Ich frage noch einmal: Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Das war nicht der Fall. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu Nummer II des Antrags. Das Wort hat Frau Ministerin Taubert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung möchte ich zum Antrag der Fraktion der FDP wie folgt berichten. Es geht um das Thema „Ehrenamt stärken - ehrenamtlich Tätige entlasten“ und wie in dem Antrag der FDP ausgeführt, ist es natürlich auch unsere Auffassung, dass das Ehrenamt,
Ob das das öffentliche Leben ist, ob sie Kreistagsmitglied sind, Stadtratsmitglied, Gemeinderatsmitglied, ob sie auch in anderen Bereichen tätig sind, im sozialen Bereich, im kulturellen Bereich, bei der Feuerwehr, beim Sport. Ganz vielfältig ist dieses Engagement und dafür möchten wir den Menschen im Lande auch ganz herzlich danken.
Da es eben nicht ausreicht, beim Dank zu bleiben, hat die Thüringer Landesregierung sehr kontinuierlich die Förderung des Ehrenamtes durch die Stiftung Ehrenamt getan seit vielen Jahren. Das ist auch Voraussetzung, warum sich manches in Thüringen entwickelt hat, und es zeigt auch, dass die Stiftung Ehrenamt intensiv dazu beiträgt, dass unser Ehrenamt in ganz vielen Bereichen eine hohe Qualität hat. Natürlich sollen auch die Anreize zum bürgerschaftlichen Engagement verstärkt werden. Ich finde es gut, wenn wir darüber sprechen, dass Bürokratieabbau in Verwaltungsvorgängen stattfinden muss, soweit man das in irgendeiner Form tun kann. Jeder, der mal einen Verein gegründet hat, der weiß ja: Vereinsregister ummelden, Vorstand umgestrickt wieder ummelden usw. Andererseits muss man aber auch sagen, es gibt so minimale Dinge, die auch gemacht werden müssen. Man muss auch wissen, wer ist Vorsitzender eines Vereins, wer haftet am Ende dafür; all das ist notwendig. Aber alles, was nicht sein muss, das wollen wir, so denke ich, auch gemeinsam vermeiden.
Meine Damen und Herren, die freiwillige und unentgeltliche Beteiligung im Interesse des Gemeinwesens ermöglicht auch als Herausforderung und sinnstiftende Betätigung die persönliche Weiterentwicklung eines jeden. Deshalb gehören sowohl gute strukturelle Rahmenbedingungen als auch die fachliche Begleitung und individuelle Qualifikation der Bürgerinnen und Bürger zu einer erfolgreichen Engagementpolitik. Bei den Bürgern des Freistaats soll ein vielfältiges Beteiligungsinteresse am bürgerschaftlichen Engagement geweckt und erhalten werden. Wenn Sie sich mal mit der Stiftung Ehrenamt beschäftigen und auch wissen, was vor Ort passiert, dann wissen Sie, an ganz vielen Stellen ist die Stiftung tätig geworden, hat angeregt, wenn ich an die Märkte denke, Austausch ehrenamtlicher Arbeit mit möglichen Leistungen auch von Betrieben; ein ganz tolles Teil, der Marktplatz der Möglichkeiten. Oder wenn ich jetzt daran denke, dass wir versuchen, Ehrenamtliche zu schulen in bestimmten
Bereichen, also auch eine konzentrierte und eine qualitativ hochwertige Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu betätigen, dass sie sich Wissen aneignen können. Oder wenn ich an die Ehrenamtskarte denke, also ganz viele Maßnahmen, die mit der Stiftung Ehrenamt im Freistaat entstanden sind und die ja auch in der Vergangenheit fraktionsübergreifend hier im Landtag gewürdigt wurden.
Ich möchte nun zu den einzelnen Fragen kommen, also Nummer II Frage 1, wie viele Ehrenamtliche es in Thüringen gibt. Wir haben natürlich keine genauen Statistiken. Sie wissen, manche sind auch doppelt unterwegs und dreifach unterwegs im Ehrenamt, aber man kann aus den Ergebnissen des Deutschen Freiwilligensurveys beziehungsweise anderer wissenschaftlicher Erhebungen - ich will die nexus-Studie, die die Ehrenamtsstiftung selbst in Auftrag gegeben hat, aufgreifen - zu dem Urteil kommen, dass eine Beteiligungsquote von ca. 30 Prozent der über 14jährigen Thüringerinnen und Thüringer im ehrenamtlichen Bereich konstatiert werden kann. Die Fragen, in welchem konkreten zeitlichen Umfang die Menschen tätig sind, sind ebenfalls sehr schwer zu beurteilen. Denn es wäre ja mehr Bürokratie, wenn ich jetzt als Ehrenamtliche auch noch monatlich einen Bericht geben müsste, wie viele Stunden ich denn da tätig sei. Auch da haben wir versucht, über Befragungen zu einem Urteil zu kommen. Wir haben 2009 von Generali Deutschland einen Engagement-Atlas zur Verfügung. Daraus ist abzuleiten, dass ca. 16 Stunden pro engagierter Person im Monat geleistet werden. Aber auch da gibt es ganz unterschiedliche Dinge, von dem, der sich einmal im Halbjahr im Verein sehen lässt, bis zu dem, der allwöchentlich 40 Stunden ehrenamtlich, weil er die Möglichkeiten hat, im Verein oder in einem anderen Ehrenamt arbeitet.
Der Punkt 3 fragt, in welchen Bereichen die Ehrenamtlichen hauptsächlich tätig sind. Auch da ist der Engagementbericht der Bundesregierung 2012 unsere Auskunftsquelle, das geht über Deutschland. Durchschnittlich, das können wir auch hier feststellen, ist vor allen Dingen der Bereich Sport und Bewegung mit 10 bis 11 Prozent sehr aktiv. Ein weiteres Engagementfeld sind Schule und Kindergarten mit durchschnittlich 6 Prozent. Kirche und Religion liegen ebenfalls in diesem Bereich um 6 Prozent. Dieser Wert ist aufgrund natürlich der DDR-Geschichte und auch der gesellschaftlichen Strukturen durchaus nicht so hoch wie vielleicht in anderen Bundesländern, aber auch da sieht man, dass die eigene Lebenswirklichkeit sich niederschlägt. Wir haben die Bereiche Gesundheit, Jugendarbeit, Erwachsenenbildung, Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie politische Interessenvertretung mit 3 Prozent in diesem Bericht aufgeführt. Ebenfalls explizit benannt werden Unfall- und Rettungsdienst sowie die freiwillige Feuerwehr mit einem Anteil von ebenfalls
Wir können aus der nexus-Studie, da komme ich zu Punkt 4, sehen, dass wir einen leichten Rückgang von 2002 bis 2008 im Bereich des Ehrenamts haben. Wer mal bei den Sportlern war, der weiß, die sagen immer ganz freudestrahlend, bei uns ist das nicht passiert. Aber das ist natürlich auch eine Lebenswirklichkeit, wer sich im Ehrenamt engagiert. Ich habe Schule/Kindergarten gesagt. Da sind die Eltern natürlich zuallererst angesprochen, die dort ehrenamtlich tätig sind. So wie die Verläufe vor Ort sind, wie auch Personengruppen als Interessengruppen aus bestimmten ehrenamtlichen Tätigkeiten herauswachsen oder auch hineinwachsen, so unterschiedlich ist dann eben auch an der Stelle das Engagement.
Ich komme zu Punkt 5, den bürokratischen Auflagen. Zu dieser Frage wäre eine allgemeingültige Auskunft nicht sachgerecht, da die Art und der Umfang von Auflagen und Berichtspflichten dem speziell ausgeübten Ehrenamt geschuldet sind. Ich habe bereits den Verein angesprochen. Da, wo wir im Interesse von Rechtssicherheit, Anerkennung und Qualität einen angemessenen Rahmen brauchen, ist natürlich auch diese Verwaltungsleistung wichtig für alle Beteiligten. Zum Beispiel ist die ehrenamtliche Arbeit in den Vorständen von Vereinen und Verbänden mit einem höheren Verwaltungsaufwand und damit Bürokratie verbunden, weil es hier natürlich auch um steuer-, zivilrechtliche und andere Haftungsrisiken geht, währenddessen das in anderen Bereichen nicht so der Fall ist.
Sehr geehrte Damen und Herren von der FDPFraktion, ich muss Ihnen bei der Frage natürlich auch sagen, dass derartige Abfragen - Sie nennen es hier Berichtsersuchen, aber am Ende sind das Abfragen - wir ja selber nicht beantworten können. Also wir müssen uns wieder der Kreise, der Gemeinden bedienen, müssen schauen, auf welche Landesverbände können wir zurückgreifen. Das alles erzeugt nicht nur bei uns einen Aufwand, wie gesagt, den trägt das Ministerium, das ist nicht die Frage, aber es ist natürlich dann so, dass auch bei den Betroffenen ganz viel Arbeit entsteht, wenn wir solche Abfragen machen, die wir am Ende auch nur, weil es keine Stichprobe ist, die wissenschaftlich in Auftrag gegeben wurde, die man dann vielleicht auch bezahlt, alles in Ehrenamt geleistet wird und natürlich auch wieder Bürokratie verursacht.
Der Punkt 6, da bitte ich Sie einfach auch ganz herzlich, in der Presse war einiges zu ermitteln, den Kabinettsentwurf der Bundesregierung in diesem Bereich zu rezitieren.
Das lassen Sie mir bitte frei, das dürfen Sie dann tun, ja, das freut mich ganz herzlich. Wie gesagt, es sind gute Sachen dabei. Wir stehen vielen Dingen da sehr offen gegenüber. Wenn das als eine Wertung der Landesregierung ausreicht, denke ich, ist das okay.
Für die in Ziffer III aufgestellte Forderung, dass die Landesregierung sich im Bundesrat für eine klarstellende Neuregelung des § 12 der Justizverwaltungskostenordnung einsetzen soll, durch die die vollständige Gebührenfreiheit für Führungszeugnisse für ehrenamtliche Zwecke zukünftig gesetzlich festgeschrieben werden soll, sehen wir naturgemäß keinen Handlungsbedarf. Die Zeit ist einfach rum. Ihr Antrag ist am 09.11. im Thüringer Landtag eingegangen und am 12. Oktober, also einen knappen Monat vorher, hat der Bundesrat mit Beschluss in Drucksache 517/12 dazu ja etwas beschlossen. Mittlerweile ist das auch umgesetzt worden, die Bundesregierung hat das aufgenommen. Ich weiß natürlich auch, auch aus der kommunalen Familie, das sind so die kleinen Dinge, wir haben uns ja auch für diese Kostenfreiheit der Führungszeugnisse eingesetzt, aber am Ende sind die Verwaltungsgebühreneinnahmen ersatzlos dann weggefallen, für die Betroffenen gut im Ehrenamt, für die Kommune, die sie hätte einnehmen können, nicht so ganz gut. Aber die kommunalen Vertreter haben gesagt, sie sind für die Ehrenamtlichen und im Interesse der Ehrenamtlichen auch standhaft und werden das nicht bemängeln.
Dann noch einmal die Bitte, Sie haben viele Anfragen gestellt, vier Anfragen zum Ehrenamt, 37 Unterfragen. Ich habe gerade beschrieben, wie der Weg geht. Wir werden das natürlich pflichtgemäß zusammenstellen, wenn Sie sich nicht entscheiden können, diesen Mehraufwand den Vereinen und Verbänden zu ersparen. Wenn Sie sie zurückziehen, haben Sie sie nicht, wenn Sie sie belassen, ist es auch okay. Ich bin da am wenigsten betroffen als Ministerin und meine Kollegen sind auch noch am wenigsten betroffen. Die Hauptarbeit haben in dem Fall die Ehrenamtlichen vor Ort. Herzlichen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Frau Ministerin, für den Sofortbericht. Dann frage ich jetzt: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer II? Das sind die Fraktionen der FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, der SPD und der CDU, also alle Fraktionen. Damit eröffne ich jetzt auf Verlangen aller Fraktionen die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer II und gleichzeitig eröffne ich die Aussprache zu den Nummern I und III des Antrags. Als Erster zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Marian Koppe für die FDP-Fraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielen Dank, Frau Ministerin für den Sofortbericht. In Beziehung auf die Ehrenamtsstiftung will ich Ihnen ausdrücklich recht geben, auch zu 100 Prozent. Auch mit der Stiftungsratsvorsitzenden, so heißt es, glaube ich, richtig, die Sie ja sind, ich glaube, die Ehrenamtsstiftung ist eine der Stiftungen in Thüringen, die explizit dafür steht, wie gut Stiftung funktionieren kann, wenn es denn strukturiert und auch dem Ziel entsprechend dort angelegt ist. Von daher kann ich mich dem Lob oder der Wiedergabe von Frau Ministerin Taubert zur Ehrenamtsstiftung nur hundertprozentig anschließen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das Ehrenamt zu stärken und zu würdigen, ist aus unserer Sicht eine wichtige Aufgabe der Politik, denn eines ist klar und dürfte auch diesem Hohen Haus klar sein: Ohne die vielen Freiwilligen in den unterschiedlichsten Tätigkeitsund Lebensbereichen würde in unserem Gemeinwesen nichts mehr funktionieren.
Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass, egal ob im Sport, in der Bildung, in sozialen Einrichtungen, in der Politik und in so manchen anderen Handlungsfeldern, die ehrenamtliche Tätigkeit die Grundvoraussetzung für das Gelingen des Hauptamts ist. Wir hätten z.B. keine international erfolgreichen Sportler, wir hätten kein funktionierendes Hospizund Pflegewesen und auch keine politischen Organisationen ohne die vielen helfenden Hände, die zum Gelingen unseres Gemeinwesens beitragen.
Ich bin auch der festen Überzeugung, dass das Ehrenamt der Kitt unserer Gesellschaft ist. Am Engagement, an der Bereitschaft, sich als Einzelner einzubringen, kann man nach unserer Meinung auch sehr gut ablesen, wie es um unsere Gesellschaft bestellt ist. Aber wie entwickelt sich denn der Indikator Ehrenamt in Deutschland? Stimmt denn die Mär von der atomisierten Gesellschaft, wie wir es auch hier in diesem Hohen Haus ab und zu hören? Ich denke, das Gegenteil ist der Fall und ich kann das, glaube ich, auch belegen. Nach Zahlen aus dem Jahre 2009 waren rund 36 Prozent aller Bundesbürger freiwillig engagiert. Sie brachten sich in Vereinen, Initiativen, Projekten, Selbsthilfegruppen und sozialen Einrichtungen aktiv ein und übernahmen dort freiwillig und unbezahlt oder nur gegen eine geringe Aufwandsentschädigung bestimmte Aufgaben. 1999 waren es noch 34 Prozent, die sich ehrenamtlich engagierten. Besondere Wachstumsgruppen in diesem Zeitraum zwischen 1999 und 2009 waren vor allem erwerbstätige Frauen, ältere Menschen ab 60 Jahren, arbeitslose Menschen und Migranten. Jugendliche sind häufig freiwillig enga
giert und überdurchschnittlich bereit, sich zu engagieren. Insgesamt waren 2009 zusätzlich zu den 36 Prozent Freiwilligen weitere 37 Prozent bereit, sich bestimmt oder mindestens eventuell freiwillig zu engagieren. Wie Sie sehen, stimmt es noch in unserer Gesellschaft, und das macht mich froh. Aber - und dies muss man selbstkritisch auch bemängeln - es findet die Würdigung des Ehrenamts im tagtäglichen politischen Geschäft nicht immer den Raum, den es im wahrsten Sinne des Wortes verdient hat, trotz Preisen und trotz der Ehrenamtsstiftung. Ich denke, es ist Zeit, auch als Landtag diesen vielen engagierten Menschen Dank und Anerkennung auszusprechen.
Ich spreche hier nicht davon, dass man möglichst viel des Ehrenamts in ein Hauptamt umwandeln sollte, im Gegenteil. Ich bin überzeugt, dass Ehrenamt stets im besten Wortsinn ein Ehrenamt bleiben sollte. Aber wir können als Politik etwas tun, indem wir zusehen, wie wir die ehrenamtlich Tätigen von unnötiger Belastung befreien
und damit den engagierten Bürgerinnen und Bürgern den Freiraum geben, den sie für die Ausübung ihrer Tätigkeit benötigen. Wir müssen alles tun, um den Ehrenamtlern das Ehrenamt nicht zu verleiden und es für möglichst viele attraktiv zu halten. Jeder, der einmal in einem Verein auch an der Leitung beteiligt war, weiß, was ich meine, nämlich das Ehrenamt von Bürokratie und unnötigen Kosten zu entlasten.
Dies, meine werten Kolleginnen und Kollegen, ist die höchste Form der Anerkennung, die wir als Politik dem bürgerschaftlichen Engagement zuteil werden lassen können.
Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung am 24. Oktober 2012 dazu das sogenannte Gemeinnützigkeitsstärkungsgesetz beschlossen. Ich gebe zu, der Name hat mit Sicherheit nicht zur Erleichterung beigetragen, aber es kommt ja bekanntlich auch auf den Inhalt an. Ab 1. Januar nächsten Jahres sollen zahlreiche Erleichterungen für ehrenamtlich Tätige in Kraft treten. Vorgesehen sind u.a. folgende Maßnahmen.
Im Einkommensteuerrecht werden die Überleitungspauschale von 2.100 € auf 2.400 € und die Ehrenamtspauschale von 500 € auf 720 € erhöht. Die Umsatzgrenze für die Klassifizierung von sportlichen Veranstaltungen eines Sportvereins als Zweckbetrieb wird von 35.000 € auf 45.000 € angehoben. Ziel ist es, die eher am Breitensport orientierten Vereine von Bürokratiekosten zu entlasten.
Bei kleineren Veranstaltungen entfällt die Pflicht, die Ausgaben detailliert dem steuerpflichtigen bzw. dem steuerfreien Bereich zuzuordnen.