Protokoll der Sitzung vom 20.03.2014

gesteckt, muss ich sagen; auch da gibt es Gedanken, wie so etwas passieren kann. Wir brauchen diesen sozialen Arbeitsmarkt und die öffentlich geförderte Beschäftigung weiter, um diese Menschen auch am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen.

Zum Schluss kann ich feststellen, die Landesregierung und diese Koalition, was hier dargelegt wurde, dass es zu all den Fragen, die hier in dem Antrag gestellt wurden, Initiativen gibt. Ich muss auch dazu sagen, ich glaube, kein anderes Land in dieser Bundesrepublik hat so zielgerichtet und so viel im Bereich Arbeitsmarktpolitik getan, wie das in Thüringen geschieht. Ich habe das bereits erläutert, nämlich dass wir unten präventiv anfangen, bis hin zur aktiven Arbeitsmarktpolitik. Und die Zahlen, wenn Sie sie haben wollen, ich gebe sie Ihnen gern, beweisen, dass dieser Weg der richtige ist und dass das ein Erfolg dieser Landesregierung und der Koalition ist. Deshalb werden wir den Antrag ablehnen, weil zum großen Teil erledigt. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Abgeordneter. Für die FDP-Fraktion hat jetzt Abgeordneter Kemmerich das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne! Trotz der letzten Schlagzeilen „Frühling auf dem Arbeitsmarkt“ und „Quote unter 7 Prozent ist möglich“ fehlen in Thüringen, aber auch in ganz Deutschland Fachkräfte. Gleichzeitig konstatieren wir, dass viele Langzeitarbeitslose oftmals nicht nur außerhalb des Arbeitsmarktes, sondern auch außerhalb der Gesellschaft stehen. Jetzt sind wir uns doch einig bei der Analyse, aber bei den Ursachen und erst recht bei den Möglichkeiten der Lösung gibt es natürlich große Differenzen. Zunächst schließe ich mich den Worten meines Vorredners, Rolf Baumann, an: Frau Siegesmund, Sie sind da mit völlig untauglichen Ideen unterwegs.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dass die FDP das sagt, ehrt mich.)

Mal abgesehen davon, dass es Ihnen auch nicht gelingt, auf eine konkrete Frage überhaupt eine konkrete Antwort zu geben.

(Beifall FDP)

In Deutschland - und das bescheinigen uns auch die OECD und viele Außenstehende und man merkt es auch, dass viele Länder genau diese Wege vermeiden, um Erfolge auf ihren Arbeitsmärkten zu erzielen -, der deutsche Arbeitsmarkt ist nach

(Abg. Baumann)

wie vor überreguliert, überreguliert vor allen Dingen insofern, dass durch die Regulierungswut, die wir an den Tag legen und die ja durch Frau Nahles zu weiteren Höhepunkten betrieben werden wird, dass Arbeitsplätze erst gar nicht geschaffen werden, insbesondere, dass Arbeitsplätze nicht für die geschaffen werden, die eben lange darauf gewartet haben, die gering qualifiziert sind, die längere Zeit eben aus den Arbeitsmärkten fern blieben.

Unternehmen verfallen mehr darauf, das ist an anderen Stellen sehr positiv, Arbeitskräfte länger zu binden, Überstunden anzubieten, also sich der Kräfte zu bedienen, die sie längst in Arbeit haben, vermeiden damit Neuanstellungen, weil diese Folgen langfristig von den Unternehmen gemieden werden. Die schwarz-gelbe Regierung in den letzten vier Jahren hat, neben, natürlich die erste Leistung gebührt den Unternehmen, den Unternehmen, die viele eingestellt haben, hat aber trotzdem für die Regulierung auf dem Arbeitsmarkt und insofern für Rekorde in punkto Beschäftigung gesorgt, sei es sowohl bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen, eine solche Zahl ist seit der Wiedervereinigung nicht erreicht worden, als auch bei der Gesamtbeschäftigtenzahl, auch das sind Rekordwerte.

Auch ist aus den Statistiken klar herauszulesen, im Gegensatz zu dem, was Frau Leukefeld vorgetragen hat, dass die neu geschaffenen Arbeitsverhältnisse fast ausnahmslos sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse sind und auch in Vollzeit entstanden sind. Nicht umsonst brummt die Wirtschaft. Wir haben auch viele Menschen aus dem europäischen Ausland in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren können. Also rundherum erst einmal eine Statistik, die einen sehr zufriedenstellen sollte. Auch, das sei mir erlaubt, da noch einmal zur Ehrenrettung, die Zeitarbeitsbranche hat ihren guten und akzeptablen Anteil an diesem Aufschwung gehabt, da nützt keine Verteufelung, ganz im Gegenteil.

(Beifall FDP)

Auch hier noch einmal an die Schaffer dieses Instrumentes, das war Kanzler Schröder und sein Minister Clement, ausdrückliche Hochachtung. Es hat auch die Brücke geschlagen in die Arbeitsmärkte.

Zum Freistaat Thüringen: Ich habe eben schon gesagt, dass Unternehmen sich zusehends der Leute bedienen, die sie längst kennen, die bei ihnen groß geworden sind, die sie ausgebildet haben. Thüringen ist Spitzenreiter in der Beschäftigung der Generation 50plus. Nirgendwo in Deutschland wird das Wissen, die Erfahrung älterer Menschen derart gut eingebaut, wie von den Thüringer Unternehmen, wie im Thüringer Arbeitsmarkt, auch dafür den Unternehmen, aber auch den engagierten Menschen in fortgeschrittenem Alter herzlichen Dank, dass sie weiter hier mitarbeiten, sich einbrin

gen. Meine Damen und Herren, das ist das beste Argument gegen Rentenpläne mit 63, irgendwelchen Frühverrentungsansätzen. Wir brauchen die Erfahrung, das Wissen, das Know-how auch älterer Mitarbeiter und deshalb sind Pläne, die Leute mit 63 aus dem Arbeitsmarkt fortzuschicken, wie Frau Nahles sie vorgelegt hat, sinnfrei und werden uns nicht weiterbringen, erst recht nicht bei der Bewältigung unserer Fachkräftesituation, erst recht nicht auch im Sinne derjenigen Arbeitnehmer, die länger am Erwerbsleben teilnehmen wollen.

(Beifall FDP)

Zurück zur Langzeitarbeitslosigkeit: Natürlich ist das ein großes Problem und dieses Problem muss mutig angegangen werden, muss bekämpft werden, aber eben nicht verwaltet werden. Viele Ansätze, die in dem Antrag der Linken hier aufgezählt werden, werden dieses eben nicht bekämpfen, sondern eher verwalten, statuieren. Es zählt der erste Arbeitsmarkt. Die Menschen müssen in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden und das mit der Leistung, die sie leisten können. Wir erleben gerade die Vorlage von Frau Nahles, ich weiß nicht, ob das jedem schon bekannt ist, das Gesetz heißt in dem Entwurf Tarifautonomiestärkungsgesetz.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sehr gut! Ein schöner Name.)

Ja, klingt wohlfeil. Aber für mich ist es ein Tarifaushöhlungsgesetz, denn insbesondere, was wir gelernt haben, seit über 60 Jahren, was die Tarifautonomie ausmacht, nämlich das Wirken der Koalitionspartner im Arbeitsmarkt, in einer sehr sachgerechten, regional und branchenspezifischen Lösung, wird hier konterkariert, insbesondere durch die Einführung eines einheitlichen flächendeckenden Mindestlohns.

(Beifall FDP)

Wenn wir uns da einen Aspekt herausgreifen, wird es besonders interessant, Frau Nahles meint, okay, ich will eine Ausnahme machen für Langzeitarbeitslose, die Definition wird sie vielleicht von dem übernehmen, was wir heute von der BA wissen; die Langzeitarbeitslosen werden ein halbes Jahr lang ausgenommen von den Regelungen des gesetzlichen, einheitlichen, flächendeckenden Mindestlohns. Ein halbes Jahr soll man dann diese Menschen für unter 8,50 € beschäftigen können. Ja, meine Damen und Herren, was denken Sie denn, was passiert? Nach einem halben Jahr wird der Unternehmer feststellen müssen, kann er, kann sie für 8,50 € entsprechend in meinem Unternehmen wertschöpfend tätig sein oder kann er es nicht. Wenn die Entscheidung negativ ausfallen sollte, wird der/ die Langzeitarbeitslose ihren Job auch wieder verlieren. Damit kommen wir zum Kernproblem: Wie können wir Langzeitarbeitslosigkeit wirklich bekämpfen? Wir müssen investieren in die Bildung, in

die Qualifikation, in die Fortbildung dieser Menschen und sie nicht mit falschen Versprechen, mit falschen Erwartungen in die Arbeitsmärkte treiben, wo sie keinen Halt finden, wo sie eben nicht gebraucht werden können, weil der Ansatz ein falscher ist.

(Beifall FDP)

Und wir kommen zurück zum ganzen Thema - Frau Hitzing ist nicht müde geworden und wird nicht müde werden, über das Thema Bildung zu sprechen -, wie wir junge Menschen auf den Arbeitsmarkt vorbereiten, wie wir Auszubildende in den Arbeitsmarkt integrieren wollen und wie wir für Qualifikation und Fortbildung auch der jungen Menschen, der heranwachsenden Menschen, aber auch ein Leben lang werben wollen. Denn nichts sagt Entgelt aus über die Produktivität des einzelnen Mitarbeiters. Und insofern sind die Modelle, die seit Jahren da gefahren worden sind, sehr sinnvoll. Nochmals, Herr Höhn, wir hatten ja den kleinen Disput, 47.000 Aufstocker in Thüringen, 740.000 Aufstocker in Deutschland, aber wir haben auch gelernt, dass Vollzeit-SingleAufstocker eine Zahl unterhalb von 30.000 sind. Sicherlich ist da jeder auch noch zu viel, aber eine Zahl von unterhalb von 30.000, was 0,1 Prozent der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland sind, taugt nicht als Problemlösung für das Problem: Jeder muss davon leben können, was er denn an einem Tageswerk verrichtet. Denn das führt in die Irre. Die meisten Aufstocker sind - aus welchen Gründen auch immer Teilzeitbeschäftigte. Und die meisten Aufstocker sind aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse gezwungen, staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Wir versuchen hier, Betriebswirtschaft und Sozialpolitik zu mixen. Heraus kommt der drohende Verlust durch die Mindestlohndebatte von 800.000 bis 1,2 Mio. Arbeitsverhältnissen. Da möchte ich mal sehen, wem man dann einen Gefallen getan hat.

Bei einem, da kommen wir zusammen, ich denke, das Modell der Bürgerarbeit war ein sehr Gutes. Und das habe ich auch an anderen Stellen hier im Parlament schon gesagt, dessen Auslaufen bedauern wir. Ich denke, das ist eine vernünftige Brücke. Natürlich darf sie keine Konkurrenz zum ersten Arbeitsmarkt werden, aber über Bürgerarbeit, denke ich, ist ein gutes Modell zu finden oder gefunden worden, Leute, die längere Zeit außerhalb des Arbeitsmarktes gestanden haben, wieder an tägliche Arbeit heranzuführen. Das zeigen auch andere Länder, insbesondere ist Holland als Beispiel zu nennen oder Dänemark, die mit diesem Modell sehr erfolgreich arbeiten und sehr erfolgreich insofern arbeiten, dass Langzeitarbeitslosigkeit dadurch abzubauen ist.

Nochmals: Integration in die Arbeitsmärkte geschieht über Qualifikation und Bildung, geschieht

über Maßnahmen, die Leute wieder in Gelegenheit von Arbeit hinein zu bringen. Angstschürende Ausrufe von Rot-Rot-Grün werden uns da nicht helfen, sondern nur das, was diesen Menschen hilft, auf dem - wie gesagt - in meinen Augen durchaus überregulierten Arbeitsmarkt Platz zu greifen.

(Beifall FDP)

Die deutsche Wirtschaft ist in einer glänzenden Verfassung, die Thüringer Wirtschaft ist in einer glänzenden Verfassung. Das haben auch die Studien der IHK in den letzten Wochen gezeigt. Die Leute wollen Leute neu einstellen. Die Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte. Es liegt jetzt an uns, politische Rahmenbedingungen für diejenigen zu setzen, die es seit längerer Zeit nicht geschafft haben, Fuß in den Arbeitsmärkten zu fassen. Diese Leute mit Qualifikation, mit Motivation, mit vielerlei auszustatten, um mitzuwirken, mitzuarbeiten und Modelle, die Frau Nahles jetzt fährt, hier jetzt flächendeckend einheitlich auch über Thüringen einen Mindestlohn zu fahren, wird diesen Leuten die Türen in den Arbeitsmarkt nicht öffnen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Holzapfel von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Siegesmund, Ihnen ist etwas gelungen, was ganz selten mit mir passiert. Sie haben mich für Sekunden sprachlos gemacht.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Kein Lob.)

Sprachlos haben Sie mich gemacht mit Ihrem Einwand, dass unser Antrag darin wurzelt, billige Arbeitskräfte in die Katastrophengebiete zu schicken. Dagegen verwahre ich mich auf das Äußerste.

(Beifall CDU)

Dagegen verwahrt sich natürlich auch die CDUFraktion. Das musste vorher noch einmal sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit. Herr Präsident, ich bitte,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Volker Kauder hat das gesagt.)

- nein, es sagt jemand anderes. Ich bitte um Ihre freundliche Genehmigung und zitiere einen Satz des Sozialdemokraten Kurt Schumacher: „Die Wirklichkeit zu betrachten, bedeutet, sich der Mühe zu unterziehen, die Dinge in ihren Einzelheiten zu bewerten, vom Kleinen zum Großen zu denken und die unterschiedlichen Perspektiven zu einem Gesamtbild zusammenzuführen.“ Das gehört dazu.

(Abg. Kemmerich)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Von wem war das noch mal?)

Kurt Schumacher.

(Zwischenruf Höhn, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: Kennen Sie nicht, oder was?)

Doch, doch, den kennen Sie alle.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ich wollte es nur noch einmal hören.)

Wirklichkeit ist, dass die Arbeitslosenquote im Januar 2014 in der Bundesrepublik 7,3 Prozent beträgt. Es tut mir leid, dass hier alle noch einmal mit den Zahlen aufwarten müssen, denn dieser Redebeitrag oder alles, was wir hier heute zu Protokoll geben, stammt aus dem Dezember. Wenn ich mich recht erinnere, war dieser Punkt im Dezember, im Januar und im Februar schon auf der Agenda und jetzt müssen sich alle noch einmal die Zahlen anhören. Sie hat also damit zum zweiten Mal in Folge den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 erreicht. Im europäischen Vergleich nehmen wir damit hinter Österreich den zweiten Platz ein. Wirklichkeit ist auch, meine Damen und Herren, dass unser Land mit aktuell 8,6 Prozent im Vergleich zu allen anderen - ich sage jetzt - ostdeutschen Ländern, die im Durchschnitt eine Arbeitslosenquote von 11 Prozent ausweisen, mit Abstand den ersten Platz einnimmt. Damit liegt Thüringen auf dem Niveau von Nordrhein-Westfalen und in der Jugendarbeitslosigkeit sogar deutlich davor. Im Vergleich zu allen 16 Bundesländern befinden wir uns zu Beginn des Jahres 2014 wieder in einem starken Mittelfeld und damit im 25. Jahr nach dem Mauerfall auf Augenhöhe mit unseren westlichen wie auch unseren östlichen Nachbarn in der Bundesrepublik. Schauen wir in die aktuelle Berichterstattung der von uns so sehr geschätzten Medien, so nehmen wir zur Kenntnis, dass sich Thüringen zu einer Jobmaschine entwickelt hat. Hierbei freut es mich besonders, dass ich bei der Jugendarbeitslosigkeit auf eine im Bundes- und besonders auch im internationalen Vergleich absolut niedrige Quote von ca. 6 Prozent verweisen kann.

(Beifall CDU)

Niemand von Ihnen, meine Damen und Herren, wird ernsthaft bestreiten wollen, dass dabei auch unser Bildungssystem eine wichtige Rolle spielt. In diesem Bereich liegen wir in Thüringen nun schon seit Jahren in der Spitzengruppe. Für das Jahr 2014 werden nach einer Quelle des Wirtschaftsministeriums ca. 2.000 Stellen neu erwartet. Aber auch die Fachwelt ist sich einig, IWF und Deutsche Bank sowie die Wirtschaftsverbände und der Rat der Wirtschaftsweisen geben eine positive Prognose für die Jahre 2014 und 2015 ab. Weiterhin hören wir von der Bundesagentur für Arbeit, dass sich die seit 1990 aufgebaute hohe Sockelar

beitslosigkeit erfolgreich abbaut und bereits 2013 wieder den Stand von 2008 erreichte. Auch diesen Weg werden wir 2014 fortsetzen.