Protokoll der Sitzung vom 25.03.2010

(Beifall CDU)

Herr Minister, es gibt eine weitere Anfrage vom Abgeordneten Kuschel. Lassen Sie die zu?

Natürlich.

Bitte.

Ja, Herr Minister, Sie haben mehrfach auf die 80 Prozent der Gemeinden verwiesen, die Straßenausbaubeiträge erhoben haben, und wir hätten dort keine Lösung angeboten. Ist Ihnen bekannt, dass wir bisher in all unseren Gesetzentwürfen dieses Problem aufgegriffen haben, und zwar unter anderem dadurch, dass wir die Option eröffnen, dass die Gemeinden, die Straßenausbaubeiträge erhoben haben, diese auch an die Bürger zurückerstatten können analog dieser Regelung aus Sachsen, dass die auch in Thüringen dann zur Anwendung kommt? Wie bewerten Sie dann in Kenntnis dieses Vorschlags, den wir unterbreitet haben, Ihre Aussage, dass wir angeblich für diese 80 Prozent keinen Lösungsansatz bieten?

Herr Kuschel, das wäre natürlich ein Lösungsansatz, der allerdings in diametralem Gegensatz zu dem steht, was Sie zur Leistungsfähigkeit der Kommunen und ihrer finanziellen Situation in den letzten vier Monaten hier immer wieder vorgetragen haben, weil

die Rückzahlung aus irgendeinem Etat erfolgen muss und diesen Etat sprechen Sie den Kommunen ja ab.

(Beifall CDU)

Danke schön, Herr Minister. Es gibt weiteren Redebedarf. Herr Abgeordneter Recknagel, FDP. Es ist Herr Bergner, Entschuldigung.

Frau Präsidentin, ich bin ganz bereit, das auch zu übernehmen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Kuschel, dass ich ausgerechnet von Ihnen den Vorwurf des Populismus mal erhalten würde, das hat schon Unterhaltungswert.

(Beifall FDP)

Ich darf an dieser Stelle mal etwas aus der Schule plaudern, nämlich von diesem Wahlkampfauftritt in Gotha, an den Sie sich erst nach Erinnerung heute wieder erinnern wollten. Dort haben Sie sich hingestellt, und ich zitiere, das ist also nicht meine Ausdrucksweise, ich zitiere, und haben zu den Leuten gesagt: „Früher durfte man auch in den Bach scheißen.“ Das ist Ihr Populismus, Herr Kuschel, und da liegen doch Welten zwischen Ihrer Ausdrucksweise und meiner.

Ich möchte noch eins zu Gotha sagen: Wenn Sie in Gotha zugehört hätten, hätten Sie gewusst, dass das alles nicht neu ist, was ich heute sage. Denn nichts anderes als das, was ich heute gesagt habe, habe ich bereits in Gotha vor den Mitgliedern der Bürgerinitiativen gesagt, die dort anwesend waren. Als Zeugin können wir gern auch Frau Ministerin Taubert hören. Die war an demselben Tisch in derselben Wahlkampfveranstaltung.

Ein Wort zu Ihrer ständigen Verunglimpfung der Berufsgruppe der Ingenieure und Architekten.

(Beifall FDP)

Ich denke, das ist unverschämt, alle Menschen, die einer Berufsgruppe angehören, derartig über einen Kamm zu scheren. Selbstverständlich gibt es Kolleginnen und Kollegen, die ihre Arbeit nicht ordentlich gemacht haben. Das will ich gern zugestehen. Selbstverständlich gibt es Kolleginnen und Kollegen, die als Planer nicht das getan haben, was sie hätten tun müssen, nämlich für den Auftraggeber die annehmbarste, die günstigste Lösung herauszuarbeiten. Aber deswegen die gesamte Berufsgruppe zu verunglimp

fen, das ist schlicht und einfach eine unerträgliche Frechheit.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Ein Wort dazu, dass die FDP 1991 am Kommunalabgabengesetz mitgewirkt hat. Das ist richtig. Wir haben einen langen außerparlamentarischen Bildungsurlaub genommen, der dazu geführt hat, dass wir auch unsere Entscheidungen, unsere Meinungen überarbeitet haben. Lieber Herr Kollege Kuschel, ich bin der festen Auffassung, auch Ihnen würde ein langer außerparlamentarischer Bildungsurlaub sehr gut tun.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das war ein schöner Satz, sehr gut ge- sagt.)

(Unruhe CDU, FDP)

Zur Antragsform, meine Damen und Herren, die ist ja in mehreren Reden in der Kritik gemeinsam gewesen. Es ist völlig richtig, dass wir sicherlich als Oppositionsfraktion von dem Recht Gebrauch gemacht haben, ich sage mal, eine schlanke, übersichtliche Antragsform zu wählen, schlicht und einfach aus dem Grunde,

(Heiterkeit SPD)

wir sind eine Fraktion mit sieben Abgeordneten und den dazugehörigen Mitarbeitern. Hinter der Regierung, hinter den Regierungsfraktionen stehen mehrere Ministerien mit ich weiß nicht wie viel Tausend Mitarbeitern, da dürfen wir uns schon mal des juristischen Sachverstands auch der Regierung bedienen.

Ein Wort zu Herrn Hey: Sie haben das Thema sinkende Einnahmen angesprochen und daraus abgeleitet, dass das dann zwangsläufig zu Beiträgen führen müsste. Ich bin nicht dieser Auffassung. Ich denke, mir muss niemand aus einem Zeitungsbericht etwas sagen über kommunale Einnahmesituationen. Dazu bin ich selber lange genug in der Kommunalpolitik. Aber genau aus dieser Erfahrung, Herr Kollege Hey, weiß ich, dass, wenn das Geld nicht da ist, man eben mal eine Baumaßnahme ein, zwei oder drei Jahre schieben muss, so wie das auch mit Beiträgen in Gemeinden ständig in Thüringen passiert. Ich möchte auf den Aufruf von Herrn von der Krone an alle Fraktionen zur sachlichen Mitarbeit zu sprechen kommen. Natürlich werden wir sachlich mitarbeiten. Genau das ist der Gegenstand dieses Antrags, genau das ist Sinn dieser Sache, die Debatte anzuschieben und endlich an die Themen zu gehen, die die Menschen

im Lande bewegen, die den Menschen im Lande unter den Nägeln brennen. Das ist das Ziel dieser sachlichen Arbeit, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Deswegen, lieber Herr Minister, ist der Antrag auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht erstaunlich, sondern genau richtig. Wir wollen nicht warten, bis durch einen langen parlamentarischen Weg das Thema beerdigt ist. Wir wollen es anschieben und deswegen freue ich mich, Herr Kuschel, dass trotz aller Differenzen, die wir haben, Sie gesagt haben, dass Sie auch diesen Weg zu diesem Thema mit unterstützen wollen.

Herr Abgeordneter Bergner, es gibt eine Anfrage vom Abgeordneten Hey, lassen Sie die zu?

Ich möchte jetzt erst einmal das hier fertig machen, dann können wir uns gern unterhalten.

Also im Nachgang.

So ist es. Herr Minister, Sie haben gemutmaßt, dass wir vermutlich aus dem Gutachten abgeschrieben haben könnten, das ist eine nette Vermutung, aber sie trifft nicht zu, schlicht und einfach deswegen nicht - ich habe es vorhin schon erwähnt -, das, was wir hier heute vorgestellt haben, das, was wir bereits im Februar beantragt haben, steht eins zu eins auch in unserem Wahlprogramm. Dieses Wahlprogramm ist älter als Ihr Gutachten, zumindest in der Veröffentlichung. Sie können uns daran messen, das, was wir vor der Wahl gesagt haben, sagen wir auch nach der Wahl und dabei bleibt es, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Jetzt möchte ich die Frage von Herrn Hey beantworten.

Herr Abgeordneter Hey, bitte.

Herr Bergner, noch mal genau meine Nachfrage, stellen Sie sich bitte vor, ich habe das vorhin am Beispiel deutlich gemacht, ich bin gespannt, was Sie darauf antworten. Sie haben eine unglaublich

lange Straße, die Hälfte der Straße können Sie aufgrund guter Steuereinnahmen in einer Kommune - vollkommen egal, wie sie heißt - ohne Straßenausbaubeiträge grundhaft sanieren. Ein halbes Jahr später, da sind aber schon alle Aufträge ausgeschrieben und die Bagger stehen schon da, ändern sich die Grundvoraussetzungen und Sie müssen Beiträge erheben, das heißt, bei Emma Meyer in der Hausnummer 52 haben Sie keine Beiträge erhoben und bei Frieda Müller in der 54 kommen Sie dann, weil sich die Einnahmesituation vollständig von dieser Kommune geändert hat. Wie wollen Sie das den Leuten klarmachen und wie soll das gesetzeskonform sein? Das würde mich mal interessieren.

Nach 19 Jahren Berufserfahrung und 16 Jahren kommunalpolitischer Erfahrung bin ich mir ganz sicher, dass ich eine Ausschreibung erst dann lostrete, wie das in der VOB/A festgehalten ist: Wenn alle Voraussetzungen stimmen.

(Beifall FDP)

Damit bin ich auch am Ende meines Vortrags.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werbe dafür, dieses Thema nicht parteipolitisch zu zerreden und ich werbe dafür, dass Sie unserem Antrag auf Überweisung an den Innenausschuss Folge leisten. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Bergner. Ich sehe keinen weiteren Redebedarf.

Es wurde beantragt, den Antrag an den Innenausschuss zu überweisen. Gibt es weitere Anträge auf Ausschussüberweisung? Das sehe ich nicht.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über die Überweisung des Antrags der Fraktion der FDP in Drucksache 5/489 an den Innenausschuss. Wer für diese Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Enthaltungen? Damit ist die Überweisung abgelehnt.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das spricht Bände.)

Ich beende damit diesen Tagesordnungspunkt.

(Unruhe im Hause)