Protokoll der Sitzung vom 24.05.2013

die SPD in Nordrhein-Westfalen anführte. Ich will Ihnen auch gern sagen, warum. Frau Hannelore Kraft, die Chefin der rot-grünen Regierung in NRW,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Und die CDU, Herr Bergner.)

hat im Landtagswahlkampf im letzten Jahr die Stimmen auch vieler Beamten umworben mit dem Versprechen, den nächsten Tarifabschluss im öffentlichen Dienst 1 : 1 für die Beamten umzusetzen. Sie hat vermutlich wegen dieses Versprechens auch viele Stimmen von Beamten bekommen. Der Tarifabschluss von Anfang März, 5,6 Prozent in zwei Schritten, hat dementsprechend große Freude und Erwartungen bei den Beamten im größten Bundesland ausgelöst.

Am 18. März, neun Tage nach der Tarifeinigung, trat die rot-grüne Regierung in Düsseldorf vor die Presse und verkündete, das Land könne sich nicht leisten, allen Beamten mehr Geld zu geben. Die versprochene eine Eins-zu-Eins-Übernahme sieht in rot-grüner Lesart nun so aus, dass erstens Beamte im einfachen und mittleren Dienst in den Genuss der Tariferhöhung kommen, zweitens für die Beamten des mittleren Dienstes die Erhöhung nur je 1 Prozent pro Schritt beträgt, in der Summe also 2 Prozent, und damit um 3,6 Prozent geringer ausfällt, das sind fast zwei Drittel der Erhöhung, die für diese Beamten einkassiert werden, und drittens Beamte des höheren Dienstes komplett leer ausgehen. Sie bekommen also immerhin ihr bisheriges Gehalt 1 : 1 weiter. Das hätten diese Damen und Herren im Wahlkampf bestimmt anders verstanden.

(Beifall FDP)

Dass die rot-grüne Regierung in Düsseldorf trotz dieser drastischen Maßnahmen nicht in der Lage ist, einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen, sei der Vollständigkeit halber erwähnt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn in der Begründung zum vorliegenden Antrag also zu lesen ist, haushalterische Einwände seien sachfremd, dann möge dies zusammen mit dem Beispiel aus NRW Leichtsinnigen oder Gutgläubigen als Warnung dienen. Für jede Regierung gilt: Das Geld, das sie ausgibt, muss sie vorher einnehmen, dafür müssen Bürger Steuern erarbeiten. Wenn sie Geld versprechen, müssen sie auch sagen, wo sie es hernehmen wollen. Ich kenne auch ihre Antwort, nämlich Steuererhöhungen. Und da, meine Damen und Herren, erinnere ich an die DDR, die hatte höchste Steuersätze und trotzdem nie Geld.

(Beifall FDP)

Es den Reichen wegnehmen und den Armen geben und glauben, das löst alle Probleme für alle Zeit, so einfach funktioniert die Welt eben nicht. Allen alles versprechen, meine Damen und Herren, und es auf den Schultern von ein paar Reichen tragen zu las

sen, das als Milchmädchenrechnung zu bezeichnen, wäre eine Beleidigung dieser jungen Damen.

(Beifall FDP)

Das ist Dummenfang und eine gezielte Spaltung unserer Gesellschaft.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ab dem 01.01.2013 erhalten die Beschäftigten im öffentlichen Dienst 2,65 Prozent mehr Geld, ab dem 01.01.2014 noch einmal 2,95 Prozent. Bei rund 25.000 Angestellten bedeutet das für Thüringen nach Angaben des Finanzministers Mehrbelastungen für den Landeshaushalt von rund 95 Mio. €. Für die knapp 31.000 Beamten und Richter sowie die knapp 5.000 Versorgungsempfänger wird das Land den Tarifvertrag nun übernehmen, allerdings mit einigen Haken. Zum einen mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung: Zum 1. Oktober dieses Jahres und zum 1. August nächsten Jahres werden die beiden Stufen übernommen, die im Tarifvertrag jeweils zum 1. Januar in Kraft treten. Warum nicht auch in diesem Jahr zum 1. August? Weil man bis zum 1. Oktober noch zwei Monate sparen kann, vermute ich mal. Warum nicht 2014 auch zum 1. Oktober? Weil im September Landtagswahl ist und die Erhöhung vorher noch auf den Kontoauszügen der Beamten sichtbar werden soll, vermute ich. Das ist möglicherweise eine ganz böse Oppositionsvermutung,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ganz bö- se.)

aber vielleicht erklärt es mal jemand aus der Regierung oder

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Hätten wir nicht besser formulieren können.)

auch aus einer Regierungsfraktion, Herr Kollege. Es hat bestimmt ganz andere Gründe.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Genau, klug formuliert.)

Zum Zweiten wird die Anpassung in jedem Jahr um 0,2 Prozent gekürzt. Diese 0,2 Prozent sollen dem Pensionsfonds zugeführt werden. Das sind, wenn ich grob überschlage, 4 Mio. € pro Jahr ab 2014. Klingt viel, aber wie viel ist das wirklich? Auf Antrag unserer Fraktion, meine Damen und Herren, hat die Landesregierung im November letzten Jahres den ersten Thüringer Pensionsbericht vorgelegt. Dort wurden verschiedene Szenarien für verschiedene Tarifabschlüsse gerechnet; übrigens alle weit unter dem jetzt Vereinbarten. Maximal 2 Prozent Lohnerhöhung werden in den Modellrechnungen des Pensionsberichts angenommen. Wie gesagt, 2,9 und 2,65 Prozent wurden für dieses und nächstes Jahr vereinbart.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, in 20 Jahren erwarten

uns bei 2 Prozent Tarifsteigerung bis zu 800 Mio. € Versorgungsausgaben - 800 Mio. €. Bei solchen Abschlüssen wie jetzt landen wir bei 1 Mrd. €. Da sind Ihre 4 Mio. € höchstens ein halbes Prozent. Dass Sie diese Kürzungen und damit die Zuführung auf diesem Wege bis höchstens 2017 realisieren können, kommt noch dazu. Die Beamten schleppen diese geringere Erhöhung übrigens dann ihre gesamte Dienstzeit mit, was auch für die Betroffenen persönlich zu geringeren Pensionsansprüchen führt.

(Beifall FDP)

Diese dauerhafte Kürzung wirkt sich viel mehr aus als die um einige Monate verzögerte Übernahme in voller Höhe. Dass Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, in den letzten Jahren zugunsten von 1.000-Dächer-Programmen, die blauen Heftchen aus dem Hause Machnig, Gutachten von Roland Berger und vielem anderen mehr auf die Zuführung an den Pensionsfonds verzichtet haben, will ich auch nicht unerwähnt lassen.

(Beifall FDP)

Auch nicht unerwähnt bleiben soll, dass die Landesregierung bei sich selbst großzügiger ist, wenn es um Pensionen geht. Pensionskürzungen der Thüringer Minister haben wir vor etwa zwei Jahren hier beschlossen, allerdings noch nicht für die aktuelle Regierung, die bekommt noch die bisherige volle Pension.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so unerfreulich das für die Beamten auch klingt, eine Einszu-Eins-Übernahme des Tarifabschlusses erscheint nach Meinung der FDP-Fraktion aus haushalterischen Gründen nicht realisierbar. Wir halten diese Gründe für sachlich zwingend. Insgesamt kostet die Anpassung in der von der Landesregierung vorgesehenen Form nach Angaben des Finanzministers rund 66 Mio. € zusätzlich jährlich, meine Damen und Herren. Deshalb lehnen wir den vorliegenden Antrag ab. Er ist ein unerfüllbares Wahlkampfversprechen. Was daraus zwangsläufig wird, das haben wir in NRW gesehen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das ist nicht zwangsläufig, Herr Bergner.)

Allerdings sind wir auch mit dem Vorgehen der Landesregierung nicht einverstanden. Über die Merkwürdigkeiten der beiden Termine, besonders des Termins im August nächsten Jahres, habe ich schon gesprochen, ebenso über den Vorwegabzug der 0,2 Prozent. Wir hätten uns gut vorstellen können, die Übernahme des Tarifabschlusses in voller Höhe für die einzelnen Laufbahngruppen zeitlich gestaffelt zu realisieren. Für die Beamten des einfachen und mittleren Dienstes hätte man die Anpassung zu einem früheren Zeitpunkt umsetzen können. Für die der höheren Laufbahnen mit zeitlichem Verzug. Keinesfalls infrage kommt nach unserer

Auffassung eine dauerhafte Ungleichbehandlung und damit Nivellierung der Unterschiede der einzelnen Gehaltsgruppen wie dies in NRW erfolgt ist.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich es nicht versäumen, den Thüringer Beamten für ihre überwiegend hervorragende Arbeit zu danken. Das Bild von Baumann & Clausen entspricht nicht der regelmäßigen Arbeitsrealität der Thüringer Beamten. Unsere Polizisten leisten hervorragende Arbeit im täglichen Dienst ebenso wie bei Sondereinsätzen, sei es beim Fußball oder zum Schutz von Eisenbahnanlagen, z.B. gegen Schottern oder Ähnliches. Genehmigungsund Aufsichtsbehörden sorgen für Rechtssicherheit bei Bauvorhaben, beim Umweltschutz, der Lebensmittelsicherheit und bei vielem anderen mehr.

Das, meine Damen und Herren, sollten wir nicht vergessen. Beamtenwitze kennen wir alle, aber meistens sind es eben genau das, nur Witze.

(Beifall FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag hat sich nach unserer Auffassung mit der Zuleitung des Referentenentwurfs zum Besoldungsanpassungsgesetz vor einigen Tagen in diesem Punkt erledigt. Die Forderung nach einer Eins-zu-Eins-Übernahme lehnen wir aus den genannten Gründen ab. Wenn es aber dennoch zu einer möglicherweise gemeinsamen Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss kommen sollte, werden wir uns natürlich einer Diskussion, einer Beratung nicht verweigern. Das wäre dann an der Stelle kein guter Stil. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Bergner. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Kowalleck für die CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Einbringung wurde die Zeitschrift „der kriminalist“ erwähnt. Ich möchte hier zur Vervollständigung auch noch mal als Bildungspolitiker die Zeitschrift „Thüringer Schule“ erwähnen mit dem DBB Regional, also dann entsprechenden Hinweisen des Thüringer Beamtenbundes, die in der Ausgabe April 2013 ebenfalls auf die Problematik des Antrags eingegangen ist. Ich bin da regelmäßiger Leser. Da kann man auch die eine oder andere Anregung herausziehen.

Wir sollten vielleicht noch mal zu den Zahlen kommen. 800.000 Angestellte der Bundesländer erhalten nach dem jüngsten Tarifabschluss 2,65 Prozent mehr Geld rückwirkend zum 1. Januar 2013. Das wurde erwähnt und auch, dass ab Januar 2014 wei

(Abg. Bergner)

tere 2,95 Prozent hinzukommen. Das bedeutet letztendlich für die Angestellten, dass das Gehalt um 5,6 Prozent steigt. Das ist natürlich auch eine Größe, die nicht zu vernachlässigen ist. Die CDUFraktion hatte bereits vor zwei Monaten an dieser Stelle das Thema der Tarifeinigung auf die Tagesordnung gesetzt. Im Rahmen der Aktuellen Stunde „Tarifabschluss im öffentlichen Dienst - Auswirkungen auf den Landeshaushalt“ haben wir auch die Frage der Übertragung auf die Beamten des Freistaats gestellt. Es wurde hier an der Stelle erwähnt, dass die Bundesländer die Thematik, die Umsetzung des Tarifergebnisses, durchaus unterschiedlich behandeln. Rund 2 Mio. Beamte und Pensionäre sind hier zu berücksichtigen. Wir haben die Beispiele gehört an der Stelle, z.B. in Bayern und Hamburg wird das Tarifergebnis zeit- und inhaltsgleich umgesetzt. Herr Meyer hatte gesagt, dass in seiner Partei das Thema unterschiedlich behandelt wird. Das zeigt die unterschiedlichen Situationen vor Ort in den Bundesländern, die Beispiele wurden an dieser Stelle genannt, ebenso wie NordrheinWestfalen, wo es ja auch entsprechende Diskussionen gibt.

Ja, meine Damen und Herren, in Thüringen ist eine Übernahme mit einer zeitlichen Verschiebung von neun Monaten geplant. Das betrifft hier im Freistaat die 30.937 Beamten und Richter sowie die fast 5.000 Versorgungsempfänger des Freistaats, 2,65 Prozent plus zum Oktober 2013, weitere 2,95 Prozent plus zum August 2014. Es wurde hier das Thema Pensionsfonds erwähnt, 0,2 Prozent von den Gehaltssteigerungen fließen nach dem Thüringer Besoldungsgesetz in den Pensionsfonds, hier wird entsprechend Vorsorge getroffen. Wir haben an dieser Stelle schon oft über die Notwendigkeit des Pensionsfonds diskutiert, aber auch darüber, wie die finanzielle Situation des Landes sich gestaltet. Der Thüringer Finanzminister hat sich bereits vor einem Monat dazu geäußert, dass der Tarifabschluss für die Angestellten inhaltsgleich für alle Beamten des Freistaats übertragen werden soll. Es sei jedoch ein deutlicher Zeitverzug unausweichlich.

Es gibt bereits einen Entwurf zum Thüringer Gesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung in den Jahren 2013 und 2014, das wurde auch in der Presse dargestellt. Das Kabinett hat diesen Entwurf im Mai behandelt. Ich gehe davon aus, dass wir neben dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen hier im nächsten Plenum darüber beraten werden. Nach dem Entwurf stehen für das Land Mehrkosten im Jahr 2013 von 9,6 Mio. € und im Jahr 2014 56,7 Mio. € zur Diskussion, für dieses und nächstes Jahr zusammen 66,3 Mio. €, zusammen mit den Kosten für die Tarifbeschäftigten bedeutet dies 2013 39,8 Mio. € mehr und 2014 121,9 Mio. € mehr. Die Zahlen möchte ich hier an dieser Stelle einfach noch mal erwähnen, insgesamt

161,7 Mio. € kommen hier zusammen für die Erhöhung der Angestellten und die Übertragung auf die Beamten und Richter.

Es muss noch einmal klargestellt werden - das war ja hier an dieser Stelle vor zwei Monaten Thema, Herr Meyer hatte das in die Diskussion eingebracht -, dass ein Nachtragshaushalt nicht erforderlich ist. Wir haben Vorsorge getroffen in den Haushalten, für 2013/14 ist die Deckung der Mehrausgaben gewährleistet. An dieser Stelle, das haben meine Vorredner auch schon getan, kann nicht oft genug betont werden, dass wir die Arbeit unserer Angestellten und Beamten anerkennen und unterstützen. Wir sind dankbar für das große Engagement, dass sie für unser Land zeigen, nicht nur oder vor allem in dem Bereich Polizei, nein, auch in den anderen vielen Bereichen. Herr Bergner, mein Vorredner, hatte dies auch schon genannt, dafür ein herzliches Dankeschön.

(Beifall CDU)

Es ist natürlich so, dass die Summen, die wir für Personalkosten und die nunmehr regelmäßigen Tariferhöhungen leisten, wichtig sind, die müssen aber auch anerkannt werden. In Zeiten der Haushaltskonsolidierung ist die Umsetzung der vorliegenden Tarifergebnisse nicht einfach. Übermäßige Forderungen sind schwierig zu handhaben. Viele unserer Abgeordneten sind auch kommunale Mandatsträger und hier haben wir auch immer die Diskussion, dass uns vorgeworfen wird, dass die Personaldecke des Landes entsprechend in der Diskussion steht. Wir haben immer gesagt, dass wir handeln, wir handeln auch, siehe den Stellenabbaupfad, aber es muss alles gemeinsam zu leisten sein. Die heutigen Haushaltsbelange des Freistaats und die Folgewirkungen der Übertragung auf die Zukunft müssen berücksichtigt werden. An dieser Stelle ist es ein Spagat zwischen einer guten Entlohnung für unsere Beamten und Angestellten und der Verantwortung für unsere Landesfinanzen. Die CDU-Fraktion wird einer Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss zustimmen, damit wir weiter an dieser Stelle beraten können. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Berninger von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus der Zweiteilung des öffentlichen Dienstes ergeben sich eine Reihe von Folgeproblemen, die in der Tat gravierende sind, Fragen unterschiedlichen Dienstrechts beispielsweise, Fragen unterschiedlicher Mitbestimmungstatbestände,

(Abg. Kowalleck)

Einschränkungen des Streikrechts zum Beispiel als Ergebnis der besonderen Treuepflicht. Weiterhin gravierend die unterschiedliche Beteiligung von Beschäftigten und Bediensteten an den sozialen Sicherungssystemen zum Beispiel und die daraus entstehenden Lasten für die öffentlichen Haushalte, zum Beispiel durch die Pensionslasten. Das alles sollte uns als Landtag dazu bringen, über das Beamtentum ganz grundsätzlich nachzudenken und zu debattieren. Aber das Tarifrecht bzw. das Besoldungsrecht ist eben keine Spielwiese

(Beifall DIE LINKE)