b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Unwirksame LPG-Umwandlungen in Thüringen aufrollen - Gerechtigkeit für Betroffene herstellen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/7578
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, was, wenn es 25 Jahre nach der friedlichen Revolution immer noch keine Gerechtigkeit für manche gibt? Was, wenn viele jahrelang prozessieren müssen, um ihr Recht einzuwerben, wissend, dass LPG-Umwandlungen in mindestens zweistelliger Zahl in Thüringen unwirksam sind? Was, wenn die Politik jahrelang sich dessen nicht annimmt? Für diese betroffenen Landwirte stehen wir hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, und fordern ein, dass sich die Landesregierung endlich bewegt.
Ich verweise an dieser Stelle sehr gern auf die Kleine Anfrage, in der wir beleuchtet haben, inwieweit unwirksame Umwandlungen von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in Thüringen nach wie vor Thema sind. Seit 2003, seitdem sich Prof. Bayer in Jena mit einer Studie umfassend damit beschäftigt hat, liegen die Fakten auf dem Tisch. Aber die Erkenntnisse der damals eingebrachten Studie blieben hier in Thüringen größtenteils wirkungslos, weil sich die Politik dessen nicht angenommen hat.
Seitdem ist viel passiert, seitdem ist sehr viel passiert. Unter anderem hat das rot-rot regierte Brandenburg eine Enquetekommission initiiert. Diese Enquetekommission mit dem Titel „Aufarbeitung der Geschichte und Bewältigung von Folgen der SED-Diktatur und des Übergangs in einen demokratischen Rechtsstaat im Land Brandenburg“ hat sich des Problems der unwirksamen LPG-Umwandlungen unter anderem angenommen. Gescheiterte Umwandlungen von LPG und Vermögensauseinandersetzungen wurden im Rahmen dieser Enquete
kommission miteinander diskutiert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Brandenburg hat etwas geschafft, was in Thüringen scheinbar undenkbar ist: Brandenburg hat parteiübergreifend sehr klare Empfehlungen veröffentlicht, und zwar Empfehlungen, die eine Überprüfung der Scheinrechtsnachfolger durch die Registergerichte einschließt, und das im Jahr 2014, im Jahr 25 nach der friedlichen Revolution.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Enquetekommission in Brandenburg forderte einhellig die Landesregierung auf, die bisher ungeklärten Fälle aufzuarbeiten und vor allen Dingen die Betroffenen aktiv zu unterstützen. Es handelt sich in Brandenburg um 39 von 365 Umwandlungen, wo klar ist, dass diese unwirksam vorgenommen sind.
Jetzt komme ich zu Thüringen: In Thüringen sind es auf dem Papier, akzeptiert von der Öffentlichkeit und von der Politik, nach wie vor 28 von 344 Umwandlungen, die als unwirksam einzuschätzen sind. Das sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, 8,1 Prozent. Veröffentlichung ist bis heute aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Die Landesregierung hat auch keine Initiative unternommen, um in irgendeiner Form Licht ins Dunkel dieser Rechtsverstöße zu bringen. Es handelt sich also um ein ungelöstes Problem. Die Frage ist: Sind Ihnen diese 28 Fälle egal und wenn ja, warum? Denn ganz offensichtlich sind in Brandenburg 39 von 365 Fällen nicht egal. Warum ist es in Brandenburg möglich, diese Lücke zu schließen, Gerechtigkeit herzustellen im Jahr 25 nach der friedlichen Revolution, und in Thüringen nicht? Erklären Sie es mir! Ich verstehe es nicht. Ich finde, es ist politisch und rechtsstaatlich geboten, es ist eine Frage des Anstands, dass diejenigen, die seit Jahren vergeblich prozessieren, dass diejenigen, die seit Jahren gegen die Wand rennen und versuchen, für sich Recht und Gesetz in irgendeiner Form klarzustellen, dass diejenigen von uns unterstützt werden. Deswegen haben wir als Grüne klare Forderungen. Wir fordern, dass analog der Aufarbeitung in Brandenburg auch in Thüringen eine Aufarbeitung dahin gehend stattfindet, dass diese Fälle neu aufgerollt werden.
Dies kann möglicherweise, wenn diese Landesregierung die Kraft dafür nicht mehr hat, in der nächsten Legislatur eine Enquete übernehmen, die dann hoffentlich fraktions- und parteiübergreifend gemeinsam initiiert wird,
Wir fordern zweitens, und das kann Thüringen jetzt schon tun - Herr Primas ist schon ganz unruhig, ich bin schon gespannt auf Ihre Rede -, Thüringen
kann schon jetzt eine Überprüfung der 28 infrage stehenden Umwandlungen durch die Registergerichte veranlassen und die betreffenden Unternehmen informieren. Es tut überhaupt niemandem weh, wenn Sie genau das jetzt tun und endlich denjenigen Unterstützung bieten, ihnen die Hand reichen. Sie können schon jetzt, genau wie in Brandenburg, datenschutzrechtliche Bedenken ausräumen, sich damit befassen. Sie könnten schon jetzt, genau wie in Brandenburg, endlich Ihren Beitrag leisten und dem Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur beispielsweise auch diesen Fall auf den Tisch legen. Tun Sie etwas, sorgen Sie für Gerechtigkeit im Jahr 25 der friedlichen Revolution! Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, schönen Dank für den Antrag. Wir werden den Landwirten Ihr Ansinnen mitteilen, was Sie vorhaben. Sie werden sich alle freuen. Man soll es nicht glauben. Meine Damen und Herren, Gerechtigkeit herstellen macht die Frage „LPG-Umwandlung“ nicht wirklich aktuell, wirklich nicht, schon gar nicht, wenn man weiß, dass Ihre Kollegen in den anderen Bundesländern das vor Wochen und Monaten schon beschäftigt hat. Das ist so ein Rundlauf, in jedem Land wird das jetzt von den Grünen abgearbeitet. Da sind Sie nach meiner Meinung ein bisschen hinterher und nicht aktuell.
Die Frage der LPG-Umwandlung haben Sie offensichtlich nicht verstanden. Hier geht es um eine rein privatrechtliche Frage, eine Frage der Genossenschaft, ihrer Genossen, eine Frage des Eigentums, und zwar ohne jegliche Beteiligung der Behörden des Freistaats Thüringen. Das hat Ihnen die Landesregierung in der Antwort auf Ihre Anfrage 5/7507 - ich meine - richtig fein erklärt, aber Sie haben es offensichtlich nicht verstanden. Dieses Gutachten von Herrn Prof. Bayer hat - Sie haben die Zahlen selbst genannt - 344 Umwandlungen, 28 davon seien unwirksam. Meine Damen und Herren, 91 Prozent sind dann richtig umgewandelt. In anderen Ländern - Sie haben Brandenburg gesagt - ist das etwas schlechter verlaufen. Was wollen wir denn jetzt eigentlich aufholen?
Haben Sie eigentlich eine Ahnung, vor welchen Karren Sie sich spannen lassen? Wissen Sie das wirklich, um was es bei diesen Geschichten geht? Hier geht es um Fläche, hier geht es um Land, was nicht verfügbar ist. Dann machen wir wieder einmal ein Nachfolgeunternehmen kaputt, damit das Land für Alteigentümer zur Verfügung steht, die das gerne hätten. Also, ich muss schon fragen: Was betreiben Sie hier? Vor welchen Karren lassen Sie sich spannen? Ich habe das nicht so richtig vernommen, was Sie da gesagt haben. Gerechtigkeit herstellen, oje. Na ja, gut.
Meine Damen und Herren, ein Blick zurück, in die 90er-Jahre; wir hatten die Aufgabe, mitzuorganisieren, die Landwirtschaft umzustrukturieren, neu zu organisieren. Sollten wir das die Treuhand machen lassen? Wir haben uns entschieden, das lassen wir die Landwirte selber machen. Die sollen selbst entscheiden, in welche Rechtsform sie sich begeben wollen. Sie haben das selbst in die Hand genommen, sie haben es selbst entschieden und ich meine, es war gut so. Nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz hatten sich die LPGs bis zum 31. Dezember 1991 in eine andere Rechtsform bürgerlichen Rechts umzuwandeln bzw. Auseinandersetzungen ihres Vermögens auf gesetzlicher Grundlage nach dem LAG zu betreiben. Die Verfahren, die zur Vermögensaufteilung bzw. -umwandlung führen sollten, waren für die Beteiligten, insbesondere für die ehemaligen Genossenschaftsmitglieder, wirklich nicht immer leicht zu durchschauen. Das haben wir damals schon gemerkt. Das war auch einer der Gründe, warum wir damals in der Koalition mit der FDP einen Plenarantrag veranlasst haben, all das zu überprüfen, ob bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung und bei der Umwandlung von LPGs in andere Rechtsformen gegen das Landwirtschaftsanpassungsgesetz verstoßen wurde. Wir haben damals beschlossen wenn ich mich richtig erinnere, fast einstimmig -, die Zahlungen von Anpassungshilfen und Fördermitteln so lange auszusetzen, bis die ordnungsgemäße Überprüfung durch eine unabhängige Kommission abgeschlossen ist, die Anpassungshilfen und Fördermittel zu verweigern. Das haben wir alles getan. Jetzt bleibt der Weg des Gerichts offen, das ist eine privatrechtliche Geschichte. Sie sagen, das wäre alles nicht so. Es gibt einen einzigen Fall, der vor Gericht gegangen ist, der uns bekannt ist, das ist der Fall Aschara. Die haben sogar gewonnen. Ich will das nur mal sagen. Das ist nicht erfolglos oder irgend so, wie das dargestellt wurde, nein, gar nicht. Das läuft schon. Aber wissen Sie, was mich ein bisschen stört bei der ganzen Diskussion? Herr Prof. Bayer führt in der Zusammenfassung aus, die haben fast alles falsch gemacht, schreibt er. Die haben fast alles falsch gemacht bei den Umwandlungen. Das aber hat den Grund im Rechtsbewusstsein der DDR-Bürger. Das steht so im Gutachten von Herrn Bayer drin, das ist der Grund. Da
sage ich mir: Muss ich solch einer Geschichte nachgehen? Wir haben uns damals entschieden, das tun wir nicht. Wir haben es den Landwirten überlassen, sich umzustrukturieren und es bleibt auch dabei. Also, wir machen da nicht mit, mit uns wird das nicht gehen. Wir bringen diese Unruhe, die in anderen Ländern wie in Sachsen gewesen ist
- ja, ist okay -, die wollen wir nicht haben. Da haben wir genug Erfahrungen, die Sachsen haben genug Erfahrungen damit gesammelt während dieser Unruhe, das brauchen wir hier in Thüringen nicht. Wir haben das bis jetzt vermieden
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Aufarbeitung der Vergangenheit, das ist immer ein schwieriges Kapitel. Es ist unbestritten, dass die Transformationen der sozialistischen Planwirtschaft der DDR hin zur Marktwirtschaft vor 25 Jahren auch eventuell mit Fehlentscheidungen stattgefunden haben. Das gilt ebenso für den Bereich der Landwirtschaft und die Umwandlung der LPGs vor mehr als 20 Jahren. Wir sollten aber bei der Bewertung die Zeitumstände wahrlich nicht vergessen, dass es in vielen Fällen unter Zeitdruck darum ging, Betriebe überhaupt weiterführen zu können. Erfahrungen zur Umwandlung lagen kaum vor und das Landwirtschaftsanpassungsgesetz sah eine Frist bis Ende 1992 vor. LPGs, deren Rechtsform bis dahin nicht erfolgreich umgewandelt wurde, hätten als gesetzlich aufgelöst gegolten und bei der Vermögensbewertung bestand oft ein Spannungsverhältnis zwischen einem gerechten Anteil der ausscheidenden Mitglieder und ausreichenden Rücklagen für den weiterzuführenden Betrieb.
Eine Zerschlagung der LPGs oder langjährige Gerichtsverfahren hätten aber auch für etliche Regionen das Aus für die Landwirtschaft insgesamt bedeuten können. Hier geht es allerdings nicht nur um die historische Bewertung, sondern auch um die juristische. Der Abschlussbericht der bereits angesprochenen Studie von Prof. Bayer liegt nunmehr seit mehr als zehn Jahren vor. Er wurde in der Fachöffentlichkeit seinerzeit auch ganz intensiv erörtert. Die Feststellung, dass in Thüringen die genannten 28 von 344 Umwandlungen als rechtsfehlerhaft anzunehmen sind, wird grundsätzlich nicht infrage gestellt. Dies hat auch die Landesregierung in ihrer Antwort zur entsprechenden Kleinen Anfrage ausgesagt. Es stimmt auch, dass es sich bei der Frage um rechtsfehlerhafte Umwandlungen, um Vermögensauseinandersetzungen rein privatrechtlicher Art handelt.
Die Betroffenen können eine gerichtliche Überprüfung erreichen. Dies ist in vielen Fällen auch erfolgt und zudem ist auch ein Weg zur rechtssicheren nachträglichen Übertragung des LPG-Vermögens bei einer fehlerhaften Umwandlung gefunden worden. Ein paar Fragen sind natürlich im Laufe der Jahre noch offengeblieben. Dazu nenne ich beispielsweise die Frage, wie in den Fällen einer festgestellten unwirksamen Umwandlung am besten die Weiterführung der Betriebe erreicht werden kann. Oder: Sind die Betroffenen überhaupt in der Lage, von sich aus eine gerichtliche Überprüfung anzustreben oder scheuen sie den Aufwand und die Kosten des Verfahrens? Oder eben auch: Entspricht die nachträgliche Übertragung des LPGVermögens wirklich dem Willen der ehemaligen LPG-Mitglieder? Bei all diesen Gedanken und diesen Erwägungen sind wir der Meinung, wenn Sie dieses Thema jetzt zur Aktuellen Stunde erheben, dann erweckt das Ganze bei uns den Eindruck, dass Sie die Geschichte der Umwandlungen und die der betroffenen ausgeschiedenen LPG-Mitglieder so ein bisschen zu Wahlkampfzwecken instrumentalisieren wollen. Sie schlagen den Bogen von einem Bundesland zum anderen. Ich sage Ihnen: Wir sollten uns vielmehr darauf konzentrieren, dass die erfolgreich wirtschaftenden Betriebe dies auch in Zukunft noch hier in Thüringen können. Da stehen wir, wenn wir auf 2015 blicken, vor genügend großen Herausforderungen in der Agrarpolitik. Das soll die Aufgabe für uns sein. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Siegesmund, 25 Jahre nach der Wende - Sie haben das anders ausgedrückt - gibt es immer noch Ungerechtigkeit in diesem Land. Ja, das stimmt. Ich denke da vor allem an die Rentenungerechtigkeit, ich denke an die Gehaltsungerechtigkeiten, und das betrifft Hunderttausende Menschen. Aber 24 Jahre nach der Wende, zwei Jahrzehnte nach der Zerschlagung des DDRWirtschaftssystems, beschäftigen wir uns heute nach Ihrem Antrag mit den LPG-Umwandlungen als aktuelles Thema. 20 Jahre lang hätten die Grünen das diskutieren können;
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ist ja Quatsch). insbesondere in der ersten Legislatur des Thüringer Landtags, in dem die Grünen mit „Neuem Forum“ und „Demokratie Jetzt“ immerhin schon genauso viele Sitze hatten wie heute, wäre die Zeit dazu gewesen. Einige hier im Raum werden sich an diese Legislatur noch selbst erinnern. Ministerpräsidentin Lieberknecht war damals auch schon in Regierungsverantwortung - nicht als Chefin, aber als Ministerin -, der Landwirtschaftsminister Sklenar hat den Prozess der LPG-Umwandlung mit begleitet. Sehr geehrte Damen und Herren, Genossenschaften sind demokratisch verfasste Wirtschaftsunternehmen, in denen die Mitglieder sehr eigenverantwortlich sind. Das war auch in der DDR so, auch wenn die SED als Übervater oder Übermutter oft bemüht wird, um Verantwortung auch abzuschieben. Man muss aber gleichzeitig bekennen, dass gerade die Bildung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, die sogenannte Kollektivierung, meist nicht nach dem freien Willen der Bauern und der späteren Mitglieder vollzogen wurde. Trotzdem wurden die in die LPG eingebrachten Titel an Land und Inventar genau registriert und dokumentiert und damit war auch Jahre später genau feststellbar, was eingebracht wurde. Die Mitglieder wirtschafteten in der LPG - und diesen Vergleich, Herr Barth, den streichen Sie hoffentlich aus dem Protokoll -, die wirtschafteten in der LPG und haben zum Teil auch große Vermögenswerte erschaffen, wenn auch oft mit Schuldenlast. Als es 1990 zu der Wende im Wirtschaftssystem kam, die natürlich auch vor den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften nicht haltmachte, war es daher natürlich Aufgabe der Mitglieder der Genossenschaften und ihrer gewählten Vorstände, die Umwandlung der LPGen zu vollziehen. Natürlich waren auch einige Mitglieder überfordert und vertrauten voll umfänglich auf andere. Das ist schon richtig. (Abg. Hitzing)
Wenn man sich noch einmal die Goldgräberstimmung in Erinnerung ruft, die auch im Westen da war und wo die Leute in die ehemalige DDR reingerannt sind, um zu beraten und um mitzubestimmen, wie die Wirtschaft umgewandelt wird, dann kann man auch sagen, dass auch viele kamen, die von der Materie wenig Ahnung hatten und die Sache dann auch erschwert haben. Erschwerend kam dazu, dass das erste Landwirtschaftsanpassungsgesetz nur ein halbes Jahr in Kraft war und dann eine Änderung vollzogen wurde, die eigentlich gerade die genossenschaftliche Idee aushebeln sollte, das kann man schon so sagen. Das alles musste bis 1992 geschehen, denn sonst galt die LPG per Gesetz als aufgelöst.
Viele Leute - auch heute - haben überhaupt nicht den Unterschied der verschiedenen Unternehmensformen in der Landwirtschaft begriffen. Da wird die Agrargenossenschaft gleichgesetzt mit der Holding. Es sind auch oft Leute, die eher dem grünen Spektrum zuzurechnen sind, die diesen Unterschied nicht begreifen und deswegen alles in eine Schublade tun. Die Zahlen sind schon genannt worden, wie die Umwandlungen passiert sind, und dass 92 Prozent der Umwandlungen erfolgreich waren. Das kann man auch als Erfolg für die Bauern darstellen. Privatrechtlich sind natürlich Ungerechtigkeiten auch heute noch zu klären. Natürlich ist es da so, dass manche mehr Einfluss nehmen können, auch bei Gericht ein besseres Ansehen haben, wie Aschara. Aber ich hoffe nicht, dass wir uns in der nächsten Legislatur mit einer Enquetekommission beschäftigen müssen wie in Brandenburg, wo dann die Linken im Landwirtschaftsbereich alles bearbeiten müssen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, vielen Dank, meine Damen und Herren. Werte Frau Siegesmund, was an dem Thema aktuell ist, hat sich mir auch leider nicht erschlossen. Aber vielleicht ist Folgendes aktuell: Frau Scheringer-Wright, ich denke, das möchte ich ganz gern noch mal aus Ihrer Rede ausarbeiten. Sie haben ganz klar erkannt und heute hier auch formuliert, dass zwangskollektivierte Familien zu DDR-Zeiten Unrecht erlitten und diese ihre Chance gesehen haben.
(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: So habe ich es nicht gesagt. So drücken Sie es aus.)
Ich wollte das als positiven Erkenntnisgewinn rausarbeiten und habe mich diesbezüglich Ihres Erkenntniszuwachses gefreut.
Lassen sie mich mit einem kleinen Zitat beginnen, liebe Frau Siegesmund, und zwar aus dem BayerGutachten oder Bayer-Zitat. Sie erlauben, Frau Präsidentin: „Besonders problematisch war hierbei die Umstellung der Mitglieder in den LPGen von dem ehemals totalitären System der DDR auf die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland. In vielen Fällen wird man mit Recht behaupten, dass ein Großteil der betroffenen Genossenschaftsbauern mit den plötzlichen totalen Veränderungen mit dem Rechtsstaat überfordert waren.“, Seite 190, Zusammenfassung/Auswirkung auf Thüringen.
Es ist historisch mit Sicherheit interessant und bedeutend, Frau Siegesmund, da gebe ich Ihnen sogar recht. Aber wenn Sie an einer tatsächlichen Aufklärung interessiert wären, hätten Sie einen Antrag im Ausschuss gestellt. Viele Fragen, denke ich, die Sie auch hier in den Raum gestellt haben, sind unbeantwortet. Die lassen sich auch nicht so einfach beantworten. Von den 28 Fällen, die in der Studie erwähnt sind - wie viele sind denn da heute überhaupt noch offen und wie viele sind inzwischen durch hier schon von den Vorrednern mehrfach erwähnte privatrechtliche Klärungsmöglichkeiten geklärt, die auch in den letzten Jahren, Jahrzehnten existieren und in rechtssichere Methoden münden?