Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

Im Namen Ihrer Fraktion?

Der Antrag auf Unterbrechung ist gestellt, wir müssen darüber abstimmen. Wer sich dem Antrag auf Unterbrechung anschließt, der hebt jetzt bitte die Hand. Das sind die Stimmen aller Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Die sehe ich nicht. Gibt es Stimmenthaltungen? Die sehe ich auch nicht.

Wir unterbrechen bis 16.25 Uhr.

(Abg. Möller)

Ich teile Ihnen jetzt mit, dass die Unterbrechung verlängert wird bis 16.45 Uhr, also noch 8 Minuten und im Falle, jemand von der SPD-Fraktion hört mich, wäre ich sehr erfreut, wenn Sie das weitergeben. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist 16.45 Uhr und wir setzen die Beratung des heutigen Landtagsplenums fort. Auf Ihren Arbeitsplätzen liegt Ihnen der Entschließungsantrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Er ist jetzt verteilt worden.

Meine Damen und Herren, ich teile Ihnen mit, dass ich diesen Antrag als unzulässig ansehe mit folgender Begründung: Hier handelt es sich um eine Umgehung der Geschäftsordnungsregelung nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 unserer Geschäftsordnung. Es ist einfach so, dass wir am Mittwoch mit Mehrheit entschieden haben, dass der Tagesordnungspunkt 23 nicht in jedem Fall heute behandelt wird. Nun ist dieser Entschließungsantrag, wie er Ihnen vorliegt, wortidentisch mit dem Tagesordnungspunkt 23 und das ist die Begründung dafür, Umgehung der Geschäftsordnungsregelung und deshalb erkläre ich ihn von meiner Seite als unzulässig. Diese Unzulässigkeitsvermutung muss abgestimmt werden. Es gibt einen Geschäftsordnungsantrag, Frau Schubert.

(Unruhe SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, namens meiner Fraktion beantrage ich eine Auszeit von 5 Minuten. Es geht dabei um den gemeinsamen Antrag mit der Fraktion DIE LINKE und wir möchten uns dazu gemeinsam ins Benehmen setzen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist eine gefühlte Auffassung.)

Da es vor der Abstimmung ist, können wir die 5 Minuten Unterbrechung machen. Bitte, es ist 5 Minuten unterbrochen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die 5 Minuten sind um und damit auch die Unterbrechung beendet. Wir waren an folgender Stelle angekommen, dass ich Ihnen mitgeteilt habe, dass ich diesen Entschließungsantrag als unzulässig ansehe. Sehe ich an dieser Stelle Widerspruch? Herr Abgeordneter Blechschmidt.

Ja, Frau Präsidentin, Sie sehen namens meiner Fraktion Widerspruch und ich rufe den Justiz- und Verfassungsausschuss entsprechend § 121 Abs. 2 der Geschäftsordnung ein.

Dann tun wir das so. Der Justiz- und Verfassungsausschuss wird einberufen und trifft sich bitte im Raum 202.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir beginnen wieder mit der Fortführung der Plenarsitzung und ich teile Ihnen Folgendes mit. Der Justizund Verfassungsausschuss gab mir folgenden Wortlaut hier zu Protokoll: Gemäß § 121 Abs. 2 stellt der Ausschuss für Justiz und Verfassung fest, dass der Hinweis der Präsidentin, der Entschließungsantrag in der Drucksache 5/6023 sei unzulässig, zutreffend ist. Regt sich dagegen Widerspruch? Nein. Das muss ich Sie formal fragen. Ich sehe keinen Widerspruch. Damit ist der …

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das brau- chen wir nicht abzustimmen, auch wenn die da hinten was anderes erzählt.)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, es gibt keinen Widerspruch. Ich stelle das so fest und das heißt, wir gehen jetzt …

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Natürlich.)

(Unruhe im Hause)

Herr Abgeordneter Blechschmidt, haben Sie einen Widerspruch zu dem eben Verlesenen zu machen?

Ich habe zu dem Inhalt, was dort formuliert worden ist mehrheitlich im Justiz- und Verfassungsausschuss, keinen Widerspruch. Das muss man also nur zur Kenntnis nehmen. Das ist ein Beschluss, nicht mal eine Empfehlung, sondern es ist eine Feststellung des Justiz- und Verfassungsausschusses und das ist gut, mehrheitlich.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: „Mehrheitlich“ muss da rein als Formulierung im Protokoll.)

Ich wiederhole mich noch einmal. Das habe ich festgestellt. Ich habe Ihnen das vorgelesen. Formal musste ich trotzdem fragen, ob die Mehrheit des Landtags hier an irgendeiner Stelle noch einmal widersprechen möchte. Das ist nicht der Fall. Das habe ich formal festgestellt. Das heißt, der Alternativantrag ist unzulässig und wird nicht behandelt und wir gehen im Tagesordnungspunkt 18 weiter, den

(Vizepräsidentin Hitzing)

ich jetzt noch einmal … Es gibt einen Geschäftsordnungsantrag?

Danke, Frau Präsidentin. Namens meiner Fraktion beantrage ich die gemeinsame Beratung des Tagesordnungspunkts 18 und 23. Danke.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Blechschmidt. Das müssen wir dann jetzt abstimmen. Die Frage ist: Wer stimmt dem zu, dass die Tagesordnungspunkte 18 und 23 gemeinsam behandelt werden, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE …

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wir haben schon angefangen.)

(Unruhe CDU, SPD)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Mitten in der Tagesordnung.)

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Wir sind in der Abstimmung.)

Herr Abgeordneter Höhn, zur Geschäftsordnung.

Zur Geschäftsordnung, Frau Präsidentin. Ich darf feststellen, dass Sie den Tagesordnungspunkt 18 bereits offiziell eröffnet hatten, und eine Veränderung der Tagesordnung während des laufenden Tagesordnungspunkts ist meiner Ansicht nach nicht zulässig und deshalb ist diese Abstimmung obsolet.

(Beifall CDU, SPD)

Herr Abgeordneter Höhn, Ihr Hinweis war sehr nützlich. Dafür bedanke ich mich im Namen des kompletten Präsidiums.

(Beifall CDU, SPD)

Das heißt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich würde jetzt noch einmal den Wortlaut des Antrags vorlesen und dann beginnen wir und der erste Redner wird sein Herr Abgeordneter Döring, den hatte ich vor etwa eineinhalb Stunden ja schon einmal aufgerufen. Es handelt sich um die Drucksache 5/5840 „Auseinandersetzung mit gesellschaftsimmanentem Rassismus angehen“. Bitte, Herr Abgeordneter Döring.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich werde mich in meinem Beitrag auf die bildungspolitischen Aspekte der Vorlage konzentrieren. Dort geht es zum einen um die Verankerung von Kon

zepten einer diskriminierungsfreien Bildungsarbeit in der Pädagogenausbildung, um eine verstärkte Auseinandersetzung mit Rassismus in der vorschulischen und schulischen Bildung und Erziehung, um mehr Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrer zu dieser Thematik und schließlich auch um eine verbindliche Festschreibung, dass Bildungsarbeit im Rahmen der Erwachsenenbildung diskriminierungsfrei zu erfolgen habe.

All das sind gute Ansätze, zweifelsfrei. Wir sind uns sicherlich auch alle in diesem Hause darin einig, dass die aktive Auseinandersetzung mit Rassismus, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus Schwerpunkt der Arbeit unseres gesamten Bildungswesens sein muss. Wir alle wollen, dass die Thüringer Kinder die Schulen als aufrechte Demokraten, als tolerante und auch weltoffene Menschen verlassen. Das alles steht für mich außer Frage. Was mir die genannten Punkte des Antrags aber dennoch fragwürdig erscheinen lässt, ist nicht ihr generelles Anliegen, sondern die Tatsache, dass sie suggerieren, bislang sei im Thüringer Bildungswesen überhaupt nichts gegen gesellschaftsimmanenten Rassismus unternommen worden. Es gebe weder entsprechende normative Vorgaben des Landes noch irgendwelche praktikablen Konzepte oder eine entsprechende schulische Projektarbeit, oder gar diesbezügliche Ausbildungsschwerpunkte in der Pädagogenausbildung. Dieser Eindruck, meine Damen und Herren, ist nicht korrekt. Man kann immer sagen, dass etwas qualitativ verbessert oder quantitativ ausgebaut werden soll, damit habe ich kein Problem, aber so etwas kann man ohne Weiteres auch diskutieren. Das ist klar. Was ich aber nicht redlich finde, ist, wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, einen Antrag einbringen, in dem Sie so tun, als würde im gesamten Bildungsbereich bislang überhaupt nichts gegen Rassismus getan. Das, meine Damen und Herren, stimmt einfach nicht.

Warum das nicht stimmt, werde ich Ihnen nun anhand einiger Beispiele darlegen. Die Auseinandersetzung mit Rassismus und das Praktizieren diskriminierungsfreier Bildungsarbeit sind selbstverständlich Bestandteil der Pädagogenausbildung sowie der Pädagogenfort- und -weiterbildung. Im länderübergreifenden Lehrplan für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern geht es beispielsweise bei den Querschnittsthemen um Partizipation, um gesellschaftliche..., um Wertevielfalt und Toleranz als Ausgangspunkt und Endziel pädagogischer Prozesse. Ähnlich wie das, ist das auch in der Lehrerausbildung. Schauen Sie sich doch einfach einmal auf den Webseiten der Universitäten Jena und Erfurt bei den Erziehungswissenschaften um, dann wissen Sie, dass dort bereits jetzt das praktiziert wird, was Sie in Ihrem Antrag einfordern. Auch bei der Fort- und Weiterbildung der Pädagogen ist es nicht so, als hätte Thüringen die einschlägigen bil

(Vizepräsidentin Hitzing)

dungsdidaktischen und demokratietheoretischen Diskurse der letzten Jahre verschlafen. Das ThILLM hat in den vergangenen Monaten mehrere Fachkonferenzen zur Demokratiepädagogik an Regelschulen durchgeführt, unter anderem in Jena und Greiz. In den nächsten Wochen finden solche Veranstaltungen in sämtlichen Regionen Thüringens statt. Daneben gibt es eine ganze Reihe von Einzelveranstaltungen und Einzelprojekten des ThILLM zum Themenspektrum Rassismus, Intoleranz und Rechtsextremismus. Beim ThILLM angesiedelt ist auch der schulart- und fächerübergreifende Arbeitskreis „Lehrerhandeln gegen Antisemitismus“, der Materialien und Handlungskonzepte zu Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus erarbeitet und auch in die Schulpraxis implementiert.

Meine Damen und Herren, durch den Thüringer Bildungsplan, die einschlägigen Bestimmungen im Kindertagesstätteneinrichtungsgesetz sowie im Schulgesetz - ich nenne hier nur § 2, der den gemeinsamen Auftrag der Thüringer Schulen definiert - und nicht zuletzt auch durch das Landesprogramm sind bereits jetzt alle vorschulischen und schulischen Bildungseinrichtungen gehalten, zu Toleranz, gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Hilfe zu erziehen, Demokratie als Lebensform zu vermitteln und auch durch eigenes Handeln erlebbar zu machen, Partizipation zu ermöglichen und Kinder stark zu machen gegen demokratiefeindliche, rassistische und menschenverachtende Beeinflussungen. Das ist ein zentraler Auftrag unserer Bildungseinrichtungen und dem stellen sich die Bildungseinrichtungen natürlich auch.

Meine Damen und Herren, unterstützt werden sie dabei durch eine Vielfalt vom Land finanzierter oder kofinanzierter, handlungsorientierter Programme und Projekte. Ich nenne hier nur die Schülerseminare „Demokratiewerkstatt“ in der Landeszentrale für politische Bildung, die von Arbeit und Leben organisierten Projekttage gegen Rassismus oder das Förderprogramm „Demokratisch Handeln“. Wer sich für die näheren Details interessiert, dem empfehle ich den Newsletter „Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit an Thüringer Schulen“, der vom Bildungsministerium herausgegeben worden ist und eine sehr gut gemachte Handreichung für die Schulpraxis darstellt.

Meine Damen und Herren, damit komme ich zum dritten Punkt des Forderungskatalogs, der verbindlichen Festschreibung diskriminierungsfreier Bildungsarbeit als Grundlage der Erwachsenenbildung. Als ich diese Passage zum ersten Mal gelesen habe, habe ich mich gefragt, ob der andere Verfasser jemals in das Thüringer Erwachsenenbildungsgesetz hineingeschaut hat. Dort heißt es nämlich zu den Zielen der Erwachsenenbildung in § 1 Abs. 4 ausdrücklich: „Als eigenständige Säule des Bildungswesens stärkt die Erwachsenenbil

dung die integrativen Kräfte der Gesellschaft. Auf allen Gebieten berücksichtigt die Erwachsenenbildung die Gleichbehandlung, insbesondere unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Lebensumständen sowie weltanschaulicher oder religiöser Überzeugung.“ Ich denke, das ist eindeutig. Etwas anderes als diskriminierungsfreie Bildungsarbeit ist bei der Erwachsenenbildung in Thüringen überhaupt nicht förderfähig. Mehr noch, wer gegen das Gebot der Diskriminierungsfreiheit verstößt, dem kann nach § 10 die Anerkennung als Träger der Erwachsenenbildung entzogen werden. Ebenso besteht bereits jetzt eine Förderung von Angeboten der Erwachsenenbildung, die sich mit Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Ähnlichem auseinandersetzt. Zum einen werden diese Angebote indirekt über die Förderung ihres Einrichtungsträgers finanziell unterstützt, zum anderen sind sie nach § 14 des Erwachsenenbildungsgesetzes als Bildungsprojekte von besonderem öffentlichen Interesse grundsätzlich auch direkt förderfähig.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Im Hinblick auf den Umgang mit Rassismus an den Thüringer Bildungseinrichtungen gibt es klare normative Vorgaben im Bildungsplan, im Kita-Gesetz, im Schulgesetz und auch im Landesprogramm. Die Auseinandersetzung mit Rassismus und das Praktizieren diskriminierungsfreier Bildungsarbeit ist Bestandteil der Pädagogenausbildung, aber auch der Pädagogenfort- und -weiterbildung. Deshalb unterstützt sie im Kita- und im Schulbereich durch Programm- und Projektfinanzierung dabei, dem staatlichen Auftrag einer Erziehung zu Toleranz, Respekt, Demokratie und Partizipation gerecht zu werden. Das Land sorgt mit klaren gesetzlichen Vorgaben auch dafür, dass Bildungsarbeit in der Erwachsenenbildung gar nicht anders als diskriminierungsfrei angelegt sein kann.

Der Eindruck, meine Damen und Herren, den Ihr Antrag, der Antrag der LINKEN erweckt, nämlich dass bislang im Thüringer Bildungswesen nichts gegen Rassismus getan wird, ist daher falsch oder zu wenig, will ich das ergänzen.