Lieber Herr Koppe, ich glaube, dass es schön ist, einen Ausschnitt zu diskutieren, aber es muss Ihnen auch klar sein, dass wir in Thüringen noch ganz andere Baustellen haben, und vielleicht ist das nur Zufall, dass wir alle kurz vor Weihnachten Kulis mit der Aufschrift „Studier Pharmazie!“ bekommen haben. Aber ich unterstelle Ihnen mal, dass es vielleicht kein Zufall ist, das können Sie ja nachher noch geraderücken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe gar nichts dagegen, dass wir darüber diskutieren, wie es um die Apothekenlandschaft in Thüringen bestellt ist. Es gibt bundesweit 21.000 Apotheken mit 150.000 Beschäftigten, die täglich 4 Mio. Patientinnen und Patienten versorgen, und sie tun das in aller Regel gut und dafür kann man auch Danke sagen. Ich finde es ebenso gut, dass die Menschen sich auf die Apotheken und die gute Ausbildung, die die Pharmazeutisch-technischen Assistenten sowie die Apothekerinnen und Apotheker haben, um den Menschen optimal zu helfen, verlassen können. Dafür kann man Danke sagen, denn die Menschen sind genau darauf angewiesen, dass sie gut beraten werden, und das sind sie in aller Regel. Deswegen ist es auch richtig, deutlich zu machen, dass, wenn wir sagen, das Patientinnen- und Patientenwohl steht im Mittelpunkt, die Apotheken einen sehr, sehr wichtigen Beitrag leisten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind uns, glaube ich, alle darin einig, dass Heilberufe, und dazu gehören auch die Apothekerinnen und Apotheker, einen wichtigen Beitrag zur Qualität des Gesundheitswesens leisten. Ich warne aber ausdrücklich davor, dass man sich von so einer Panikmache, wie Sie sie hier mit dem Antrag suggerieren, wirklich anstecken lässt. Ich will gar nicht bestreiten, dass es ländliche Apotheken gibt, die es inzwischen schwer haben, sich über Wasser zu halten, das ist gar nicht der Punkt, aber - und das haben meine Vorredner Herr Kubitzki und auch Herr Hartung angedeutet - es ist eben so, dass es auch noch andere Herausforderungen im ländlichen Raum gibt. Da, wo sich Ärzte und Ärztinnen niederlassen, gibt es in der Regel auch Apotheken. Also müssten wir über die Frage Ärztemangel faktisch, theoretisch und praktisch reden, dann schließt sich die Frage der Apotheken an. Ich finde, losgelöst von der Frage demografischer Wandel, losgelöst von der Frage, welche Regionen sind besonders
unterstützenswert, diesen Antrag zu diskutieren, ist einfach nur populistisch, und ich glaube, das führt auch nicht weit. Denn wenn Sie wissen, was auch der ehemalige Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr zur Situation der Apotheken sagte, dann wäre Ihr Antrag gar nicht zustande gekommen. Nicht nur sagte er, dass es in dem Bereich nicht diese Mangelerscheinung gibt, die Sie hier suggerieren, sondern er sagte auch 2012: „Ich halte die Vergütung für Apothekerinnen und Apotheker im Durchschnitt für auskömmlich und den Beruf damit für sehr attraktiv.“
Also mit anderen Worten, es gibt genug Probleme, die wir zu lösen haben im ländlichen Raum, aber an der Stelle zu sagen, in diesem Berufsfeld braucht es eine besondere politische Unterstützung und man lässt die anderen Berufsfelder - ich nehme insbesondere das Berufsfeld der Pflege - außen vor, halte ich einfach für zu kurz gegriffen. Herr Koppe, das ist der zentrale Kritikpunkt, den wir an diesem Antrag haben.
Hinzu kommt, dass Landapotheken gegen viele Behauptungen meist wirtschaftlich stabil sind. Finanzielle Wackelkandidaten sind eher Apotheken mit Filialapotheken. Das sagen übrigens nicht die Grünen, sondern der Bundesverband der Apotheker. Die werden laut diesem Bundesverband öfter aufgekauft, um sich vor Konkurrenz zu schützen, und dann hat man das Problem, was Sie gerne auch mit „freiem Markt“ bezeichnen. Diese Differenzierung fehlt Ihrem Antrag völlig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für den Apothekenmarkt gilt vor allem eine einfache Rechnung: Apotheken siedeln sich dort an, wo Ärzte und Ärztinnen sind, und da, wo wir uns um das Problem des Ärztemangels, der MVZs und im Übrigen, um den Link zu bekommen zur Debatte zum Krankenhausgesetz, um eine gute strukturelle Verzahnung sektorenübergreifend von Krankenhaus, von MVZs, von Angeboten, die die Gesundheit in den Mittelpunkt stellen, kümmern, müssen wir uns auch keine Sorgen um die Apotheken machen. Diesen Zusammenhang, den lässt Ihr Antrag leider völlig vermissen.
Zwei Punkte, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir auch noch zusätzlich vermisst, die möchte ich noch in den Mittelpunkt stellen. Wir sind für eine stärkere Einbindung der Apothekerschaft und das ist das Zentrale, was diejenigen, die ihre Ausbildung genossen haben, auf den Punkt komme ich auch gleich noch, besonders gut können, sie sind eben die Fachleute für Beratung und diese
Rolle sollen sie auch noch stärker wahrnehmen können, um die Beratung noch weiter in Apotheken auszubauen, auch stärker in die Arzneimitteltherapie gehen zu können. Das ist ein guter Punkt, der im Übrigen gerade auch in ländlichen Regionen, wenn es darum geht, die Tatsache aufzufangen, dass der Arzt nicht gleich erreichbar ist, sondern man sich auch auf die Apotheke verlassen können muss, helfen kann, weil es am Ende auch darum geht, fehlerhafte Medikamentenanwendungen zu vermeiden.
Gerade angesichts der multimorbiden Problemlagen von älteren Menschen, denen wir entgegenkommen, ich hatte die Zahl auch in der Debatte zum Krankenhausgesetz erwähnt, multimorbide Problemlagen für die Menschen ziehen natürlich auch Multimedikation nach sich. Das heißt, wenn man verschiedene Krankheiten hat, braucht man natürlich auch verschiedene Medikamente, die im Zweifel auch reagieren. Da braucht es eine gute Beratung.
Das Zweite, was uns wichtig ist, ist eine integrierte Versorgung. Das heißt, das ist der Wunsch vieler Apothekerinnen und Apotheker und darüber sollten wir doch einmal diskutieren, auch im Sinne einer sektorenübergreifenden Aufstellung der Situation der Gesundheit in Thüringen. Es ist der Wunsch vieler Apothekerinnen und Apotheker, sich stärker am Gesundheitswesen zu beteiligen. Auch das sagt der Bundesverband und dazu braucht es eben auch eine enge Kooperation mit den Ärztinnen und Ärzten vor Ort und dieser Prozess muss moderiert werden. Das ist, finde ich, eine Aufgabe, der man sich stellen kann. Ich will zitieren aus dem Bericht des Sachverständigenrats aus dem Jahr 2009, wo es um die Situation gerade der Apothekerinnen und Apotheker geht. Ich glaube, dass diese zwei Sätze ganz gut die Situation zusammenfassen, mit der Erlaubnis des Präsidenten. Dort heißt es: „Es ändert sich die Rolle der Apotheken von einer derzeit eher passiven Institution für die Arzneimitteldistribution zu einer Institution, die gemeinsam mit den Ärzten und den Angehörigen nicht ärztlicher Gesundheitsberufe im Rahmen veränderter Organisations- und Finanzierungsstrukturen aktiv die richtige Auswahl, die richtige Anwendung und die Vermittlung industrieunabhängiger und auf den Ergebnissen der evidenzbasierten Medizin beruhenden Informationen sowie in das Monitoring der Arzneimitteltherapie eingebunden ist. Der Berufsstand ist im Wandel, aber der Berufsstand, ist unser Eindruck, ist auch bereit dazu, diesen Wandel mit zu diskutieren.“
Jetzt komme ich noch zu dem Punkt, den Herr Kubitzki eingebracht hat, und da möchte ich in der Tat Herrn Hartung beipflichten. Die Frage der Zahl der Pharmaziestudentinnen und -studenten kann man
trefflich diskutieren, die kann man auch hier im Parlament diskutieren, aber zum einen ist Hochschulautonomie ein hohes Gut und zum Zweiten, finde ich, sollten wir uns nicht auf die Debatte einlassen, zu sagen, nur diejenigen, die aus dem betreffenden Bundesland stammen, dürfen an den im Bundesland existierenden Hochschulen studieren.
Ich glaube, wir dürfen so eine Debatte gar nicht erst anfangen, weil die Konsequenz daraus wäre, und das können wir alle nicht wollen, dass irgendwann die Baden-Württemberger Universitäten sagen: Und im Übrigen, wir bevorzugen nur noch Landeskinder. Das möchten wir ausdrücklich nicht.
Nichtsdestotrotz spricht überhaupt nichts dagegen, darüber zu diskutieren, was denn Thüringen dafür tun kann, dass diejenigen, woher auch immer sie kommen, die hier Pharmazie studieren, auch in Thüringen bleiben. Da braucht es vor allen Dingen eines, ein lebenswertes Umfeld, auch Familienfreundlichkeit, Perspektiven, eine gute Entlohnung und - ich sagte es schon - den Arzt, die Ärztin, die dafür sorgen, dass es am Ende auch wirtschaftlich ist. Ich glaube, das ist die Herausforderung. Darum muss es uns gehen und die anderen Ideen, die sollte man, glaube ich, schnell wieder in die Schublade stecken. Nichtsdestotrotz, wir sind für Überweisung des Antrags, sind bereit zu diskutieren, inhaltlich lehnen wir die Punkte der FDP aber ab. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Fraktionsvorsitzende Siegesmund, Sie haben zu vielem jetzt geredet, nur nicht zu dem Antrag der FDP. Das, was Sie erzählt haben, steht da alles nicht drin. Respekt, aber das war nicht das Thema.
Schönen Dank, Herr Staatssekretär, für den Bericht. Im Grunde geht es analog zur Diskussion über den Ärztemangel hier um eigentlich die gleichen Sorgen. Wie reagieren wir darauf, dass künftig zahlreiche Apotheker aus Altersgründen ausscheiden und nicht genügend junge ausgebildete Apotheker zur Verfügung stehen? Das ist aber im Übrigen nicht allein ein Thüringer Problem, sondern ein bundesdeutsches. Die Thüringer Apotheker bemühen sich, das wissen Sie, seit geraumer Zeit, das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen. Schon 2011, 2010 waren Sie an einem von der CDU-Frak
tion initiierten runden Tisch „Ärztliche Versorgung in Thüringen“ beteiligt. Im einvernehmlich verfassten Ergebnisbericht wurde vermerkt, die Ausbildungsquote von Apothekern sollte analog der Quote der Mediziner um 10 Prozent erhöht werden, um die mittelfristigen Rückgänge der Pharmazieingenieure kompensieren zu können. Das Thema haben die Thüringer Apotheker im vergangenen Jahr erneut vorgetragen, weil das Anliegen nach wie vor ungelöst ist. Wir unterstützen das Anliegen, denn sie weisen frühzeitig auf einen zu erwartenden Apothekermangel hin. Grundsätzlich kann man feststellen, dass die Arzneimittelversorgung im ganzen Lande gesichert ist. Es gibt keinen Bereich in Thüringen, der unterversorgt ist.
In Thüringen sind 1.161 Apotheker tätig, 465 Apotheker besitzen eine Betriebserlaubnis für den Betrieb einer öffentlichen Apotheke. In Thüringen gibt es 573 Apotheken, jedoch bereits jetzt sind 69 Apotheker älter als 65 Jahre. Im Jahre 2020 werden es 168 sein. Nach einem Gespräch mit der Thüringer Apothekerkammer in unserem Arbeitskreis im vergangenen März hat sich mein Kollege Gumprecht an den Kultusminister gewandt. Dieser hat mit Schreiben vom 26. März darauf geantwortet. Dies führte zu einem erneuten Kontakt mit den Apothekern, die uns im April umfangreiches und aussagefähiges Informationsmaterial zugesandt haben, was dem Kultusministerium zur Verfügung gestellt wurde. Darauf haben wir erneut an den Kultusminister geschrieben, der am 26. September darauf antwortete; er schreibt, dass nach übereinstimmender Einschätzung mit dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit eine Ausweitung der Ausbildungskapazitäten im Studiengang Pharmazie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena derzeit nicht angezeigt ist.
Nun zum Antrag der FDP: Herr Koppe war auch wie Vertreter unserer Fraktion am 7. Oktober beim Tag der Pharmazie in Jena, bei dem viele Schüler aus ganz Thüringen zu Gast waren. Dort wurde das Anliegen erneut vorgetragen. Herr Koppe hat dies nun im Landtag zur Beratung vorgelegt. Dem Anliegen können wir uns im Grundsatz anschließen. Der Antrag selbst ist jedoch nicht notwendig. Es ist grundsätzlich so, dass uns bereits die Thüringer Verfassung zur Gewährleistung einer flächendeckenden Daseinsvorsorge der medizinischen Versorgung verpflichtet. Dazu gehört auch die Arzneimittelversorgung. Die Feststellung in Punkt II ist Aufgabe des Bundes, auf den sie bis vor wenigen Wochen noch direkten Einfluss hatten. Sie werden sich daran erinnern.
Ich möchte aber auch noch auf weitere Instrumente der Arzneimittelversorgung hinweisen. Das sind die Filialapotheken, Zweigapotheken, Notapotheken, Rezeptsammelstellen. Zum Anstrich drei kann ich feststellen, dass die Prüfung bereits läuft und dass dies auf unseren Hinweis ein Thema der Gespräche mit dem Freistaat Sachsen ist.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Primas. Das Wort hat jetzt noch einmal Herr Abgeordneter Dr. Hartung.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kubitzki, das hat mich jetzt noch mal vorgetrieben. Ja, ich bekenne mich ausdrücklich dazu, dass wir Menschen mit einer einschlägigen Berufserfahrung einen erleichterten Zugang zum Studium geben wollen. Ja, die Hochschulen haben auch eine gewisse Freiheit darin, wie sie ihre Studienplätze vergeben. Aber nein, wir werden keinesfalls in irgendeiner Weise einer Landeskinderregelung Vorschub leisten, denn nach unserer Auffassung ist die Frage, ob jemand studieren soll oder nicht, nicht danach zu beantworten, wo er geboren ist, sondern welche Qualifikation er hat. Das ist für die Sozialdemokraten und das sollte eigentlich auch für alle anderen das Maß der Dinge sein, dass wir die Qualifiziertesten zu einer Ausbildung holen und nicht die, die in einem bestimmten geografischen Sektor geboren sind, der dann vielleicht auch noch zufällig festgelegt ist. Ich möchte an dieser Stelle betonen, wir haben uns vor etwa zwei Jahren, als Frau Feldmann gerade auf dem Absprung war, vehement dagegen gewehrt - der Staatssekretär wird sich daran erinnern, er saß mit am Tisch -, dass wir eine Regelung einführen, die die FSU Jena dazu auffordert, bevorzugt Kinder von Thüringer Ärzten zum Studium zuzulassen, weil die mutmaßlich in Thüringen bleiben und die Praxis ihrer Eltern übernehmen. Das wollen wir nicht. Wir wollen eben nicht, dass hier irgendwelche Bevorzugungen aufgrund der Eltern, Großeltern, sonst wer eingeführt werden. Wir wollen tatsächlich, dass nach Qualifikation entschieden wird. Dann sollen sich die Bundesländer doch in einen Wettbewerb begeben, wo die Studenten bleiben. Wenn die Studenten in Thüringen studieren, haben wir doch schon einen gewissen Vorteil, denn die jungen Leute haben die Chance, dieses Land kennenzulernen, und dann sollten wir uns darum bemühen, dass sie hier auch bleiben und
Lücken hier schließen, anstatt zu sagen, wir sperren die Universität für Auswärtige weitgehend und holen uns die Leute her und dann möchten sie bitte auch hier bleiben und das sollen sie vielleicht auch noch unterschreiben. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Jetzt will ich am Anfang mal den Teil von großen Teilen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN übernehmen, die uns des Öfteren mal Noten verteilen oder im gesamten Plenum Noten verteilen, denn das hat mich so erschüttert. Am Anfang habe ich gedacht, das ist böser Wille. Zum Schluss bin ich mir ganz sicher, dass es einfach nur Unwissenheit war.
Frau Siegesmund, man kann ja unterschiedlicher politischer Meinung sein. Aber ich will mich an der Stelle ganz ausdrücklich bei drei Rednern bedanken, die zumindest unterschiedlich pointiert und dann vielleicht unterschiedlich auch strukturiert zumindest zu Teilen des Antrags gesprochen haben. Aber was Sie hier vorne abgeliefert haben, das war nicht nur schlimm, das war erbärmlich. Ich hoffe nur, dass alle die, die das betrifft, und nicht nur die Apotheker, sondern die, die auch mit ihren Rezepten und ihrem medizinischen Bedarf dort hingehen, um dort geholfen zu bekommen, dass die diese Rede bekommen, dass sie die gehört haben. Denn wenn nicht, muss man wirklich ernsthaft darüber nachdenken, ob wir das gesamte Geld an Porto zusammennehmen und das in Thüringen verteilen. Das war so was von schlimm.
Also ich bin bestimmt nicht bekannt dafür, dass ich mich über so was richtig aufrege, aber so was geht überhaupt nicht.