Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

(Abg. Dr. Augsten)

US-amerikanische Wirtschaft. Ein einfacher Marktzugang, der Abbau von Zöllen und die Harmonisierung industrieller Normen würden nicht nur dem Unternehmen helfen, Kosten einzusparen, sondern könnten auch Preisvorteile für Verbraucher bringen. Viele deutsche Unternehmen erhoffen sich zudem ganz konkrete Verbesserungen und Vereinfachungen zum Absatz ihrer Produkte im weltgrößten Absatzmarkt. Qualitativ hochwertige Arbeitsplätze könnten so gesichert und auch auf beiden Seiten des Atlantiks geschaffen werden. Das kann man nicht einfach so ausblenden und einfach wegwischen.

2. Wir fordern, dass das geplante Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen konsequent an bestehenden Standards ausgerichtet wird. Die Verhandlungen dürfen die Errungenschaften der EU und der einzelnen Länder und Regionen im Bereich der Sozial-, Arbeits-, Umwelt-, Agrar-, Lebensmittel- und vor allem der Gesundheitsstandards nicht infrage stellen. Im Gegenteil, das hohe Schutzniveau für die Verbraucher, Umwelt und Arbeit muss erhalten bleiben. Dasselbe gilt für das europäische Niveau von Verbraucherrechten und auch Datenschutzstandards. Die EU basiert auf einem sogenannten gemeinschaftlichen Besitzstand, also einem gemeinsamen Fundament aus Rechten und Pflichten, die für alle Mitgliedstaaten im Rahmen der Europäischen Union verbindlich sind. Darin enthalten sind ebenso hohe Bestimmungen zur Produktsicherheit wie auch die des Arbeitsschutzes und die Standards der ILO. Gerade die Berücksichtigung der ILO Kernarbeitsnormen bei europäischen Handelsabkommen haben wir im Koalitionsvertrag verankert. Denn Freihandeln darf nicht zum Einfallstor für Lohn- und Sozialdumping werden.

(Beifall SPD)

Die Sonderorganisationen der Vereinten Nationen stellen soziale Gerechtigkeit sowie Menschen- und Arbeitsrechte sicher. Die Beibehaltung dieser Standards ist im Verhandlungsmandat ausdrücklich vorgesehen. Uns ist wichtig, dass das auch während der ganzen Verhandlungen und im Ergebnis so bleibt.

3. Wir sind für die Einbeziehung der Anliegen von Gewerkschaften, Zivilgesellschaften, Wirtschaftsverbänden und Forschungseinrichtungen. Ihre Einbeziehung ist für einen erfolgreichen Abschluss des transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaftsabkommens außerordentlich wichtig. Denn dieses Abkommen ist ein Projekt, welches der breiten Bevölkerung und den Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks zugutekommen soll. Sowohl die EU-Kommission als auch die EU-Mitgliedstaaten stehen daher in engem Kontakt mit den unterschiedlichen Interessenvertretern und informieren jetzt regelmäßig über den Fortgang der Verhandlungen. Wir setzen uns dafür ein, dass auch die

amerikanische Seite der Veröffentlichung ihrer Dokumente für die EU-Mitgliedstaaten zustimmt. Das Transatlantische Freihandelsabkommen ist längst in der öffentlichen Debatte angekommen und das ist gut so. In der jetzigen Phase vor den eigentlichen Verhandlungen sind vor allem kritische Stimmen zu vernehmen. Auch deshalb wird sich die SPD für größtmögliche Transparenz auch über sensible Verhandlungspunkte wie den Investorenschutz einsetzen. Klar ist, dass noch offener auf die insbesondere von den Gewerkschaften geäußerten Anliegen eingegangen werden muss, denn gerade Arbeitnehmerrechte müssen gesichert bleiben. Wir wollen unvoreingenommen jeden Kritikpunkt prüfen, aber auch falsche Behauptungen über das Transatlantische Freihandelsabkommen aufklären, tatsächlich strittige Fragen identifizieren und die Verhandlungen konstruktiv begleiten.

4. Wir begrüßen die öffentliche Konsultation zum Thema „Investitionsschutz“. Die Bundes-SPD hatte bereits im September 2013 gerade vor diesen Gefahren in einem Brief an die EU-Kommission ausdrücklich gewarnt. Wir begrüßen, dass die EUKommission Ende Januar 2014 bekannt gegeben hat, gerade zum Bereich des Investitionsschutzes eine dreimonatige öffentliche Konsultation zur Klärung des Vorgehens zum Thema Investitionsschutz in den Verhandlungen mit den USA über ein transatlantisches Freihandelsabkommen zu beginnen. Im Anschluss will die EU-Kommission mit den EUMitgliedstaaten die EU-Verhandlungsposition zu diesem Thema festlegen. Dieser Prozess sollte auch genutzt werden, um ein Modell zu entwickeln, damit künftige EU-Abkommen transparenter sind, klarer definieren, wie weit der Investitionsschutz reichen darf, ohne die politische Gestaltung demokratisch gewählter Regierungen einzuschränken. Sie sehen, wir sind bei diesem Thema, denke ich, sehr nah beieinander. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. So kann die Landesregierung aus einer starken Position heraus bei Bund und EU für unsere Interessen eintreten. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Vielen herzlichen Dank, Frau Scheerschmidt. Es gibt einen Geschäftsordnungsantrag.

Frau Präsidentin, da die Sozialministerin Frau Taubert bei den letzten beiden Tagesordnungspunkten zwar den Bericht für die Landesregierung gegeben hat, aber offenbar kein Interesse hat, den Beratungen zu folgen, und auch keinen ihrer Kollegen bewegen kann, das Interesse wenigstens zu heucheln, beantrage ich, die Sitzung zu unterbrechen

(Abg. Scheerschmidt)

und das zuständige oder wenigstens ein Mitglied der Landesregierung herbeizurufen.

Den Geschäftsordnungsantrag auf Herbeirufung der Landesregierung würde ich jetzt abstimmen lassen. Wer diesem folgen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? Auch nicht. Dann unterbrechen wir jetzt die Sitzung bis 17.50 Uhr; in 8 Minuten dürfte es doch möglich sein, dass ein Vertreter oder eine Vertreterin der Landesregierung hierher kommt.

Es ist 17.50 Uhr und wenn sich der Herr Abgeordnete Reinholz entscheiden könnte, Mitglied der Landesregierung zu sein, könnten wir auch fortfahren.

(Heiterkeit im Hause)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist 17.50 Uhr. Die herbeigerufene Landesregierung ist nicht anwesend. Daher unterbreche ich die Sitzung erneut bis 18.00 Uhr und dann würde ich gern fortfahren und möchte darum bitten, dass ein zuständiges Mitglied der Landesregierung zu diesem Tagesordnungspunkt doch bitte hier auf den Regierungsbänken erscheint. Ich würde die PGFs noch einmal bitten, kurz hier nach vorn zu kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, leider ist die gewünschte Landesregierung noch ein Stück entfernt, so dass ich die Sitzung jetzt bis 18.30 Uhr unterbreche. Wir fahren hier um 18.30 Uhr mit der Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt fort, so die Landesregierung dann anwesend ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist 18.30 Uhr. Ich würde die Sitzung jetzt gern fortsetzen und begrüße recht herzlich auch die zuständige Landesregierung hier zurück zu unserer Debatte. Als Nächste in der Debatte hat das Wort die Abgeordnete Dr. Scheringer-Wright für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren am Live-Stream, liebe Kolleginnen und Kollegen, eigentlich ist das doch ein unglaubliches Schauspiel, was hier stattfindet.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da reden wir über ein Freihandelsabkommen, dann ist kein Vertreter der Regierung da. Dann stellt sich heraus, es sitzt einer verdeckt als Abgeordneter auf seinem Platz, und es stellt sich heraus, dass das auch noch der Abgeordnete und der Minister ist,

dessen Ressort von diesem Freihandelsabkommen maßgeblich betroffen sein wird.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht um Umweltstandards, es geht um Standards in der Landwirtschaft, da ist vor allem die Landwirtschaft, da sind die Bauern betroffen.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist ein Unsinn.)

(Unruhe CDU)

Da sitzt der verantwortliche Minister hier und fühlt sich nicht verantwortlich. Natürlich ist er nicht zuständig.

(Beifall SPD)

Ich weiß auch nicht, wo die zuständige Ministerin so lange hingelaufen ist.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Sie erzäh- len nur wieder Unsinn.)

(Unruhe CDU)

Das ist nicht dasselbe. Das habe ich jetzt das erste Mal so erlebt, Herr Primas.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Vermutlich hatte Herr Reinholz…)

(Unruhe CDU)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Dr. ScheringerWright.

Das Interessante ist, Herr Primas, ich muss darüber keine Informationen einholen, weil ich hier Zeitzeugin bin.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: … das ist dieselbe Nummer wieder.)

Reden Sie mit Ihrem Fraktionsvorsitzenden, Herr Primas. Der hat uns das alles eingehandelt, der macht hier aus manchen Menschen - genau, reden Sie mit Ihrem Fraktionsvorsitzenden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zu diesem Thema die Ausführungen, die der Redner unserer Fraktion, Knut Korschewsky, heute gemacht hat, noch einmal plastisch untermauern. Ich will das machen, weil hier in weiten Teilen des Hauses eine unglaubliche Ignoranz und auch Gutgläubigkeit herrscht. Aus den Ausführungen, zum Beispiel von Herrn

(Abg. Barth)

Heym, der angekündigt hatte, er möchte Herrn Korschewsky widersprechen, ist kein eigentlicher Widerspruch gekommen. Was aber gekommen ist bei den Ausführungen zu dem Antrag der CDU und SPD, ist, dass er so Floskeln bemüht hat, wie „wir werden uns dafür einsetzen, dass die Standards weitestgehend erhalten bleiben“. „Weitestgehend“ ist interpretierbar und heißt, dass man vielleicht ein paar Standards opfern muss. Er hat eine Floskel gebracht, wie „wir wollen die Gerichte durch die Schiedsstellen nicht völlig aushebeln lassen“. Das bedeutet aber, zum Teil schon. Zum Teil könnte er sich das vorstellen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Wissen Sie überhaupt, was ein Freihandelsabkom- men ist?)

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Nein.)

Ja, wissen Sie, das ist eben Ihre aufgeblasene Ignoranz hier.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Scheringer-Wright, ich würde auch Sie bitten, sich in der Wortwahl zu mäßigen.

Das große Problem bei Verhandlungen von Freihandelsabkommen war und ist die Intransparenz, das Verhandeln der Konzernlobbyisten hinter verschlossenen Türen. Das kennen wir auch bei WTOVerhandlungen, die Doha-Runde hat zum Beispiel 12 Jahre gebraucht, um etwas zu verabschieden. Warum die Runden bis dahin immer gescheitert waren, ist öffentlich nie richtig klar geworden. Auch wenn jetzt von einigen Rednern angeführt wurde, dass das jetzt im Zuge der Verhandlungen alles transparenter geworden ist, dann warne ich davor, ob das nicht vielleicht eine Taktik ist, ein sogenannter Smoke screen, um doch nicht deutlich werden zu lassen, was wirklich verhandelt wird.

Bei allen Verhandlungen zu solchen Freihandelsabkommen kommt es immer zu Kompromissen nach dem Recht des Stärkeren. Das bedeutet, dass wir, wenn wir, also die EU und Deutschland, mit unseren Exportgütern, zum Beispiel mit Automobilen und Maschinen, weiter den amerikanischen Markt bedienen wollen, auch Produkte zum Beispiel aus der Landwirtschaft hereinlassen müssen, auch wenn diese unseren Standards nicht entsprechen. Da kommt es dann schnell zu einem Ausspielen eines Wirtschaftsbereiches gegen einen anderen. Dann kommt es darauf an, welcher Wirtschaftsbereich machtpolitisch oder volkswirtschaftlich stärker ist oder stärker gesehen wird. Ein solches Ausspielen lehnt die Linke ab und Handelsbeziehungen, die so ausgehandelt wurden, unterstützen wir nicht,