Protokoll der Sitzung vom 12.09.2008

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten …

Gern, am Ende.

Gut, am Ende.

Das sind alles Erfolgsgeschichten, die vor allem auf das unternehmerische Engagement zurückgehen. Es sind deshalb an dieser Stelle vor allem die Unternehmer, die ganz wesentlich zur guten Entwicklung unseres Landes auch beigetragen haben. Auch das Energieleitungsausbaugesetz wird dazu beitragen, denn es gehört auch zu den Rahmenbedingungen, um den von uns allen gewollten zügigen Ausbau des Anteils erneuerbarer Energie an der Stromerzeugung zu verstärken und den gewollten grenzüberschreitenden Stromhandel und die Einbindung neuer Kraftwerke letztendlich auch möglich zu machen.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wollen Sie jetzt alle Erfolgsgeschichten völlig ignorieren und hier den kompletten Schwung herausnehmen. Meine Damen und Herren, das kann eigentlich nicht Ihr Ernst sein. Gerade mit Blick auf die künftige wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes sind Ihre Forderungen deshalb nicht nur unverantwortlich, sondern sie zeigen mal wieder, dass Sie auch nichts dazugelernt haben und offensichtlich auch überhaupt nichts dazulernen wollen.

(Beifall CDU)

Auch wenn Sie das so sehr wünschen, nehmen Sie endlich einfach zur Kenntnis, der Staat ist nun mal nicht der bessere Unternehmer. Da hilft Ihnen auch kein wissenschaftliches Gutachten. Das hat die Geschichte der maroden DDR wohl eindeutig gezeigt. Oder haben Sie das vielleicht schon vergessen?

Im Übrigen erinnere ich Sie in diesem Zusammenhang auch daran, dass es die letzte rot-grüne Bundesregierung war, die 2004 das Erneuerbare-Energien-Gesetz beschlossen hat mit dem Ziel, bis zum Jahr 2020 den Anteil der erneuerbaren Energien auf mindestens 20 Prozent zu erhöhen. Auch das geht nur über den Ausbau der Netzinfrastruktur. Deshalb mein Appell an dieser Stelle: Gehen Sie mit dem Thema „Stromtrasse“ seriös und vor allem verantwortungsbewusst um.

Meine Damen und Herren, das Thema „Energieversorgung“ hat einen hohen Stellenwert für den Wirtschaftsstandort Thüringen. Wesentliche Regelungen liegen aber nicht in der Zuständigkeit der Thüringer Landesregierung oder des Thüringer Landtags, sondern sie beruhen auf Bundesrecht oder gar auf europäischen Regelungen. Das, was wir in der Hand haben, regeln wir nicht nach Gutsherrenart, auch wenn der eine oder andere von Ihnen das vielleicht gern möchte, und wir sind auch Teil der gesamtdeutschen Stromversorgungslandschaft und darüber hinaus verpflichtet, auch zu einem sicheren europäi

schen Verbundhandel beizutragen. Auch das kann man nicht einfach ignorieren, meine Damen und Herren. Das ist der Hintergrund, vor dem wir auch das Thema „Leitungsoptimierung“ behandeln müssen, zu dem wir voraussichtlich im Herbst dieses Jahres die Ergebnisse unserer Studie erwarten können. Weil wir gerade deshalb jetzt keine Schnellschüsse zu diesem Thema brauchen, lehnt die Landesregierung den Antrag der Linkspartei in allen Punkten ab. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Jetzt die Frage der Abgeordneten Dr. ScheringerWright.

Danke. Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass das Energiesystem mit den Leitungen in der DDR marode war und deshalb nach der Wende in private Hand überführt werden musste, um das einfach effizienter zu gestalten. War denn in Bayern, das ja bekanntlich nicht zur DDR gehört hat, das Energiesystem, die Leitungen, auch so marode, dass das deswegen auch in privatwirtschaftliche Aktiengesellschaften überführt werden musste?

Die Gründe, warum es in Bayern in private Hände überführt wurde, sind sicher andere als die in der ehemaligen DDR. Aber dass das Energiesystem in der DDR wohl wesentlich maroder war als das bayerische, das ist ja wohl unstrittig. Es hatte seine Gründe in der DDR, weshalb das mit dem Ausverkauf der DDR auch einherging.

Herr Minister, auch der Abgeordnete Kuschel hat noch eine Frage. Lassen Sie die noch zu?

Ja, natürlich.

Bitte, Herr Abgeordneter.

Danke, Frau Präsidentin, danke, Herr Minister. Sie haben ausgeführt, dass wir begreifen sollten, dass

staatliche Unternehmen oder dass der Staat nun einmal nicht besser ist als private Unternehmen. Wie würden Sie denn in diesem Zusammenhang die wirtschaftliche Betätigung der Stadtwerke in Thüringen bewerten? Würden Sie dort auch sagen, dass die unfähig sind, sich am Markt zu behaupten, denn das sind auch öffentliche Unternehmen?

Das sind zum einem keine staatlichen Unternehmen, sondern kommunale, Herr Kuschel, und im Endeffekt wissen Sie genauso gut wie ich, dass im großen Wettbewerb die Stadtwerke sicher nicht die große Rolle spielen werden.

Danke. Damit ist der Sofortbericht gegeben und ich frage, wer die Aussprache zum Sofortbericht wünscht. Die Fraktion DIE LINKE, die CDU-Fraktion und die SPD-Fraktion. Damit würde ich die Aussprache eröffnen, einmal zum Sofortbericht zu Ziffer 1 des Alternativantrags der SPD-Fraktion und natürlich zugleich zum Antrag der Fraktion DIE LINKE und zu Ziffer 2 des Alternativantrags der SPD. In der Aussprache hat als Erster Dr. Schubert, SPDFraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben hier im Landtag schon recht oft über dieses Thema gesprochen. Ich denke, das ist auch nicht unbedingt verkehrt, weil es ein Thema ist für die Menschen, die an der zukünftigen Trasse, so sie denn jemals kommen wird, leben und doch sehr davon beeinträchtigt sind, für die es ein sehr wichtiges Thema ist. Deshalb finde ich es auch gut, dass wir uns im Landtag damit regelmäßig beschäftigen. Nur darf nicht der Eindruck entstehen, dass der Landtag am Ende irgendwann entscheidet, ob die Leitung gebaut wird oder nicht. Das ist nicht der Fall. Das sollten wir auch immer wieder deutlich machen, weil wir sonst in eine Rolle hineinkommen, die wir nicht erfüllen können. Wir können sicherlich den Prozess dieser Geschichte begleiten und auch in gewisser Weise beeinflussen, aber wir werden es nicht entscheiden.

Wir reden heute über einen Antrag der Fraktion DIE LINKE und über einen entsprechenden Alternativantrag unserer Fraktion. Der Antragsteller DIE LINKE fordert, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Verabschiedung des Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus des Hochspannungsnetzes zu vermeiden. Das Gesetz hieß, glaube ich, ein bisschen anders. Diese Forderung können wir nicht unterstüt

zen, da Sie in typischer Manier erst einmal alles pauschal ablehnen. Die Pauschalablehnung des Leitungsausbaubeschleunigungsgesetzes, so heißt es ganz genau, ist zudem unangemessen, da es in diesem Gesetz bei Weitem nicht nur um Thüringen geht, sondern um Ausbauvorhaben in ganz Deutschland. In Niedersachsen wird man sicherlich froh sein, dass jetzt ein solcher Kompromiss erzielt werden konnte und dass dort statt ungeliebter Freileitungen Erdkabel verlegt werden können. Ich kann das von dieser Stelle überhaupt nicht beurteilen, wie sich das in Niedersachsen verhält, aber ich finde es einfach nicht in Ordnung, dass man pauschal dann gegen ein solches Gesetz ist, nur weil ein Stück auch darin Thüringen eine Rolle spielt.

(Beifall CDU, SPD)

Wir sind dagegen der Auffassung, deswegen haben wir das auch in unserem Alternativantrag so formuliert, dass die Gutachten, die hier existieren, einmal das Jahresgutachten und dann das, was von der Landesregierung erstellt wird und was, wie wir gehört haben, im Oktober fertig sein soll und damit auch noch, denke ich, rechtzeitig in das Gesetzgebungsverfahren mit einfließen kann, mit berücksichtigt werden und dann zu entscheiden ist, ob die Südwestkuppelleitung per Gesetz festgeschrieben wird oder nicht. Das muss man dann in diesem Gesetzgebungsverfahren einfach mit tun. Das halten wir auch für notwendig, denn so einfach pauschal zu sagen, diese Leitung wird gebaut und es wird per Gesetz festgeschrieben und vorhandene Gutachten und noch zu erstellende Gutachten dabei nicht zu berücksichtigen, das halte ich auch nicht für den richtigen Weg.

Herr Reinholz, Sie hatten ja den Punkt 1, das Berichtsersuchen, erfüllt, mehr konnten Sie uns sicherlich auch nicht sagen, weil das Gutachten noch nicht fertig ist, aber Sie haben nicht gesagt, wie Sie zu Punkt 2 unseres Alternativantrags, dass die Gutachten mit berücksichtigt werden sollen, stehen. Vielleicht sagt Herr Carius oder wer auch immer von der CDUFraktion dazu redet, ja Herr Dr. Krapp, noch etwas dazu, weil uns das schon interessieren würde, ob Sie diesem Teil zustimmen können.

Man muss unterscheiden, auf der einen Seite geht es um das Gesetzesvorhaben auf Bundesebene, wo - wenn das so kommen würde, wie es als Entwurf vorliegt - dann die Notwendigkeit dieser Leitung festgeschrieben ist. Dann braucht die Notwendigkeit in dem Genehmigungsverfahren auch nicht noch einmal neu geklärt werden, dann ist das per Gesetz festgelegt. Darauf hat die Landesregierung im Bundesrat auch einen gewissen Einfluss, während dagegen das Genehmigungsverfahren an sich ein reines Verfahren ist und nach entsprechenden Gesetzen abzuarbeiten ist, da ist der politische Einfluss meiner Ansicht nach

relativ gering. Deshalb ist das die richtige Stelle, bei der man Einfluss nehmen kann. Das sollte getan werden nach unserer Meinung, deshalb unser Alternativantrag. Wir bitten Sie um Zustimmung.

Ein paar Bemerkungen möchte ich jetzt auch noch zu dem Thema Privatisierung oder das Gegenteil, Verstaatlichung der Hochspannungsnetze äußern, wobei erst einmal die Frage an erster Stelle steht: Was ist überhaupt mit Hochspannungsnetzen gemeint? Da geht es um die Höchstspannungsnetze, also die 220- und 380-kV-Ebene. Oder wollen Sie auch die 110-kV-Ebene, weil das nämlich die Hochspannungsebene ist, auch verstaatlichen? Das geht aus dem Antrag nicht so richtig hervor. Wenn das der Fall ist, weiß ich nicht, wo die vielen Milliarden herkommen sollen, die das alles kosten wird, denn man kann sicherlich kaum die jetzigen Besitzer enteignen, sondern dann müsste man das denen abkaufen und dann ist wirklich die Frage, wo das Geld dafür herkommen soll.

Eine weitere Frage ist: In Ihrem Antrag steht, die Betreibung soll dann in Zukunft staatlich durchgeführt werden. Was ist die Betreibung? Ist damit das Eigentum gemeint oder nur die Betriebsführung und die Wartung der Leitungen? Auch das geht aus dem Antrag nicht so richtig hervor.

Zum Grundprinzip noch einmal: In Deutschland sind die Netze und damit auch die Übertragungsnetze durch die Bundesnetzagentur reguliert. Wir haben also eigentlich keinen freien Markt, sondern wir haben einen Privaten, der das betreibt, aber der muss alle Zahlen, die er hat, gegenüber der Netzagentur offenlegen. Wir haben in dem Sinne zwar einen privaten Betreiber, aber der ist staatlich reguliert. Also ist es quasi - ich will nicht sagen Verstaatlichung - unter staatlicher Kontrolle, das reicht aus meiner Sicht vollkommen aus, um hier nicht einem Monopolisten einen enormen Vorsprung zu verschaffen.

Dann kommt ja noch dazu, dass jetzt die so ungeliebten großen Energiekonzerne dabei sind, die Übertragungsnetze zu verkaufen - zumindest hört man das von E.ON. Von Vattenfall haben wir Ähnliches gehört. Also wenn diese dann nicht mehr im Eigentum derjenigen sind, die auch die Hauptproduzenten in Deutschland sind, dann, denke ich, ist dem Genüge getan. Dann ist das aus unserer Sicht die richtige Lösung für das Thema der Übertragungsnetze.

Noch mal zusammengefasst, meine Damen und Herren: Ich denke, der Antrag, der von den LINKEN vorgelegt worden ist, kann so nicht von uns mitgetragen werden. Wir haben dazu einen Alternativantrag gestellt, der wesentlich zielführender ist. Ich bitte Sie um Zustimmung.

(Beifall SPD)

Das Wort hat jetzt Abgeordnete Enders, Fraktion DIE LINKE.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Schubert, ich komme nachher noch mal auf die Beantwortung Ihrer Fragen, die Sie von diesem Pult aus hier gestellt haben.

Sehr geehrter Herr Minister Reinholz, ich habe von der Landesregierung eigentlich nichts anderes erwartet. Sie tut wieder nichts, sie versucht keine neuen Wege zu gehen. Aber ich sage Ihnen auch, wir werden nicht locker lassen, wir werden Sie schon auf den richtigen Weg bringen.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Grüner, CDU: Auf den Holzweg.)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wenn Sie uns dann noch sagen würden, wie?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren - auch zu dem Wie, Herr Höhn, komme ich nachher noch mal und werde noch einmal einige Ausführungen machen. Um es gleich noch mal vorweg zu sagen, ich rede hier auch im Auftrag Tausender Bürgerinnen und Bürger aus Bayern und Thüringen, deren Protest gegen die mehrfach auch hier in diesem Hohen Hause debattierte 380-kV-Leitung Halle-Schweinfurt ungebrochen ist. Aber ich bin auch froh - und das möchte ich auch eingangs meines Beitrags hier feststellen -, es ist Bewegung in die Energiedebatte gekommen, und das nicht zuletzt auch durch den Protest der Bürgerinnen und Bürger, ihnen ist es auch zu verdanken, ihren Landkreisen, ihren Städten und Gemeinden in Thüringen, in Bayern, aber auch in Hessen, Niedersachsen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, ja in der gesamten Bundesrepublik und auch über Deutschland hinaus. Ich sage Ihnen auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir tun gut daran, wenn wir das nicht als Problem oder vielleicht als Schikane betrachten, im Gegenteil, wir sollten es als wirkliche Chance sehen, mittel- und langfristig ein sinnvolles Energiegesamtkonzept zu entwickeln.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, DIE LINKE in Thüringen sieht diese Chance. Unsere Aufgabe als Politiker ist es - und das sowohl auf Landes-,

auf Bundes- und auf EU-Ebene -, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Deshalb liegt auch hier unser Beschlussantrag heute vor, der drei Punkte umfasst:

1. die Initiierung eines Modellprojekts zur Netzoptimierung und Netzverstärkung vor Leitungsneubau;

2. die Nutzung aller Möglichkeiten durch die Thüringer Landesregierung zur Verhinderung des geplanten Bundesgesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze - auch EnLAG genannt;

3. die Untersuchung von verschiedenen Modellen zur Betreibung von Höchstspannungsnetzen in öffentlicher Hand bzw. auch Prüfung von Konzessionsmodellen.

Ich komme nun zum ersten Punkt. Gemäß dem von 33 Landräten, Oberbürgermeistern, Bürgermeistern und Bürgerinitiativen aus Thüringen und Bayern in Auftrag gegebenen Gutachten der Professoren Jarass und Obermaier können durch den Einsatz von Hochtemperaturseilen und von Freileitungsmonitoring die Kapazitäten vorhandener Höchstspannungsleitungen um bis zu 100 Prozent gesteigert werden. Gleichzeitig - auch das wiederhole ich hier an dieser Stelle - würde die Aufrüstung dieser Leitungen nur einen Bruchteil dessen ausmachen, was der Neubau von Freileitungen kosten würde.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie waren doch in Berlin mit dabei.)

Ich war mit dabei, ich habe auch ganz deutlich von Vattenfall gehört, dass man Freileitungsmonitoring grundsätzlich ablehnt und dass man sich eben auch nicht den Aufgaben stellt, Hochtemperaturseile zum Einsatz zu bringen. Ich denke, das haben Sie auch sehr, sehr deutlich dort bei Vattenfall in Berlin hören können