Zu Herrn Meyer wollte ich noch mal sagen: Das klingt doch, als wären wir uns im Prinzip einig, was Sie sagen. Das ist dann nicht so, wenn Sie den Satz sagen: Diese Menschen sind gefährlich. Da geht die Fraktion DIE LINKE nicht mit. Ich will noch mal darauf hinweisen, die Gefährlichkeit wird anhand sehr unsicherer Prognosen vermutet. Also kein Gutachter kann nachweisen, dass diese Menschen weiterhin gefährliche Straftaten begehen werden. Und alle Statistiken, die ich kenne, belegen, dass diese Prognosen höchst unsicher und in vielen Fällen unzutreffend sind. Vielen Dank.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen der Abgeordneten. Nun hat das Wort der Herr Minister Dr. Poppenhäger. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich bedanke mich vorab für die engagierte und qualifizierte Diskussion. Ich will auch vorwegschicken, dass die Kritik an der Zeitschiene, die mehrfach geäußert worden ist, nicht völlig aus der Luft gegriffen ist. Ich will das ausdrücklich sagen, wenn ich mir allerdings auch erlaube, Herr Bergner, noch einmal darauf hinzuweisen, es ist ja richtig, dass die Zeit am Schluss knapp geworden ist. Aber die überwiegende Zeit - das hat die Abgeordnete Berninger sehr richtig ausgeführt ist nicht in Thüringen verbraucht worden, sondern bei einer durchaus engagierten Diskussion auf Bundesebene unter Federführung des Bundesjustizministeriums. Ich will noch einmal sagen, das ist auch gleich eine Antwort auf die Frage, was man bei einer Bundesratsinitiative jetzt machen würde. Ich bin immer sehr dafür, dass wir auch von Thüringen aus
Bundesratsinitiativen starten, aber diese Diskussion ist nun wirklich in 18 Monaten geführt worden. Es ist gerade eine Entscheidung getroffen worden. Ich glaube, bis zu einer erneuten Diskussion dieser Frage müssen wir erst einmal Zeit ins Land gehen lassen und wir müssen auch ein bisschen Erfahrung sammeln. Ich bedanke mich also noch einmal ausdrücklich bei den Abgeordneten für die kurzfristige Beratung.
Mein Dank gilt auch den angehörten Sachverständigen. Sie haben sich mit dem Gesetzentwurf ausführlich trotz der kurzen Frist auseinandergesetzt und, wenn ich das sagen darf, überwiegend positiv geäußert. Ich möchte hier auch Professor Dr. Dessecker, stellvertretender Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, zitieren. Er hat Folgendes ausgeführt: „Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass der Entwurf es unternimmt, die Ausgestaltung des Vollzugs der Freiheitsstrafe und der Sicherungsverwahrung in Thüringen auf eine neue, dem aktuellen Entwicklungsstand des Verfassungsrechts entsprechende landesrechtliche Grundlage zu stellen und dabei die Erfahrungen in den Landesgesetzen zu Jugendstrafen, Untersuchungshaftvollzugsgesetz zu verwerten.“ Ich möchte Ihnen an dieser Stelle nicht nochmals die Details präsentieren, sie sind Ihnen alle bekannt. Ich will mich nur noch auf wenige Kernaussagen beschränken.
Der Gesetzentwurf besteht aus zwei Artikeln. Artikel 1 enthält den Entwurf des Thüringer Strafvollzugsund Jugendstrafvollzugsergänzungsgesetzes. Das Gesetz ergänzt das derzeit geltende Strafvollzugsgesetz für die Strafgefangenen mit angeordneter bzw. vorbehaltener Sicherungsverwahrung und das Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz für Jugendstrafgefangene, ebenfalls mit vorbehaltener Sicherungsverwahrung. Hintergrund ist das vom Bundesverfassungsgericht formulierte sogenannte Ultima-Ratio-Prinzip. Danach soll die Gefährlichkeit der potenziellen Sicherungsverwahrten bereits im Vollzug der Freiheitsstrafe bzw. der Jugendstrafe reduziert werden, so dass die Vollstreckung der Unterbringung nach Möglichkeit entbehrlich wird.
Artikel 2 enthält den Entwurf des Thüringer Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes. Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Sicherungsverwahrung in Thüringen. Zwar ist davon auszugehen, dass auch davon war mehrfach die Rede, die in Thüringen Untergebrachten in Thüringen unterzubringen aufgrund der Kooperation mit Hessen, die wir eingegangen sind, größtenteils auch dort untergebracht werden. Aber aufgrund dieser Kooperation orientieren wir uns mit unseren gesetzlichen Regelungen im Wesentlichen am Hessischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz. Ziel ist es, nach Möglichkeit einen Gleichklang der Bedingungen beim Vollzug der Sicherungsverwahrung in Hessen und im Freistaat Thüringen zu erreichen. Daher ist
Artikel 2 des vorliegenden Gesetzentwurfs wie auch im Hessischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz insbesondere von folgenden Leitlinien geprägt: Die Minderung der Gefährlichkeit der Untergebrachten sowie die Resozialisierung und der Schutz der Bevölkerung werden als gleichrangige Vollzugsziele normiert. Der Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wird nach eingehender Behandlungsuntersuchung und Vollzugsplanung therapiegerichtet und freiheitsorientiert ausgestaltet. Die Bereitschaft der Untergebrachten zur Mitwirkung ist zu wecken und zu fördern. Der Vollzug der Unterbringung in Sicherungsverwahrung erfolgt weiterhin in geschlossenen Einrichtungen. Außenkontakte sollen gefördert werden, aber die Arbeitspflicht für Untergebrachte wird abgeschafft.
Ich möchte drei Kritikpunkte kurz aufgreifen, als erstes der mit der Arbeitspflicht, Herr Abgeordneter Bergner sprach dazu.
Bereits der Entwurf der Länderarbeitsgruppe zur Erarbeitung gesetzlicher Grundlagen zur Neuregelung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung, sogenannter 16er-Entwurf, weil alle 16 Bundesländer beteiligt waren, sieht die Abschaffung der Arbeitspflicht vor. Überdies trägt die Abschaffung der Arbeitspflicht dem vom Bundesverfassungsgericht eben geforderten und postulierten Abstandsgebot Rechnung. Dementsprechend hat sich auch die Mehrzahl der Bundesländer dazu entschieden, im Bereich der Sicherungsverwahrung nicht länger an der Arbeitspflicht festzuhalten. Es handelt sich da um keinen Thüringer Alleingang und ich will noch mal darauf verweisen, es sind Menschen, die ihre Strafhaft bereits abgesessen haben.
Zweiter Kritikpunkt: Das Gesetz verwendet zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe. Das ist natürlich eine Kritik, die im Prinzip immer Gültigkeit beanspruchen kann. Allerdings angesichts der Kompliziertheit und Unvorhersehbarkeit der Lebensverhältnisse können in Gesetzen nicht alle erforderlichen Rechtsfolgen im Detail vorherbestimmt werden. Das ist einmal im Allgemeinen Preußischen Landrecht im Jahr 1794 versucht worden. Es umfasste damals mehr als 19.000 Paragraphen. Es scheiterte allerdings, denn die Vielseitigkeit eines Landes kann eben nicht starr im Gesetz abgebildet werden, auch nicht die Vielseitigkeit des Lebens übrigens. Die Verwaltung muss auch flexibel reagieren können und hierzu bedarf es unbestimmter Rechtsbegriffe und in besonderem Maße ist das natürlich der Fall im Justizvollzug, wo mit Menschen gearbeitet wird und mit den unterschiedlichen menschlichen Verhaltensweisen und Fallgestaltungen angemessen umgegangen werden muss. Insofern weise ich noch mal darauf hin, dass auch an dieser Stelle sich das Thüringer Gesetz aufgrund der Kooperation mit Hessen sehr stark an das Hessische Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz anlehnt.
Dritter und letzter Kritikpunkt: Das Institut der Sicherungsverwahrung selbst sei kritisch zu hinterfragen. Ja, Frau Abgeordnete Berninger, ob es des Instituts der Sicherungsverwahrung bedarf und in dieser Form, ist zweifellos ein Punkt, der rechtspolitisch diskutiert werden kann und darf. Dennoch erlaube ich mir an dieser Stelle zur Abkürzung der Debatte folgenden Hinweis: Die Möglichkeit der Anordnung der Sicherungsverwahrung ist im Strafgesetzbuch - und das ist ein Bundesgesetz - so vorgesehen. Die Länder sind verpflichtet, ihren Vollzug gesetzlich zu regeln. Eine Entscheidung etwa gegen eine Sicherungsverwahrung ist uns in Thüringen deshalb verwehrt.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister vielleicht, damit ich es auch verstehe, zu dem Punkt mit der Arbeitspflicht folgende Frage: Können Sie mir erklären, warum es - es geht ja um eine zumutbare Arbeit und nicht etwa um Zwangsarbeit - jemandem, der in Freiheit lebt, zuzumuten ist, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen oder zumindest dazu beizutragen, für jemanden, der eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auch in Sicherungsverwahrung ist, die verbüßt hat, dann aber das nicht mehr zumutbar ist? Wie gesagt, es geht um zumutbare Arbeit, nicht um Zwangsarbeit. Wir reden hier nicht über einen Steinbruch oder Ähnliches, sondern es geht nur darum, dass jemand zu seinem Lebensunterhalt durch eigene Arbeit beiträgt. Warum ist das für jemanden, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen, zumutbar, dass er das tut, für jemanden, der seine Strafe verbüßt hat, aber eben noch in Sicherungsverwahrung ist, dann nicht mehr? Das verstehe ich nicht und das ist der Punkt, über den Herr Bergner geredet hat.
Herr Abgeordneter Barth, vielen Dank für die Frage. Das gibt mir Gelegenheit, noch mal auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen Strafhaft, also wenn ein Mensch zu einer Strafe verurteilt worden ist,
und auf den Charakter der Sicherungsverwahrung hinzuweisen, der die Besonderheit hat, dass derjenige, der in Sicherungsverwahrung gehalten wird, die Abgeordnete Marx hat einen sehr starken Begriff der „Freiheitsberaubung“ gesetzt, aber es ist tatsächlich so: Das sind Menschen, die ihre Strafe abgesessen haben und aufgrund einer Gefährlichkeitsprognose, die ich nicht für so unsicher halte wie die Abgeordnete Berninger, weiterhin unter Verschluss gehalten werden. Sie können die Sicherungsverwahrung nicht verlassen. Sie bleiben auf unbestimmte Zeit eingesperrt. Ich will auch noch mal erinnern, in der Strafhaft in Thüringen haben wir die Arbeitspflicht. Ich verrate jetzt kein Geheimnis an dieser Stelle, in dem in der Ressortabstimmung befindlichen Entwurf eines neuen Thüringer Strafvollzugsgesetzes wird es sicherlich auch keine grundlegende Änderung geben, aber genau das ist der Unterschied zur Sicherungsverwahrung. Das Bundesverfassungsgericht hat ein deutliches Abstandsgebot angemahnt. Das bezieht sich nicht nur auf die Frage der Größe der Unterbringung, auf die Qualität der Therapie, auf die Qualität der Unterbringung, sondern nach unserer Auffassung und nach der Auffassung der Experten aus 16 Ländern, die sich zusammengesetzt haben, um diesen Gesetzentwurf zu formulieren, auch auf die Frage, darf man solche Menschen weiterhin mit einer Arbeitspflicht belegen.
Ich will Ihnen noch ein weiteres Beispiel geben, wo es auch im Strafvollzug eine Ausnahme gibt, das sind die Rentner. Wir haben noch nicht so viele Rentner im Strafvollzug in Thüringen, aber es gibt einige und es werden mehr. Und auch die Menschen, die im Rentenalter sind, unterliegen in Thüringen natürlich nicht der Arbeitspflicht. Es gibt durchaus Ausnahmen auch im Strafvollzug. Aber ich will noch mal sagen an dieser Stelle, Herr Abgeordneter Barth, wir berauben Menschen, wie Abgeordnete Marx zitierte, ein Stück der Freiheit. Wir glauben, wir haben Gründe dafür, aber es ist ja auch nicht verboten, dass sie einer Tätigkeit nachgehen, es wird nur die Arbeitspflicht dort aufgehoben. Natürlich werden weiterhin Angebote gemacht werden, genauso wie zur Therapie.
Ich möchte abschließend sagen, dass ich glaube, dass es sich bei unserem Gesetzentwurf um ein modernes, praxisgerechtes Gesetz handelt, das im Übrigen auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts konsequent umsetzt und berücksichtigt und natürlich mit Hessen die nötigen Übereinstimmungen vorsieht. Ich möchte Sie daher bitten, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, dem Gesetz zuzustimmen. Es geht nicht nur um die mehrfach angesprochene Frist zum 1. Juni 2013, sondern insbesondere auch darum, dass wir unseren Einrichtungen in Thüringen die erforderlichen rechtlichen Instrumente an die Hand geben müssen, damit sie die Sicherungsverwahrung auch um
Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keine Wortmeldungen mehr. Damit schließe ich die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.
Als Erstes kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 5/5843 in zweiter Beratung. Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe die Zustimmung bei der CDU, der SPD. Wer ist dagegen? Dagegen ist die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich? Es enthalten sich die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die FDP. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.
Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer in der Schlussabstimmung dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, der möchte sich bitte von den Plätzen erheben. Danke schön. Gegenstimmen? Das ist die Fraktion DIE LINKE. Stimmenthaltungen? Die Fraktionen der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung angenommen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt
Thüringer Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Thüringer Behindertengleich- stellungsgesetz - ThürB- GleichG -) Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/5954 ZWEITE BERATUNG
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Gäste auf der Tribüne, die Fraktion DIE LINKE hat einen umfangreichen Gesetzentwurf für ein neues Thüringer Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen vorgelegt. Die Fraktion DIE LINKE hält dies für unverzichtbar, um die UN-Behindertenrechtskonvention über die Rechte behinderter Menschen so in Thüringen wirksam umzusetzen, wie es auch das Abkommen letztendlich verlangt. Die UN-Behindertenrechtskonvention gilt seit ihrer Ratifizierung in Deutschland und ist somit bindendes Recht. Alle staatlichen Ebenen haben es umzusetzen, nicht nur der Bund, sondern auch die Länder und die Kommunen, also auch das Land Thüringen, und zwar nicht als freiwillige politische
Absichtserklärung, nein, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe. Gesetzliche Pflichtaufgaben sind in ihrer Umsetzung mit den notwendigen personellen, sächlichen und finanziellen Mitteln abzusichern ohne Wenn und Aber. Vor allem gilt das auch dann, wenn es um die Verwirklichung von Menschen- und Grundrechten im Alltagsleben von Betroffenen geht. Genau darum geht es, um deren Umsetzung in der UN-Behindertenrechtskonvention. Zwar hat die Landesregierung einen Aktions- bzw. Maßnahmeplan zur Umsetzung der Konvention erarbeitet, aber er wurde bis jetzt nicht offiziell dem Landtag zur Debatte zugeleitet. Er ist im Vergleich zu einem Gesetz auch nicht rechtsverbindlich und für Betroffene im Konfliktfall auch nicht einklagbar. Eine finanzielle Absicherung ist für ihn auch nicht durchsetzbar. Eine mehr oder weniger nette politische Absichtserklärung ist dieser Maßnahmeplan, aber auch nicht mehr.
Wir als die Fraktion DIE LINKE meinen, eine eher weniger gelungene politische Absichtserklärung, denn zahlreiche Vorschläge und Hinweise von Verbänden und Betroffenen wurden gerade in diesen Maßnahmeplan nicht aufgenommen. Er ist aus unserer Sicht überarbeitungsbedürftig. Es gilt immer noch der Grundsatz, nichts über uns ohne uns. Das heißt, Menschen mit Behinderung müssen immer mit eingebunden sein und sich mit ihren eigenen Vorschlägen und Vorstellungen einbringen können, dort, wo es um die Belange geht. Es bedarf zusätzlich der Umsetzung und nicht der Verwässerung dieser Vorschläge.
In der ersten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs hat die Landtagsmehrheit gezeigt, dass sie sich der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mit dem Ansatz der Inklusion bei der Gleichstellungsgesetzgebung für behinderte Menschen hier in Thüringen politisch verweigert hat. Stattdessen haben Sie in Ihrer Mehrheit den Gesetzentwurf und damit auch die behinderten Menschen, um deren Nachteilsausgleich es gehen soll, zu einem Kostenfaktor erklärt. Allerdings wird an einer solchen Kostendebatte auch sehr deutlich, dass das heute vorherrschende neoliberale Denken letztendlich alles unter ökonomischen Grundsätzen und Gesichtspunkten verbucht, auch wenn es um die Verwirklichung von Menschen- und Grundrechten geht und um die Beseitigung von herrschenden Diskriminierungen. Dieser aktualisierte Gesetzentwurf unserer Fraktion wie auch schon seine Vorgänger aus der 3. und 4. Wahlperiode ist wiederum unter umfassender Beteiligung von Betroffenen und ihren Vertreterstrukturen und Verbänden entstanden. Mit der barschen Ablehnung einer Diskussion des Gesetzentwurfs in den Ausschüssen treffen Sie als Landtagsmehrheit nicht nur unsere Fraktion DIE LINKE, vor allem treten Sie damit das Engagement der Betroffenen und deren Vorschläge aus den Be
hindertenverbänden hier in Thüringen mit Füßen. Das ist politisch kurzsichtig und zugleich auch skandalös.
Nicht unerwähnt möchte ich an dieser Stelle lassen, dass es nach der ersten Lesung unseres Gesetzentwurfs im Thüringer Landtag durchaus positive Signale von den Vereinen und Verbänden zu unseren Forderungen gab. Dies bestärkt uns, unsere Forderungen und die Forderungen der Betroffenen auch weiterhin vehement hier in diesem Hause zu vertreten. Natürlich legt der Gesetzentwurf der LINKEN offen, an welchen zahlreichen Baustellen mit Blick auf die UN-Behindertenrechtskonvention über die Rechte behinderter Menschen in Deutschland bzw. auch hier in Thüringen noch gearbeitet werden muss bei den Nachteilsausgleichen. Zum Beispiel Blinde brauchen einen höheren Nachteilsausgleich, für Gehörlose und Taubblinde muss auch endlich ein solcher Nachteilsausgleich geschaffen werden. Natürlich macht der Gesetzentwurf der LINKEN deutlich, dass im Bereich des inklusiven Unterrichts, des Anspruchs auf Assistenz, der flächendeckenden Arbeit von kommunalen Behindertenbeauftragten, der Stärkung der Rechte des Landesbehindertenbeauftragten noch vieles getan werden muss. Aber die UN-Konvention verlangt auch dieses. Die Konvention legt den Finger in die Wunde, dass in Sachen Gleichstellung und Inklusion behinderter Menschen Deutschland leider im internationalen Vergleich zu anderen Ländern nicht zu den Vorreitern gehört. Viele nun notwendige und eigentlich schon längst überfällige Anstrengungen sind diesen hausgemachten Versäumnissen geschuldet. Dass es nicht nur um das Geld geht bei der mehrheitlichen Ablehnung einer Ausschussdiskussion unseres Gesetzentwurfs, wird nach Ansicht unserer Fraktion an anderen Punkten deutlich. Ein Beispiel ist das im Gesetzentwurf festgeschriebene Verbandsklagerecht; vor allem wichtig für Musterverfahren, deren Ergebnis dann vielen Betroffenen mit Behinderungen zugute kommen würde. Vor allem führt es dazu, dass sich Menschen mit Behinderungen nicht als Einzelkämpferinnen und als Einzelkämpfer auf den praktisch oft beschwerlichen Gerichtsweg machen müssen. Betroffene und Verbände fordern daher seit Langem ein solches Verbandsklagerecht. Aber über das Verbandsklagerecht haben Sie als Landtagsmehrheit bisher keine einzige Silbe verloren. Deshalb wird man den Verdacht nicht los, dass Sie insgesamt die Diskussion vermeiden wollen, denn die Anforderungen der UNBehindertenrechtskonvention stehen auch hier in Thüringen. Am 8. Mai war Dinah Radtke, eine Aktivistin der „Selbstbestimmt-Leben-Bewegung“ für eine Veranstaltung in unserer Fraktion. Anlass war natürlich auch der europäische Protesttag der Menschen mit Behinderungen, der 5. Mai. Gemeinsam mit anderen Vertretern für die Belange behinderter
Menschen haben wir über das wichtige Thema „Inklusion“ und deren Umsetzung hier in Thüringen diskutiert. Auch in der CDU-Fraktion hat sich am 6. Mai das Außerparlamentarische Bündnis zu seinen regelmäßigen Treffen zusammengefunden, um über die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und die Novelle des Behindertengleichstellungsgesetzes hier in Thüringen zu beraten. Leider gab es aufgrund der sehr gedrängten Tagesordnung und der ausgiebigen Redebeiträge der Akteure der CDU und des Thüringer Sozialministeriums keine Zeit für eine Diskussion, bei der die Vertreter des Bündnisses und der Behindertenverbände ihre Meinung und Forderung äußern konnten. Trotzdem haben die Beispiele des Bundesbehindertenbeauftragten für die Belange behinderter Menschen Hubert Hüppe gezeigt, dass ein Umsteuern in der Behindertenpolitik unerlässlich ist und dass ein Weiterso wie bisher nicht im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention sein kann. Somit hat sich auch gezeigt, dass dringender Handlungsbedarf in der Gleichstellungspolitik behinderter Menschen hier in Thüringen besteht. Gerade aus diesem Grund ist es für mich und für die Fraktion DIE LINKE nicht nachvollziehbar und unverständlich, warum Sie sich einer Debatte im Ausschuss verweigern. Angesichts der Dringlichkeit der gesetzlichen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auch hier in Thüringen, angesichts des von den Betroffenen miterarbeiteten und unterstützten Gesetzentwurfs, angesichts der Möglichkeit, zahlreiche qualifizierte Sachverständige zu hören, auch im Sinne des „Nichts über uns - ohne uns“ beantrage ich erneute Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, den Gleichstellungsausschuss und den Justiz- und Verfassungsausschuss. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. Für die Fraktion der CDU hat Abgeordneter Manfred Grob das Wort. Herr Grob möchte nicht sprechen. Gut. Dann rufe ich für die Fraktion der FDP den Abgeordneten Marian Koppe auf, der möchte sprechen. Bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Nein, ich glaube, der Tagesordnungspunkt ist nicht dazu gedacht, dass wir uns besonders fröhlich hier im Hause verhalten, ansonsten ist das immer gut, weil man sollte mindestens dreimal am Tag lachen, aber zu gegebener Zeit.
entwurf heute in zweiter Beratung hier im Plenum diskutieren. Es fand keine Ausschussberatung statt, was ich ausdrücklich bedaure, das will ich auch deutlich sagen, weil ich glaube, sich Gesetzentwürfen oder Anträgen zu entziehen in der Ausschussberatung, hat nicht viel mit demokratischem Verständnis zu tun. Das aber nur so nebenbei.
Daher möchte ich mich relativ kurzhalten zu dem Thema. Die Kollegen der Fraktion DIE LINKE, ich glaube sie wissen das auch, das habe ich vor vier Wochen auch schon einmal an der Stelle gesagt, dass Ihre Forderungen zum Teil überzogen sind und dadurch logischerweise auch schlussendlich für die Betroffenen kontraproduktiv sind, da sie nämlich keine Chance haben, irgendwann in Kraft zu treten, zum einen. Zum Zweiten wissen Sie aber auch - auch das war schon Thema vor vier Wochen -, dass die Landesregierung dazu selbst einen Entwurf vorbereitet und auch erarbeitet. Ich glaube, es wäre auch kein schlechtes Signal gewesen, wenn man schaut, dass man beide Gesetzentwürfe gemeinsam im Ausschuss berät. Das wäre im Übrigen auch Erfolg versprechender auch für Sie gewesen zu dem Zeitpunkt. Aber sei es, wie es ist.