Ich habe mich anders als Sie, Herr Ramelow, zwar nicht forensisch um den Immunitätsschutz verdient gemacht; aber ich habe mich 20 Jahre damit beschäftigt und habe insofern ein relativ klares Urteil, wie weit die Immunität reicht oder nicht reicht.
Ich sage Ihnen, in diesem Fall findet die Immunität keine Anwendung, das sage ich Ihnen als Staatsrechtslehrer. Herzlichen Dank.
Ich habe jetzt verstanden, warum die SPD ihren Koalitionspartner gebeten hat, diese Aktuelle Stunde nicht draufzusetzen. Das, was jetzt hier gerade passiert ist, ist der Versuch der Fortführung der Vorwegverurteilung, die in der Drucksache 5/431 begonnen hat. Das Wort „rechtswidrig“ haben Sie reingeschrieben und Sie haben es als Innenminister unterschrieben. In der ganzen Drucksache wird nicht erwähnt, dass die Büros als Wahlkreisbüros der Abgeordneten gekennzeichnet sind; sie sind groß gekennzeichnet. Es ist nicht in Ihrer Beantwortung darauf hingewiesen worden, dass die Abgeordnete Hennig auf die Umstände hingewiesen hat, dass eine Beschlagnahmung in den Räumen nicht stattfinden darf. Daraufhin hat die Diensthabende gesagt, davon wüsste sie nichts, sie hätte davon auch keine Kenntnis. Daraufhin hat die Abgeordnete Hennig darauf bestanden, mit der Staatsanwältin zu telefonieren, was die Einsatzleiterin auch genehmigt hat mit ihrem Diensttelefon. Sie hat mit dem Diensttelefon mit der Staatsanwältin geredet und die Frage aufgeworfen: Wissen Sie, dass es sich um zwei Wahlkreisbüros handelt, bei der keine Durchsuchung und Beschlagnahmung vorgenommen werden kann? Daraufhin hat die Staatsanwältin gesagt, sie hat keine Kenntnis von diesem Umstand, sie muss mit der Richterin darüber reden. So funktioniert das nämlich im Rechtsstaat. Erst nach Rücksprache mit der Richterin hat die Staatsanwältin wieder mit der Abgeordneten Hennig gesprochen und daraufhin hat die Abgeordnete Hennig zur Feststellung der Personalien die Räumlichkeiten geöffnet. Dazu musste sie durch den Seiteneingang gehen, wozu Sie schreiben, dass sie den verleugnet hätte. Sie ist vor den Augen der Einsatzleiterin durch den Seiteneingang und hat die Tür geöffnet
und drinnen konnten Personalien festgestellt werden. Um eines klarzustellen: Es geht nicht darum, die beiden Täter, um die es hier geht, zu schützen. Darum ist es nie gegangen. Es ist auch nie darum gegangen, Menschen zu beschützen, die mit Pfefferspray Zivilisten angreifen, die Polizisten schlagen oder Menschen angreifen. Darum ist es nie gegangen. Es ist immer um die Frage gegangen: Warum stehen 12 Polizeiwagen vor diesem Büro und warum handeln drei Polizisten, die in dem Büro sind, nicht und nehmen die zwei fest, um die es geht? Das ist die Frage, die Sie alle nicht beantworten.
Was ich nicht verstehe, ist, dass in Ihrer Drucksache nicht darauf eingegangen wird, was die Richterin ausgeführt hat; man hätte mal im Justizministerium fragen müssen. Es steht nicht drin, was die Staatsanwältin an dem Abend gemacht hat, welche Feststellungen bei der Staatsanwältin protokolliert worden sind, und - und das war der Punkt, den wir im Ältestenrat besprochen haben und das war der Dissens mit der CDU - wir haben gesagt, es gibt Widersprüche zwischen der Drucksache 5/431 und den beantragten Immunitätsaufhebungen, und zwar objektive, prüfbare Widersprüche, die nicht erklärbar sind. Der Oberstaatsanwalt schreibt von anderen Tatbeständen. Er behauptet, dass Frau Hennig innen drin den Hinterausgang verweigert hätte. Die Drucksache sagt, dass sie den Zutritt verweigert hätte. Den innen drin sich befindenden Hinterausgang kann sie überhaupt nicht verleugnet haben, weil es den überhaupt nicht gibt. Ein Hineingehen würde eine einfache räumliche Prüfung auslösen und man wüsste, dass sich der Vorgang irgendwie so nicht abgespielt hat, wie entweder der Oberstaatsanwalt schreibt oder wie Sie, Herr Innenminister, schreiben. Wir fragen, warum das Innenministerium und das Justizministerium nicht gemeinsam für die Landesregierung antworten. Deswegen, Herr Innenminister - es tut mir leid -, wir haben einen Antrag gestellt, die Immunitätsfragen generell für die Wahlkreisbüros zu klären. Ich möchte, dass erst dieses Gutachten auf den Tisch gelegt wird und dass wir dann klären, ob Frau Hennig sich korrekt benommen hat. Dann würde ich gern wissen wollen, ob Sie sich auch entschuldigen, falls die Polizei einen groben Fehler gemacht hat bei der Art der Polizeiführung, die an dem Abend angewendet worden ist.
Herr Ramelow, zum einen kann ich nur sagen, dass Durchsuchungen nicht zulässig sind. Das habe ich in meinem Redebeitrag dargestellt, das folgt auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Es geht aber nicht darum, und es ging auch bei der Kleinen Anfrage nicht darum, die Entscheidung über die Aufhebung der Immunität zu begründen. Natürlich ist es denkbar, dass die Schilderung des Sachverhalts, wie er in der Drucksache 5/431 niedergelegt ist, nicht vollständig war, dass unser Erkenntnisstand später besser wird und dass es Widersprüche gegeben hat. Das zu entscheiden ist Aufgabe des Immunitätsausschusses, darüber reden wir hier aber nicht. Wir reden hier über die Anfrage, die der Abgeordnete Fiedler gestellt hat, und über nichts anderes. Sollte die Polizei sich tatsächlich falsch verhalten haben, stehe ich nicht an, mich zu entschuldigen, das ist überhaupt keine Frage. Bisher kann ich es aber nicht erkennen.
Ich sehe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen. Ich weise aber vorsorglich darauf hin, weil ich mich gerade noch mal mit der Verwaltung unterhalten habe, dass ich ständig darüber nachdenken musste, inwiefern ich die Debatte abbreche, weil genau solche Fragen angesprochen worden sind, die man hätte vertraulich behandeln müssen. Diese Debatte - einen Moment, Herr Fiedler - in der Aktuellen Stunde - ich hatte also immer wieder diese Schwierigkeit, für mich zu entscheiden, wo und an welcher Stelle ich gegebenenfalls eingreifen muss - zeigt die Schwierigkeit des Verfahrens in dieser Form der Behandlung.
Es gibt keine weiteren Redeanmeldungen, ich schließe diesen Teil der Aktuellen Stunde und rufe den fünften Teil auf
e) auf Antrag der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Friedlich blockieren - bunt Zivil- courage demonstrieren. Was folgt aus dem 13. Februar in Dresden unter anderem für den 1. Mai in Erfurt und das ‚Fest der Völker’?“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/490 -
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, was folgt auf den 13. Februar? Was folgt für die Thüringer Kommunen, was folgt auch für uns als Landtag aus der erfolgreichen - so will ich es nennen - Verhinderung des Naziaufmarsches durch Dresden am 13. Februar dieses Jahres?
Aber sie waren da und ich werde jetzt nicht noch einmal genauer auf die Aktionen vor Ort eingehen. Ich will Ihnen einen Eindruck schildern, der mich unheimlich betroffen gemacht hat. Ich gehöre nicht zu denen, die mit den 29 Bussen angereist sind, was, wie ich meine, ein bemerkenswertes Signal ist, dass 29 Busse aus Thüringen nach Dresden gefahren sind, um dort diese friedlichen Blockaden, diese friedlichen Proteste auf unterschiedlichste Art und Weise zu unterstützen. Ich bin mit dem Zug angereist. Ich kam an am Neustädter Bahnhof, wo sich die Neonazis dann den ganzen Tag aufgehalten haben. Als ich zurückfahren wollte, war der Bahnhof voller Nazis und es wurden Sprüche gegrölt wie „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ - immer und immer wieder. Der ganze Bahnhof - wer den Neustädter Bahnhof kennt - hat davon widergehallt. Das war derart erschreckend, ich kann es kaum in Worte fassen. Dass dann einige von denen, die zurückgereist sind, in Gera ausfällig geworden sind, wo ich noch einmal ausdrücklich der Polizei Dank sagen möchte, dass sehr schnell und sehr beherzt durchgegriffen wurde und die 183 Neonazis umgehend festgenommen wurden,
das konnte man sich dort schon vorstellen, wenn man erlebt hat, wie aufgeheizt die Stimmung war. Warum haben wir diese Aktuelle Stunde aber hier jetzt für Thüringen beantragt? Ich will sagen, warum: Wenn Sie auf eine Homepage gehen, wo „DemoErfurt“ sozusagen der Leitname ist, dann können Sie dort lesen: „Wir bleiben hier, wir packen an. NPD - Arbeit statt Abwanderung.“ Weiter heißt es dort: „Teile der Innenstadt sollen anders als 2007“ - es geht um Erfurt - „genutzt werden. Es ist ein nationaler Strategiewechsel vorgesehen, um nicht wieder eine solche Pleite wie in Dresden zu erleben.“ Ein Zitat auf dieser Homepage lautet: „Jegliche Gegenaktivitäten etablierter Kreise und ihrer Fußtruppen
sind Aktivitäten gegen die Interessen der Deutschen.“ Ich sage ganz deutlich: Ich glaube, wir als Landtag haben hier eine Verantwortung. Deshalb möchte ich auch im Namen meiner Fraktion beantragen, dass, wenn es tatsächlich dazu kommt, dass der 1. Mai 2010 erneut für die Nazis in Erfurt zum Aufmarschort werden soll, wir als Landtag eine öffentliche Landtagssitzung veranstalten,
um alle gemeinsam zu zeigen, dass wir dies in Erfurt nicht hinnehmen werden. Ich glaube, aus Thüringen sind dafür sehr gute erste Schritte gegangen worden. Ich möchte erinnern an die erste Konferenz der Kommunen gegen Rechts, zu der am 29. und 30. Januar der Oberbürgermeister der Stadt Jena eingeladen hatte und Vertreterinnen aus 16 Städten kamen. Dort hat Albrecht Schröter alle Oberbürgermeisterkolleginnen und -kollegen aufgerufen überall Gesicht zu zeigen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Ich möchte von dieser Stelle aus ausdrücklich Albrecht Schröter danken. Albrecht Schröter hat auch in Dresden beispielhaft Gesicht gezeigt. Albrecht Schröter hat auf dem Albertplatz zu etwa 5.000 Demonstrantinnen gesprochen in Dresden, die dort demonstriert haben und hat deutlich gemacht, dass er immer und immer wiederkommen wird und dass er sich aber auch Unterstützung wünscht, wenn es in anderen Städten darum geht, Gesicht zu zeigen. Ich denke, wir sollten genau dies aufgreifen. Ich wünsche mir die Unterstützung aller aus allen Fraktionen, Gesicht zu zeigen, sei es am 1. Mai, wenn die Nazis nach Erfurt kommen sollten, sei es beim sogenannten „Rock für Deutschland“, der am 10. Juli schon wieder in Gera stattfinden soll und wo im letzten Jahr beispielsweise Bands wie „Blitzkrieg“ gespielt haben und über 5.000 Nazis teilgenommen haben. Ich möchte, dass unserem Anfang - so will ich es mal nennen - von der 5. Legislatur, wo wir eine gemeinsame Erklärung verabschiedet haben, auch ein gemeinsames Handeln folgt, in dem wir immer und immer wieder als die Zuständigen sozusagen politisch vorangehen, Gesicht zeigen und deutlich machen: Nie wieder - never again! Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte es gleich vorweg sagen: Für uns Liberale ist eine rechtsradikale Geisteshaltung, sind rechtsradikale Aktionen, Handlungen zutiefst verabscheuenswert.
Wir sind froh über den breiten Konsens, der unter den demokratischen Kräften in diesem Land gerade in dieser Hinsicht auch herrscht. Wir haben zutiefst Respekt und Sympathie für alle, die entschieden gegen Extremisten auftreten.
Und damit sage ich, das gilt für alle Extremisten, auch für die, die zum Beispiel am 1. Mai in Kreuzberg Autos anzünden, die Scheiben einwerfen, Läden demolieren, Polizisten angreifen, verdienen den Abscheu aufrechter Demokraten,
egal welcher politischen Gesinnung sich die jeweiligen Extremisten selbst zuordnen. Dabei geht es uns nicht darum, in irgendeiner Weise Rechtsradikalismus zu relativieren. Die Relativierung anderer Formen von Radikalismus darf aber von überzeugten Demokraten ebenso wenig zugelassen werden.
Meine hohe Sympathie für Zivilcourage verbinde ich mit der Überzeugung, dass Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein dazugehören. In diesem Zusammenhang vertrete ich die Auffassung, dass Demonstrations-, Meinungs- und Redefreiheit ein sehr hohes Gut sind und wir müssen aufpassen, dass einschlägige Differenzen nicht auf dem Rücken von Polizisten ausgetragen werden.
Insofern danke ich auch und gerade der Polizei für ihr besonnenes Handeln und Eintreten in Dresden wie auch auf den Zufahrtswegen nach und von Dresden.
Wichtig ist aus meiner Sicht, dass sich so positive Aktionen nicht abnutzen, denn, wie es vorhin auch Kollege Ramelow gesagt hat, es war sehr, sehr
wichtig, dass eine solche Stadt wie Dresden, dass die Opfer der Stadt Dresden nicht den Rechtsradikalen überlassen worden sind, die letzten Endes das Dilemma dieser Stadt Dresden und das Dilemma dieses Landes verschuldet haben.
Deshalb setzen wir darauf, gemeinsam für Demokratie zu werben. Lassen Sie uns gemeinsam zeigen, dass Demokraten sachlich - ich betone sachlich - streiten können, um unser Land nach vorn zu bringen. Ich werbe an dieser Stelle ausdrücklich dafür, dass wir dieses Landesprogramm „Für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit“ gemeinsam mit Leben erfüllen für Demokratie in diesem Land. Ich danke Ihnen.