Der Bericht zu den Unfallstatistiken aus dem Jahr 2012 zeigt gegenüber dem Vorjahr einen geringen Anstieg der Verkehrsunfälle insgesamt, Gott sei Dank nur gering, das ist natürlich aber immer noch zu viel. Hier sind Anstiege bei Verkehrsunfällen mit Beteiligung von Verkehrsteilnehmern über 65 Jahre von 1,8 Prozent zu registrieren, das sind 164 Unfälle mehr als 2011. Die Statistik besagt aber ebenfalls, dass die Zahl der Unfälle mit Personenschäden in dieser Altersgruppe rückläufig ist. Betrachtet man die Anzahl der Unfälle, nicht die der Unfallentwicklung bei jungen und älteren Verkehresteilnehmern, sieht es so aus, es werden im Jahr 2012 8.331 Unfälle bei den über 65-Jährigen und bei den 18- bis 24-Jährigen 9.702 Unfälle erfasst - auf alle Fälle ein Beweis dafür, dass wir hier nicht nur die älteren Fahrteilnehmer am Verkehr verurteilen sollten.
Die demografische Entwicklung: Wie Frau Tasch schon richtig sagte, nehmen die Älteren über 65 von Jahr zu Jahr zu, da kann man ohne Weiteres verstehen, dass es hier diesen oder jenen Unfall mehr gibt, denn wenn mehr Fahrer auf der Straße sind, ist es ganz normal, dass es prozentual gesehen auch etwas mehr Unfälle gibt. Hauptursachen für die Unfälle sind vorrangig Vorfahrtsfehler, Fehler beim Abbiegen, Wenden, nicht angepasste Geschwindigkeit und Unterschreiten des Sicherheitsabstands. Die Unfallursachen sehen bei jugendlichen Verkehrsteilnehmern jedoch auch nicht anders aus. Schwere Unfälle sind vorrangig eben in diesem Altersbereich festgestellt worden, also ist verkehrssicheres Fahren nicht nur ein Problem der Seniorengeneration.
Frau Dr. Lukin, ich gebe Ihnen recht, man kann Bus, Bahn, ÖPNV und Fahrrad benutzen, aber das müssen wir freiwillig machen und das dürfen wir niemandem vorschreiben.
Das ist der große Unterschied, den wir hier wahrscheinlich sehen. Wie in den meisten Bundesländern verändert sich auch in Thüringen die Altersstruktur. Im Jahr 2030 werden über 35,4 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre und älter sein. Ihre Anfragen beschränken sich immer auf Gesundheitstipps, Pflichtuntersuchungen oder die Altersbefristung bei der Fahrerlaubnis. Verkehrssicherheit ist uns allen wichtig. Haben Sie sich jedoch Gedanken über die zusätzlich zu erwartenden Kosten der Untersuchungen und der sonstigen anfallenden Kosten gemacht? Zu Verkehrsteilnehmern zählen ne
ben den Pkw-Fahrern aber auch Fußgänger, Radfahrer, Nutzer von Bussen und Bahnen. Was machen wir mit diesen Verkehrsteilnehmern, wie testen wir die denn, ob die noch in den Bus einsteigen können, ob sie da nicht umknicken oder ob die Fußgänger eventuell auch zu alt sind zum Radfahren?
Was machen wir mit diesen Verkehrsteilnehmern? Übrigens haben wir in einigen unserer Anträge die Verkehrsteilnehmerschulungen als Mittel herangezogen, auch ältere Verkehrsteilnehmer auf die neuen modernen Veränderungen hinzuweisen. Ich denke, das sind Sachen, die hier wirklich etwas bringen oder auch bei den Geisterfahrern die Schilder an den Straßen, wo man abbiegt oder wo man dann wirklich sieht, dass man nicht entlangfahren darf.
Bei Infrastrukturentwicklung gerade in den ländlichen Räumen spielt der Erhalt der Mobilität gerade für die Senioren eine bedeutende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Selbstständigkeit.
Sichere Verkehrsteilnahme geht mit einem lebenslangen Lernprozess einher. Jede neue Seniorengeneration hat andere Mobilitätsprobleme und -bedürfnisse, auf die sich dann die Gesellschaft in den kommenden Jahren immer wieder neu einstellen muss. Nach meinen Erfahrungen ist die heutige Seniorengeneration den Anforderungen des modernen Verkehrs besser gewachsen als früher.
Natürlich kann man nicht alle über einen Kamm scheren und Einzelpersonen sind differenziert zu betrachten. Die Menschen sollen selbst entscheiden, ob sie weiter Auto fahren können und wollen. Ihre Anträge und auch die Aktuelle Stunde gehen für mich in eine Richtung. Das Thema benötigt mehr Komplexität. Das bedeutet für mich neue Anforderungen an die Stadt- und Verkehrspolitik, an die Verkehrsplanung, an die Automobilindustrie und an die Verkehrssicherheitsarbeit. Dazu zählt für mich benutzerfreundliche Gestaltung des ÖPNV, richtig gesehen, genauso wie die gezielte Präventionsarbeit für Jung und Alt, im Kindergarten angefangen, wie es schon gesagt wurde. Wenn es nach Ihnen geht, müssen alle Verkehrsteilnehmer ab 65 Jahre eine Sicherheitsweste tragen wahrscheinlich mit einer 65 drauf, richtig gelb blinkend, damit man dann noch weiter fahren kann.
So weit ist es noch nicht, Herr Barth. Nein, nein, soweit ist es noch nicht. Aber wissen Sie, meine Damen und Herren, ich bin jetzt etwas traurig. Wir haben hier eine Verkehrssicherheitsdebatte und ganz egal, ob sie jetzt von den GRÜNEN gestellt wurde oder von der LINKEN oder von einer anderen Fraktion oder den Koalitionsfraktionen im Hause, ich finde den Umgang mit dem Thema etwas unangemessen,
denn wenn sich jemand einmal der Mühe unterzogen hat, mit den Hinterbliebenen eines Verkehrsunfalls zu reden, dann vergeht relativ schnell die Freude.
Ja, natürlich gilt das für Jung und Alt. Lieber Kollege Gustav Bergemann, es besteht überhaupt gar keine Frage und auch kein Anlass, finde ich, die Verkehrssicherheitsarbeit zum Anlass für Diskriminierung zu nehmen. Deswegen halte ich persönlich auch nicht viel davon, verpflichtend vorzuschreiben, ab einer bestimmten Altersgrenze Gesundheitstests vorzunehmen. Das kann, glaube ich, jeder selber entscheiden. Ich will aber trotzdem die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle - wiewohl ich auch Zweifel habe, ob eine Debatte über Verkehrssicherheit wirklich in die Aktuelle Stunde gehört - zunächst einmal für die Arbeit von über 1.000 Mitgliedern der Landesverkehrswacht, auch unter der Führung von Frau Lukin, ganz herzlich zu danken, die insgesamt 95.000 Menschen in Verkehrssicherheitsaktionen, fast 1.000 Verkehrssicherheitsaktionen allein im letzten Jahr letztlich auf dieses Thema aufmerksam gemacht haben. Ich glaube, das gehört hier auch dazu, das ist eine ganz wichtige Arbeit, die vor allen Dingen ehrenamtlich geleistet wird, wo selbstverständlich auch die Polizei intensiv hilft, wo auch die Feuerwehren helfen in den Gemeinden. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Thema und wird leider allzu oft belächelt. Ich habe gesagt, warum ich das etwas schwierig finde, weil ich tatsächlich glaube, dass wir für Verkehrssicherheit sicher immer noch mehr tun müssen. Sicher ist auch darüber nachzudenken, ob die 345.000 €, die wir der Landesverkehrswacht geben, ausreichen, ob wir nicht noch mehr Aktionen machen müssen. Aber, ich glaube, wenn man jetzt mal schaut, was wir in den vergangenen Jahren geleistet haben, auch der Verkehrssi
cherheitsrat und die Landesverkehrswachten, kann man doch eigentlich sagen, wir haben gute Kampagnen gemacht, wir haben gute Verkehrssicherheitsaktionen gemacht und haben vor allen Dingen in den letzten Jahren deutlich mehr ältere Menschen mit freiwilligen Aktionen erreicht, als wir das bisher getan haben. Insofern gibt es da auch gar keinen Grund, irgendwie zu verzagen und zu sagen, wir haben ein riesiges Problem, das lösen wir gar nicht freiwillig und müssen deswegen einen Zwang einrichten, sondern ganz im Gegenteil; wir müssen feststellen, wir haben in den letzten Jahren, wo wir uns auch dieser Vision Zero, also null Verkehrstote, letztlich verschrieben haben. Da ist noch einmal eine wichtige Frage, weniger Verkehrstote ist das eine. Die nächste Frage ist, wie viele Schwerverletzte haben wir denn eigentlich? Auch die Zahl müssen wir letztlich langfristig reduzieren. Da haben viele Debattenbeiträge letztlich gezeigt, dass wir an vielen verschiedenen Punkten ansetzen müssen. Bei der Verkehrsinfrastruktur sind natürlich auch die Gemeinden gefragt, weil hier die Aufgabe steht, letztlich barrierefrei auch seniorengerechte Verkehrsraumgestaltung durchzuführen. Das fängt an bei der Gehwegabsenkung im Bereich von Kreuzungen, die im Übrigen ja auch nicht nur den Rollatoren nützt, wie ausreichend langen Grünphasen. Das geht auch zu Querungshilfen und weiteren Maßnahmen, die die Kommunen machen müssen. Es geht über Themen der Infrastruktur, wenn wir an den Unterfahrschutz beispielsweise für Motorradfahrer denken, insbesondere in den Strecken des Thüringer Waldes, wo auch dankenswerterweise die Verkehrssicherheitsorganisationen wie der ADAC sehr viel gemacht haben, wo auch Rennsportclubs in der Vergangenheit außerordentlich viel geleistet haben. Das sind Themen der Infrastruktur, wo wir etwas tun müssen. Wir haben eine ganze Reihe von planfreien Knoten letztlich geschaffen, wo wir den Verkehr ein Stück weit entzerren konnten, wo wir letztendlich auf Ampeln verzichten konnten, Kreisverkehre einrichten konnten, die auch die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss erhöhen konnten. Wir haben die Frage, was passiert eigentlich in unseren Automobilen? Wir haben überall moderne Fahrassistenzsysteme, mittlerweile auch in Bereichen der Mittelklasse und der unteren Mittelklasse. Das heißt, auch hier haben wir sehr viele positive Entwicklungen, die letztlich dazu beigetragen haben, alle zusammen im System und im Verein dazu beigetragen haben, dass die Verkehrssicherheit in den letzten Jahren doch insgesamt angestiegen ist. Natürlich ist es so, dass wir ab und zu einmal einen Anstieg haben um immer ein paar Fälle zu viel, aber doch am Ende in einem wirklich geringen Bereich absolute Zahlen. Ich will auch noch einmal zum Thema der Senioren deutlich sagen: Ich glaube, wenn wir uns unsere demografische Landschaft anschauen, die Entwicklung der Bevölkerung und die Entwicklung der Un
fallzahlen, müssen wir gar keinen Grund haben oder da sehe ich auch gar keinen Grund, der jetzt wirklich dafür spricht, hier altersbezogene Grenzen einzuziehen.
Der nächste Punkt, der hier aus meiner Sicht ganz wichtig ist, ist natürlich auch die Frage der Verkehrssicherheitsarbeit. Aus meiner Sicht ist verkehrssicher fahren ein bisschen zu spät angefangen. Denn selbstverständlich, es sei denn, man nimmt das Kinderwagenfahren auch dazu, aber das ist ja wohl nicht gedacht. Ich erinnere mich sehr gut daran, als meine Tochter ihren geprüften Fußgänger gemacht hat. Das ist auch eine Aktion, die mit der Polizei gemacht wird, wo die Kinder im Kindergarten absolut stolz sind. Das sind wichtige Dinge, wo wir darauf achten müssen, dass Kinder tatsächlich sich auch im Verkehr ordentlich bewegen können, auch ohne von ihren Eltern hin- und hergefahren zu werden, wie es auch allzu oft der Fall ist. Wir haben die Themen im Bereich der Führerscheinzulassung der jungen Verkehrsteilnehmer, wo wir eine ganze Reihe von neuen Regelungen haben. Insbesondere das Alkoholverbot bis 21, von dem ich außerordentlich viel halte. Das hat die Zahlen doch deutlich minimiert. Insofern ist das ein vernünftiger Anknüpfungspunkt, der vor allen Dingen daran ansetzt, dass die Erfahrung der jungen Verkehrsteilnehmer nicht so hoch ist, dass sie mit den Einschränkungen, die Alkohol im Verkehr mit sich bringt, auch gut zurechtkommen können. Wir haben auch Projekte, wie das begleitete Fahren ab 17, was im Übrigen auch dazu führt, wir hatten das ja auf der Landesverkehrswacht, Frau Lukin, letzte Woche auch besprochen, was ja auch Folgen hat. Das begleitete Fahren mit 17 hat zum einen die Unfallzahlen noch reduziert und zum anderen aber auch dazu geführt, dass natürlich Jugendliche sich mit 16 fragen, ja, was machen wir denn jetzt, lohnt sich der Moped-Führerschein oder lohnt er sich nicht? Da fange ich schon mal mit 15 an und fahre da schwarz Moped. Das ist genau der Punkt, weswegen ich nicht glaube, dass wir hier irgendwie eine Liberalisierungskeule schwingen, sondern dass ich glaube, wir müssen deswegen an diesem Punkt auch ansetzen und insbesondere für junge Leute ein Angebot schaffen, dass sie auch ab 15 schon einen Führerschein für Moped erreichen können. Das ist nicht dem Rechnung getragen, dass wir immer weiter nach unten gehen wollen, sondern dass wir eigentlich gerade junge Fahrteilnehmer oder Fahranfänger eher dazu animieren wollen, sich regelgebunden zu verhalten und ordentlich geschult zu werden. Davon halte ich tatsächlich am Ende mehr. Damit tragen wir auch dem Bedürfnis von Mobilität insgesamt Rechnung. Ich glaube, wir haben gar keinen Grund, uns hier zu verstecken. Die freiwillige Arbeit in der Vergangenheit hat außerordentlich hohe Erfolge erzielt. Lassen Sie uns daran anknüpfen und lassen Sie uns aktuell nicht über Zwangsregelungen reden. Vielen Dank.
e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Rechtsextremistische Netzwerke auch in Thüringer Gefängnissen?“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/5996
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Abgeordneten Fiedler für die CDUFraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Poppenhäger, wir haben heute hier, denke ich, ein ernstes Thema zu bereden, was vor allen Dingen auch aktuell ist. Es geht um „Rechtsextremistische Netzwerke auch in Thüringer Gefängnissen“. Ich denke, das ist nichts, was man so einfach beiseite wischen kann, sondern es geht darum, dass ausgehend von Hessen, JVA Hünfeld, dort inhaftierte Rechtsextremisten unter ihrem richtigen Namen entsprechende Anzeigen geschaltet haben in einem Motorradmagazin und damit Gesinnungsgenossen hier im Gefängnis geholfen werden soll. Obwohl das in Hessen auch vom Verfassungsschutz entsprechend beobachtet wurde, wird man erst im April 2013, also dieses Jahr, auf die Sache aufmerksam und durchsucht die Zellen in der JVA Hünfeld, meine Damen und Herren. Dabei findet man Listen, die auch in Richtung Thüringen gehen.
Herr Minister, eine Thüringer Landeszeitung schreibt „Justizskandal“, ich kann dem nicht widersprechen. Wir haben uns in den letzten Jahren oder letzten Monaten, gerade wenn es um NSU ging, im Hohen Hause über Dinge unterhalten, die teilweise 10, 15 Jahre her sind. Das ist schlimm genug. Da gebe ich Herrn Kaczmarek ausnahmsweise mal recht. Wir haben uns damals bis auf die Knochen blamiert, das habe ich hier von der Stelle aus schon gesagt, wir alle. Und jetzt passiert das, dass in unseren Justizvollzugsanstalten und hier insbesondere in Tonna, was ja angeblich unsere beste und höchstbewachte Einrichtung ist, solche Dinge passieren. Das kann man nicht so einfach hinnehmen. Denn jetzt sind wir aktuell, jetzt sind wir alle gewarnt und wissen alle, um was es geht. Sich nun einfach hier aus der Verantwortung stehlen zu wollen und zu sagen, Gräfentonna, das geht mich nichts an, das ist die Bundesanwaltschaft, Herr Mi
nister, das hätte ich von Ihnen wirklich nicht erwartet. Dass Sie auf so eine plumpe Ausrede kommen und diese Dinge hier vortragen, vielleicht war es Ihr Sprecher und der war nicht richtig informiert. Ich muss Ihnen sagen, das finde ich unter der Gürtellinie. Wir alle beschäftigen uns damit, werden von der Bevölkerung in Haftung genommen alle Mann, teilweise zu Recht, dass wir solche Dinge hinnehmen, dass solche Dinge weiterhin passieren und das nimmt uns niemand mehr ab. Die Justiz fällt in Ihren Verantwortungsbereich, da geht es nicht darum, dass Sie vielleicht der Schließer dort sind. Ich erinnere mich daran, als sich Kollege Höhn, als es darum ging, den Innenminister, ich sage einmal, deftig zu benennen, hier hingestellt und den Rücktritt des zuständigen Ministers Innen gefordert hat, weil bestimmte Dinge nicht gelaufen sind. Ich mache dasselbe nicht umgedreht, dass ich Sie zum Rücktritt auffordere, sondern ich frage mich einfach: Hat die Justiz den Donner noch nicht gehört, der hier los ist? Ich höre laufend von der Generalstaatsanwaltschaft, das interessiert uns nicht oder das nehmen wir nicht so ernst - ich will mich mal vornehm ausdrücken. Wenn es darum geht, ich sage einmal - die Zeit ist knapp - Abteilung ZESAR geschaffen und dazu brauche ich auch eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft und ähnliche Dinge. Die Justiz tut so - bei uns ist alles in Ordnung, bei uns läuft alles. Die Akten kamen von der Justiz in der Regel immer zu spät. Und jetzt kommt noch dieser Skandal dazu, dass sich bei uns ein Herr Wohlleben, das „Herr“ fällt mir schon schwer, ein entsprechender NSU-Gangster hier in Thüringen einen Bunten macht, seine Kontakte nach außen spielen lässt, um bestimmte Dinge noch weiter voranzubringen, das ist ein Skandal. Sie müssen einfach dafür Sorge tragen, dass so etwas nicht passiert und dafür müssen Sie sich ganz persönlich in Verantwortung nehmen lassen. Man kann das nicht einfach wegschieben auf die Bundesanwaltschaft. Ich finde es einfach skandalös, dass Sie sich das so einfach machen unter dem Motto: Das interessiert mich nicht, das ist ein Gefangener der Bundesanwaltschaft. So geht es nicht. Der hat in Thüringen eingesessen und was ist passiert? Die Bundesanwaltschaft, nachdem sie Kenntnis erlangt hat, ich gehe einmal davon aus, dass sie ihn sicherheitshalber nach Bayern verbracht haben, weil sie wissen, dass es dort sicherer ist. Das ist für unser Land kein Aushängeschild. Ich denke, es ist dringend notwendig und meine Fragen sind: Wie kann es sein, dass solche Vorkommnisse unentdeckt blieben? Warum ist der Landtag nicht darüber informiert worden? Darüber wird einfach schweigend der Mantel gedeckt und man redet nicht darüber, anstatt zu informieren. Wir sind es der Öffentlichkeit und uns schuldig, dass zum heutigen Zeitpunkt 2013 solche Dinge passieren, wo dieses Netzwerk sogar im Knast weiterarbeitet. Wo sind wir denn ei
Ich finde das einfach nicht in Ordnung. Ich erwarte einfach schnelle und vollständige Aufklärung der Missstände, um weiteren Schaden von Thüringen abzuwenden, Abstellung der offensichtlich bestehenden Sicherheitsrisiken. Ich hätte erwartet - ich bin zu Ende -, Sie hätten eine Regierungserklärung dazu abgegeben, aber ich hoffe, dass Sie uns heute etwas sagen, dass in Zukunft so etwas nicht wieder passieren kann. Danke.
Danke schön, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ich will mit dem stellvertretenden Chefredakteur der TLZ, Herrn Kaczmarek, beginnen, muss nicht wiederholen, was Herr Fiedler schon gesagt hat. Herr Kaczmarek hat auch am 18. April geschrieben: Thüringen ist sowieso schon lädiert, der Ruf werde weiter ruiniert. Herr Fiedler, auch Sie haben gerade jetzt von einem Aushängeschild gesprochen. Ich will aber ganz deutlich sagen, der lädierte Ruf Thüringens ist das geringste Problem, wenn wir feststellen, dass es funktionierende und lange Zeit eben unerkannte Strukturen und Netzwerke von Neonazis auch in Thüringer Gefängnissen gibt. Dass das so ist, daran besteht kein Zweifel, und zwar nicht erst, seitdem bekannt wurde, dass sich der wegen des Verdachts der Unterstützung des NSU inhaftierte Ralf Wohlleben auf eine Struktur in der JVA Tonna stützen konnte, die eine dialogische Kommunikation ermöglicht hat. Es mutete schon ein wenig verwirrend an, Herr Dr. Poppenhäger, als am 10. April das Ministerium über seinen Sprecher verkündete, dass es keine belastbaren Hinweise auf eine Vernetzung rechtsradikaler Häftlinge in Thüringer Gefängnissen gäbe. Ähnlich hat sich übrigens im Dezember 2012 auch das hessische Justizministerium auf eine entsprechende Anfrage der dortigen Linksfraktion im Landtag geäußert. Auch dort lagen keine Erkenntnisse über Versuche von Neonazis vor,
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Die hatten sogar zwei Sondersitzungen, Innen- und Jus- tizausschuss.)
sich innerhalb der JVAen zu organisieren. Inzwischen wissen wir, dass es diese Netzwerke gibt. Wir wissen, dass sie bundesweit existieren und dass auch in Thüringer Justizvollzugsanstalten Nazis versucht haben, sich diesen Netzwerken anzu
schließen. Das hätte auch den Thüringer Justizbehörden bekannt sein können, denn im Oktober 2012 war in der Ausgabe der „Biker News“ ein Aufruf eines in Hünfeld inhaftierten Neonazis abgedruckt, in dem dieser für das Gefangenennetzwerk „AD Jail Crew Fourteeness“ wirbt. AD steht dabei für Aryan Defense - arische Abwehr zu deutsch und das Fourteen als Abkürzung für die rassistischen 14 Worte des wegen Mordes verurteilten USamerikanischen Rechtsextremisten David Eden Lane. In dem in der „Biker News“ veröffentlichten Text heißt es, dass das Netzwerk bereits über Ansprechpartner in verschiedenen JVAen verfüge, darunter auch in Tonna in Thüringen. Das war allerdings für das Justizministerium anscheinend noch kein belastbarer Hinweis. Eine Fehleinschätzung, wie das Ministerium nach einer nur eintägigen Prüfung korrigieren musste. Bereits am 11. April musste eingeräumt werden, dass zwei in Thüringen inhaftierte Neonazis Kontakte zu dem offenbar als Nachfolgeorganisation der 2011 verbotenen HNG gedachten Netzwerk aus Thüringer JVAen heraus unterhalten. Am 17. April dann informierte man darüber, dass neben Tonna und Gera auch in Untermaßfeld ein Kontakt zu einem Nazinetzwerk unter Gefangenen bis dahin unerkannt geblieben war. Das dahinter stehende Problem ist nicht allein darin zu sehen, dass Neonazis miteinander kommunizieren und sich austauschen, das überrascht genauso wenig wie die Tatsache, dass Nazis in Gefängnissen sitzen. Das Problem ist - darauf verweisen wir seit Jahren und Herr Fiedler, wir sind nicht erst jetzt gewarnt -, dass in Thüringer Gefängnissen sich neonazistische Strukturen herausbilden und als solche agieren können. Innerhalb der Strukturen findet eine Verfestigung neonazistischer Einstellungen statt. Die Strukturen werden aus dem Gefängnis heraus geleitet. Mitgefangene werden an neonazistische Strukturen herangeführt und andere werden in Umsetzung neonazistischer Ideologie misshandelt. Von durch Neonazis und rechten Schlägern dominierten Parallelwelten in Justizvollzugsanstalten sprechen Expertinnen und verweisen unter anderem auch auf den in Thüringen viele Jahre inhaftierten Markus E.
Daneben und unabhängig von dem in dem Bikerblatt erwähnten Netzwerk bestand in Thüringen offenkundig ein Neonazinetzwerk um den NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben, das haben Sie auch erwähnt, Herr Fiedler, an dem noch etwas anderes deutlich wird, die strafprozessuale Seite solcher kommunikativen und geheim operierenden Netzwerke. Die Überwachung und Kontrolle der Kommunikation Verurteilter oder in Untersuchungshaft befindlicher Gefangener dient eben nicht der Drangsalierung, sondern hat strafprozessuale Gründe, Verhinderung von Beweismittelunterschlagung beispielsweise oder Verdunkelungsgefahr etc. Und dieser Gefahr war offensichtlich im modernsten und sichersten Gefängnis Thüringens im Fall