Protokoll der Sitzung vom 19.12.2013

Zu Eisenberg selbst: In Eisenberg werden die Anträge für die Asylverfahren bei der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge abgegeben. In den Fällen, wo die Verfahren wegen offensichtlicher Unbegründetheit abgeschlossen werden können, kann es sein, dass die Verfahren schon während des Aufenthalts in Eisenberg bestandskräftig abgeschlossen werden und dann ist auch eine Rückführung möglich.

Das war jetzt die zweite Frage? Sie hatten schon zwei Fragen gestellt, Frau Abgeordnete.

Das weiß ich, ich möchte darauf drängen, dass die auch beantwortet werden. Ich habe nicht gefragt, wie Asylverfahren aussehen, sondern eine ganz andere Frage gestellt.

Die Antwort kann auch das Präsidium hier nicht beeinflussen. Die Fragestellerin hat eine Nachfrage. Bitte, Frau Abgeordnete.

(Staatssekretär Rieder)

Vor zwei Tagen sollte eine siebenköpfige Familie aus Gera nach Serbien abgeschoben werden. Die Familie hat fünf Kinder. Die Frau hat bei der Ankündigung der angedrohten Abschiebung einen Zusammenbruch erlitten. Es gab im Vorfeld bereits ein Gutachten des Sozialpsychiatrischen Dienstes, welches eine Gefährdung prognostiziert hat, sollte es zu einer Abschiebung kommen. Wie bewertet die Landesregierung diesen Fall?

Dieser Fall ist mir im Detail nicht bekannt. Ich kann nur sagen, dass ursprünglich einmal Abschiebungen geplant waren, sie wurden aber im Hinblick auf die Einzelfallprüfung gestoppt.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So etwas sollte man vorher ma- chen.)

Keine weitere Nachfrage. Vielen Dank, Herr Staatssekretär Rieder.

Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde für heute beendet. Der zweite Teil wird dann am morgigen Tag aufgerufen. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt für heute.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6

Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2013 Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/6299 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 5/7070

dazu: Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/7072

ZWEITE BERATUNG

Das Wort zur Berichterstattung hat Frau Abgeordnete Doht aus dem Innenausschuss. Bitte, Frau Abgeordnete.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Landesregierung „Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2013“ mit der Drucksachennummer 5/6299 wurde in der Plenarsitzung am 11. Juli 2013 erstmals behandelt und an den Innen

ausschuss zur Beratung überwiesen. Da in dem Gesetzentwurf freiwillige Gebiets- und Bestandsänderungen von Gemeinden geregelt werden, sind von Verfassungs wegen die beteiligten Gemeinden und die Einwohner anzuhören. Der Innenausschuss hat deshalb beschlossen, zu dem Gesetzentwurf ein Anhörungsverfahren durchzuführen. Die Anhörung der Einwohner und der beteiligten Gemeinden erfolgte durch die zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden, also durch die Landratsämter.

In seiner 64. Sitzung am 8. November beriet der Innenausschuss über Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE in der Vorlage 5/4017 sowie der SPD und CDU in der Vorlage 5/4043. Die Änderungsanträge wurden unter anderem notwendig, weil eine Bürgerbefragung in Oßmannstedt ergab, dass sich 79 Prozent der Bürger für eine Beteiligung der Gemeinde an der Gründung der Landgemeinde IlmtalWeinstraße aussprachen. Damit war der Bürgerentscheid, der parallel zur Bundestagswahl am 22. September stattfand, erfolgreich. Der Ausschuss beschloss einstimmig eine ergänzende förmliche Anhörung zum Änderungsantrag der Fraktionen von SPD und CDU, also zur Änderung des § 18 des Gesetzentwurfs. Dem vom Innenministerium vorgeschlagenen Verfahrensablauf zur Durchführung der Anhörung wurde zugestimmt. Der Antrag auf Einbeziehung des Änderungsantrags der Fraktion DIE LINKE, der zusätzlich eine Streichung des § 17 des Gesetzentwurfs vorsah, wurde mehrheitlich abgelehnt. Die schriftlichen Stellungnahmen der Anzuhörenden sind in den umfangreichen Zusammenstellungen des Innenministeriums nachzulesen. Die Auswertung der erneuten Anhörung zu § 18 des Gesetzentwurfs ging dem Landtag in der Vorlage 5/4208 am 18. Dezember zu.

In seiner 67. Sitzung am 18. Dezember wertete der Innenausschuss die Stellungnahmen aus. Nach intensiver Diskussion der Stellungnahmen fand der Änderungsantrag von SPD- und CDU-Fraktion eine Mehrheit. Im Ergebnis seiner gesamten Beratung schlägt der Innenausschuss dem Landtag in seiner Beschlussempfehlung nun die Annahme des Gesetzentwurfs unter Einbeziehung des Änderungsantrags in Vorlage 5/4043 vor. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Doht. Ich eröffne jetzt die Aussprache. Mir liegen Wortmeldungen von jeder Fraktion vor. Das Wort hat Herr Abgeordneter Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Gäste auf der Tribüne, es ist nicht allzu häufig, dass am Donnerstagnachmittag die Tri

bünen noch so gut gefüllt sind, das ist ein bisschen außergewöhnlich. Wir debattieren jetzt über einen Gesetzentwurf, der insgesamt 18 Gemeindeneugliederungen beinhaltet, die in der Phase der sogenannten Freiwilligkeit zustande gekommen sind. Ob es sich aus Sicht unserer Fraktion DIE LINKE tatsächlich um freiwillige Maßnahmen handelt, darauf werde ich dann noch im Detail eingehen.

Auch für uns ist die Freiwilligkeit ein hohes Gut und überall, wo sich Gemeinden und Städte freiwillig zu leistungsfähigeren Verwaltungsstrukturen zusammentun, ist das zu begrüßen. Allerdings stößt Freiwilligkeit auch irgendwo an Grenzen, nämlich dort, wo das sogenannte öffentliche Interesse nicht mehr gewahrt ist und es aus raumordnerischer oder landesplanerischer Sicht Verwerfungen gibt. Dort müssen wir auch als Gesetzgeber den Gemeinden deutlich sagen, diese Grenze kann nicht überschritten werden, auch wenn wir ansonsten sehr respektieren, dass eine derartige freiwillige Entscheidung natürlich für das Gemeinwesen immer die günstige Option ist. Die Thüringer Kommunalordnung in ihrer gegenwärtigen Fassung macht Vorgaben für die Gliederung der Gemeinden, die aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäß sind.

(Beifall DIE LINKE)

Dort ist vorgegeben, dass Gemeinden ab 3.000 Einwohnern selbstständig bleiben können, alles was kleiner ist, soll sich in Verwaltungsgemeinschaften zusammenfinden. Wir haben rund 90 derartige Verwaltungsgemeinschaften. Für Verwaltungsgemeinschaften gibt es keine Mindestgröße, sie lag mal bei 5.000 Einwohnern und ist dann aus dem Gesetz gestrichen worden. Wir haben etwa 15 Prozent der Verwaltungsgemeinschaften, die diese Einwohnergrenze schon bei Weitem unterschreiten. Von den rund 870 Gemeinden haben wir 600 Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern. Das ist natürlich eine Struktur, wo man berechtigt die Frage stellen kann, ob hier die dauernde Leistungsfähigkeit auch aus Sicht von Bürgerinnen und Bürgern gegeben ist oder ob hier nicht leistungsfähigere Strukturen herangezogen werden müssten. Nun haben sich CDU und SPD zwar im Koalitionsvertrag, der stammt aus dem Jahre 2009, verständigt, dass man das alles prüfen lässt, das will ich jetzt nicht wiederholen, das war ein Trauerspiel. Aber im Dezember 2011 hat die Koalition, haben CDU und SPD aus unserer Sicht eine vernünftige Entscheidung getroffen, sie haben nämlich im Rahmen eines Entschließungsantrags ein Leitbild für die Gemeinden vorgegeben und an diesem Leitbild sollten sich die Gemeinden auch orientieren, wenn es um freiwillige Gemeindeneugliederungen ging. Unsere Fraktion hat diesem Entschließungsantrag zugestimmt, weil wir gesagt haben, es ist ein erster richtiger Schritt. Wir haben lange darum gekämpft, dass wir das gesetzlich verankern, das ist bisher nicht gelungen. Wir konnten damals jedoch nicht

ahnen, nicht einmal ansatzweise, dass das Verfallsdatum dieses Entschließungsantrags schon bei einem Jahr lag.

(Beifall DIE LINKE)

Nach einem Jahr haben CDU und SPD wieder mal gedealt und im Rahmen dieses Deals hat die SPD diesen Entschließungsantrag aufgegeben und damit ermöglicht, dass wir heute in der Mehrzahl dieser 18 Neugliederungsfälle Fälle zu behandeln haben, die diesem Leitbild des Entschließungsantrags nicht entsprechen. Wir befürchten, dass im Ergebnis einer Reihe dieser Neugliederungsmaßnahmen weitere Verwerfungen an den Maßstäben der Raumordnung und Landesplanung erfolgen und das bedauern wir.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ihr wart schon immer gegen …)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich noch mal auf die Inhalte eingehe, will ich mich zum Verfahren äußern, weil dieses Verfahren erneut deutlich macht, wie die Mehrheit von CDU und SPD in diesem Hause mit dem Rest des Landtags und auch der Öffentlichkeit umgeht. Die abschließende Sitzung des Innenausschusses, die sogenannte zweite Lesung, die die Auswertung der Unterlagen der öffentlichen Anhörung und Auslegung zum Gegenstand hatte, fand gestern Abend 18.00 Uhr nach dem Plenum statt. Die Koalitionsvertreter hatten gar keine Unterlagen mitgebracht, weil sie dachten, die Sache ist nach 5 Minuten beendet.

(Beifall DIE LINKE)

Auch der Innenminister machte einen sehr unvorbereiteten Eindruck. Das kann natürlich auch an seiner Arroganz liegen,

(Zwischenruf Geibert, Innenminister: Unvor- bereitet bin ich nie.)

an seiner Arroganz, wie er mit der Opposition umgeht. Das wissen wir nicht.

(Unruhe CDU)

Aber vielleicht lag es auch daran, dass er darauf vertraut hat, dass die Ausschussmehrheit von CDU und SPD sowieso dafür sorgt, dass das im Schnelldurchlauf durchgewunken wird. Wir haben diese zweite Beratung ernst genommen und Sie müssen verstehen, auch für die Öffentlichkeit: Da findet eine Ausschuss-Sitzung statt, nachdem die Tagesordnung für dieses Plenum schon feststand. Das heißt, dieser Punkt hätte gar nicht auf die Tagesordnung gedurft,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das stimmt doch gar nicht, das ist doch gängige Praxis.)

ja, gar nicht gedurft, weil der Ausschuss noch gar nicht abschließend beraten hatte. Wir sollten im Schnelldurchlauf fünf Aktenordner mit Anhörungs

unterlagen nicht nur besprechen und diskutieren, sondern auch im Dialog mit der Landesregierung streitig stellen. Dafür sind diese Unterlagen da. Diese Unterlagen hatten wir eine Woche zur Verfügung. Und wir haben uns ordentlich vorbereitet mit einem Fragenkatalog und die Koalition sah sich genervt.

Dann haben wir ein Verfahren vorgeschlagen, einfach aus Effizienzgründen, dass wir gesagt haben, wir behandeln die einzelnen Fälle separat. Das ist abgelehnt worden. Dann haben wir gesagt, wir wollen differenziert abstimmen. Das ist abgelehnt worden. Aber das Stärkste war, der Ausschuss musste einen Änderungsantrag der Linken zum § 18 behandeln, das ist das, was die Berichterstatterin hier gesagt hat, was jetzt auch Bestandteil der Beschlussempfehlung ist, nämlich die Einheitsgemeinde Ilmtal-Weinstraße zu erweitern. Die Fraktion DIE LINKE hatte, warum auch immer, das können wir jetzt nicht mehr nachvollziehen - also der Antrag der Linken war eher da als der Antrag von CDU und SPD. Jetzt haben sich die Abgeordneten von CDU und SPD nicht erdreistet, einen Antrag der Linken abzulehnen, der wortgleich ihres eigenen Antrags war.

(Unruhe CDU)

Sie haben das also abgelehnt und 30 Sekunden weiter haben sie dem CDU-SPD-Antrag zugestimmt.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wo sind wir denn hier, was ist denn hier los?)

Schlimmer kann man doch nicht damit umgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das zeigt, dass es Ihnen vielleicht um viele Dinge geht, aber nicht um sachliche Auseinandersetzung und Befassung mit einem Thema.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir hatten auch die Vertagung dieser Ausschuss-Sitzung beantragt. Denn wenn man tatsächlich die Vielzahl der Einwendungen aus ganz Thüringen hätte beraten wollen, dann kann man das nicht nach einem Plenum - und wir hatten gestern zwei, wir hatten Sonderplenum und das normale Plenum - in einer Abendsitzung abarbeiten. Das ist aus unserer Sicht verantwortungslos.

(Unruhe CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hatte schon gesagt, Ende 2011 hatten CDU und SPD erkannt, dass wir ein Leitbild auch für die Freiwilligkeit brauchen, und haben Richtlinien aufgesetzt.

(Beifall DIE LINKE)