Die Straße heißt Jürgen-Fuchs-Straße. Den Namen haben wir eingebracht, dass dieser Name heute dort dransteht, Herr Ramelow.
(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ihr solltet Euch schämen, weil Ihr gleich die Bannmeile dazu beschlossen habt.)
Herr Ramelow, was Sie so alles wissen, was Jürgen Fuchs gemacht hat oder nicht, es ist schon vewunderlich, aber es möge Ihnen gegönnt sein, lesen Sie es nach. Wir haben jedenfalls die Straße so benannt und wir haben das eingebracht und das hat er auch verdient.
Meine Damen und Herren, ich will noch mal darauf verweisen, wir haben den Wunsch unseres Koalitionspartners ernst genommen. Wir haben noch mal abgewogen, was hier alles ist. Wir hatten insbesondere die Befürchtung, dass dann einige Dinge auf dem Rücken der Polizei ausgetragen werden, weil dann keine Bewegungsfreiheit mehr ist. Wir gehen davon aus, dass das ordentlich zu händeln ist. Wir möchten auch noch mal darauf verweisen, dass die Direktorin des Landtags Frau Dr. Eberbach-Born hier auch noch Bedenken aus Sicht der Verwaltung vorgetragen hat. Aber wir haben uns am Ende darüber hinweggesetzt und entschieden, dass wir dem Gesetzentwurf zur Abschaffung des befriedeten Raums der SPD-Fraktion unsere Zustimmung geben, weil wir denken, dass auch mit anderen Mitteln das Ganze gehalten werden kann.
Ich erinnere abschließend daran, dass auch meine Kollegen der SPD - sie waren ja auch mal in der Regierung und haben unsere Meinung geteilt, wir sind alle wandlungsfähig und wir können auch neue Dinge gemeinsam hier beschließen. Wir empfehlen die Abschaffung des befriedeten Raums. Wir haben noch
nie vor Demonstranten Angst gehabt, die hier waren. Wir sind auch immer mit denen ins Gespräch gekommen. Wir kommen heute und morgen mit ihnen ins Gespräch und vorgestern waren wir auch im Gespräch. Ich bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf der SPD.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Fiedler. Als Nächster spricht der Abgeordnete Gentzel für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch nach - meiner Auffassung - einer guten Debatte in der ersten Lesung, in der wir uns im Wesentlichen über unsere Grundsätze ausgetauscht haben, möchte ich diese grundsätzliche Debatte heute nicht wiederholen. Ich will auch die verfassungsrechtliche Debatte nicht wiederholen, man kann auch sagen, nach der Ausschuss-Sitzung steht es da 1 : 1. Ich glaube, wir treffen heute keine verfassungsrechtliche Entscheidung, sondern wir treffen eine politische Entscheidung.
Ob das dann ein guter Tag ist, werde ich nach der Abstimmung sagen. Ich wünsche mir diesen guten Tag, Herr Blechschmidt, aber nach wie vor ist - die Unsicherheit im Rahmen der Demokratie ist nichts Schlechtes - alles möglich. Ich will aber denen beipflichten, die von einer guten und ausgewogenen Debatte im Innenausschuss gesprochen haben.
Was gibt es denn nicht immer für eine Gerüchtelage, was angeblich in diesem Hause nicht möglich ist. Ich will das ausdrücklich so sagen: Dass wir in der mündlichen Anhörung Befürworter und Skeptiker befragt haben, hat uns, was auch die Skeptiker betrifft, ein Stückchen nach vorn gebracht. Es hat uns ganz klar gezeigt, der Beschluss, den wir heute anstreben, ist das eine, aber die Debatte um die Umsetzung steht noch vor der Tür und da ist die eine oder andere Klippe zu umschiffen.
Ich will die ganze Liste der Anzuhörenden nicht noch mal wiederholen. Ich möchte aber heute hier gerne noch einmal die für mich wesentlichen Argumente vortragen, die dazu geführt haben, dass der Innenausschuss in so großer Mehrheit sich für die Verabschiedung des Gesetzentwurfs der SPD entschieden hat.
Prof. Dr. Linck, vielen bekannt als ehemaliger Direktor des Thüringer Landtags - und auch das gehört nach meiner Meinung zu der Erklärung, was im Ausschuss passiert ist -, hat zunächst viel Verständnis geäußert für die damalige Entscheidung des Thüringer Landtags für die Bannmeile. Er hat noch mal darauf aufmerksam gemacht, dass die Abgeordneten im Jahr 1990 kaum Erfahrung oder Kenntnis zum Versammlungsrecht hatten. Wir wussten noch nichts über die stabile Situation und über die Fähigkeiten der Thüringer Polizei. Dass dann Abgeordnete aus diesem Zweifel und aus dieser Unkenntnis heraus sich für die Bannmeile entschieden haben, dafür hat Professor Dr. Linck ausdrücklich auch Verständnis geäußert. Er hat aber genauso deutlich gesagt, dass eine der wesentlichen Grundlagen, auf der die damalige Entscheidung gefallen ist, nämlich die Gefahrenprognose, so nicht eingetreten ist. Er hat Wert gelegt auf die Feststellung, dass die Länder ohne Bannmeile alle rechtlichen Mittel des Haus- und Strafrechts bisher immer ausgenutzt haben und dass diese Mittel immer ausgereicht haben, um die Funktionstüchtigkeit der entsprechenden Landtage zu garantieren.
Am interessantesten waren für mich die Ausführungen von Herrn Wenz aus Schleswig-Holstein. Schleswig-Holstein hat 1990 das getan, was wir heute vorhaben, es hat die Bannmeile abgeschafft. Es war ganz spannend zu hören, dass die Debattenlage durchaus mit der vergleichbar ist, die wir hier im Augenblick in Thüringen haben und hatten. Die Schleswig-Holsteiner haben damals zu einem anderen Mittel gegriffen, um die Problematik zu klären, nämlich zu dem Mittel der Enquetekommission. Herr Wenz hat ganz klar gemacht: Der Beschluss damals, die Bannmeile in Schleswig-Holstein abzuschaffen, war richtig. Er sprach dort dezidiert von einer deutlich besseren Demonstrationskultur, die sich mit der Zeit durchgesetzt hat. Er sprach auch davon, ich zitiere ihn dabei: „dass sich die Demonstrationslagen wesentlich positiver entwickelt haben“. Aber er hat uns auch die entsprechenden Hinweise gegeben, was nach der heutigen Landtagssitzung und nach dem Beschluss passieren muss. Wir brauchen ein anderes, ein neues Demonstrationsmanagement, wir müssen das Sicherheitskonzept des Thüringer Landtags anpassen. Er hat deutlich gesagt, das kann auch mehr Personal bedeuten, und er hat darüber berichtet, dass es trotz gefallener Bannmeile im schleswigholsteinischen Landtag auch seit dem Bestehen Kernauflagen gibt. Es gibt demzufolge nicht das Recht von jedem Demonstranten, hier vor dem Fenster zu demonstrieren, die Problematik des Freihaltens der Fluchtwege ist alternativlos. Er hat auf den erhöhten Abstimmungsbedarf, der auf uns zukommt, zwischen Polizei, Ordnungsamt und Landtag hingewiesen. Aber aufgrund seiner positiven Einschätzung der jetzigen Lage in Schleswig-Holstein ist er ein
Herr Götze aus Erfurt, Leiter des Dezernats I, wie er sich vorgestellt hat, hat über die bisherigen Erfahrungen mit dem Demonstrationswesen in Erfurt gesprochen. Das sind nicht unwesentliche Dinge gewesen. Er hat ganz klar gesagt: Die Ordnungsbehörden sind immer in der Lage gewesen, auf alle Fragen, die Demonstranten gestellt haben und die sich im Vorfeld von Demonstrationen ergeben haben, angemessen zu reagieren und die richtigen Antworten zu geben. Er hat dargestellt, dass es für ihn vollkommen klar ist, dass bestimmte Auflagen auch ohne Bannmeile zu erfüllen sind - ich hatte schon gesprochen z.B. über die Frage Fluchtwege. Er hat darauf hingewiesen, dass die Stadtverwaltung schon eine gewisse Erfahrung im Umgang mit Demonstrationen um den Landtag hat. Wir haben diskutiert über Demonstrationen am Beethovenplatz, wo zum Beispiel eine der Auflagen war, dass der Thüringer Landtag nicht zu beschallen war, dass dieses durchgesetzt und umgesetzt wird. Er hat dann formuliert, aus praktischer Sicht der Versammlungsbehörde spreche nichts gegen eine Aufhebung der Bannmeile und, was in den Diskussionen im Innenausschuss immer eine große Rolle gespielt hat, er hat klar und deutlich formuliert, selbst bei Spontankundgebungen sei die Polizeibehörde immer schnell in der Lage, auf die entsprechende Situation zu reagieren.
Lassen Sie mich, wenn ich bisher über die Befürworter gesprochen habe, zwei, drei Sätze über die Skeptiker sagen. Natürlich - und für mich auch teilweise verständlich - gehörte da die Landtagsverwaltung dazu. Dieses Gesetz, das wir heute verabschieden, heißt mehr Verantwortung und mehr Arbeit, aber ich habe nach den Äußerungen von Frau Dr. Eberbach-Born überhaupt keine Zweifel, dass sich die Landtagsverwaltung dieser Aufgabe stellen wird und dass sie diese Aufgabe für uns alle zufriedenstellend in den Griff bekommt. Ich war, das sage ich auch, ein bisschen enttäuscht, dass alle von den vorherigen Anzuhörenden widerlegten, teilweise sehr kritischen Gefahrenprognosen wiederholt worden sind. Frau Eberbach-Born hat eindringlich gebeten, wenn der Beschluss heute so fällt, dass wir uns im Ältestenrat mit dieser Problematik befassen müssen. Ich will das für meine Fraktion klar zusagen. Vertreter der Landesregierung und natürlich der Polizei waren der Thüringer Innenminister, Herr Prof. Huber, und der amtierende Leiter der Abteilung IV, Herr Ryczko. Da muss ich sagen, Herr Ryczko hat mich schon ein bisschen verwundert in der Anhörung. Er ist derjenige, der - und da sage ich durchaus richtigerweise - kaum eine Gelegenheit auslässt, die Fähigkeiten der Thüringer Polizei in den höchsten Tönen zu loben. Dass er plötzlich von grundsätzlichen Problemen bei Spontandemonstrationen sprach, ganz im Gegensatz zu dem Vertreter aus Erfurt, dass er formulierte,
Polizei ist nur schlecht in der Lage, zum Beispiel Rettungswege freizuhalten, kann ich nicht verstehen. Es bleibt das Verdienst des Innenministers in dieser Anhörung - und dies ist eindeutig klarzustellen -, er hat formuliert, dass die Thüringer Polizei zu jedem Zeitpunkt in der Lage ist, dieses neue Gesetz zu vollziehen. Für die klare und deutliche Aussage, Herr Innenminister, will ich mich bedanken.
Meine Damen und Herren, das war ein Abriss der Debatte und diese Debatte hat dazu geführt - das ist schon mehrfach formuliert worden -, dass der Thüringer Innenausschuss diesem Gesetz mit großer Mehrheit zugestimmt hat.
Willy Brandt hat in seiner berühmten Antrittsrede als Bundeskanzler einmal formuliert - einmal formuliert, ist viel zu wenig -: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Er hat nicht formuliert, wir wollen mehr Demokratie haben. Er hat in diesem Satz neben unserer grundsätzlichen Einstellung als Sozialdemokraten zur Demokratie auch formuliert, dass natürlich Veränderungen dort immer auch ein Wagnis sind.
Die Anhörung im Thüringer Landtag hat für mich und meine Fraktion ganz deutlich klargemacht, dieses Wagnis ist beherrschbar. Vor allen Dingen sind wir als Sozialdemokraten fest davon überzeugt, dass sich dieses auszahlen wird, nicht in Heller und Pfennig, aber in mehr Vertrauen und in mehr Akzeptanz des Thüringer Landtags. Ich bin mir sicher, dass wir doch im Kern fraktionsübergreifend dies alles wollen.
Ich will mich noch einmal ausdrücklich für die Debatte hier im Thüringer Landtag und im Innenausschuss bedanken und bitte Sie, dem Gesetzentwurf der SPDLandtagsfraktion zuzustimmen. Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Es spricht jetzt zu uns Abgeordneter Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste! Frau Präsidentin, erlauben Sie mir zunächst einen ganz kleinen Exkurs, und zwar in Richtung von Herrn Mohring und Herrn Barth. Sie haben nonverbale Zeichen hier auf dem Tisch, die wir eigentlich in einem Konsens dieses Hauses nicht haben wollen.
Sie freuen sich als Jena-Fans darüber, dass Sie gestern Abend gewonnen haben. Ich gönne Ihnen die Freude. Besonders nach den Ergebnissen der ersten Spielzeit dieser Saison und nach dem Pokalendspiel des letzten Jahres durften Sie auch mal gewinnen.
Ich würde mich aber sehr freuen, wenn Sie diese Zeichen jetzt auch vom Tisch nehmen können, sonst garantiere ich Ihnen, dass es noch vor Eintritt in den übernächsten Tagesordnungspunkt hier Rot-WeißSchals gibt.
Herr Abgeordneter Adams, lassen Sie sich Folgendes sagen: Erstens, ich bitte die Abgeordneten doch von nonverbalen Bekundungen Abstand zu nehmen, wie es die Hausordnung vorsieht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Mohring, wir haben in einer Debatte, wie von Herrn Gentzel - im Prinzip ist dem gar nichts weiter hinzuzufügen - hier ganz ausführlich dargestellt wurde, in einer sehr guten Debatte uns mit der Abschaffung der Bannmeile befasst. Wir hatten, denke ich, heute Morgen aber dann doch wieder so einen kleinen traurigen Start. Dabei meine ich gar nicht Herrn Bergner von der FDP, denn Freiheit heißt auch immer, dass man sich für oder gegen etwas entscheidet. Die FDP nutzt die Freiheit, eben nicht zuzustimmen. Das muss okay sein in diesem Haus. Freiheit ist der Schlüssel, aber, ich denke, zu dem, was Herr Fiedler hier gesagt hat: Freiheit ist ein hohes Gut. Herr Fiedler hat recht, wenn er ganz deutlich macht,
dass die Mauer, die Deutschland trennte, durch die SED zu verantworten ist, deren Nachfolgepartei Sie sind. Die Bannmeile, um die es heute geht, ist aber durch die CDU-Fraktion und speziell durch Sie, Herr Fiedler, der Sie ja von Anfang an dabei sind, zu verantworten. Dieser Verantwortung müssen Sie sich auch stellen.
Wenn wir dann Konsens darüber haben, dass Freiheit das hohe Gut ist, dann wissen wir auch heute, dass die Bannmeile falsch war.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Gentzel bemühte schon das große Zitat von Willy Brandt. Ich glaube, wir können mehr Demokratie wagen, wir müssen mehr Demokratie wagen und deshalb wollen wir mehr Demokratie wagen, zwar nicht, weil es im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot steht, sondern weil wir alle miteinander überzeugt sein sollten, dass diese Bannmeile das falsche Zeichen an die Bevölkerung dieses Landes ist. Wir sind nicht gefährdet durch Bürgerinnen und Bürger, die uns zu nahe kommen, sondern wir sind maximal gefährdet durch eine zu große Entfernung von den Bürgerinnen und Bürgern.