Protokoll der Sitzung vom 24.05.2013

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ermutige ihn nicht, der macht das dann.)

Das macht er. Ich sehe im Sitzenbleiben, im Klassenwiederholen, ich möchte das Wort auch genau anders sagen, durchaus auch eine Chance für die Schülerinnen und Schüler. Wenn eben Eltern und Schüler und Lehrer zu dem Schluss gekommen sind, diese Wiederholung der Klassenjahrgangsstufe ist von Vorteil, dann ist es vielleicht unfreiwillig für den Schüler, weil er so ganz im ersten Moment doch nicht wollte, aber letztendlich kann es durchaus auch dazu beitragen, dass am Ende der Schullaufbahn - darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen - etwas Positives für den jungen Menschen herauskommt.

(Beifall FDP)

(Abg. Döring)

Wir reden immer nur davon, die Klassenwiederholungen sollen abgeschafft werden bis zum Ende der Sekundarstufe 1. Was ist eigentlich danach, wenn man also bis Klassenstufe 9 nicht mehr sitzenbleibt und es wird alles weitergeführt? Wir führen weiter durch individuelle Förderung, es ist alles aufgeführt worden, und dann stellt man fest, es kommt eine Abschlussprüfung - ich habe das schon mehrfach gesagt - und diese Abschlussprüfung muss bestanden werden. Es ist total hart für den jungen Menschen, festzustellen, es gibt am Ende eine Prüfung, die muss ich bestehen. Wie soll das denn jetzt gehen? Kann man diese Prüfung dann vielleicht, bekommt man denn den Schulabschluss auch mit mehreren schlechten Noten? Der junge Mensch bekommt zertifiziert, alles nicht erreicht, relativ mangelhaft und trotzdem kommt er durch und bekommt eine Lehrstelle, weil ja dann die nachführenden Institutionen, Berufsschulen, Hochschulen, Universitäten, wer auch immer dann nachlegen müssen. Irgendeiner muss den jungen Leuten was beibringen.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, individuelle Förderung ist hier in dem Antrag sehr deutlich angesprochen worden. Jetzt muss ich mal in die einzelnen Nummern gehen. Sie reden davon, dass die Schulen die Möglichkeit bekommen sollen, das abzuschaffen Punkt 1. Dazu habe ich einiges gesagt. Dann sollen die notwendigen Rahmenbedingungen und die Ausgestaltung einer professionellen pädagogisch wirksamen individuellen Förderung bei gleichzeitigem Verzicht auf unfreiwillige Klassenwiederholung erreicht werden. Individuelle Förderung, wenn die wirklich zu einem positiven Ziel kommen soll, ist nach meiner Auffassung sehr aufwendig. Die ist auch sehr notwendig, aber das geht nicht im Selbstlauf. Dazu brauche ich Pädagogen.

(Beifall FDP)

Und ich brauche Leute, die es können, die ausgebildet worden sind.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie reden über Punkt 3.)

Ich kann mir an dieser Stelle auch ganz schlecht vorstellen, dass die ein bisschen nebulöse Möglichkeit, sich selbst das Personal dann zu suchen, zu entscheiden, mit wem sie das machen, eine gute Variante ist. Sie müssen bei individueller Förderung sehr viele Lehrer und Lehrkräfte haben. Man braucht da auch Zeit und Ruhe, um dem jungen Menschen auch die notwendige Zuwendung geben zu können. Nach dem Vorbild von Herrn Dr. Augsten mache ich jetzt mal genau dasselbe: Wir schauen doch mal über das Bundesland Thüringen hinweg, was machen denn die GRÜNEN eigentlich so im Rest Deutschlands. Da schauen wir jetzt mal

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Nach Baden- Württemberg.)

- genau - nach Baden-Württemberg. Herr Kretschmann hat im Jahre 2012 den Abbau von 11.600 Lehrerstellen angekündigt bei gleichzeitiger kompletter Umwandlung der Schullandschaft, und zwar zur ideologisch festgesetzten Gemeinschaftsschule, gemeinsame Beschulung und das Ganze soll laufen über das selbst organisierte Lernen - das ist nämlich jetzt die neue Zauberformel - und das bei fast 12.000 Lehrern weniger, Pädagoginnen und Pädagogen. Mein lieber Schwan, da bin ich ja gespannt, wie das funktionieren soll, ohne dass die jungen Leute mit schlechten Ergebnissen aus der Schule gehen.

(Beifall FDP)

Nur mal so viel dazu, wenn wir uns doch schon gegenseitig erzählen, was die anderen so machen. Das gibt es bei Ihnen auch, Herr Dr. Augsten.

Zum Thema der individuellen Förderung noch eins es wurde angesprochen. Es ist natürlich in der Thüringer Schulordnung in § 47 ganz eindeutig geregelt, dass individuelle Förderung erstens notwendig ist und zweitens auch ein Recht ist, und zwar nicht erst - wie das vorhin auch von Herrn Möller gesagt wurde, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Das ist überhaupt nicht wahr, Herr Möller. Da steht ausdrücklich in Absatz 9, schon wenn klar wird, dass der Schüler das Klassenziel wohl nicht erreichen würde, hat er ein Anrecht auf individuelle Förderung, also nicht erst hinterher.

(Beifall FDP)

Da müssen die Pädagoginnen und Pädagogen vorneweg schon mal gucken, steht in der aktuellen Schulordnung. Das war sicherlich zu Ihrer Zeit, als Sie praktisch unterwegs waren als Lehrer in den vier Jahren, die Sie da unterrichtet haben, etwas anders. Ich frage mich, wie haben Sie das eigentlich gemacht? Gab es zu der Zeit nicht die Möglichkeit, dass sie wiederholen mussten? Ich weiß ganz genau, dass es die Möglichkeit gab.

(Beifall FDP)

Haben Sie damals schon davon abgesehen und gewusst, dass das so alles nicht geht? Außerdem muss ich noch auf einen Punkt hinweisen. Das Thema ist gut zu lesen in den §§ 51 und 52 der aktuellen Schulordnung, wie kommt man denn eigentlich zu einer Versetzung? Ich sage Ihnen, so ganz leicht ist das gar nicht, nicht versetzt werden. Wir haben in der Regelschule ja die Regelung, wenn man - ich mache es einmal ganz kurz mit Zahlen, auch wenn die bösen Zensuren bald nicht mehr da sein sollen - zwei Fünfen hätte und man kann die ausgleichen und man hat ansonsten keine schlechtere Note, dann wird man versetzt. Oder man hat eine Sechs, dann kann man die ausgleichen, wird man versetzt. Da kann man ansonsten die ganze Reihe Vieren haben. Das ist schon ordentlich. Ich muss natürlich einschränken, das wissen Sie

selbstverständlich auch alle, dass man nur ausgleichen kann in den entsprechenden Fachkategorien, also Hauptfach gegen Hauptfach, Nebenfach gegen Nebenfach. Also nach unten geht es immer besser. Man muss schon ganz, ganz, ganz viele Lücken aufweisen, bis es dahin kommt, dass die Pädagogen gemeinsam mit den Eltern darüber nachdenken und reden müssen, ob eventuell eine Wiederholung der Klassenstufe notwendig ist. Nehmen wir mal die Klasse 8 - man muss ja aufpassen, von welcher Klassenstufe man spricht, da geht es ja noch -, wenn man in der Klassenstufe 8 so viele Lücken hat und geht jetzt in die Klassenstufe 9 ohne zu wiederholen - aber nehmen wir durchaus mal die Möglichkeit, es sind relativ schlechte Noten, viele Vieren -, und dann kommt die Klasse 9 und in der Klasse 9 gibt es wieder ein neues Leistungsportfolio, die haben nämlich auch einen eigenen Lehrplan in Klasse 9, da sollen die jungen Leute wieder etwas lernen, und nach der Klasse 9 kommt die 10 und dann kommt bald der Abschluss. Wo soll eigentlich die Zeit herkommen, wann sollen die jungen Leute das alles nacharbeiten?

(Beifall FDP)

Das machen die alles mit individueller Förderung mit einem halben Sozialpädagogen oder Sonderpädagogen in den Schulen, den wir zusätzlich bekommen haben. Mehr ist nicht, ansonsten sind die Schulen randgenäht, das weiß die Leitung des Ministeriums ganz genau. Wir haben gestern über das Thema Stundenausfall gesprochen und reden heute davon, dass die Möglichkeit der Wiederholung nicht mehr gegeben sein soll, weil wir alles über individuelle Förderung machen, denn wir haben ja so furchtbar viele Pädagogen in den Schulen.

(Beifall CDU, FDP)

Also, meine Damen und Herren, ich sehe hier tatsächlich ganz viele Diskussionspunkte. Für uns ist dieser Antrag tatsächlich überflüssig und wir brauchen darüber meines Erachtens so nicht zu reden.

Noch zwei Sätze zu Punkt 4 und 5: Sie reden über die Ausschreibung und die „Nachhilfelehrer“. Bei den Ausschreibungen bin ich gar nicht so ganz weit von Ihnen weg. Das finde ich auch ganz in Ordnung, dass man darüber mal reden kann, aber grundsätzlich passt der Antrag so überhaupt nicht zusammen und ist nach meiner Auffassung deshalb abzulehnen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Ich rufe für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich auf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Mottenkiste ist also einmal mehr eröffnet. Die Schule braucht Noten wie der Fisch das Wasser, haben wir gelernt, die GRÜNEN wollten mit ihrer Ideologie der Gleichmacherei und einer Abbaukultur von Anstrengung in Kultur und Gesellschaft selbige untergraben und Sie haben uns vorgeworfen, wir würden Billiglehrer beschäftigen wollen.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Richtig.)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Und Sie ha- ben keine Ahnung.)

Ich muss ganz ehrlich sagen, lieber Herr Barth, Ihre zielführenden Äußerungen haben jetzt wirklich gerade noch gefehlt zur Mottenkiste.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss weiterhin sagen, ich frage mich, ob die Hilflosigkeit dahintersteht, dass man derartige Plattitüden hier vortragen muss, die jeglicher wissenschaftlicher Untersuchung widersprechen und jeglicher Erfahrungswelt trotzen. Nichtsdestotrotz werde ich jetzt noch einmal versuchen, inhaltlich für unser Anliegen zu werben, denn Hans-Jürgen Döring hat es ja sehr deutlich gemacht, im Großen und Ganzen teilt er unsere Auffassung in diesen Fragen, nur leider kann er nicht so, wie er will und hat dafür auch noch Konfuzius bemüht. Ich versuche es mal mit Goethe. Goethe hat gesagt: „Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun.“ Unser Anliegen ist es in der Tat, zu tun und voranzugehen, nichts übers Knie zu brechen, aber trotzdem erst einmal die Debatte zu führen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Deswegen hatte ich ja vorhin bei der Einbringung auch schon angekündigt, dass ich mich sehr freuen würde, wenn wir den Antrag an den Ausschuss überweisen, um dort fachlich zu debattieren. Denn dort, lieber Herr Möller von der LINKEN - Sie haben ja gesagt, Ihnen fehlte beispielsweise der Punkt der Lehrerausbildung könnten wir solche Dinge selbstverständlich auch gern noch berücksichtigen. Aber es ist freilich einfacher, sich hier hinzustellen und einen Antrag in Bausch und Bogen zu verdammen, als sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen und gegebenenfalls Änderungsanträge zu formulieren. Ich lade Sie gern zu Letzterem ein. Wir wollen die Debatte führen. Wir scheuen uns da überhaupt nicht und wir sind auch bereit, kleine Schritte miteinander zu gehen, wenn sie in die richtige Richtung führen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Hitzing)

Wir sind nämlich davon überzeugt, dass es ein chancengerechtes und leistungsstarkes Schulsystem geben kann, auch und gerade wenn wir auf unfreiwillige Klassenwiederholungen verzichten. Unser Ausgangspunkt sind ja die Erkenntnisse von vielen wissenschaftlichen Studien, die seit ganz vielen Jahren schon belegen, dass das unfreiwillige Sitzenbleiben pädagogisch unwirksam ist und im Gegenteil sogar negative Folgewirkungen produziert. Leider ist Hans-Jürgen Döring jetzt nicht hier, aber er hat ja diverse Studien zitiert, die will ich jetzt nicht noch einmal vortragen. Unterm Strich jedenfalls kommen wir dazu, dass wir der Meinung sind, dass jede Schule gut beraten ist, sich auch auf diesen Weg zu begeben und sich für neue Wege zu öffnen.

Was man natürlich nicht außer Acht lassen darf da gebe ich Hans-Jürgen Döring völlig recht -, ist, dass es offenkundig eine andere Haltung in größeren Teilen der Bevölkerung und auch in der Gesellschaft gibt, vielleicht auch, weil man andere Erfahrungen hat. Das ist sehr deutlich geworden in der Rede von Herrn Emde, der immer noch meint, man braucht Noten oder man braucht auch das Sitzenbleiben als Druckmittel, um die Schülerinnen und Schüler zum Lernen zu bringen. Ich habe da einfach eine andere Vorstellung von Schule. Ich möchte Schülerinnen und Schüler mit Motivation

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Noten sind doch kein Druckmittel, Frau Kollegin.)

dazu bringen, dass sie von sich aus gern lernen wollen, dass sie lernen wollen, dass sie mit Begeisterung neue Dinge erfahren, dass sie sich aufmachen, mehr zu begreifen, dass sie sich aufmachen, mehr Wissen zu erlangen, und zwar das nicht nur mit Druck oder wegen der Noten, sondern maßgeblich mit Motivation, mit Unterstützung und mit Angeboten. Das nenne ich Pädagogik, tatsächlich die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, zu unterstützen und sie nicht orientiert an ihren Defiziten zu bemessen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt ja auch eine Große Anfrage von unserer Fraktion, die wir demnächst hier beraten werden, zur sozialen Mobilität. Da ist sehr interessant, dass die Landesregierung selbst auf die empirischen Befunde der Schulforschung mit Blick auf die Klassenwiederholung hinweist. Da heißt es zum Beispiel selbstverständlich auch vonseiten der Landesregierung, dass man weiß, dass unfreiwillige Klassenwiederholungen mitnichten eine positive Wirkung erwarten lassen.

Auch mit unserem Antrag im Jahr 2010 hatten wir schon einmal die Abschaffung von teuren und unwirksamen Klassenwiederholungen gefordert, was hier abgelehnt wurde. Interessant war damals, dass Minister Matschie darauf verwiesen hat, dass Fördern statt Sitzenbleiben schon jetzt das Ziel der

Thüringer Schulen sei und auch in der Novellierung des Thüringer Schulgesetzes vorgesehen wurde, dass für die einzelnen Klassenstufen, Schulformen oder Schularten auf eine Versetzungswirksamkeit einzelner Fächer verzichtet werden kann. Das wurde ja dann auch eingeführt. Ich habe es vorhin schon erwähnt, für die Klassenstufen 3 in der Grundschule und 5 und 7 in der Regelschule, Gesamtschule und im Gymnasium ist es jetzt möglich, auf eine Versetzungsentscheidung zu verzichten.

Mir wurde vorhin vorgeworfen, dass es nicht konsequent wäre, wenn wir das ab der Klasse 10 nicht mehr wollten. Wir meinen sehr wohl, dass dies konsequent ist, weil das genau die Klassen sind, wo dann tatsächlich auf den Abschluss zugegangen wird, für den es die Erfüllung von Bildungsstandards braucht. Worauf ich aber auch hinweisen möchte, ist, dass wir unter individueller Förderung und lernzieldifferenziertem Unterrichten in der Tat etwas anderes verstehen, als dass alle am Ende einer Klassenstufe vielleicht auch tatsächlich auf dem gleichen Stand sind. Genau das Erfassen von Unterschieden will lernzieldifferenziertes Unterrichten. Natürlich, liebe Kollegin Hitzing, macht das sehr viel mehr Arbeit und macht das auch sehr viel mehr Mühe in der Vorbereitung. Nichtsdestotrotz meinen wir, dass es der Lebensrealität angemessen und vor allen Dingen dem Ziel angemessen ist, dass alle Jugendlichen, alle Kinder den bestmöglichen Schulabschluss erreichen, dass dies mal nach Klasse 10, bei manchen vielleicht auch erst nach Klasse 11 oder 12, bei anderen aber vielleicht sogar schon in der Klasse 8 möglich sein muss, wenn die Schüler da bereits ein bestimmtes Niveau erreicht haben. Genau das ist individuelle Förderung, genau das ist lernzielorientiertes Unterrichten. Ich meine, dass wir da in der Tat noch sehr viel Aufklärungsarbeit leisten müssen, weil wir ansonsten sehr verkürzt diskutieren. Wir GRÜNEN meinen, dass die Landesregierung in der Tat im Moment inkonsequent handelt. Uns sind natürlich die Zwänge bekannt, die eine solche Koalition mit sich bringt. Sie haben das hier ausgeführt, wie Sie auf die Regelung gekommen sind, dass in den Klassenstufen 3, 5 und 7 faktisch auf eine Versetzungsentscheidung verzichtet wird. Allerdings, seien wir ehrlich, damit ist auf halbem Weg stehen geblieben worden. Eigentlich ist es relativ willkürlich, warum diese Klassenstufen gewählt wurden. Es sind erste Schritte auf dem Weg dahin, nämlich künftig auf solche Wiederholungen grundsätzlich zu verzichten, allerdings nicht einfach so, sondern natürlich einhergehend mit zusätzlichen Fördermaßnahmen. Da braucht es die notwendigen Ressourcen und Rahmenbedingungen an den Schulen.

Ich kann nicht nachvollziehen, liebe Frau Hitzing, wie Sie dazu kommen, dass etwas nebulös hier in unserem Antrag stehen würde, was wir dann den Schulen zur Verfügung stellen wollen. Wir sagen

ganz klar in Punkt 3, dass wir den Schulen, die auf unfreiwillige Klassenwiederholung verzichten, zusätzliche personelle und sächliche Ressourcen zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler bereitstellen wollen. Diese sollen aber eigenverantwortlich von den Schulen ausgewählt und natürlich zugeschnitten auf die jeweilige Situation an den Schulen zur Verfügung gestellt werden können. Da wie Sie, Herr Emde, mit Billiglehrermutmaßungen zu kommen, ist einfach nur billige Polemik, nichts anderes. Uns geht es darum, auch und gerade Lehramtsabsolventinnen und -absolventen eine Chance zu geben, die beispielsweise noch keinen Referendariatsplatz bekommen haben, die aber für ihre Arbeit natürlich auch vernünftig entlohnt werden müssen. Fakt ist, dass wir zusätzliches Personal an den Schulen brauchen werden, genauso wie zusätzliche sächliche Ressourcen, die aber, wie gesagt, auch eigenverantwortlich von den einzelnen Schulen eingesetzt werden sollen, wenn wir es ernst meinen mit individueller Förderung.

Wenn wir über das Ausmaß von Klassenwiederholungen sprechen, dann wissen wir, dass im Schuljahr 2007/2008 von insgesamt 9 Mio. Schülerinnen und Schülern bundesweit 250.000 Schülerinnen und Schüler etwa die Klasse wiederholen müssen. In Deutschland haben, wenn man das hochrechnet, fast ein Viertel aller Schülerinnen und Schüler bis zum 15. Lebensjahr einmal die Klasse wiederholen müssen. Verteilt auf die Schularten sind das ungefähr 9 Prozent der Grundschüler und etwa 14 Prozent der Schüler in der Sekundarstufe I. In Thüringen sind im Schuljahr 2002/2003 3.926 Schülerinnen und Schüler nicht in die nächste Klassenstufe versetzt worden. 2.210 Schülerinnen und Schüler sind in diesem Schuljahr freiwillig zurückgetreten. Genau das ist die Möglichkeit, die wir auch weiter offenlassen wollen. Im Schuljahr 2011/2012 wurden immerhin noch 1.120 Schülerinnen und Schüler nicht in die nächste Klassenstufe versetzt, während ca. 1.068 Schülerinnen und Schüler freiwillig zurückgetreten sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch einmal darum bitten und werben, dass wir eine ernsthafte Debatte auch im Fachausschuss zu dieser Frage führen. Wir denken, dass es in der Tat zum einen eine Chance wäre, wenn an den Schulen die Voraussetzungen geschaffen würden, und zwar an allen Schulen - da verstehe ich nicht, warum man jetzt wieder freie Schulen gegen staatliche Schulen ausspielen muss, schließlich erfüllen alle einen staatlichen Bildungsauftrag -,