mitmachen, aber eigentlich passt es uns hier nicht. Ich stelle fest, Sie als Opposition werden diesem Anspruch, dass Sie konstruktive Vorschläge unterbreiten, hier nicht gerecht.

Die Regierungserklärung, wie sie Frau Lieberknecht vorgetragen hat, bündelt zahlreiche der Einzeldebatten, die wir in den letzten Monaten hatten. Ich hatte es gesagt, Behindertenbereich, Pflege, Kita. Sie ist eine durchaus sehr komplexe Darstellung der Sozialpolitik der Landesregierung. Ich finde das richtig, wichtig und lesenswert. Ich darf für die CDUFraktion sagen, selbstverständlich trägt die CDUFraktion die Landesregierung. Selbstverständlich trägt die CDU-Fraktion die von der Landesregierung und von der Sozialministerin gestaltete Sozialpolitik. Das haben wir in der Vergangenheit getan, das werden wir in Zukunft tun.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Gut, dass Sie das noch mal gesagt haben. Das musste mal gesagt werden.)

Wir als CDU-Fraktion, Herr Höhn, das ist der entscheidende Punkt, das hatte ich auch an die Adresse von Herrn Matschie gesagt, werden auch im nächsten Jahr und darüber hinaus aktiv weiter Sozialpolitik in Thüringen gestalten. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Mir liegen jetzt aus den Reihen der Abgeordneten keine weiteren Redeanmeldungen vor - doch, für die Fraktion DIE LINKE Abgeordneter Hausold. Bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es sei mir gestattet, einige kurze Anmerkungen zu den Debatten meiner Vorredner hier doch zu machen.

Herr Panse, ich will es Ihnen noch mal sagen, auch wenn ich wenig Hoffnung habe, dass Sie das dann vielleicht mal für sich aufnehmen. Ich habe nicht dieses Land schlechtgeredet, ich habe unter anderem auch deutlich gesagt, dass die vielen Investitionen im Bereich des Gesundheitswesens von uns natürlich zur Kenntnis genommen werden in anderen sozialen Bereichen. Ich kann auch noch mal deutlich sagen, Herr Panse, wir wissen auch, dass es einen riesigen Nachholbedarf aus der Lage, wie wir sie 1989 in der DDR hatten, gegeben hat. Das ist alles völlig klar bei uns und in unseren Aussagen. Wir sagen allerdings, wenn ich es kurz zusammenfassen will, wir hätten in vieler Hinsicht vieles Andere und mehr soziale Sicherheit erreichen können, wenn diese Landesregierung eine andere Politik betrieben hätte seit 1990. Das ist unsere Position.

Eine zweite Bemerkung: Sie haben ja wieder alles bedient, was uns so von Ihrer Seite gern zugeschrieben wird. Da kennen wir Sie ja. In Ihren inhaltlichen Bewertungen haben Sie sich allein die letzten vier Jahre, die ich hier auch im Parlament bin, oft gewandelt und angepasst an den jeweils aktuellen Stand. Gut, das mögen Sie mit sich abmachen. Mit Prinzipien ist da oft nicht viel zu haben. Aber es ist auch völlig falsch - und ich sage es auch noch mal -, dass wir etwa dem entgegenstünden, was Sie als freiheitliches Unternehmertum bezeichnen. Selbstverständlich gehört es zu den wichtigen Fragen in dieser Gesellschaft. Allerdings geht auch - und das ist ja auch durch unser Grundgesetz, wie wir alle wissen, entsprechend hervorgehoben - eine Verantwortung von dieser Seite aus. Deshalb wird es mit uns eines nicht geben, was es mit Ihnen aber gibt: so einen gewissen Freibrief, die wirtschaftlichen Selbstheilungskräfte werden schon alles regeln. Nein, nein, so ist es nämlich genau nicht.

(Zwischenruf Abg. Schugens, CDU: Marktwirtschaftlich.)

Und nun, um nicht das Übliche, was Sie von mir erwarten, zu bedienen, sage ich Ihnen mal Thüringer Überlegungen. Wir hatten vor Kurzem eine Beratung mit der IHK. Dort wurde unter anderem aufgemacht und wir haben dann ein Stück weit darüber debattiert, dass die Unternehmen im Land ihre Leistungen vor allen Dingen wegen Hartz IV und Agenda 2010 bringen konnten. Da muss ich Ihnen mal sagen, wenn das den Tatsachen entspricht, dann muss schon die Frage erlaubt sein, wo denn dann das eigene Leistungspotenzial der Thüringer Wirtschaft gelegen

hat. Ich will das noch ein Stück weitertreiben. Auch an anderer Stelle bei Gesprächen mit der Industrie- und Handelskammer ist ein Problem aufgeworfen worden, was wir durchaus auch so sehen. Es gibt bei uns viele Unternehmen mit guten Produkten und einer hohen Produktivität. Woran es aber hapert - und das ist nicht eine Einschätzung von uns -, ist ein entsprechendes Marketing, um letzten Endes für gestiegene Produktivität und gute Produkte auch vernünftige Preise zu erreichen. Wenn die Situation so ist, dann müssen wir uns vielleicht in der Landespolitik mal die Frage stellen - und das hat dann natürlich auch soziale Auswirkungen: Müssen wir vielleicht unsere Förderung und unsere Rahmenbedingungen, die wir schaffen, mehr auf die Marketingfragen konzentrieren, anstatt sie in sinnlosen Großprojekten á la Flughafen versacken zu lassen, meine Damen und Herren?

(Beifall DIE LINKE)

Darüber können Sie mit uns gerne diskutieren in wirtschaftspolitischen Fragen. Herr Matschie, Sie gestatten mir auch noch eine Anmerkung zu den Fragen bei Hartz IV. Ich denke, Sie unterliegen da Irrtümern und sind in einem Widerspruch. Also wer sich z.B. - und das erkenne ich sehr an, es ist eine unserer zentralen gemeinsamen Positionen - berechtigterweise vehement gegen Billiglöhne in diesem Land wendet, der kann, meine Damen und Herren von der SPD und Herr Matschie, nicht „Hartz IV“ das Wort reden.

(Beifall DIE LINKE)

Denn Hartz IV - und jetzt erinnere ich mal an meine Bemerkungen gerade über die Thüringer Wirtschaft - hat es letzten Endes erst möglich gemacht, dass die Wirtschaft immer wieder auf diese Löhne drücken kann und dass Billiglöhne in diesem Zusammenhang überhaupt in diesem Maße in diesem Land existieren können. Hartz IV ist eine zentrale Frage dieser Billiglohnstrategie und deshalb sind unser Ministerpräsident und die CDU im Bund wie hier im Land natürlich auch an der Seite von Hartz IV und damals auch schon an der Seite von Gerhard Schröder gewesen.

(Beifall DIE LINKE)

Also der Debatte müssen wir uns dann schon stellen.

(Unruhe SPD)

Ich will es noch ein bisschen konkreter machen an der Stelle. Ich habe mir neulich sagen lassen, in Jena, da kennen Sie sich ja gut aus, Herr Matschie, gibt es einen Bäcker, bei dem werden Löhne für Vollzeitarbeit von 3,50 € gezahlt. Dann gab es die Situa

tion, dass man aufgrund wirtschaftlicher Lage erstmal gekündigt hat, dann müssen natürlich die Menschen zum Arbeitsamt gehen, dann kommt die gleiche Firma und sagt, ihr dürft jetzt bei uns sechs Stunden arbeiten. Also darüber muss man erstmal nicht reden, was das sowieso schon bedeutet, aber wenn dann jemand sich nicht auf diese Art und Weise - und jetzt sage ich es ganz deutlich - ausbeuten lassen will, geht er zum Arbeitsamt oder zur Arbeitsagentur und die Hartz-IV-Regelungen besagen dann, dass derjenige, der nicht für die sechs Stunden arbeiten will, drei Monate der Sperre unterliegt. Dazu sage ich: kein Weg für die Zukunft, völlig falsch, muss verändert werden - ich will nicht noch andere Worte an der Stelle gebrauchen.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt liegen mir keine weiteren Redeanmeldungen seitens der Abgeordneten mehr vor. Ich frage noch mal in Richtung Landesregierung, Frau Ministerin?

(Zuruf Lieberknecht, Ministerin für So- ziales, Familie und Gesundheit: Die Re- gierung ist zufrieden.)

Die Regierung ist zufrieden, sagt sie. Damit schließe ich die Aussprache zur Regierungserklärung und damit den Tagesordnungspunkt 1.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 4

Thüringer Gesetz zur Umsetzung des Personenstandsrechtsreform- gesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/4388 - ZWEITE BERATUNG

Diese zweite Beratung soll auch heute ohne Aussprache durchgeführt werden, so dass wir direkt abstimmen können über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/4388. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist dieses Gesetz angenommen.

Ich bitte das in der Schlussabstimmung zu bekunden. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Ich frage jetzt noch einmal, ob es Gegenstimmen gibt. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht. Dieser Gesetzentwurf ist angenommen.

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 10 auf

Thüringer Modellprojekt - Lei- tungsoptimierung vor Neubau von Stromnetzen Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/4246 - Neufassung - dazu: Berücksichtigung der thürin- gischen Gutachten zur Not- wendigkeit der 380-kV-Leitung im Gesetzgebungsverfahren Alternativantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/4280 -

Es ist nicht signalisiert worden, dass die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung haben möchte. Die SPD-Fraktion hat auch nicht signalisiert, dass sie ihren Alternativantrag begründen möchte. Aber die Landesregierung hat angekündigt, den Sofortbericht zu erstatten, und dazu bitte ich Minister Reinholz nach vorn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraktion der LINKEN fordert mit ihrem Antrag:

1. ein Modellprojekt zur Leitungsoptimierung auf den Weg zu bringen und einen Neubau von Stromtrassen erst zuzulassen, wenn alle Möglichkeiten zur Optimierung ausgeschöpft sind,

2. das Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus des Höchstspannungsnetzes zu verhindern und

3. gutachterlich Modelle prüfen zu lassen, Hochspannungsnetze in öffentlicher Hand oder über Konzessionsmodelle zu betreiben.

Meine Damen und Herren, dazu ist Folgendes zu sagen:

Zu Punkt 1: Die Thüringer Landesregierung wurde mit Landtagsbeschluss vom 16.11.2007 gebeten, ein unabhängiges Institut mit einem Gutachten zu beauftragen, das sich im Wesentlichen beschäftigen soll mit der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit einer weiteren 380-kV-Trasse, den technischen Möglichkeiten der Netzoptimierung und des Netzmanagements sowie mit den Konsequenzen eines zusätzlichen Stromtransports auf den Bestandstrassen. Damit bin ich bei dem von der SPD-Fraktion in ihrem Auftrag erbetenen Bericht, den ich mit wenigen Worten auch geben kann.

Das Gutachten wurde am 13. Juni 2008 in Auftrag gegeben an die Herren Prof. Dr. Säcker und Prof. Belmans. Herr Prof. Säcker ist Direktor des Instituts für deutsches und europäisches Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Regulierungsrecht an der Freien Universität in Berlin und Herr Prof. Belmans ist Leiter des Instituts für Elektrotechnik an der Universität Leuven in Belgien. Ende Oktober sollen die Ergebnisse vorliegen und deshalb halte ich es nicht für sinnvoll, den Ergebnissen vorzugreifen, indem wir zum jetzigen Zeitpunkt ein Modellprojekt zur Leitungsoptimierung auf den Weg bringen.

Was die Zulassung von Neubauten betrifft, da muss ich Ihnen sagen, auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, dass wir nicht einfach irgendetwas ablehnen oder zulassen können. Auch beim Neubau von Stromtrassen gibt es nun einmal ordentliche Verfahren, an die wir uns zu halten haben. Dazu sind Unterlagen einzureichen, die geprüft werden, und es gibt dann die bekannten Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren. Alles andere, meine Damen und Herren, glaube ich, ist einfach nur Wolkenschieberei. Im Übrigen weise ich auch darauf hin, dass die Planung und der Bau von Hochspannungsleitungen unternehmerische Aufgaben der Netzbetreiber sind, die auch gesetzlich letztendlich festgeschrieben sind. Vielleicht für Sie zur Information: Nach § 11 des Energiewirtschaftsgesetzes sind die Netzbetreiber dazu verpflichtet, zuverlässige und leistungsfähige Energieversorgungsnetze zu betreiben, diese zu warten und bedarfsgerecht natürlich auch auszubauen. Nach § 4 Erneuerbaren Energien-Gesetz - dem EEG - haben die Netzbetreiber den Strom aus erneuerbarer Energie vorrangig abzunehmen, zu übertragen und das bestehende Netz dahin gehend auch auszubauen. Vattenfall begründet nun die Notwendigkeit der Südwestkuppelleitung deshalb insbesondere mit dem EEG, aber auch die Sicherstellung des europaweiten Stromhandels und der Versorgungssicherheit führt das Unternehmen als Begründung an.

Zum Stichwort „Leitungsausbau“ verweise ich auch auf das Energie- und Klimapaket II, das die Bundesregierung am 18.06.2008 beschlossen hat. Bestandteil dieses Pakts ist u.a. der Entwurf eines Energieleitungsausbaugesetzes, des sogenannten EnLAG, das den vordringlichen Ausbau des Höchstspannungsnetzes fordert und sogar vorsieht, den Bedarf für vordringliche Leitungsausbauvorhaben im Bereich der Höchstspannungsübertragungsnetze auf der Basis der europäischen Leitlinien für die transeuropäischen Energiegesetze gesetzlich festzulegen. In deren Anhang, wenn Sie dort reinschauen, finden Sie im Übrigen auch die Verbindungsleitung Region Halle-Saale - Region Schweinfurt, und zwar als vorrangiges Vorhaben. Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit, wie Sie sicher wissen, im Gesetzgebungs

verfahren und wird im Bundesrat im ersten Durchgang voraussichtlich am 19. September beraten werden. Die Beratung im Bundestag dürfte aus jetziger Sicht noch im November dieses Jahres erfolgen, dann folgt der zweite Durchgang im Bundesrat. Angesichts dieser Zeitschiene ist deshalb schlechthin unmöglich, Ergebnisse des Gutachtens von Beginn an im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen zu können, so wie es die SPD in ihrem Antrag fordert.

Ich erinnere daran, das Gutachten soll vertragsgemäß Ende Oktober vorliegen. Erst ab diesem Zeitpunkt können dann natürlich die Ergebnisse im weiteren Verfahren berücksichtigt werden, aber ich darf vor zu großen Erwartungen letztendlich warnen. Die Prüfung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit der Stromtrasse von Halle nach Schweinfurt, der sogenannten Südwestkuppelleitung, ist zwar ein Element des Gutachtens, nach dem Entwurf des Energieleitungsausbaugesetzes wird aber den zuständigen Planungs- und Genehmigungsbehörden die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Projekte bereits vorgegeben.

Unverantwortlich halte ich deshalb die Forderung der Fraktion DIE LINKE, die Hochspannungsnetze in die staatliche Hand zu überführen, denn das bedeutet nichts anderes als einen Schritt nach vorn und dann zwei wieder zurück. Wir haben es gerade der privaten Versorgungswirtschaft letztendlich zu verdanken, dass es gelungen ist, das äußerst marode Energieversorgungssystem der ehemaligen DDR, was ja in staatlicher Hand war, mit großen finanziellen Anstrengungen in eine leistungsfähige und effiziente Energieinfrastruktur zu verwandeln. Dafür, meine Damen und Herren, gibt es genügend Beispiele hier in Thüringen. Ich denke an das Pumpspeicherwerk in Goldisthal, den Ausbau auch der Erdgasversorgung und die Sanierung der Fernwärmeversorgung in ganz Thüringen und nicht zuletzt die derzeit dynamische Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien, insbesondere der Solarindustrie in Thüringen.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten …