Mein dritter Punkt ist: Klarheit und Wahrheit statt schwarzer und roter Politpossen. Die Menschen haben wirklich etwas Besseres verdient, als ständig darüber zu lesen, wer wo Steuern hinterzogen hat, wer wo doppelt kassiert hat und wer wo ganz offensichtlich befreundete Staatssekretäre in den einstweiligen Ruhestand versetzt hat. Dieses Land hat andere Probleme, meine sehr geehrten Damen und Herren,
Diese Aktuelle Stunde ist von der FDP als Wahlkampfstunde deklariert worden. Ich wünsche mir, dass da herauskommt, dass wir in diesem Land auch wirklich Transparenz herstellen. Die Menschen verdienen in der Tat Antworten von Ihnen, Sie müssen Sie liefern, Sie müssen den Menschen Antworten liefern, die weniger als 8,50 € pro Stunde verdienen. Mancher in diesem Haus weiß noch nicht mal - das muss man sich mal vor Augen führen -, ob er fünfstelliges Übergangsgehalt bekommen hat. Da frage ich mich, in welchem Land leben wir eigentlich?
Von daher rücken Sie das heute und hier gerade. Ich sage es auch noch mal deutlich: Es war aus meiner Sicht ein eklatanter Fehler, dass sich die Ministerpräsidentin im Plenum vor der Sommerpause nicht zur Causa Zimmermann geäußert hat.
Das haben Sie dann über die Wochen auch gemerkt, Sie haben es auch gesagt. Dieser Fall ist nach wie vor nicht geklärt. Ich hoffe, dass die Landesregierung endlich wieder das tut, was die Menschen erwarten, nämlich arbeiten im Sinne der Thüringerinnen und Thüringer.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Herr Barth, ich dachte auch, Sie hätten zu dem Tagesordnungspunkt, der von Ihnen beantragt worden war, sprechen wollen, nämlich „Personalpolitik in der Thüringer Staatskanzlei und Ruhestandsbezüge von Mitgliedern der Landesregierung“. Die Ausführungen zu einem habe ich gehört, der hat ja angekündigt, noch einiges erläutern zu wollen. Aber wenn wir über die Personalpolitik in der Staatskanzlei reden in einer Aktuellen Stunde auf Antrag der FDP, hätte ich da auch noch die eine oder andere Frage, nämlich: Wie kommt es, dass die Staatskanzlei zu einer CDU-Wahlkampfzentrale umgebaut wird? Wie kommt es, dass ein Referent, Herr Gruner, von der Jungen Union eingestellt wird und dass von der Konrad-Adenauer-Stiftung ein personell in Wahlkämpfen geschulter Mensch ausgeliehen wird, offenkundig in dem Status, bei dem er offiziell noch bei der Konrad-Adenauer-Stiftung ist und jetzt für Entgelt in der Staatskanzlei tätig ist? Das ist für mich auch Personalpolitik.
Ich habe öffentlich die Fragen danach gestellt, denn ich glaube, dass eine Staatskanzlei und ein Ministerium nicht dazu da sind, als Wahlkampfersatzzentrale für die Parteien jedweder Art zu agieren. Erste Geschichte.
Zweite Geschichte: Man hört, Frau Lieberknecht, dass Sie schon im Dezember dem Staatssekretär Zimmermann nahegelegt haben, angedeutet haben, dass es so gut mit Ihnen nicht mehr klappt und die Harmonie nicht mehr so ist und dass Sie eine neue Erwartung haben. Deswegen wollten Sie die Staatskanzlei umbauen. Warum man dann von Dezember bis zum Juni so lange Zeit braucht, um da eine Entscheidung durchzusetzen, die Frage hätte ich dann an die oberste Chefin der Staatskanzlei. Was ist das für eine Personalpolitik? Wenn ich dann allerdings noch in den Zeitungen lese, dass ausgerechnet dieser Staatssekretär einen Riesenverschleiß an Sekretärinnen und Personal hat, dass es offenkundig eine Herausforderung ist für die wenigen überlebenden Sekretärinnen, die das Pech haben, bei diesem Menschen zu landen, dann frage ich mich: Wie ist das mit der Fürsorgepflicht in diesem Haus?
Und eine weitere Bemerkung kann ich mir nicht verkneifen. Frau Walsmann lächelt ja nur. In den Zeitungen lese ich dauernd, dass es im Moment einen Konflikt - es ist die Rede von einem Zickenkrieg gebe, bei dem Sie sich als CDU-Landesvorsitzende nicht trauen würden, der CDU-Stadtvorsitzenden den Stuhl vor die Tür zu setzen. Deswegen würden Sie so einen Kunstgriff anwenden. Das sagt die Thüringer Zeitung, also eine der Thüringer Zeitungen berichtet ständig darüber. Die scheinen bei Ihnen besser am Tisch zu sitzen, als wir als Parlament. Jedenfalls soll Frau Walsmann in einem Status landen, in dem Sie schon mal bei Bernhard Vogel waren, nämlich die Reduktion, nicht mehr Chefin der Staatskanzlei, sondern die Reduktion auf die Europapolitik und möglichst weit weg von Erfurt. So liest man es zwischen den Zeilen. Deswegen ist für mich die Frage nach der Aktuellen Stunde von der FDP eine nach der Personalpolitik an sich. Wenn ich dann lese, die Staatskanzlei sollte umgebaut werden, weil es im Maschinenraum dieser Regierung rumpeln würde, dann frage ich mich, warum nicht entrümpelt wird, warum da nicht die Staatskanzlei zu einer leistungsfähigen Zentrale der gesamten Regierung gemacht wird, zur Zentrale dieses Kabinetts. Aber offenkundig ist die Staatskanzlei dafür gar nicht zuständig und fühlt sich gar nicht zuständig. Man ist eher damit beschäftigt, sozusagen die Wahlkampftermine abzusichern, die Tour der Ministerpräsidentin mit neuem Logo und neuem Fahrzeug im Land zu organisieren. Aber das Tagesgeschäft, wie arbeitet diese Landesregierung eigentlich zusammen und die Richtlinienkom
petenz der Ministerpräsidentin, da wundere ich mich dann in der Tat, Frau Lieberknecht, wie Ihnen der Instinkt abhanden kommen konnte, wie er Ihnen abhanden kommen konnte bei Herrn Zimmermann. Da will ich jetzt eine persönliche Anmerkung machen: Mir hat Herr Zimmermann gesagt, es ging um die Absicherung seines Dienstunfalls und er würde gern auf die Entgelte verzichten. Ich habe deswegen die Anfrage an die Regierung gestellt, wie ist das mit der Versicherung der Autos, wie ist das mit den Dienstunfällen. Diese Antwort habe ich am Donnerstag bekommen. Da steht drin: Wer aus dem Beamtenverhältnis rückwärts ausscheidet wie es ja jetzt geschehen ist, nachdem er den Antrag auf Entlassung gestellt hat -, dass es dafür keine beamtenrechtliche Versorgungsabsicherung des Dienstunfalls gäbe und dass das Fahrzeug, in dem er verunfallt ist, auch keine Versicherung hat - das ist die Antwort, die mir jetzt vorliegt -, sondern die Staatshaftung. Das heißt, der Herr Zimmermann ist jetzt seltsamerweise, nachdem alle sich den ganzen Sommer über mit Herrn Zimmermann beschäftigt haben … Es sind jetzt zwei Effekte eingetreten. Der eine Effekt ist, die Hälfte seiner Pensionsansprüche ist weg. Da sage ich: Vielen Dank, liebe Thüringer Landesregierung! Es ist nämlich bis zur Bemessungsfreigrenze der Rentenversicherung rückwärts eingezahlt worden, der Rest ist weg, und seine Ansprüche auf Unfallschutz aus der Beamtenzeit sind auch weg. Das ist zumindest die Antwort, wie ich sie deute.
Ja. Auf die Fragen an Herrn Machnig bin ich auf seine Einlassungen gespannt, nämlich wann er welchen Bescheid erhalten hat und wann dieser Bescheid an die Landesregierung gegangen ist und wann die Landesregierung nach dem Bescheid gefragt hat.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren. Was soll ich davon halten, wenn genau eine Woche vor einer entscheidenden Bundestagswahl über eine, für meine Begriffe konstruierte, mediale Kampagne der Versuch unternommen wird, ein exponiertes Mitglied der Sozialdemokraten zu beschädigen, um genau der Partei, der er angehört, politischen Schaden zuzufügen? Was soll ich da
von halten? Was soll ich davon halten, wenn dieser Umstand von einer Fraktion dieses Hauses dafür benutzt wird, um hier im Thüringer Landtag entsprechende politische Folklore zu veranstalten?
Ich sage Ihnen, was ich davon halte, und ich sage Ihnen, wie ich das bezeichne: Es ist ein wirklich unterirdischer, es ist ein schmutziger Wahlkampf, der an dieser Stelle betrieben wird.
Ich bin wirklich der Letzte, dem ein sachlicher, fairer Wahlkampf nicht am Herzen liegen würde und der das nicht auch gerne bestreiten würde. Aber was ich hier erlebe, muss ich ehrlich sagen, das verabscheue ich zutiefst und das verurteile ich. Dieses Vorgehen kann eigentlich so nicht unbeantwortet bleiben.
Eines, meine Damen und Herren, sage ich auch ganz deutlich, weil ich auch schon wieder hier von diesem Pult aus die Versuche vernehme, den sogenannten Fall Zimmermann oder, wie man so schön sagt, die „Causa Zimmermann“ mit den Vorgängen um Matthias Machnig gleichzusetzen: Das ist nicht nur absurd, das ist nicht nur falsch, das ist absurd falsch, meine Damen und Herren.
Matthias Machnig wurde als beamteter Staatssekretär nach einem Regierungswechsel im Bund in den vorläufigen Ruhestand versetzt. Genau dafür ist dieses Instrument irgendwann einmal in grauer politischer oder parlamentarischer Vorzeit geschaffen worden. Die daraus entstehenden Bezüge, die hat er nicht erfunden, die entstehen automatisch. Und nach dem Gesetz, das Herr Barth vorhin zitiert hat, darf er noch nicht einmal darauf verzichten. Er darf noch nicht einmal darauf verzichten. Das ist die Rechtslage.
Aber sie werden verrechnet, vollkommen richtig. Und die für die Verrechnung zuständige Stelle ist die Bundesfinanzdirektion als Ausführungsorgan
richtig, nein, das ist nicht falsch - als Ausführungsorgan des Bundesfinanzministeriums. Sie bedient sich Informationen aus der Landesfinanzdirektion. Dieser Informationsfluss hat stattgefunden, meine Damen und Herren. Wenn ich dann zur Kenntnis nehme, dass genau die die Bezüge berechnende Stelle - für die Berechnung von Bundesversorgungsbezügen, Herr Kollege Ramelow, ist die Bundesfinanzdirektion zuständig.
Dann muss ich zur Kenntnis nehmen, dass genau diese Stelle innerhalb kürzester Zeiträume insgesamt dreimal ihre Verrechnungspraxis geändert hat. Was soll ich davon halten, meine sehr verehrten Damen und Herren? Und genau diese Stellen, sowohl Bundesfinanzdirektion als auch die Landesfinanzdirektion, bescheinigen diesem Minister, dass er sich nach Recht und Gesetz verhalten hat. Das nehme ich zur Kenntnis. Ich habe keinen Zweifel daran, auch an seinen Aussagen, dass er genau diesem Anspruch gerecht geworden ist. Und wenn es hier heißt, liebe Kolleginnen und Kollegen, oder wenn der Vorwurf erhoben wird, er hätte möglicherweise seiner Mitwirkungspflicht nicht Genüge getan, sage ich Ihnen auch ganz deutlich hier von dieser Stelle aus, es gibt natürlich auch ein Prinzip, das hier überhaupt noch nicht zur Sprache gekommen ist, das ich auch in der öffentlichen medialen Darstellung noch nicht gehört habe. Die Thüringer Behörden, konkret die Thüringer Finanzbehörden, haben nach dem Amtsermittlungsgrundsatz die Pflicht zu hinterfragen und die korrekten Amtsbezüge des Ministers zu berechnen. Dafür sind diese Behörden zuständig, es ist ihre Pflicht. Und genau diese Behörden, ich wiederhole mich an der Stelle gerne, haben die Korrektheit der Berechnungen bestätigt. Es ist ja nun nicht so, dass nicht bekannt war, dass Matthias Machnig, ich glaube, sogar zweimal insgesamt in seiner politischen Laufbahn, Staatssekretär gewesen ist.
Das sind Dinge, da muss ich mich schon fragen, welchem Zwecke das Ganze dient, aber da komme ich dann wieder auf meine Eingangssätze zu sprechen. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich, er wird alle notwendigen Zahlen offenlegen, definitiv. Es müssen auch alle Vorwürfe geprüft werden, vollkommen klar. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das gestehen wir allen zu, die mit Vorwürfen, welcher auch immer gearteten Schärfe und Tiefe konfrontiert sind. Das gestehen wir allen zu, ob die Machnig heißen oder Lieberknecht oder sonst wie. Wir gestehen ihnen zu, dass Sie diese Vorwürfe prüfen dürfen und dass Sie am Ende dann auch entsprechende Informationen dem Parlament hier vorlegen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst einmal zum Antrag der FDP als solchen zur Aktuellen Stunde.
(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist kein Antrag, einen Antrag haben sie nicht hinbekommen.)
Es hat mich schon etwas überrascht, wenn die FDP gerade so einen Antrag stellt. Es gibt da etwas, dass durch die Presse gegangen ist, das nannte sich „System Niebel“. Dass jetzt ausgerechnet die FDP die Staatskanzlei angreift