Protokoll der Sitzung vom 21.11.2013

(Unruhe CDU)

Umso schlimmer, dass wir noch zehn oder elf oder zwölf - das wissen wir ja nicht, das best gehütete Geheimnis dieser Landesregierung - Monate warten müssen, bis es weitergeht. Ich will zu den wenigen Umstrukturierungen, die Sie vorgeschlagen haben, die nennenswert sind, etwas sagen. Es sollen nicht nur insgesamt 1.470 Stellen abgebaut werden, sondern auch 600 Mio. € eingespart. Herr Gumprecht, da muss ich einfach zur Korrektur auch etwas sagen: Es ist nicht so, dass diese 600 Mio. € auf dem Papier noch nicht einmal bis 2020 gespart werden sollen, sondern 340 Mio. € bis 2021 und danach noch einmal 154 Mio. €. Das steht auf dem Papier. Ob das so kommt, muss man sehen. Das eine ist das, was auf dem Papier steht, das andere ist, was dann entsprechend auch durchsetzbar ist. An bestimmten Stellen fragen wir uns auch, ob Ihre auf dem Papier aufgeschriebene Idee von Zusammenlegung und Straffung am Ende auch unter dem Strich das bringt, was Sie gerne wollen. Ich nenne einmal ein paar Beispiele: Eines ist zum Beispiel, wenn man Bescheid- und Datenverwaltungsbehör

de zusammenführt, muss man schauen, ob das überhaupt zusammen geht. Beim Bergbauamt und der Landesanstalt für Umwelt und Geologie sind die Ausrichtungen sehr, sehr unterschiedlich. Ob das am Ende zusammen funktioniert, muss man sehen. Hinzu kommt, dass sich herumgesprochen hat - im „Freien Wort“ war es zumindest zu lesen -, dass beispielsweise der Leiter des Landesamtes für Bau und Verkehr, nachdem er gehört hat, seine Behörde steht vielleicht infrage, sich schnell einmal noch unter der Überschrift „Aktion untergehende Sonne“ eine B3 verschafft hat. Also da muss man schon auch schauen, was am Ende unter dem Strich übrig bleibt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was auf dem Papier steht, ist das eine, das ist geduldig. Das andere ist tatsächlich die Frage, was Sie da auch an Effizienz und Effektivität schaffen. Das größte Problem haben wir Grünen allerdings mit der Eingliederung der Verwaltungsstellen der nationalen Kulturlandschaften, also Hainich, Biosphärenreservate, in die Anstalt ThüringenForst

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die SPD stimmt in Teilen zu -, weil die Zuordnung unserer wichtigsten Naturräume schlicht und ergreifend zu einer wirtschaftlich orientierten Forstanstalt nicht passt, weil, meine sehr geehrten Damen und Herren, Naturschutz oben ansteht und nicht wirtschaftliche Erwägungen. Da frage ich mich schon, ich hätte Herrn Reinholz auch gern gefragt, ob er überhaupt noch für Naturschutz verantwortlich ist. Auf der einen Seite lehnt er Wind im Wald ab, so wäre das nämlich finanzierbar, dass man die Struktur belässt, da könnte man sehr wohl den einen oder anderen Euro dann auch haben, um das Ganze - nicht nur die Energiewende, sondern auch die Struktur - auf zukunftsfeste Füße zu stellen. Sie machen aber genau den anderen Weg, Sie sagen, Naturschutz interessiert uns nicht, soll sich ThüringenForst darum kümmern.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist schon spannend, wie Sie hier Politik machen und wie Sie zeigen, was Ihnen in diesem Land wirklich wichtig ist.

Da bleibe ich gleich bei der Frage der Umstrukturierung im Bauministerium. Das ist gar nicht schlecht, was da vorgeschlagen ist, aber da würden wir sogar noch einen Schritt weiter gehen. Ich finde, dass das Trautvetter-Gedächtnis-Ministerium auch aufgelöst werden kann

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und die Aufgaben, die Herr Carius sicherlich mit Bedacht löst, auch an anderer Stelle gut aufgehoben sind. Ich bin mir sicher, dass Herr Machnig da auch noch Kapazitäten hätte oder Herr Voß im Fi

nanzministerium das eine oder andere erledigen könnte.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da käme wenigstens ein ordentli- ches Broschürchen raus.)

- Mindestens eine ordentliche Broschüre, aber wir wollen ja nicht mehr Papier produzieren. - Auch da fehlt uns der Mut, auch da könnten Sie eindeutiger sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eigentlich wollte ich jetzt noch mal erzählen, was die SPD im Landtagswahlprogramm stehen hat, was im Koalitionsvertrag steht. Eigentlich sind wir alle uns doch der Tatsache bewusst, dass die SPD sehr wohl inhaltlich auf dem richtigen Weg ist, die Gebiets-, Funktionalund Verwaltungsreform zusammen denkt und dass das nicht zusammenpasst. Nur, Frau Ministerpräsidentin, Sie sagen, die Argumente dafür überzeugen Sie nicht. Das Problem ist nur, Ihre dagegen überzeugen mich halt auch nicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will mich gern überzeugen lassen, die Kraft der Argumente ist immer was, wofür wir sehr empfänglich sind. Aber wenn Sie per se sagen, es geht am Ende um die Frage von Strukturen und die Nähe ist das Entscheidende, stimme ich Ihnen einerseits zu, der Punkt ist nur, dass die Menschen im ThüringenMonitor von 2011 gesagt haben, dass sie sich für eine Kreis- und Gebietsreform aussprechen, und die Menschen in Thüringen sind eindeutig weiter als unsere Landesregierung. Da frage ich Sie, warum Sie sich dem entziehen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Thüringen ist bereit.)

Ich finde, man sollte das Wort derjenigen, die da befragt wurden, auch ernst nehmen und das nicht nur in die Ablage heften, wie es viel zu oft passiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es fehlt aber nicht nur der Punkt Gebietsreform, der uns sehr wichtig ist, uns fehlen auch Überlegungen zur Personalentwicklung. Das eine ist, zu sagen, wir wollen Stellen sparen, das andere ist, eine gute Personalentwicklung zu machen. Jedes Unternehmen, was sich irgendwie zukunftsfest aufstellen will und was zukunftsfähig sein will, kürzt nicht zuerst, sondern macht als Erstes eine Überlegung, worauf können wir verzichten, welche Standards legen wir hier an, was ist unser Ziel für die nächsten Jahre, und dann wird überlegt, wie Personalentwicklung geht. Das Problem, dass Ihr Stellenabbaukonzept diese Frage auf später verlegt, ist sehr, sehr eindeutig zu sehen. Deswegen sagen wir, dass Sie keine Antwort darauf geben, wie Sie künftige Strukturen so aufstellen wollen, dass das mit Ihrem Vorschlag an Maßnahmen auch wirklich zusammenpasst. Davon sind wir fest überzeugt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auf folgende Punkte noch eingehen. Es ist immer noch nicht klar, wie die 477 Stellen im Bereich des Forstes abgebaut werden sollen. Bisher wissen wir nur, dass die Zuschüsse für die Landesforstanstalt zurückgefahren werden sollen, doch damit gibt es eben auch wieder kein Stellenabbaukonzept. Auch Personalabbau muss eben gemanagt werden, dafür gibt es mehr als genug Beispiele, und das haben Sie nicht untersetzt. So kommt es eben auch zu Fehlentwicklungen. Herr Kuschel sprach vorhin für den Bereich Polizei, da ist es ähnlich. Die Frage ist: Wie soll das gehen? Das Gleiche gilt übrigens für die E-Government-Strategie: Wie soll das gehen?

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Sie weiß nicht, wovon sie redet.)

Das ist alles so in Absichtserklärungen formuliert, dass wir nicht davon überzeugt sind, dass Sie überhaupt eine Idee davon haben. Sie reden von einer der „leistungsfähigsten und effizientesten Verwaltungen in Deutschland und Europa“. Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, wir sind fest davon überzeugt, dass wir davon noch weit entfernt sind,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wenn nicht mal der Thüringer Landtag seine Kommunikation so gestalten kann, dass wir da vernünftig miteinander in Kontakt treten können, bzw. unsere Technik so ausgestattet ist, dass sie reibungslos funktioniert. Entsprechende Einladungen hat es ja jetzt auch zum Thema Hochverfügbarkeitscluster an die PGFs gegeben,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

also auch die Fraktionen arbeiten nach. Wenn nicht mal die Fraktionen das hinbekommen, wie sollen das da die einzelnen Ministerien und Landesanstalten hinbekommen, die jahrelang machen durften, was sie wollten im Bereich E-Government? Aber dieses Neuland, das wollen Sie jetzt betreten, das finden wir sehr spannend.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wollen die Menschen in Thüringen für Reformen gewinnen, wie Sie es ausdrücken, Frau Ministerpräsidentin. Dafür braucht es einen guten Prozess, dafür braucht es ein gemeinsames Angebot und dafür braucht es vor allen Dingen den Eindruck, dass diese Koalition gemeinsam hinter diesem Konzept steht. Ich bin sehr gespannt, ob Sie diese Frage, nämlich die Frage, ob es einen Kabinettsbeschluss dazu gibt, und die Frage, ob SPD jetzt immer noch koaliert oder schon opponiert, noch beantworten, das jedenfalls war das Spannendste an dem heutigen Vormittag. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gab jetzt aus allen Fraktionen Redeanmeldungen, eine weitere für die CDU-Fraktion, der Abgeordnete Mohring. Herr Minister Dr. Voß, die Landesregierung hat immer das Recht, gleich zu sprechen.

(Zuruf Dr. Voß, Finanzminister: Wir teilen das ein.)

Gut.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, was für ein Vormittag!

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE)

Was für ein Vormittag!

(Heiterkeit und Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Möller, DIE LINKE: Waren Sie nicht da?)

Da kommen die Oppositionsredner nach vorn und beklagen bei der Regierungserklärung der Ministerpräsidentin, dass sie nicht mitregieren. Der Reihe nach melden sie sich zu Wort und sagen, wie bedauerlich ist das, dass diese Regierungskoalition arbeitet und sie nicht daran teilhaben können.

(Beifall CDU)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gut, dass der Wähler so rum entschieden hat. Erstens.

(Beifall CDU)

Zweitens will ich mit Blick auf diese Wahlperiode seit 2009 bis zum heutigen Tag feststellen, diese Regierungskoalition von CDU und SPD funktioniert und sie macht ihre Arbeit, auch wenn es Ihnen nicht passt.

(Beifall CDU)

Das Land kommt gut voran. Wir haben uns in dieser Wahlperiode gut weiterentwickelt und das ist die Arbeit der gemeinsamen Fraktionsarbeit und der Regierungsarbeit von CDU und SPD.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat Uwe Höhn ja dargestellt.)

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das ist zunächst die Feststellung auch für das, was gewesen ist. Weil das so ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, und die Ministerpräsidentin heute zu ihrem Vorschlag zur Verwaltungsreform gesprochen hat, will ich eines zunächst feststellen:

(Zwischenruf Abg. Meyer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir genau gehört.)

Das, was der Abgeordnete Kuschel gemacht hat, diesen Reformschritt zur Verwaltungsreform im Jahr 2013 mit dem Herbst und der Verbohrtheit der alten Kommunisten des Herbstes 89 zu vergleichen, da will ich ganz klar sagen, das ist unverschämt, das ist unerhört und es ist geschichtsvergessend. Das dulden wir in diesem Hause nicht.