Sie hätten heute erklären können, wie Sie Ihr Personal aussuchen. Das ist nämlich nicht weniger als das Personal, welches dieses Land regiert. Deswegen haben die Menschen ein Recht darauf, zu wissen, wie die Auswahl erfolgt. Und Sie hätten heute erklären können, warum Ihre Minister ungestraft, von Ihnen ungerügt doppelt Bezüge bekommen können, von ernsten Konsequenzen ganz zu schweigen.
Sie hätten heute erklären können, wieso ein Minister, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen seiner Ruhestandsbezüge ermittelt, exakt so lange im Amt bleiben kann, bis er Ansprüche auf Ruhestandsbezüge auch aus Thüringen hat. Ja, es geht um Herrn Machnig und ich will daran erinnern, dass er jetzt Pensionsansprüche - ich vermisse ihn ein bisschen, das stimmt
an den Freistaat hat, nach einem Gesetz, das vor zwei Jahren novelliert wurde und an dessen Novellierung er zentral mit beteiligt war und aus dem Gesetz heraus er ganz genau wusste, dass er ab November 2013 pensionsberechtigt war und Sie wussten das auch.
Das Interessante ist, dass die Vorwürfe wegen der Doppelbezüge im August aufgetaucht sind, aber Herr Machnig bis November im Amt bleiben konnte,
Leider ist nichts davon auch nur angesprochen worden. Zum Thema Werte, zu gesellschaftlichen Orientierungen, auch der Regierung, hätte das allemal gepasst.
Sie haben das alles nicht erklärt, wahrscheinlich deshalb, weil man diese Dinge nicht erklären kann. Mit Ihren Entscheidungen und Ihrem Schweigen tragen Sie aber nicht dazu bei, Politik vertrauenswürdiger zu machen oder Politiker als verantwortungsvolle und in ihrer großen Mehrheit als ehrliche
Menschen dastehen zu lassen, die sie nämlich sind. In jeder Fraktion, in jeder Partei ist das die übergroße Mehrheit.
Sie hatten heute die Chance, bürgerliche Werte zu transportieren und auch eine Orientierung für eine freiheitliche Gesellschaft zu geben. Diese Chance haben Sie leider verpasst. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Glas ist mehr als halb voll, das ist gut, das sieht die Mehrheit der Thüringer so. Bis zum Eichstrich fehlt aber noch eine ganze Menge. Das sollte uns nachdenklich machen, das muss uns zum Handeln anregen.
Meine Damen und Herren, der Thüringen-Monitor 2013 liefert beeindruckende Zahlen, was die persönliche Zufriedenheit der Thüringer betrifft. 93 Prozent sind mit ihrem Leben zufrieden, 84 Prozent blicken optimistisch in die Zukunft. Und erfreuliche Ergebnisse, was die Einschätzung zur wirtschaftlichen Situation und die Entwicklung des Landes angeht: 72 Prozent der Thüringer meinen heute, dass Thüringen den Vergleich mit westdeutschen Ländern nicht zu scheuen braucht, 70 Prozent schätzen die wirtschaftliche Lage Thüringens als eher gut ein und immerhin noch stattliche 69 Prozent beurteilen auch die eigene finanzielle Situation als eher gut. Zusammenfassend kommen die Autoren des Thüringen-Monitors zu dem Schluss - Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Zustimmung: „dass sich in den Antworten der Thüringer Bevölkerung ein hohes Maß an Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen in Thüringen und mit der eigenen Lebensqualität - sowohl in privaten als auch in beruflichen und gesellschaftlichen Kontexten - widerspiegelt“. Das freut uns für die Thüringer, das freut uns aber auch als Sozialdemokraten, weil wir immer konstruktiv um die besten Entscheidungen für Thüringen gerungen haben. Das freut uns umso mehr, als die wirtschaftliche Lage vor allem in den letzten Jahren immer positiver bewertet wird in einer Zeit, in der wir als SPD Regierungsverantwortung mittragen, neuen Schwung in die Wirtschaftspolitik gebracht haben und wichtige Weichen gestellt haben.
Wir haben den Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben. Wenn ich sage „wir“, dann meine ich natürlich immer die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD.
Wir haben zahlreiche neue Betriebe in Thüringen angesiedelt. Wir haben dafür gekämpft, dass neue Arbeitsplätze entstehen und bestehende Arbeitsplätze erhalten bleiben.
Der Kampf um den Erhalt des Industriestandorts Arnstadt und die Arbeitsplätze bei Bosch Solar ist uns allen noch in bester Erinnerung. Hier gilt mein ausdrücklicher Dank meinem Kollegen Wolfgang Lemb für seinen Einsatz.
Von der bisherigen Bundesregierung kam keine Unterstützung. Sie hat hier quasi die Arbeit verweigert. Es gab keinen industriepolitischen Dialog zur Zukunft der Solarindustrie, keine Initiativen, rein gar nichts. Nicht zuletzt haben wir dafür gesorgt, dass sich Thüringen endlich vom Billiglohnimage verabschiedet, unter dem das Land und viele Thüringer jahrelang gelitten haben. Wir haben Tarifvertragstreue für öffentliche Aufträge gesetzlich verankert. Wir haben in Thüringen die Diskussion um Mindestlöhne vorangetrieben, bis hin zu dem Erfolg, dass sich jetzt erstmals eine Bundesregierung die Einführung eines flächendeckenden und branchenübergreifenden Mindestlohns auf die Fahnen geschrieben hat.
Meine Damen und Herren, allerdings ist der Thüringen-Monitor 2013 nicht nur eitel Sonnenschein. Wir dürfen auch die anderen 30 Prozent nicht vergessen, diejenigen, die ihre eigene finanzielle Situation als eher schlecht beurteilen, und diejenigen, die vom Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt noch nicht profitieren. Und vor allem wollen wir auch den eigentlichen Anlass für die Erstellung des ThüringenMonitors nicht aus den Augen verlieren. Im Jahr 2000 hatten rechtsextreme Jugendliche einen Brandanschlag auf die Erfurter Synagoge verübt und damit die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Wir waren damals zutiefst erschüttert. Heute wissen wir, dass das Ausmaß der Gewaltbereitschaft bei den Rechtsextremen noch viel weiter ging, dass der NSU selbst vor gezielten Morden nicht zurückgeschreckt ist. Seitdem werden wir im Untersuchungsausschuss 5/1 immer wieder mit dem Missmanagement der zuständigen Stellen konfrontiert. Verfassungsschutz, Polizei und Innenministerium haben hier erbärmlich versagt.
Sie haben den Rechtsextremismus verharmlost und unterschätzt. Umso richtiger war die Entscheidung des Jahres 2000, die Jenaer Sozialwissenschaftler damit zu beauftragen, einen jährlich wiederkehren
den Thüringen-Monitor zu erstellen und darin die politische Kultur und rechtsextreme Tendenzen zu untersuchen. Diese Entscheidung war richtig und sie hat sich noch lange nicht erübrigt. Denn von Entwarnung kann auch im aktuellen Thüringen-Monitor nicht die Rede sein. Immer noch stufen die Jenaer Wissenschaftler jeden achten Thüringer, nämlich 12 Prozent, als rechtsextrem ein. Jedem 20. attestieren sie sogar ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild. Wir meinen, das ist immer noch viel zu viel. Auch wenn der Thüringen-Monitor eine stagnierende Entwicklung im Vergleich zu 2010 und 2012 feststellt und mittelfristig seit 2014 sogar einen deutlichen Rückgang - es sind zu viele, gerade wenn man die detaillierten Betrachtungen der Jenaer Wissenschaftler in den Blick nimmt. Denn vor dem Hintergrund der insgesamt recht positiv bewerteten wirtschaftlichen Lage wiegen die 12 Prozent rechtsextrem eingestellten Thüringer umso schwerer. Ich möchte daran erinnern, dass schon der Thüringen-Monitor 2012 einen Zusammenhang zwischen ökonomischer Lage und fremdenfeindlichen Einstellungen aufgezeigt hat, also zwischen dem subjektiven Empfinden, zu kurz zu kommen, und fremdenfeindlichen Meinungsmustern.
Die gelieferten Zahlen sind interessant. So fanden sich Mitte des vergangenen Jahrzehnts deutlich mehr rechtsextrem eingestellte Frauen - nämlich bis zu 29 Prozent - als rechtsextrem eingestellte Männer, während die Jenaer Forscher heute mehr Männer - 15 Prozent nämlich - als Frauen - dort sind es 10 Prozent - zu den rechtsextrem Eingestellten zählen. Ihre Erklärung, ich zitiere: „Die nähere Analyse offenbart, dass Frauen in den Jahren 2004 bis 2006, in denen die größten Unterschiede zwischen den Geschlechtern festzustellen sind, stärker deprimiert waren als die Thüringer Männer und auch als die Thüringer Frauen heute sind.“ In der Tat ist zum Beispiel die Erwerbstätigenquote bei den Frauen stärker gestiegen als bei den Männern. Dass wir im Moment trotz sehr positiver ökonomischer Zahlen eine Stagnation der Zahlen zu rechtsextremistischen Einstellungen haben, muss uns deshalb perspektivisch nachdenklich stimmen. Denn sie könnten schnell steigen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen. Die liegen nicht allein in unserer Hand. Wie schnell sie aus dem Lot geraten können, haben wir erst vor wenigen Jahren in der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise erlebt. Nur durch das beherzte Gegensteuern der damaligen GroKo, wie man das heute sagt, mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, mit den entsprechenden Konjunkturprogrammen konnte eine größere Wirtschaftskrise verhindert werden.
Meine Damen und Herren, die Konsequenz kann nur heißen, wir dürfen nicht nachlassen in unserem Bemühen, Demokratie zu stärken und rechtsextre
men Ideologien entgegenzuwirken. Wir müssen das hegen, pflegen und verstärken, was wir in den vergangenen Jahren angelegt haben, allem voran unser Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit. Mein Dank geht hier auch an das Hohe Haus, das fraktionsübergreifend dieses Programm auf den Weg gebracht hat. Prävention ist und bleibt das beste Mittel gegen Rechtsextremismus. Wir müssen die Strukturen und Projekte sichern, die eine mobile Beratung vor Ort ermöglichen. Ich möchte hier nur ein paar Beispiele in die Erinnerung bringen, die zeigen, wie wichtig und erfolgreich das Landesprogramm ist. Die Beratung im Bereich des Sports wurde gesichert und ausgebaut. Im Bereich der Feuerwehren wurden neue Beratungsstrukturen aufgebaut. Landesweit wurden lokale Aktionspläne gesichert und neu aufgestellt. Lehrer, Erzieher, Polizisten, Justizangestellte und kommunale Verwaltungsmitarbeiter wurden für die Thematik des Rechtsextremismus und zur Stärkung der demokratischen Alltagskultur fortgebildet. Und es wurde ein Demokratiepreis ausgelobt. Insgesamt haben wir für die Aktivitäten im Rahmen des Landesprogramms 2012 und 2013 rund 4 Mio. € bereitgestellt und dafür gesorgt, dass das Programm auch qualifiziert weiterentwickelt werden kann. Wir sind hier auf einem guten Weg und wir sollten das nicht mit Experimenten in Sachen Verfassungsschutz aufs Spiel setzen.
Ich will es hier noch einmal klar und deutlich betonen, wir brauchen keinen Verfassungsschutz, der in Schulen geht und den großen Aufklärer und Lehrmeister spielt.
Nein, die Antwort aus dem NSU-Desaster kann nur sein, dass wir den Verfassungsschutz auf seine Kernaufgaben beschränken und ihm dabei enge Grenzen setzen. Ich bin mir sicher, dass unsere guten Argumente bezüglich der Novellierung des Verfassungsschutzes bei unserem Koalitionspartner Gehör finden werden.
Darüber hinaus müssen wir das bürgerliche Engagement und die demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten der Menschen stärken.
Dass die Thüringer dem mehrheitlich sehr aufgeschlossen gegenüberstehen, hat uns der Thüringen-Monitor 2013 eindrucksvoll bestätigt. Auch das gehört zu den erfreulichen Ergebnissen der Studie und bestärkt uns als SPD-Fraktion in unserer Arbeit.
Meine Damen und Herren, dass wir gar nicht genug für Aufklärung und Toleranz werben können, hat uns der Thüringen-Monitor auch bei dem Thema vor Augen geführt, das die Soziologen unter gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zusammenfassen, nämlich bei den Vorurteilen, die Menschen
mit Behinderung, Sinti und Roma, Asylbewerber, Langzeitarbeitslose und Homosexuelle betreffen. Auch hier werden wir mit teilweise erschreckenden Ergebnissen, mit hohen Zustimmungswerten zu einzelnen Vorurteilen konfrontiert. Besonders erschütternd ist, dass 12 Prozent der Befragten der Aussage, es gibt wertvolles und unwertes Leben, völlig oder weitere 18 Prozent überwiegend zustimmen. Eine solche Haltung ist nicht nur eine Missachtung der Würde des Menschen, sie zeigt auch eine erschreckende Geschichtsvergessenheit.
Zu den Lehren aus unserer Geschichte gehört die besondere Verantwortung gegenüber Opfern von Verfolgung. Wir sollten mit gutem Beispiel vorangehen und langjährigen Flüchtlingen eine gesicherte Lebensperspektive in Deutschland ermöglichen. Das wäre mehr als eine humanitäre Geste. Hier erwarten wir ein klares Signal von unserer Landesregierung.
Meine Damen und Herren, ich will aber auch auf die 30 Prozent der Thüringer zurückkommen, die ihre persönliche finanzielle Situation als weniger gut einschätzen. Für viele ist es kein Trost, wenn die wirtschaftliche Lage im Allgemeinen gut ist, solange der Aufschwung bei ihnen nicht ankommt. Im Gegenteil, sie fühlen sie erst recht ausgeschlossen und könnten anfällig für fremdenfeindliche Propaganda werden. Die jüngsten Arbeitsmarktzahlen sind ein gutes Beispiel. Sie waren so positiv wie nie - im Allgemeinen. Im Detail hat sich aber gezeigt, dass Langzeitarbeitslose wenig davon haben. Die Konsequenz muss hier heißen, wir müssen alles tun, auch für Benachteiligte Chancen zu eröffnen. Wir müssen Hilfen anbieten, müssen sie integrieren. Deshalb haben wir ein Landesarbeitsmarktprogramm durchgesetzt und damit die Betroffenen nicht mit dem Verweis auf die individuelle Freiheit, wie es auf der rechten Seite dieses Hauses gern getan wird, ihrem Schicksal überlassen. Und schon sind wir wieder beim Thema: Wie leben wir, wie wollen wir leben? Wir als SPD-Fraktion wollen eine solidarische und gerechte Gesellschaft. Mit diesem Ziel haben wir eine überwältigende Mehrheit der Thüringer auf unserer Seite. Es ist eines der eindeutigsten Ergebnisse des Thüringen-Monitors 2013 - 98 Prozent der Thüringer ist es wichtig oder sehr wichtig, eine gerechte Gesellschaft zu haben.
Meine Damen und Herren, wenn man es noch allgemeiner fasst, kann die Konsequenz aus den Ergebnissen des Thüringen-Monitors am Ende nur heißen, wir wollen eine Gesellschaft, die niemanden zurücklässt, eine Gesellschaft, in der Bildungschancen nicht von Einkommen und Status der Eltern abhängen, eine Gesellschaft, die Sicherheit und Freiheit gleichermaßen bietet. Und schon sind wir bei ursozialdemokratischer Politik, bei den we
sentlichen Antworten auf die Ausgangsfrage: Wie leben wir, wie wollen wir leben? Wir Sozialdemokraten sehen uns hier in der Pflicht. Wir freuen uns über die positiv eingeschätzte wirtschaftliche Lage, über die relativ große Zufriedenheit der Thüringer, aber wir wollen uns auch nicht zu schnell mit dem Erreichten zufriedengeben. Das zieht sich durch viele Politikbereiche. Die Erkenntnisse des Thüringen-Monitors passen dabei hervorragend zu dem, was wir als SPD-Fraktion seit Jahren vertreten. Wir müssen soziale Teilhabe und Aufstieg durch Bildung ermöglichen und fördern. Das gehört traditionell zur sozialdemokratischen Programmatik und Politik und das ist auch eine Antwort auf die Fragen, wie wir Rechtsextremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenwirken können. Wir wollen, dass ein gutes und erfülltes Leben nicht von der sozialen Herkunft oder vom Geldbeutel abhängt. Dafür machen wir Politik. Jeder Mensch soll die Möglichkeit erhalten, sich durch eigene Anstrengungen und Fähigkeiten seine Position in der Gesellschaft zu erarbeiten. Das Bildungssystem muss diesen Prozess fördern. Ungleiche Startchancen lassen sich im späteren Leben nur noch schwer ausgleichen. Deshalb müssen wir in frühem Alter mit der Unterstützung beim Erwerb individueller Bildungskompetenzen beginnen. Für den schulischen Bereich heißt das konkret: Die Thüringer SPD steht traditionell für ein Schulsystem, das jedem Kind die Chance auf bestmögliche Bildungsteilhabe eröffnet. Jedes Kind, gleich welcher sozialen, ethnischen und kulturellen Herkunft, ob mit Handicap oder ohne, soll seine individuellen Bildungspotenziale voll ausschöpfen können. In Regierungsverantwortung haben wir seit 2009 wichtige Schritte eingeleitet, um dieses Ziel verwirklichen zu können. Durch einen erheblich verbreiterten Einstellungskorridor für pädagogisches Personal vermindern wir den Unterrichtsausfall und schaffen die nötigen personellen Rahmenbedingungen für die von uns angestoßene Weiterentwicklung des Thüringer Schulwesens. Darüber hinaus bieten wir so dem Thüringer Lehrernachwuchs eine deutlich bessere Perspektive für den Schuldienst in Thüringen.