Grundsätzlich allerdings ist zu sagen, dass Thüringen Vorreiter ist in der frühkindlichen Bildung. Es ist ja von den Vorrednerinnen auch schon gesagt worden, wir haben hier wirklich eine hervorragende Entscheidung getroffen seinerzeit aufgrund des Volksbegehrens und auch hier im Landtag, wo wir eigentlich alle miteinander diesen neuen Gesetzentwurf beschlossen haben. Deswegen kann man auch heute konstatieren, dass über 96 Prozent der Dreijährigen in Thüringen eine Kindertageseinrichtung besuchen. Wir haben im Gegensatz zu vielen anderen schon seit drei Jahren den Rechtsanspruch auf Betreuung von Kindern ab dem ersten Lebensjahr. Wir haben weitestgehend flächendeckende Versorgung durch Kita-Plätze. Wir haben einige Engpässe, auch das wird in Erfurt diskutiert. Das werden wir alles auch mit der Elterninitiative, der ich an der Stelle auch noch mal danken will und winken will, eine Vertreterin ist ja hier, besprechen, wir werden die Dinge auch im Jugendhilfeausschuss entsprechend diskutieren.
Die Betreuungszeit bis täglich zehn Stunden, die wir seinerzeit beschlossen haben, der Bildungsplan wird umgesetzt und wir haben qualifiziertes Personal in den Einrichtungen, bei denen ich mich an dieser Stelle auch noch mal ganz herzlich bedanken will, wenngleich ich an diesem Punkt auch sage, da ist natürlich noch Handlungsbedarf, denn qualifiziertes Personal muss auch ordentlich bezahlt werden. Ich glaube, da haben wir auch noch das eine oder andere zu regeln.
Nun noch mal zu dem Antrag, den die Fraktion DIE LINKE hier vorgelegt hat: Zwischen uns, denke ich, besteht im Grundsatz Einigkeit, den Kita-Bereich künftig beitragsfrei zu gestalten. Das wollen wir nicht nur in Thüringen, das wollen wir bundesweit. Das ist auch ein Versprechen, was die Realisierung
dieser Beitragsfreiheit angeht. Ich verrate da kein Geheimnis, dass wir dieses auch auf Parteitagen schon des Öfteren beschlossen haben, wenngleich wir auch wissen, dass es natürlich mit einer vernünftigen Finanzierungsmöglichkeit einhergehen muss.
Also, das muss ich nicht noch mal groß erläutern, aber Beitragsfreiheit ist ein erheblicher familienpolitischer Fortschritt, denn diese Beitragsfreiheit ermöglicht allen Familien in Deutschland, unabhängig von ihrem sozialen Status den ungehinderten und chancengleichen Zugang zu den Betreuungs- und Bildungsangeboten der Kitas zu haben. Demzufolge ist diese Beitragsfreiheit bildungspolitisch höchst geboten. In allen internationalen Bildungsstudien und OECD-Berichten der letzten Jahre ist Deutschland genau dafür kritisiert worden, dass die soziale Durchlässigkeit unseres Bildungswesens zu wünschen übrig lässt.
Also besteht hier akuter bildungspolitischer Handlungsbedarf. Deswegen treten wir auch für diese Beitragsfreiheit von Beginn an, also von der frühkindlichen Bildung über die Schulen bis hin zum Hochschulstudium ein. Auch da, denke ich, sind wir zum großen Teil einer Meinung hier in diesem Haus.
Das Engagement der Erfurter Elterninitiative gegen Kita-Gebühren - ich hatte davon schon berichtet, dass sich diese Initiative dermaßen engagiert zeigt deutlich allen Fraktionen hier im Haus, wo Eltern der Schuh drückt und wo sie Unterstützung von der Politik haben wollen.
Wenn wir aber - und auch das hat Kollegin RotheBeinlich schon deutlich gesagt - das Anliegen der Eltern ernst nehmen und Gebührenfreiheit realisieren wollen, dann müssen wir das natürlich auf seriöse Art und Weise angehen. Da muss ich auch wiederum der Vorrednerin zustimmen, da ist die Initiative der Linken hier aus unserer Sicht kein gangbarer Weg.
Worum geht es hier? Hier soll sich zum einen die Landesregierung im Bundesrat dafür einsetzen, dass im SGB VIII eine Drittelfinanzierung des KitaBereichs durch Bund, Länder und Kommunen festgeschrieben wird, zum anderen aber, und das völlig unabhängig von dieser Diskussion, soll aus dem Thüringer Kita-Gesetz die Bestimmung über die Erhebung von Elternbeiträgen gestrichen werden. Das heißt im Klartext, dass hier in Thüringen künftig aus Ihrer Sicht in jedem Fall auf die Gebühren verzichtet werden soll. Wenn man das einmal hochrechnet, Frau Rothe-Beinlich hat von 80 bis 85 Mio. € gesprochen, nach unseren Rechenexempeln waren wir bei rund 90 Mio., was die Einnahmen durch Elternbeiträge bedeuten. Wenn wir diesen Antrag jetzt umsetzen würden und einfach diesen Beitragsparagrafen streichen würden, dann bedeutet das, dass diese 90 Mio. € künftig allein vom
Land und den Kommunen aufgebracht werden müssen. Und das, denke ich, können wir weder dem Landeshaushalt noch den Kommunalhaushalten zumuten. Allein für Erfurt würden diese Mehrkosten in dem Falle bei der Umsetzung Ihres Antrags rund 6 Mio. € jährlich umfassen. Insofern, bei aller Diskussion eines gut funktionierenden rot-rotgrünen Bündnisses in Erfurt wissen wir, dass wir sehr viel damit zu tun haben, die Haushalte zuzukriegen und entsprechend das ableisten zu können, was von einer Landeshauptstadt erwartet wird. Demzufolge sehe ich diese Art der Finanzierung bzw. Ihren Vorschlag als äußerst unrealistisch. Für uns, für die SPD, ist klar, dass Länder und Kommunen die Beitragsfreiheit nicht allein schultern können, bundesweit liegen die Kosten dafür bei rund 4,5 Mrd. € jährlich. Das kann eben zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegenfinanziert werden. Wenn wir das also wollen, dann muss man so deutlich sagen, der Bund ist hier in die Pflicht zu nehmen und genau dafür treten wir ein. Genau dafür ist auch diese Unterschriftenaktion eine Grundlage gewesen. Ich glaube, die Unterschriften sind dafür auch ein deutliches Zeichen.
Wir sagen auch, wo wir das Geld für diese Vorhaben weiter hernehmen wollen, das ist hier auch schon angesprochen worden. Wir reden nicht nur über die Streichung des familien- und bildungspolitisch kontraproduktiven Bundesbetreuungsgeldes. Es geht uns auch um die Steuererhöhung für Spitzenverdiener und Vermögende, die mit dazu beitragen müssen in diesem Solidaritätsgefüge, was eine Gesellschaft ausmacht, damit die Finanzierung gewährleistet werden kann. Das muss man dann ganz ehrlich hier mit ansprechen und insofern kann ich sagen, dass wir Ihrem Antrag natürlich nicht zustimmen, weil er eben keine seriöse und keine ordentliche Finanzierungsgrundlage für eine Beitragsfreiheit beschreibt. Wir brauchen also zum jetzigen Zeitpunkt den Antrag mit diesem Inhalt, wie Sie ihn besprochen haben und beschrieben haben, nicht. Und ich kann Ihnen sagen, dass wir nicht nur darüber reden wollen, sondern dass wir die Beitragsfreiheit umsetzen wollen. Wenn uns die Wählerinnen und Wähler ab Montag mit Regierungsverantwortung ausgestattet haben, dann werden wir natürlich auch auf Bundesebene genau diese Zielsetzungen und politischen Forderungen umsetzen. Da hoffe ich dann auch auf Ihre Unterstützung. Herzlichen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Frau Pelke. Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Franka Hitzing für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist natürlich als letzter Redner vor dem Minister dann schon schwierig,
wenn man auch weiß, dass Sie alle sicherlich gerne ins verdiente Wochenende und in das spannende Wochenende gehen möchten. Trotz alledem gestatten Sie mir, auch noch einige Worte zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zu sagen.
Als Erstes natürlich auch von unserer Seite, frühkindliche Bildung ist mittlerweile für alle Leute, die sich mit dem Thema beschäftigen, und für alle Beteiligten der Schlüssel zum Erfolg, wenn es um Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen geht. Gerade die frühkindliche Bildung ist die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Schullaufbahn. Da sind sich mittlerweile alle einheitlich einig. Kindertageseinrichtungen sind dafür der geeignete Ort, weil dort Personal und Mittel zur Verfügung stehen, um frühkindliche Bildung auch kindgerecht zu gestalten. Solche Angebote frühkindlicher Bildung sind allerdings mit Gebühren verbunden, das haben wir schon gehört, und je nach Familieneinkommen sind diese teilweise sehr hoch. Tatsächlich scheint es wirklich widersinnig, dass wir in Thüringen Bildung einschließlich eines Hochschulstudiums weitgehend kostenlos haben und es kostenlos ist, aber ausgerechnet die frühkindliche Bildung richtig teuer werden kann und das besonders für junge Familien, wo manches Mal die berufliche Karriere einfach auch noch nicht so weit ist, dass man sehr viel Geld verdient im Familieneinkommen. Und das, obwohl zwischenzeitlich eine ganze Reihe von Studien zu dem Ergebnis gekommen sind, dass gerade die frühkindliche Bildung für den Staat das günstigste Verhältnis von Bildungsinvestition und langfristigem Bildungserfolg bietet. Darüber muss tatsächlich nachgedacht werden, ob das noch zukunftsfähig ist.
Zuständig für die Erbringung von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe ist im föderalen System der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Nach § 10 Thüringer Kita-Gesetz werden die Kosten der Kindertagesbetreuung durch Zuschüsse des Landes, durch den örtlichen Träger, die öffentliche Jugendhilfe und durch die Wohnsitzgemeinde und Elternbeiträge finanziert. In Ihrem Antrag wollen Sie Bund, Länder und Kommunen je zu einem Drittel mit in die Finanzierung hereinholen, ins Boot holen. Ich denke, Sie orientieren sich dabei wahrscheinlich an den Finanzierungsanteilen der Kosten für die U3-Betreuung, bei denen der Bund ein Drittel, Land ein Drittel und Kommune ein Drittel tragen. Damit, glaube ich, wird es doch nicht ganz so einfach werden und nicht funktionieren, denn es ist nach wie vor umstritten, ob dem Bund für die Kinderbetreuung überhaupt über die konkurrierende Gesetzge
bung die entsprechende Regelungsbefugnis zukommt. Das ist das Problem. Die Finanzierung der Kindertagesbetreuung zwischen den staatlichen Ebenen soll verteilt werden und das ist momentan nicht ganz einfach. Der Anteil für den Betrieb der Kinderbetreuung bei den U3-Betreuungen in Höhe von 770 Mio. € ab 2014 wurde nun mit einer neuen Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder bewerkstelligt und sichergestellt.
Ich fürchte allerdings, dass Sie mit Ihrem Ansatz, dass Kindertagesstätten zu Bildungsträgern werden oder sie dazu zu erklären, dem Ansinnen des Antrags selbst im Weg stehen. Denn dann kommt die Frage: Wie weit geht dann noch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes? Frau Rothe-Beinlich hat es, glaube ich, angesprochen, dann kommt nämlich das Stichwort Kooperationsverbot mit ins Boot. Diese Kompetenz fehlt eben dem Bund spätestens seit den ausgehandelten Föderalismusrichtlinien und der Föderalismusreform. Es käme also allenfalls eine Vereinbarungslösung in Betracht zur Beteiligung des Bundes und das ist keine gesetzliche Lösung im SGB VIII.
Ihr Antrag ist aus unserer Sicht deshalb nicht geeignet, das formulierte Ziel, das Sie erreichen wollen und das wahrscheinlich auch gesellschaftlich großen Anklang findet, zu erreichen, eben aus diesem Grunde.
Frau Hitzing, geben sie mir recht, dass momentan eine der Grundlagen für die Finanzierung und auch für den Betrieb von Kindertagesstätten, Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten im SGB VIII geregelt ist und aus dem Grunde natürlich die Krücke von uns benutzt wurde?
Ich verstehe das schon. Aber es ist leider trotz alledem schwierig, das umzusetzen, was Sie hier fordern. Ich denke, es wird nicht funktionieren mit Ih
Noch ein Wort zu den Elternbeiträgen entsprechend des Kindertagesstättengesetzes. Frau Abgeordnete Pelke hat Erfurt angesprochen und es wurde auch vorher schon angesprochen. Auch wenn Sie sagen, das ist nicht so ganz redlich, wenn man auf der einen Seite Erfurt anspricht und die hohen Kindertagesstättengebühren und das auf der anderen Seite mit dieser Initiative der SPD in Einklang bringt, so sage ich, doch, es muss gestattet sein, darüber zu reden. Denn auf der einen Seite ist also das Thema, sie wollen Kindertagesstättenplätze vollkommen von Gebühren freistellen, auf der anderen Seite ist eben Erfurt eine der Städte oder einer der Orte mit den höchsten Gebühren. Das ist ein Widerspruch in sich, obwohl ich natürlich Ihre Erklärung nachvollziehen kann und die auch verstanden habe, aber das ist eine Tatsache, die ist einfach so. Es ist ja jetzt durch die Elterninitiative erst einmal alles verschoben worden, aber das heißt ja nicht, dass sich das nicht noch ändern wird und könnte in der nächsten Zeit und jetzt ist eben Erfurt am Zuge, zumal Frau Ministerin Walsmann ja im Gespräch mit der Elterninitiative auch darauf hingewiesen hat, dass angemessene Beiträge auch Null-Beiträge sein können und da ist die Stadt jetzt ganz einfach am Zug.
Danke, Frau Präsidentin, danke, Kollegin Hitzing. Eine relative Suggestivfrage, falls Sie die Antwort nicht wissen, schicke ich sie natürlich sofort nach. Ist Ihnen bekannt, wie viele …
Nein, das ist rhetorisch so ein bisschen dann, um darauf hinzuarbeiten. Ist Ihnen bekannt, wie viel Prozent der Eltern in Erfurt null Beiträge bezahlen? Anknüpfend daran: Sind Ihnen vielleicht die Aussagen zumindest der Mehrheit der Stadtratsmitglieder bekannt, was die zukünftigen Gebührensteigerungen in der Stadt Erfurt angeht?
Vielen herzlichen Dank, Frau Hitzing. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor, und zwar vom Abgeordneten Blechschmidt für die Fraktion DIE LINKE.
Nein, Kollege Fiedler, es geht ganz schnell, es ist überhaupt kein Problem. Nur es muss, wenn dann wirklich Erfurt jetzt sozusagen zum Allgemeinbeispiel hier entwickelt wird, das eine oder andere dann auch konkret benannt werden. In der Stadt Erfurt bezahlen 30 Prozent der Eltern null Beiträge, null Beiträge, um das mal deutlich zu sagen. Da sind wir also schon auf einem Weg und Aussagen aller, und da brauche ich in die Richtung, ja, der Stadtvorsitzende der CDU, ich kann in Richtung SPD schauen, ich könnte eigentlich, ich weiß nicht, Kollege Kemmerich, ob er sich dazu so artikuliert hat, das weiß ich nicht genau,
aber da kann ich zumindest den Exponenten an der Stelle deutlich sagen, dass sich hier von allen auf den Demonstrationen artikuliert wurde, von allen, die dort gesagt haben, wir wollen mittelfristig kostenlose Kita-Gebühren haben.
Da, bitte schön, würde ich natürlich dann auch an der Realität messen wollen einerseits die politische Aussage unabhängig von Wahlkämpfen, völlig unabhängig von Wahlkämpfen scheinbar und demzufolge wollen wir uns daran hier messen lassen. Danke.
Vielen herzlichen Dank, Herr Blechschmidt. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor. Für die Landesregierung hat sich Minister Matschie zu Wort gemeldet.