Protokoll der Sitzung vom 20.11.2013

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bergner, in einer von Ihnen vorgetragenen Kritik möchte ich Ihnen zustimmen. Trotzdem wir inhaltlich anderer Auffassung sind, hatten wir ja in der letzten Sitzung eine Ausschussüberweisung befürwortet. Das hielt ich immer für sachgerechter, gerade wenn es auch um verfassungsändernde Gesetze geht.

Aber, meine Damen und Herren, in der Sache hat sich der Standpunkt unserer Fraktion zur Ablehnung Ihrer Initiative gegenüber vor vier Wochen nicht verändert. Wir meinen, dass die Konsolidierung pflichtig nicht nur die Ausgabeseite, sondern auch die Einnahmeseite des Staates betrachten muss. Ihr Antrag, eine Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, geht drastisch und ausschließlich auf die Ausgabeseite. Unserer Meinung nach ist das falsch. Wir haben die Schuldenbremse in der Landeshaushaltsordnung und ich will sagen, wir schätzen ein, dass sie unter guten konjunkturellen Bedingungen in Thüringen anwendbar ist. Wir plädieren statt weiterer Verschärfung auf der Ausgabeseite für mehr Einnahmegerechtigkeit in Deutschland, um die vielfältigen Zukunftsaufgaben erfüllen zu können. Ich will daran erinnern, dass wir de facto in jeder Aktuellen Stunde gehört haben, wie hoch die Investitionsbedarfe sind, eben am Thema Breitband haben wir es gehört. Ich will an unsere kommunale Finanzsituation erinnern und ich will daran erinnern, dass wir die Behebung der Hochwasserschäden in Deutschland nicht etwa aus laufenden Haushalten finanzieren können, sondern schon neue Schulden in einem Sondervermögen aufnehmen müssen. Das zeigt doch eigentlich, dass die öffentlichen Haushalte nach wie vor trotz guter Steuereinnahmen unterfinanziert sind und man daran nur was auf der Einnahmeseite ändern kann, meine Damen und Herren. Das zweite Ziel, was man natürlich damit verfolgen muss, neben der

Erfüllung von Zukunftsaufgaben, ist natürlich die Konsolidierung, sprich, das Abtragen alter Schulden.

Wenn man das zusammenfassen kann, unsere Position, Herr Bergner, dann müssen wir sagen, wir bleiben bei unserem Standpunkt. Wir lehnen einen Antrag zur Schuldenbremse in der Verfassung ab. Mit der FDP, das zeigt wieder die Debatte auch vom letzten Mal, kann man keinen Staat machen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Lehmann das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, die beiden Gesetzentwürfe der FDP behandeln wir heute, wie gesagt, in zweiter und dritter Beratung. Im Oktober hatte die FDP diese beiden Entwürfe, ich will nicht sagen, zum wiederholten Male, aber doch in ähnlicher Fassung wie bereits im März 2011 dem Landtag vorgelegt, diesmal mit einer Neufassung, aber diesmal eben auch erweitert um den Ausnahmetatbestand, bei einer abweichenden konjunkturellen Entwicklung, aber in der Sache, in der Zielrichtung im Grunde genommen gleich. Deshalb hatten wir die Entwürfe auch nicht nochmals an den Haushaltsund Finanzausschuss überwiesen, da wir das Thema ausführlich im Jahr 2011 und 2012 mit Anhörungen, Erstellung von Synopsen und dergleichen behandelt hatten.

Im Vergleich zur Abstimmung über die Verfassungsänderung im Februar-Plenum 2012 haben sich bis zum heutigen Zeitpunkt - ich möchte auch sagen, leider - keine anderen Mehrheitsverhältnisse oder veränderte politische Einschätzungen ergeben. Eine verfassungsrechtliche Schuldenbremse hier in Thüringen ist derzeit leider nicht mehrheitsfähig.

Zum letzten Plenum möchte ich dazu auch noch mal einiges anmerken. Herr Kollege Barth hatte dazu zweimal gesprochen und vermeintlich einen Widerspruch erkannt. Deshalb möchte ich noch mal klarstellen, dass es kein Widerspruch ist, wenn unsere Ministerpräsidentin und unsere Fraktion für eine Schuldenbremse in der Verfassung werben, sondern dass genau dies folgerichtig ist. Wenn man den Schuldenstand in Thüringen betrachtet und auch die zurückgehenden Einnahmen bis zum Jahr 2020, die uns ja bereits heute bekannt sind, ist es nur folgerichtig, dass wir nach wie vor als CDU und zu unserer Fraktion gehört auch unsere Ministerpräsidentin - für die Schuldenbremse in der Ver

(Abg. Bergner)

fassung werben. Aber es ist auch festzustellen, dass sich unser Koalitionspartner derzeit nicht für eine Verfassungsänderung ausspricht und - das haben wir auch eben noch mal von Herrn Huster gehört - dass das die Linksfraktion genauso sieht. Also ist es nicht wahrscheinlich, dass es hier im Landtag derzeit eine Zweidrittelmehrheit zum Thema Verfassungsänderung in der Frage gibt.

Auch ich habe schon mehrfach auf die Situation in anderen Bundesländern aufmerksam gemacht, in denen sich auch die anderen Fraktionen, wie zum Beispiel SPD, Grüne und Linke, auf den Weg zur Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung gemacht haben. Zuletzt war das im Sommer dieses Jahres in Sachsen der Fall. Wir, die CDU das kann ich nur immer wieder betonen -, werben nach wie vor für diese Schuldenbremse in der Verfassung, aber die Realität sieht hier eben anders aus.

Auch die Linken, das wollte ich auch noch mal ansprechen, das ist mir wichtig, Herr Huster hat im Oktober-Plenum und heute gesagt, dass sie eine solche Schuldenbremse ablehnen. Herr Huster hat deutlich gemacht und insbesondere für mich war das wie ein Spagat, den Sie hier vollzogen haben, von der Ablehnung der Schuldenbremse bis hin zur Möglichkeit der Neuaufnahme von neuen Schulden, die Sie für sich auch nicht ausschließen wollten. Sie haben davon gesprochen, dass die nächste Politikergeneration auch neue Schulden machen können soll. Das sehen wir ganz anders.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass ich hier auch immer wieder höre, dass inzwischen doch alle Fraktionen die Änderungen, die wir im Jahr 2009 in der Landeshaushaltsordnung verankert haben, für gut befinden und dass wir dort zumindest eine Schuldenbremse haben. Sicherlich ist das so, wie Herr Bergner auch gesagt hat, man kann eine Landeshaushaltsordnung mit einer anderen Mehrheit und auch insofern schneller ändern als die Verfassung. Die Auffassung teile ich ausdrücklich und wir hoffen, dass das nicht eintreten wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, dass wir im letzten Plenum ganz ausführlich die Argumente für und gegen die Anträge der Fraktion der FDP ausgetauscht haben. Deshalb kann ich es auch kurzhalten.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Fürs Proto- koll: Heiterkeit bei der FDP.)

Okay und ich sage jetzt auch fürs Protokoll: Aus Koalitionstreue unserem Koalitionspartner gegenüber werden wir Ihre beiden Gesetzentwürfe ablehnen.

(Beifall CDU, SPD)

Ich rufe für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Abgeordneten Meyer auf.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ja, wir haben schon sehr viel zu dem Thema ausgetauscht, obwohl ich finde, die Größe der Aufgabe lässt auch mehrfache Debatten zu. Das ist bei anderen Tagesordnungspunkten in diesen Plenartagen ganz anders, aber das wird meine Kollegin Siegesmund Ihnen dann beim Thema noch sagen. Ich will auch versuchen, nicht das zu wiederholen, was ich beim letzten Mal hier schon gesagt habe. Da habe ich mich auf das Thema konzentriert, was denn eigentlich wohl nach Ihrem Gesetzesvorschlag, liebe FDP, als Notsituation zu definieren ist. Ich will versuchen, noch einige andere Aspekte sachlich vorzutragen, aber wir kommen auch zu keinem anderen Ergebnis, das haben Sie wahrscheinlich auch nicht erwartet, was unser Abstimmverhalten angeht.

Vielleicht mal in Ihren konkreten Gesetzentwurf hinein: Sie möchten im § 98 unter anderem Absatz 4 ändern, da geht es darum, wie stark abweichend von der Schuldenbremse Kredite aufgenommen werden können. Keine Aussage treffen Sie, und das ist auch allgemein ein Problem in der Schuldenbremse, wofür diese Kredite aufgenommen werden dürfen. Die Höhe ist festgelegt, aber ob die Höhe ausreicht, um die Notsituation zu beheben, ist schwer zu definieren. Darf ich mal einen Vergleich machen, der vielleicht etwas sehr groß ist, aber vielleicht gehen Sie trotzdem mit in der Diskussion? Stellen Sie sich mal vor, die Schuldenbremse hätte vor 25 Jahren schon gegolten in der Bundesrepublik, in der alten Bundesrepublik, und wir hätten dann festgestellt, es gibt offensichtlich eine Notsituation bei dem Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten respektive der Wiedervereinigung, das ist wohl unbestreitbar eine Notsituation gewesen, also keine Frage.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Sie haben die Frage gerade selbst beantwortet, oder?)

Na ja, aber versuchen Sie mal das Thema mit mir weiter zu gehen. Und dann stellen wir fest, wir brauchten ganz viel Geld und nebenbei auch ganz viel Schulden auf Bundesebene und auf Landesebene, in verschiedenen Ländern übrigens, um diese Notsituation zu beheben. Jetzt gehe ich auch noch einen Schritt weiter und behaupte, die 16 Komma Mrd., die Sie aufgenommen haben, waren alle sinnvoll, notwendig und gerechtfertigt. Diese Meinung habe ich zwar in Wirklichkeit nicht, aber wir gehen mal davon aus, es wäre so. Wann ist denn der Zeitpunkt eigentlich gekommen, um diese Kredite abzubezahlen? Vielleicht wäre der Zeitpunkt heute gekommen, wenn wir hören müssen,

(Abg. Lehmann)

dass Städte wie Weimar, Eisenach, Erfurt und Jena mittlerweile besser dastehen als Wuppertal und einige andere. Ich habe mir jetzt nicht die ganzen Namen im Westen gemerkt. Dann dürften Sie innerhalb von fünf Jahren die Kredite zurückzahlen. Dies ist schlechterdings absurd. Ich will damit darauf hinaus, diese Fragestellung, wie lange zum Beispiel für die Rückzahlung gebraucht wird, welche Größenordnungen von Krediten eigentlich notwendig sind, und natürlich waren die Kredite immer höher als nur 99 Prozent der Steuereinnahmen der letzten vier Jahre im Durchschnitt. Nun kann man sagen, eine Wiedervereinigung gibt es nur ein einziges Mal und möge, wer auch immer, uns davor behüten, dass wir hier etwas machen müssen, was Fukushima gerade für Japan bedeutet, was auch unstreitig mit dieser Schuldenbremse nichts zu tun haben kann. Wir reden von normalen Problemen, wie zum Beispiel einer Rezession. Es bleibt trotzdem bei der Frage, ob man nicht den Mut haben sollte, zu sagen, was darf man mit dem Geld dann machen, das man aufnehmen kann, wie hoch darf das Geld eigentlich sein bei welcher Art von Notsituation. Wir können uns alle vorstellen, dass eine Flut, ein Erdbeben oder irgendeine andere Art von Naturkatastrophe nicht die Notwendigkeit bringt, das zu diskutieren, aber eine konjunkturelle Problematik sehr wohl. Ich habe es nicht ausgerechnet, aber ich könnte mir vorstellen, dass der Crash von 2008 und 2009 durchaus mehr Geld gekostet hat als 99 Prozent der Steuereinnahmen der letzten vier Jahre davor.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das mal nur als problematischen Aufriss dazu, ich habe dazu keine wirkliche Haltung und auch keine Meinung.

Das zweite Thema war die Frage, ab wann denn eigentlich zurückgezahlt werden soll, ich hatte jetzt so ein Beispiel genommen, Sie haben in Ihrer Begründung geschrieben, ich zitiere mal die vorletzte Zeile aus der Begründung auf der zweiten Seite: „Diese (…) sollte zudem nach Beendigung der Notsituation innerhalb eines festen Zeitraums zurückgezahlt werden.“ Dazu finden wir in Ihrem Gesetzentwurf relativ wenig und wie gesagt, eigentlich steht dann da drin „innerhalb von fünf Jahren“, jedenfalls auch in den anderen Gesetzentwürfen auf Bundes- und Länderebene. Deshalb sind wir so skeptisch, was das Thema angeht, und der Meinung, wir sind auch für eine Schuldenbremse, das habe ich hier schon mehrfach gesagt, dazu stehen wir auch.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben auf Bundesebene bis 2019 eine Schuldenbremse zu erwarten, wir müssen diese Fragen trotzdem klären, ganz egal, wo die Schuldenbremse steht, in der Haushaltsordnung oder in der Verfassung, das ist völlig unerheblich davon, diese

Fragen müssen trotzdem geklärt werden und es müssen auch die Fragen geklärt werden, was wir unter Notsituation verstehen. Deshalb werden wir heute die Debatte hier nicht mitmachen und uns nicht verhalten. Das habe ich hier auch schon mal gesagt, wir werden uns zu dem Thema enthalten, weil wir die Art und Weise, wie das hier eingebracht wird und was hier eingebracht wird, für nicht ausreichend halten und wir keine Chance sehen, das hat dann allerdings auch schon meine Kollegin Frau Lehmann ausgeführt, dass wir hier zu irgendeiner Art von Mehrheit kämen, wenn wir Änderungsanträge stellen würden. Das lassen wir zu dem Thema auch sein, da braucht es dann irgendwann mal eine richtige Zweidrittelmehrheit - mal schauen, was in zehn Monaten ist. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Pidde das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn ich die Ausführungen von Herrn Bergner hier höre, dann bestärkt mich das darin, dass es der FDP bei diesen beiden Gesetzentwürfen vor allen Dingen um Aktionismus geht,

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das ist ei- ne ausgesprochene Frechheit.)

vor allen Dingen um politische Kosmetik. Praktisch hätte das, was Sie hier vorschlagen, keine grundlegenden Auswirkungen. Das werde ich Ihnen gleich belegen. Auf den Vorwurf, den Sie hier erhoben haben, wir würden es nicht mal an die Ausschüsse überweisen, hat Frau Lehmann schon reagiert. Es sind im Wesentlichen die Vorschläge von Ihnen, die 2011 schon einmal gekommen sind, mit geringfügiger Nachbesserung. Sie haben also die alten Gesetzentwürfe aus der Schublade geholt und hier wieder vorgelegt.

Wir haben den Sachverhalt im Haushalts- und Finanzausschuss, das werden Sie nicht bestreiten können, sehr ausführlich diskutiert. Wir haben eine schriftliche Anhörung durchgeführt und die Stellungnahmen der Anzuhörenden ausführlich beraten und ausgewertet. Und wir haben vom Finanzministerium eine Synopse zu den bestehenden Regelungen in den anderen Bundesländern erhalten.

Im letzten Plenum hat auch Herr Dr. Voß, der Finanzminister, ausgeführt, dass die Schuldenbremse durch die Fixierung im Grundgesetz sowieso kommt. Und wir haben ja nicht nur die eine, wir haben zwei Schuldenbremsen - die eine, die im Grundgesetz steht und ab 2020 für alle Bundesländer gilt, und dann die in der Landeshaushaltsord

(Abg. Meyer)

nung viel stringentere Regelung, die eine Kreditaufnahme nur in Ausnahmesituationen erlaubt. Diese sind auch definiert, sicher kann man darüber streiten, ob diese Definition ausreichend ist und ob das alles erfasst und wie man damit umgeht. In der Landeshaushaltsordnung ist geregelt, dass ein Tilgungsplan aufgestellt wird und diese Schulden innerhalb von fünf Jahren zurückzuzahlen sind. Wir haben jetzt einmal den Testlauf und zahlen Schulden zurück. Wir tilgen regelmäßig, und so sehe ich, dass diese Regierungskoalition die Regelungen, die in der Landeshaushaltsordnung festgeschrieben sind, auch erfolgreich praktiziert.

Meine Damen und Herren, wenn wir auf die anderen Bundesländer schauen, dann ist auf das Beispiel Sachsen hingewiesen worden, die jetzt eine Lösung vorgezogen haben, die Lösung von 2020, und das in ihrer Verfassung verankert haben. Aber die anderen Bundesländer, da sind einige, die haben auch in ihre Verfassung geschrieben, dass das ab 2020 gelten soll. Ob nun noch einmal aufgeschrieben ist, was schon im Grundgesetz steht, das kann man sich auch schenken. Die meisten Bundesländer sehen gar keinen Handlungsbedarf und schreiben das überhaupt nicht in ihre Verfassung, handeln aber entsprechend - das ist meines Erachtens viel wichtiger.

Meine Damen und Herren, Herr Dr. Voß hat ausgeführt, eine Schuldenbremse muss konzipiert werden, die unabhängig von der konjunkturellen Entwicklung Handlungsfähigkeit gewährleistet und gleichzeitig ohne neue Schulden auskommt. Das ist der Schlüssel und dem wird das, was hier vorgelegt wird und rein plakativ vorgetragen wird, überhaupt nicht gerecht.

Zwei Grundfragen müssen gelöst werden, das weiß auch der Finanzminister, er sagt das nur nicht so explizit. In den Anhörungen ist zum Beispiel deutlich gesagt worden, dass eine wirksame Schuldenbremse nur dann existiert, wenn keine Umgehungstatbestände ermöglicht werden. Schauen wir uns doch aber einmal an, wie das in Thüringen praktiziert wird. Wir haben mehrere Sondervermögen und dort laufen, obwohl wir offiziell keine Kredite aufnehmen und sogar Kredite tilgen, die Schulden weiter auf. Solange man aber diese Umgehungstatbestände zulässt, ist die Schuldenbremse doch reine Makulatur. Wenn es wirklich ernst gemeint wäre, dann müsste man die Sondervermögen in den Landeshaushalt zurückführen. Dann müsste man auch schauen, wie man mit Pensionsverpflichtungen umgeht, denn die laufen weiter auf. Dann müsste man dort eine wirksame Vorsorge leisten. Wir wollen ein Versorgungslastengesetz, wir haben einen Entwurf vorbereitet und auch an die Öffentlichkeit gegeben. Bisher bleibt die Resonanz der anderen Fraktionen darauf recht bescheiden. Das ist der eine Fakt, dass man einfach eine Schuldenbremse aufstellen

kann, aber man fährt einfach drumherum - dann brauchen wir sie auch nicht.

Das Zweite ist, das Ganze funktioniert gut, wenn man stabile Einnahmen hat. Die bestimmen wir aber nicht. Die Einnahmen des Landes oder der Länder sind im Wesentlichen fremdbestimmt. Die Steuergesetzgebung wird vom Bund gemacht, die Länder haben bei bestimmten Bestandteilen über den Bundesrat das Mitbestimmungsrecht, andere Teile legt der Bund selbst fest, und dort wird im Wesentlichen festgelegt, was haben wir denn für Einnahmen. Wenn die Einnahmen aber nach unten gehen und wir eine bestimmte Schuldenbegrenzung haben, dann heißt das nur, wir kürzen jedes Mal an der Ausgabenseite herum und setzen den Rotstift dort an. Es kann nicht sein, dass immer nur über Konsolidierung, über die Ausgabenseite versucht wird, den Haushalt wieder glatt zu ziehen.

Deshalb mein Plädoyer: Solange diese Grundfragen nicht angegangen werden, sondern hier einfach ein plakativer Antrag oder Gesetzentwurf vorgelegt wird, der einzig darauf abzielt, dass dort irgendwo steht, wir nehmen keine Schulden mehr auf, ist das Humbug. Solange diese Grundfragen nicht gelöst werden, dann kann ich, Herr Bergner, ruhig sagen, wir wollen das nicht. Wir, die SPD, stehen zu der Regelung in der Landeshaushaltsordnung, wir gestalten die Haushaltspolitik solide mit und wir tilgen gemeinsam mit der CDU die Kredite, die wir aufgenommen haben laut Landeshaushaltsordnung.

Insofern sage ich, das, was wir machen, ist Finanzpolitik mit Augenmaß und das ist allemal besser als irgendwelche Gesetze, die nichts bewirken, außer dass sie irgendwo auf dem Papier stehen. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Ich habe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr aus den Fraktionen und schaue mal in Richtung Finanzministerium. Da gibt es auch keinen Wunsch zur Rede - ach, es gibt einen weiteren Redewunsch aus der FDP-Fraktion, bitte, Herr Abgeordneter Bergner.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, entschuldigen Sie bitte mein ungebührliches Schnipsen, ich hatte gedacht, die Landesregierung will vielleicht doch ein paar Worte sagen, und habe deswegen noch gewartet.