Meines Wissens, wenn keine Ausschussüberweisung beschlossen wird, müssen wir doch über den Tagesordnungspunkt noch abstimmen, oder?
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Hat die Verwaltung die Geschäftsordnung geän- dert, ohne dass wir es gemerkt haben?)
Ich sage das jetzt noch mal: Die Überweisung wurde abgelehnt und wir stimmen jetzt über den Antrag ab. Wer für den Antrag der FDP in der Drucksache 5/489 ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Wer gegen diesen Antrag ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Stimmenthaltungen? Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und weise darauf hin, dass der Landtag bereits gestern beschlossen hat, die Tagesordnungpunkte 8 und 17 gemeinsam zu beraten. Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 8
Zukunft des Verbundraums und des Verbundtarifs Mittelthüringen (VMT) Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/584 -
Ich frage die Fraktionen der CDU und SPD, wünschen Sie das Wort zur Begründung? Das sehe ich nicht. Ich frage die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wünschen Sie das Wort zur Begründung? Frau Abgeordnete Schubert, bitte.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gehe jetzt davon aus, dass ich zu beiden Tagesordnungspunkten spreche.
Also, wir haben jetzt beide Tagesordnungspunkte gemeinsam aufgerufen. Ich habe Sie gefragt, ob Sie das Wort zur Begründung wünschen. Daraufhin haben Sie sich gemeldet.
Sie können ja einhaken. Eine kleine Vorbemerkung sei mir gestattet. Wir haben insgesamt drei Anträge zum Thema Verkehr. Wir haben den Antrag der LINKEN, da geht es um das Problem des ICE-Fernverkehrs. Wir haben den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD und unseren. Offensichtlich liegt das Thema Verkehr doch sehr in der Luft. Ich möchte einfach dafür werben und kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass wir irgendeinen von diesen Anträgen ablehnen bzw. nicht wenigstens an die Ausschüsse überweisen. Offensichtlich sind das Anliegen, die wir doch mehr oder weniger fraktionsübergreifend teilen, die wir heute diskutieren wollen.
Zum Verkehrsverbund Mittelthüringen werde ich dann einfach nachher noch mal sprechen. Ich werde mich jetzt auf den Antrag zu Tagesordnungspunkt 17, also unseren Antrag, beziehen.
Also jetzt frage ich noch mal: Kann ich auch zu Tagesordnungspunkt 8 sprechen oder nicht an dieser Stelle?
Augenblick, nur um es noch mal klarzustellen, damit es keine Unklarheiten gibt: Beide Anträge sind zu
sammen zu behandeln. Jede einbringende Fraktion begründet ihren Antrag. CDU und SPD haben abgelehnt. Sie begründen jetzt Ihren Antrag, das ist der Antrag „Bahn und Bus aus einem Guss“.
Ich würde tatsächlich das noch mal zurückstellen, weil ich gern gleichzeitig auch den VMT ins Visier nehmen möchte, weil das schon eine Thematik ist, die mit dem anderen direkt zusammenhängt und würde gleich noch mal um das Wort bitten. Danke schön.
Danke schön. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD und dazu hat Herr Minister Carius das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass ich hier einen Sofortbericht zum Antrag der CDU-Fraktion und der Fraktion der SPD geben darf. Wenn ich vielleicht noch eine Bemerkung machen darf: Bahn und Bus aus einem Guss ist ein schöner Spruch. Wir verfahren nach dem Spruch: Breite Straßen - blanke Schiene. Das ist am Ende auch nicht weit weg, meine Damen und Herren.
Der Verbundtarif Mittelthüringen ist in den letzten Wochen in aller Munde. Daher berichte ich natürlich gern über den aktuellen Stand und die Perspektiven zum Verbundtarif Mittelthüringen.
Zum Kulturhauptstadtjahr Weimar 1999 wurde erstmals in Thüringen ein gemeinsames verkehrsübergreifendes Tarifangebot namens „Regiomobil“ in Mittelthüringen geschaffen und aus diesem zarten Pflänzlein ist nun mittlerweile der Verbundtarif Mittelthüringen gewachsen. Hierzu haben sich im April 2006 die Verkehrsunternehmen zum Tarifverbund Mittelthüringen zusammengeschlossen - also nicht die Aufgabenträger, sondern die Verkehrsunternehmen - mit dem Ziel, den öffentlichen Verkehr attraktiver zu gestalten und mehr Bürgerinnen und Bürger zum Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Verkehr zu bewegen. Beteiligt sind an diesem Tarifverbund insgesamt acht Verkehrsunternehmen des Schienenpersonennahverkehrs und des Straßenpersonennahverkehrs in der Region Erfurt, Weimar, Jena und
Apolda. Im Tarifverbund gilt ein Zonentarif. Deshalb kann der Fahrgast mit einem einzigen Fahrausweis sämtliche Linien in den gelösten Zonen befahren. So muss z.B. beim Wechsel von einer Bahn- auf eine Buslinie keine neue Fahrkarte gekauft werden, wenn die entsprechende Zone bereits gelöst wurde. Dies ist bei den Fahrgästen bislang gut angekommen.
Der den Verkehrsunternehmen durch den gemeinsamen Tarif entstehende Verlust wird derzeit durch das Land und die zuständigen kommunalen Aufgabenträger jährlich mit rund 1,4 Mio. € ausgeglichen. Die Landesregierung hat sich zu dem Ausbau und der Weiterentwicklung der bestehenden Tarifverbünde ja bekannt. Die Vergangenheit hat aus unserer Sicht gezeigt, dass durch den Tarifverbund Mittelthüringen Zugangshemmnisse zum ÖPNV abgebaut und neue Fahrgäste gewonnen werden konnten. Belegt wird dies durch folgende Eckdaten:
Erstens, die Verkehrsnachfrage, das heißt die Anzahl der beförderten Personen ist im Verbundgebiet um fast 6 Prozent gegenüber dem Zustand vor Verbundstart gestiegen. Insbesondere auf der Städteachse zwischen Erfurt, Weimar und Jena konnten trotz durchgeführter Tarifanpassungen neue Kunden gewonnen werden. Als besonderes Merkmal für die Entwicklung eines Tarifverbundes gilt die Veränderung des Anteils der Übersteiger. Das sind diejenigen, die von dem Verkehrsmittel eines Unternehmens auf das eines anderen Unternehmens übersteigen. Hier ist eine absolute Steigerung um 9,8 Prozent im Zeitraum 2006 bis 2009 zu verzeichnen. Die Einnahmesituation der Verkehrsunternehmen hat sich durch die Tarifharmonisierung nachhaltig verbessert. Die Ertragskraft konnte in den Verkehrsunternehmen durch den Verbundtarif gesteigert werden. Diese durch den Verbundtarif geschaffene neue Qualität der Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln soll nun mit weiteren Partnern fortgeführt werden, daher beteiligt sich die Landesregierung aktiv an den Vorbereitungen und Verhandlungen zur Fortführung und Erweiterung des Verbundtarifs Mittelthüringen auf die angrenzenden Regionen.
Mit der Erweiterung - Ziel ist eine Umsetzung - bereits zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember dieses Jahres haben sich die beteiligten Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen eine relativ ehrgeizige Aufgabe gesetzt. Deshalb werden die Vorbereitungen zur Erweiterung des Verbundtarifs mit den verbleibenden Beitrittskandidaten in den kommenden Monaten einen breiten Raum einnehmen. Der Auftragnehmer der Einführungskonzeption muss in Abstimmung mit den Verkehrsunternehmen und Aufgabenträgern das Tarif- und Finanzierungsmodell erarbeiten. Außerdem sind die verbundbedingten Investitionen auszuschreiben und zu realisieren. Schließlich müssen dann die Verträge und die allgemeine Vorschrift zur
Finanzierung der Ausgleichsleistung formuliert und abgestimmt werden, so dass also noch relativ viel zu tun bleibt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Verbundtarif Mittelthüringen ist ein Zusammenschluss der örtlichen Verkehrsunternehmen, die ihren eigenen Tarif aufgegeben und sich damit dem gemeinsamen Tarifsystem unterworfen haben. Mit dem Tarifmanagement beauftragt ist die Verkehrsgemeinschaft Mittelthüringen GmbH. Den Verkehrsunternehmen entstehen durch die Anwendung des Verbundtarifs naturgemäß Verluste. Diese entstehen einerseits aus der Harmonisierung der vor Verbundstart bestehenden Haustarife, das sind die sogenannten Harmonisierungsverluste. Sie entstehen aber insbesondere auch dadurch, dass nur noch ein Fahrausweis für die Nutzung der Verkehrsmittel mehrerer Verkehrsunternehmen erforderlich ist, das sind dann die sogenannten Durchtarifierungsverluste. Für beide Formen der Verluste werden im Tarifverbund Ausgleichsleistungen gezahlt. Sie stellen einen festen Bestandteil der Finanzierung des Verbundtarifs dar. Verantwortlich dafür sind dann die Aufgabenträger, das heißt die kommunalen Aufgabenträger wie auch das Land als der Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr. Bereits ermittelt wurde der maximale Ausgleichsbedarf, wenn der Verbundtarif bis nach Gotha, Ilmenau, Gera, Greiz, Eisenberg und Sömmerda erweitert würde. In diesem Fall wären zur Finanzierung der Verluste maximal 2,6 Mio. € jährlich erforderlich. Diskussionsgegenstand ist gegenwärtig, welcher Ausgleichsbetrag auf die beteiligten Aufgabenträger im Einzelnen fällt. Hierzu liegen noch keine Zahlen vor, da der endgültige Ausgleichsbedarf je Aufgabenträger im Rahmen der gerade erst beauftragten Einführungskonzeption ermittelt wird. Der Ausgleichsbedarf ergibt sich vor allem in direkter Abhängigkeit aus der Anzahl der teilnehmenden Städte und Landkreise, aus dem zugrunde zu legenden Tarifzonenmodell und aus der Tarifhöhe. Durch die Ablehnung der Beteiligung im Ilm-Kreis und im Landkreis Sömmerda wird sich der Ausgleichsbedarf voraussichtlich senken.
Meine Damen und Herren, das Land war von Anfang an Motor bei der Entwicklung des Verbundtarifs und hat dies mit seiner Förderpolitik unterstrichen. Wir beabsichtigen, dies auch weiter zu tun.
So gleicht der Freistaat bisher 70 Prozent der entstehenden Durchtarifierungs- und Harmonisierungsverluste aus. Das soll auch künftig so sein, um den kommunalen Aufgabenträgern den erforderlichen finanziellen Rahmen zur Beteiligung am Verbund zu erleichtern. Wie die verbleibenden 30 Prozent aufgeteilt werden, ist Bestandteil der Einführungskonzep
tion. Zusätzlich wird die Landesregierung die vom VMT beauftragte Einführungskonzeption mit dem besonderen Fördersatz von 80 Prozent finanzieren, die in den Unternehmen erforderlichen Investitionen mit dem Höchstfördersatz von 75 Prozent unterstützen und die Personalkosten der Verbundgesellschaft mit jährlich 150.000 € fördern.
Mit diesen Rahmenbedingungen ermöglicht es die Landesregierung, die Fortführung und Erweiterung des Verbundtarifs Mittelthüringen ohne die kommunalen Aufgabenträger über Gebühr zu belasten. Unter den genannten Voraussetzungen entscheiden nun die politischen Gremien vor Ort, ob der Verbundtarif auch bei den in ihrem Gebiet tätigen Verkehrsunternehmen angewendet werden soll. Die Teilnahme eines Landkreises oder einer Stadt an Tarifkooperation kann in Thüringen sinnvollerweise nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Dies wird zwar immer wieder kritisiert, doch kann sich die Landesregierung - und sollte es auch nicht - weder über das Kommunalrecht noch über das Thüringer ÖPNV-Gesetz hinwegsetzen. Sie ist nicht befugt, in kommunale Selbstverwaltungsangelegenheiten nach Thüringer Kommunalordnung - hier konkret die Gewährleistung des örtlichen und des überörtlichen ÖPNV - einzugreifen. Auch die abschlägigen Entscheidungen der Kreistage des IlmKreises im Januar und des Landkreises Sömmerda in der letzten Woche sprechen nicht für eine Bündelung beim Land, denn ein attraktives und wirtschaftliches ÖPNV-Angebot bedarf vor allen Dingen des Sachverstandes vor Ort. Dem haben die gesetzlichen Regelungen der Thüringer Kommunalordnung und des Thüringer ÖPNV-Gesetzes letztlich Rechnung getragen oder vielmehr sind sie Ausweis dieser Überlegung. Eine Abgabe der Zuständigkeit für bestimmte Buslinien ist nicht vorgesehen und wäre außerdem auch mit großen Nachteilen verbunden, denn die Vergabe von Verkehrsleistungen muss sich, soweit hierfür Ausgleichsleistungen der Aufgabenträger gewährt werden, seit Dezember 2009 an der EG-Verordnung 1370 aus 2007 zum ÖPNV richten. Nach dieser Verordnung ist die Ausschreibung der Verkehrsleistung oder eine Vergabe in einem wettbewerblichen Verfahren vorgesehen. Das heißt, die direkte Vergabe von öffentlichen ÖPNV-Leistungen darf nur noch dann erfolgen, wenn es um geringe Leistungen an kleine und mittlere Unternehmen geht oder wenn es sich um ein eigenes Unternehmen handelt. Nur in diesen Fällen ist eine In-House-Vergabe zulässig. Doch was würde dann passieren, wenn das Land die Aufgabenträgerschaft für ausgewählte Buslinien übernehmen würde? Die Leistungen müssten dann ausgeschrieben werden mit der Folge, dass sich unsere kommunalen Verkehrsunternehmen auf diese Leistungen nicht bewerben dürften, denn das ist ihnen ja kommunalrechtlich und nach der EG-Verordnung verboten, sofern sie weitere Leistungen durch Direktvergabe erhalten haben. Daher gilt, dass
wir zunächst, bevor wir etwas tun, auch an das Ende denken sollten. Die Unternehmen würden nämlich Leistungen verlieren, möglicherweise würde sich ihre Wirtschaftlichkeit dadurch auch verschlechtern und der Zuschussbedarf erheblich steigen. Das Land wäre unter Umständen dann verpflichtet zu prüfen, ob der Förderzweck der mit erheblichen Fördermitteln finanzierten Betriebs- und Fahrzeuginfrastruktur noch gewährleistet wäre. Ich denke, das kann nicht Ziel der Landesregierung und auch nicht des Landtags sein. Deshalb wird sich die Landesregierung auch weiterhin dafür stark machen, dass die Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen in Thüringen intensiv zusammenarbeiten, und auf dieser Basis ihre ÖPNVAngebote noch enger miteinander abstimmen.
An dieser Stelle möchte ich auch darauf hinweisen, dass bei der Koordinierung der öffentlichen Verkehrsangebote in Thüringen im Sinne der Bürgernähe ja bereits viel erreicht wurde.
1. Die Vertaktung der Angebote ist relativ weit entwickelt, allen voran im Schienenpersonennahverkehr und in den Stadtverkehren, aber auch bei den regional bedeutsamen Buslinien.
2. Die Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger haben sich teilweise ja zu Kooperationen zusammengeschlossen.
3. Wir haben im Landkreis Altenburger Land und in Mittelthüringen den Verbundtarif bereits eingeführt, es wurden auch schon gemeinsame Nahverkehrspläne erarbeitet und es werden gemeinsame Fahrpläne herausgegeben.
Auf dieser Grundlage und in Zuständigkeit und Zusammenarbeit der jeweiligen Aufgabenträger ist die koordinierte Planung und Organisation der Verkehrsangebote dann weiter zu qualifizieren. Dabei ist die bestehende Hierarchie im Verkehrssystem zu beachten. So richtet sich der Schienenpersonennahverkehr am Fernverkehrstakt der Bahn aus und folglich müssen die Busse dann an den Verknüpfungspunkten ihren Fahrplan an den Anknüpfungspunkten des Schienenpersonennahverkehrs anpassen. Für den Schienenpersonennahverkehr steht das Land ein. Für eine attraktive und bürgernahe Verknüpfung der Busse und Straßenbahnen stehen dann die kommunalen Aufgabenträger und die beauftragten Unternehmen ein.
Meine Damen und Herren, mit dem Verbundtarif ist es seit 2006 gelungen, ein zukunftsfähiges Nahverkehrssystem zu schaffen, welches eine gute Alternative zum motorisierten Individualverkehr darstellt und dem ÖPNV langfristig stabile Einnahmen sichert. Die Landesregierung hat die Eckpfeiler für die Erweiterung des Verbundtarifs mit den beitrittswilligen Part
nern gesetzt. Die Fortsetzung und Erweiterung des Verbundtarifs werden natürlich nur dann gelingen, wenn sich unter den genannten Voraussetzungen alle Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen konstruktiv bei den jetzt anstehenden Aufgaben einbringen, dann können künftig noch mehr Fahrgäste des Nahverkehrs in Thüringen Bus, Bahn und Straßenbahn mit nur einem Ticket nutzen. Vielen Dank, dass ich Ihnen das jetzt sagen durfte.