Protokoll der Sitzung vom 23.05.2013

(Staatssekretär Prof. Dr. Herz)

Herr Minister Carius, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sedlacik beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Die Fragen 1 bis 4 beantworte ich aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam. Die Meinungsbildung zu der Frage, ob und wenn ja für welche Gebiete die Landesregierung von der Verordnungsermächtigung nach § 558 Abs. 3 BGB Gebrauch machen wird, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

Es gibt zu dieser umfänglichen Antwort eine Nachfrage. Frau Abgeordnete Schubert. Also Frau Abgeordnete Sedlacik, Sie können zwei Fragen stellen als Fragestellerin der Anfrage.

Ich gebe zu, die Antwort habe ich nicht erwartet. Ich habe eher erwartet, dass Sie mit Nein antworten. Meine Frage deshalb: Sieht die Landesregierung die angespannte Wohnsituation in Thüringen? Und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen würden Sie dann entsprechend tätig werden?

Sie können jetzt antworten.

Ja, okay. Ich dachte, die Präsidentin erteilt das Wort und warte ich noch einen Moment. Zunächst mal darf ich sagen, die Landesregierung gibt nicht Antworten, die Abgeordnete erwarten, sondern gibt Antworten, die aus Sicht der Landesregierung richtig sind.

(Beifall CDU, FDP)

Zweitens zur Frage, welche Gebiete würde es betreffen, dann könnte es sich allenfalls aus unserer Sicht um Jena handeln. Wir wissen aus Presseinformationen, dass wohl Erfurt einen entsprechenden Antrag stellen möchte. Wir planen im August/ September einen Wohnungsgipfel durchzuführen mit den betroffenen Städten, auch den betroffenen Wohnungsunternehmen. Ich will aber vielleicht auch zum Prozess der Meinungsbildung sagen, wir werden diesen Prozess dann dort begleiten, auch schauen, wie sich die Städte und Gemeinden positionieren. Ich will aber auch noch hinzufügen, dass

es aus meiner Sicht nicht sinnvoll wäre, wenn wir auf der einen Seite eine Stadt haben, die bislang noch nicht die notwendige Kooperation beim Thema Flächen für weiteren Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen an den Tag legt. Dann halte ich es für vielleicht nicht das ganz richtige Signal, dass wir dann hier eine Deckelung der Mietpreise verabreden, weil das womöglich zum Ergebnis haben kann, dass der Mietwohnungsbau komplett zum Erliegen kommt. Das würde vielleicht dem Bestand helfen, aber das würde nicht langfristig helfen, die Wohnungsnachfrage mit einem entsprechenden Angebot auch bedienen zu können.

Es gibt jetzt noch die Möglichkeit aus der Mitte des Hauses zwei Fragen zu stellen und es gibt dazu zwei Fragestellerinnen, und zwar einmal Frau Abgeordnete Schubert und einmal Herrn Abgeordneten Kemmerich. Vielleicht können Sie fair teilen.

Ja, ich stelle eine - ich versuche fünf Fragen in einen Satz hineinzubringen. Nein. Da Sie, Herr Carius, die gleiche Antwort gegeben haben, vielleicht war es auch die Staatssekretärin, als ich eine ähnliche Anfrage schon vor Monaten stellte.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Ehrli- che Antwort der Landesregierung.)

Trotzdem bleibt die Frage: Wann, Herr Carius, kann man als Abgeordneter damit rechnen, dass die Landesregierung bzw. die Koalition hier zu einer Meinung kommt? Ist damit noch in dieser Legislatur zu rechnen oder nicht?

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: In Berlin geht es schneller.)

Herr Minister, Sie antworten sicher erst auf diese Frage und dann würde der Abgeordnete Kemmerich noch eine Frage stellen.

Ja. Zunächst noch einmal mit einer Vorbemerkung: Selbstverständlich ist es üblich, dass die Staatssekretärin dieselbe Antwort gibt wie der Minister. Auch innerhalb der Landesregierung stimmen wir uns hier ab bei Anfragen.

Nach dieser Vorbemerkung: Ich habe ja kurz dargestellt, wir würden eine Meinungsbildung mit dem Wohnungsgipfel beabsichtigen und gehen davon aus, dass, wenn wir zu einer Meinungsfindung kommen, die da heißt, wir sollten von diesem In

strument Gebrauch machen, wir einen solchen Vorschlag nicht vor Herbst dieses Jahres unterbreiten.

Herr Abgeordneter Kemmerich.

Das hat sich insofern erledigt, da der Minister dann schon auf meine eventuelle Frage, welche Auswirkungen diese Deckelung haben könnte, geantwortet hat, dass es negative Folgen auf dem Wohnungsmarkt in der Entstehung haben könnte. Vielen Dank.

Dann nehmen wir das so zur Kenntnis. Ich rufe als Nächstes die Anfrage des Herrn Abgeordneten Kalich, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/6063 auf. Darauf wird die Landesregierung durch den Herrn Staatssekretär Rieder antworten.

Danke, Frau Präsidentin.

Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Bürgermeister

Ehrenamtliche Bürgermeister erhalten in Thüringen für die Wahrnehmung ihres Amtes eine Aufwandsentschädigung. Wie diese Entschädigung verwandt wird, ist dem Empfänger überlassen; so wird diese gegebenenfalls gespendet. Dem Fragesteller ist nun ein Sachverhalt bekannt geworden, wo ein ehrenamtlicher Bürgermeister die Entschädigung nicht annimmt und die Annahme direkt verweigert, sondern diese als Spende verwendet sehen will, womit jedoch eine Verbuchung der Ausgabe „Aufwandsentschädigung“ im Haushalt nicht erfolgt. Dieses Vorgehen wurde im Rahmen der Rechnungsprüfung gerügt. Der Gemeinderat hat jedoch das Verhalten bestätigt, so dass die Rechnungsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur o.g. Weigerung eines ehrenamtlichen Bürgermeisters unter Berücksichtigung dessen, dass dieser die Aufwandsentschädigung nicht annehmen, sondern spenden will?

2. Wie ist der Sachverhalt bezüglich der Genehmigung des beschriebenen Handelns durch den Gemeinderat zu bewerten?

3. Welche rechtsaufsichtlichen Maßnahmen sind hierfür geboten?

Herr Staatssekretär Rieder, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kalich beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Ehrenamtliche kommunale Wahlbeamte haben gemäß § 7 Abs. 3 des Thüringer Gesetzes über kommunale Wahlbeamte für die Dauer ihrer Tätigkeit Anspruch auf eine angemessene Aufwandsentschädigung. Das Nähere regelt die Thüringer Verordnung über die Aufwandsentschädigung der ehrenamtlichen kommunalen Wahlbeamten auf Zeit.

Die Aufwandsentschädigung soll die durch das Amt verbundenen Mehraufwendungen in der Lebensführung ausgleichen. In Thüringen besteht keine gesetzliche Regelung, nach der der Verzicht auf die Zahlung der Aufwandsentschädigung eines ehrenamtlichen kommunalen Wahlbeamten ausgeschlossen ist. Insbesondere ist das für die Besoldung geltende Verzichtsverbot nach § 2 Abs. 3 des Thüringer Besoldungsgesetzes nicht anwendbar, denn die Aufwandsentschädigung stellt keine Besoldung im Sinne des § 2 Abs. 3 Thüringer Besoldungsgesetz dar. Deshalb kann ein ehrenamtlicher kommunaler Wahlbeamter gegenüber seinem Dienstherrn auf die Zahlung der ihm individuell zustehenden Aufwandsentschädigung ganz oder teilweise verzichten.

Im Übrigen kann der ehrenamtliche Bürgermeister frei über die Aufwandsentschädigung verfügen und diese natürlich dann auch spenden.

Zu Frage 2: Ein Verzicht des ehrenamtlichen Bürgermeisters auf die Aufwandsentschädigung bedarf nicht der Genehmigung durch den Gemeinderat.

Zu Frage 3: Keine. Die Rechtsaufsichtsbehörde kann in diesen Fällen allerdings darauf hinweisen, dass eine schriftliche Verzichtserklärung erforderlich ist.

Es gibt dazu Nachfragen. Bitte, Herr Abgeordneter Kalich.

Normalerweise muss doch die ehrenamtliche Entschädigung versteuert werden, also es muss Pflegeversicherung, Krankenversicherung gezahlt werden. Das findet ja in diesem Fall alles nicht statt, da das Geld ja nicht verbucht wird.

Das ist keine Frage der Verbuchung, sondern das ist eine Frage, wie man es gestaltet. Wenn auf einen Anspruch verzichtet wird, wird dieser An

(Minister Carius)

spruch ja nicht erfüllt, dann haben Sie keinen Zufluss und da müssen Sie es auch nicht versteuern. Wenn es allerdings gespendet werden soll, kann es natürlich nur gespendet werden, wenn der Betreffende zuvor das Geld erhalten hat. Man kann ja nicht etwas spenden, was man vorher nicht erhalten hat. In diesem Fall ist die Rechtslage anders.

Es gibt offensichtlich dazu keine weiteren Nachfragen. Ich rufe als nächste Anfrage die der Frau Abgeordneten Stange, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/6069 auf, die von Herrn Abgeordneten Bärwolff vorgetragen wird.

Genau, dem ist so.

Grundrecht auf Bank- bzw. Girokonto - Haltung der Thüringer Landesregierung?

Am 8. Mai 2013 hat die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag für Regelungen zur Umsetzung des Grundrechts auf ein Bankkonto vorgelegt, in der Umgangssprache auch als „Jedermann-Konto“ bezeichnet. Außerdem soll in Zukunft auch ein Bank- bzw. Kontowechsel leichter möglich sein. Ein Bank- bzw. Girokonto zur Abwicklung von Überweisungen und Zahlungstransfers ist in der heutigen, überwiegend bargeldlosen Gesellschaft bzw. Alltagsgestaltung eine wichtige Voraussetzung, um am Leben der Gesellschaft diskriminierungsfrei teilnehmen zu können. Das wird vor allem an der Tatsache deutlich, dass vor allem Menschen in schwieriger sozialer Situation ein Bankkonto verweigert wird. Laut Angaben der EU-Kommission sind 58 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger ohne eigenes Konto. Aus Zahlen des hiesigen Verbraucherschutzes lässt sich entnehmen, dass in Deutschland ca. 670.000 Menschen ohne eigenes Konto sind.

Frau Abgeordnete Stange fragt die Landesregierung:

1. Wie viele Menschen in Thüringen sind aus welchen hauptsächlichen Gründen ohne eigenes Bank- bzw. Girokonto?

2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu dem von der EU-Kommission vorgelegten Richtlinienentwurf zur Umsetzung des Grundrechts auf ein „Jedermann-Konto“?

3. Inwiefern sind der Landesregierung Gerichtsurteile und Verbandsstellungnahmen, insbesondere aus Thüringen, bekannt, die sich für einen umfassenden Rechtsanspruch auf ein Giro- bzw. Bankkonto aussprechen?

4. Welche Aktivitäten hat die Landesregierung in der Vergangenheit unternommen bzw. welche Akti