Protokoll der Sitzung vom 24.03.2010

Schwarz-Gelb verunsichert die Menschen, Sie sagen, da ist Staub aufgewirbelt worden, reden wir mal nicht so viel darüber; ich sage, wir müssen darüber reden. Verantwortungsvolle Politik sieht nämlich anders aus, die denkt darüber nach, sucht eine Lösung und fordert nicht ein Konzept ein und sperrt mal eben Geld. Das müsste Ihnen eigentlich auch klar sein, Sie sind ja hier schon lange in diesem Hohen Haus. Ich hoffe, dass Sie gelegentlich auch mal unter dieser Überschrift arbeiten.

Jetzt muss ich mich auch wundern, weil die Grundsicherungsstellen natürlich auch verunsichert wur

den durch Sie. Ich weiß, dass heute in Berlin der Ausschuss getagt hat, eine Einigung vermutlich relativ nah ist. Ja, natürlich durch Ihre Partei, die Lyrik müssen Sie ja hier beide vertreten. Sie sitzen ja hier oder stehen hier und verteidigen das, ohne das auch nur zu hinterfragen.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Mit Recht!)

Mit Recht, sagen Sie, Herr Koppe, ich finde das nicht so recht. Sie reden einerseits, wenn wir über wirtschaftspolitische Zusammenhänge reden, über Wirtschaftskrise; auf der anderen Seite haben Sie überhaupt kein Verständnis, wie es den Menschen an der Stelle geht. Ich kann das und will das auch nicht verstehen, wie Sie das hier machen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt habe ich lange darüber nachgedacht, was will denn die SPD mit dieser Aktuellen Stunde hier; will sie ein bisschen die CDU ärgern, geht es um FDPBashing. Es war mir nicht klar. Ich habe jetzt verstanden, worum es der SPD ging; es war der Werbeblock für das Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“. Wenn es uns darum geht, uns das Programm noch mal vorzustellen; danke, ich habe versucht, dem zu folgen. Es ist mir an manchen Stellen nicht ganz gelungen. Ich werde mir das Programm aber wohlwollend noch einmal anschauen und gern mit meiner Fraktion dieses Programm prüfen. Von daher war die Aktuelle Stunde vielleicht doch nicht ganz vergebens. Wenn es doch dazu kommt, dass in den beiden Fraktionen, die in Berlin auch mitregieren, mal darüber nachgedacht wird, was es heißt, wenn genau solche Sperren verhängt werden, und wie das bei den Menschen ankommt, dann wäre auch schon etwas gewonnen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt einen weiteren Redewunsch. Für die CDUFraktion der Abgeordnete Günther.

Frau Siegesmund, ich bin noch einmal nach vorne gekommen, um vielleicht doch klarzustellen, dass ich mich mit dem Thema nicht erst seit gestern beschäftige, sondern das schon seit ein paar Jahren. Wenn die Langzeitarbeitslosen Lobbyisten haben, dann bin selbstbewusst genug, um zu sagen, ich zähle dazu. Aber es muss doch noch möglich sein, dass man fragen kann als Parlamentarier beim Bund und auch im Land, wofür die Kohle ausgegeben

wird. Ich nehme jetzt mal die unsägliche Debatte, die ich auch so nicht mittrage, von Leuten - ich will jetzt keine Namen nennen, es gibt ja solche Donauwellen, die dann richtigen Sand reinblasen -, die dann wirklich die Debatte aufwirbeln.

(Zwischenruf Abg. Siegesmud, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Donauwellen?)

Nein, die kommen aus dem Westen, so rum war es. Na ja, sehen Sie, Sie haben es richtig verstanden.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Da muss man doch fragen nach der Debatte, welche neuen Konzepte gibt es denn. Genau das war der Sinn der qualifizierten Sperre, dass man sagt, legt uns neue Konzepte vor, die sagen, wie kommen wir besser zur Vermittlung von Langzeitarbeitslosen und wie können wir dem Tenor „fördern und fordern“ besser gerecht werden. Das hat nichts mit fehlendem Lobbyismus zu tun. Auch in meiner ARGE ist es so. Da gebe ich Ihnen ja recht. Wir hatten im letzten Jahr 12,8 Mio. € im Eingliederungstitel. Bei Wirksambleiben der Haushaltssperre wären wir gewesen bei 9,6 Mio. €. Das ist natürlich nicht denkbar, weil die meisten Mittel vorgebunden sind und jeglicher Spielraum wäre uns genommen gewesen. Da bin ich ja völlig bei Ihnen. Aber wenn sich das jetzt alles erübrigt hat, dann bin ich doch wohl wieder mit Ihnen zusammen, dass Sie die Aufregung wieder ein Stückchen weit runternehmen können. So habe ich es gemeint und gar nicht angriffslustig, wie Sie es verstanden haben.

Ich habe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen seitens der Abgeordneten. Hat jemand seitens der Landesregierung den Wunsch, zu sprechen? Minister Machnig, bitte.

Ja, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst einmal bin ich dem Kollegen Günther sehr dankbar, er fordert Sachlichkeit in der Debatte. Ja, das finde ich richtig. Aber, Herr Günther, Sie müssen nicht immer alles verteidigen, was Ihr Koalitionspartner in Berlin anrichtet, das gehört auch dazu.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Und Donauwellen.)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie auch nicht.)

Das tue ich auch nicht. Die Wahrheit ist: Der Antrag zur qualifizierten Sperre geht auf einen Antrag der FDP im Haushaltsausschuss zurück. Das zeigt eines: Diese Partei hat kein Gefühl für die soziale Situation in diesem Land.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Kein soziales Gewissen.)

Das muss ich einmal ganz deutlich sagen,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern das zeigt, dass Ideologie über Empirie immer siegt bei der FDP. Deswegen, glaube ich, ist eines gut, Herr Günther, wir waren uns da immer einig, auch in der Landesregierung, darauf will ich noch einmal hinweisen. Wir haben sofort, ich habe sofort in Übereinstimmung mit den Fachpolitikern sowohl der beiden Regierungsfraktionen auch erklärt, wir werden das nicht hinnehmen, weil es nicht in die Landschaft passt. Wir sind in einer Situation, in der wir mit wachsender Arbeitslosigkeit zu rechnen haben. In einer solchen Situation die Mittel für aktiven Arbeitsmarkt einzuschränken, das ist ökonomisch, arbeitsmarktpolitisch und sozial nicht akzeptabel. Deswegen, glaube ich, ist es gut, dass das passiert ist.

Lassen Sie mich zum Schluss deswegen einen Satz sagen. Aber nicht, weil hier alle glauben, ich würde mir das als Traumkonstellation zurückwünschen auf der Bundesebene. Es ist eben doch gut, Herr Günther, wenn die beiden großen Parteien an solchen Stellen zusammenarbeiten. Dabei kommt am Ende mehr heraus als bei der Koalition, die im Moment in Berlin regiert. Das ist für mich die Lehre dieses Vorgangs. Ich finde, wir sollten in Thüringen zeigen, dass unsere beiden Parteien gut zusammenarbeiten können zum Wohle des Landes. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Wenn Ihr mitspart.)

Es gibt keine weiteren Redeanmeldungen. Das bleibt auch so. Ich schließe damit auch den vierten Teil der Aktuellen Stunde und die Aktuelle Stunde insgesamt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf

Fragestunde

Die erste Frage in der Fragestunde hat Frau Abgeordnete Sedlacik, Fraktion DIE LINKE. Die Anfrage trägt die Drucksachennummer 5/523.

Ich habe ganz langsam gesprochen, um Frau Sedlacik aufzurufen. Sie ist jetzt offensichtlich nicht im Raum. Ich rufe erst einmal die nächste Frage auf, und dann würden wir Frau Sedlaciks Frage hintenansetzen.

Die nächste Frage hat Frau Abgeordnete Schubert, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/531. Sie ist auch nicht da.

Ich rufe die nächste Frage auf, die des Herrn Abgeordneten Dr. Augsten, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - den habe ich ja gesehen -, in der Drucksache 5/551. Und dann fange ich wieder von vorn an, das schon mal als Ankündigung.

Ja, vielen Dank, Frau Präsidentin.

Förderung und Auslastung Thüringer Müllverbrennungsanlagen

Im Vorfeld des Baus der in Thüringen betriebenen Anlagen zur thermischen Verwertung von Abfällen wurde u. a. von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Umweltverbänden immer wieder darauf hingewiesen, dass angesichts der Entwicklung im Müllaufkommen im Freistaat sowohl die Kapazitäten der einzelnen Anlagen als auch die Errichtung derselben an sich zu hinterfragen sind.

Nach uns vorliegenden Informationen (siehe auch Bericht des Thüringer Rechnungshofs) ist genau diese Situation eingetreten: Hohe Förderungen für die Errichtung der Anlagen und nun Müllimporte zur Auslastung derselben zum Teil aus Regionen, deren Müllverbrennungsanlagen selbst Auslastungsprobleme haben. Neben infrastruktur- und umweltbelastenden Transporten sorgt diese Situation für einen ruinösen Wettbewerb im Abfallbereich und die wirtschafts- und umweltpolitisch dringend notwendige Abfallvermeidung wird ad absurdum geführt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wo und in welchen Mengen werden in Thüringen außerhalb der drei Müllverbrennungsanlagen in Erfurt, Zella-Mehlis und Rudolstadt-Schwarza Abfälle der thermischen Verwertung zugeführt und wohin

und in welchen Mengen werden Thüringer Abfälle in Müllverbrennungsanlagen außerhalb Thüringens zugeführt?

2. In welcher Höhe und in welchem Maße (Anteil an Gesamtinvestition) haben die Anlagen in Erfurt, Zella-Mehlis und Rudolstadt-Schwarza öffentliche Fördermittel erhalten und wie hoch sind die Auslastungsgrade dieser Anlagen mit Müll aus den ausgewiesenen Einzugsgebieten?

3. Wie hoch ist der Anteil an Müllimporten der oben genannten Anlagen, aus welchen Regionen/Bundesländern kommt gegebenenfalls dieser Müll und um welche Abfallarten handelt es sich hierbei?

4. Welche Auslastungsgrade haben Anlagen in den Gebieten, aus denen Abfall nach Thüringen importiert wird?

Danke.

Es antwortet für die Landesregierung Herr Staatssekretär Richwien.

Danke schön, Frau Präsidentin. Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Augsten beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.

Eine kleine Vorbemerkung sei mir gestattet. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger setzen die ihnen obliegenden Aufgaben der Abfallwirtschaft entsprechend den geltenden bundes- und landesrechtlichen Vorgaben in Eigenverantwortung um. Im Landesabfallwirtschaftsplan Thüringen, Teilplan Siedlungsabfälle, Fortschreibung 2006 sind die Ziele des Freistaats Thüringen unter anderem mittels der Grundsätze und übergreifenden Ziele der Abfallentsorgung dargelegt. So wird im Kapital 23 Ziffer 9 ausgeführt: Die Landkreise, kreisfreien Städte und deren Zusammenschlüsse, das heißt also Abfallzweckverbände, sollen als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger Entsorgungssicherheit für die in ihrem Verantwortungsbereich anfallenden Abfälle gewährleisten. In Ziffer 11 ist außerdem dargelegt: Die öffentlich rechtlichen Entsorgungsträger sollen weiterhin - und bei Bedarf auch über das bisher bestehende Maß hinaus - zur optimalen Erfüllung ihrer Aufgaben landesweit bzw. regional auch über Landesgrenzen hinweg mit anderen öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgern sowie der privaten Entsorgungswirtschaft kooperieren und Verbundlösungen umsetzen. Der Grundsatz der entstehungsortsnahen Abfallbeseitigung gemäß Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie 75/442/EWG ist insofern auch bundesländer

übergreifend zu verstehen. Bevor ich die Fragen im Einzelnen beantworte, erlaube ich mir an dieser Stelle noch den Hinweis, dass der Begriff „Müllimport“ im Zusammenhang mit der Anfrage irreführend ist, da dieser Begriff eher staatsgrenzenüberschreitende Abfalltransporte meint.

Zu Frage1: In Thüringen werden außer in den Anlagen in Erfurt, Zella-Mehlis und Rudolstadt-Schwarza noch im Zementwerk Deuna und im Heizkraftwerk Meuselwitz Abfälle einer thermischen Verwertung zugeführt. Dabei hat das Zementwerk Deuna im Jahr 2009 ca. 41.000 t Ersatzbrennstoffe, ca. 33.000 t Altreifen und ca. 8.000 t flüssige Stoffe zur Substitution von Primärenergieträgern eingesetzt. Das Heizkraftwerk Meuselwitz hat im Jahr 2009 ca. 40.000 t Ersatzbrennstoffe eingesetzt. Von Thüringer öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern wurden 2009 Siedlungsabfälle in die thermische Restabfallentsorgungsanlage Leuna und die Abfallverwertungsanlage Zorbau zur Beseitigung verbracht. In die thermische Restabfallentsorgungsanlage Leuna wurden durch den Landkreis Gotha ca. 17.000 t und durch den Zweckverband Restabfallbehandlung Mittelthüringen, bestehend aus den Mitgliedern Landkreis Sömmerda und Ilm-Kreis, ca. 42.500 t Siedlungsabfälle angeliefert. In die Abfallverwertungsanlage Zorbau wurden durch den Zweckverband Restabfallbehandlung Ostthüringen, dem der Landkreis Altenburger Land, der Saale-Holzland-Kreis, die Stadt Jena, der Abfallwirtschaftszweckverband Ostthüringen und der Zweckverband Abfallwirtschaft Saale-Orla angehören, ca. 108.000 t Siedlungsabfälle angeliefert.