Protokoll der Sitzung vom 22.05.2014

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wenn man es nicht über- weist, ist das auch kein Wunder.)

Wir haben unsere Position sehr ausführlich - 20 Minuten, meine Redezeit habe ich ausgeschöpft. Wir haben keine neuen Erkenntnisse zu dem Gesetzentwurf und bleiben dabei, wir lehnen den Gesetzentwurf ab und ich bitte, unserem Votum hier zu folgen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Dr. Lukin das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Themen aus dem Bereich Bau, Landesentwicklung und Verkehr hatten hier im Plenum selten das Glück, nach Erstbehandlung anschließend im Ausschuss weiterdiskutiert zu werden. Da waren sich SPD und CDU ausnahmsweise einmal einig. Dieses Schicksal widerfuhr auch dem ÖPNV-Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Nun mag man unterschiedlicher Meinung zu den einzelnen Änderungsvorschlägen sein, aber es hätte sich auf jeden Fall gelohnt, ein fast zehn Jahre altes Gesetz auf seine Tauglichkeit zu prüfen

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und eventuell Modifizierungsbedarf zu ermitteln. Schon rein formell müsste in § 8 Abs. 3 das neue Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz erwähnt werden. Aber ich habe, wie gesagt, wenig Hoffnung gehabt, dass sich das heute ändert, und so scheint es auch abschließend behandelt zu werden. Die Änderungsvorschläge liegen Ihnen vor. Es war einmal die Förderfähigkeit von alternativen, flexiblen Bedienformen, hier der Bürgerbus, die Erweiterung des Planungsraums für die Nahverkehrsplanung auf 20 Jahre, gleichzeitig verbunden mit einer Beratung und Beschlussfassung durch den Thüringer Landtag und unter Betonung angemessener Anhörung aller am ÖPNV Beteiligten sowie die Festlegung von Schritten einer sinnvollen Vertaktung der öffentlichen Verkehrsmittel im Freistaat.

Ich will kurz auf einige Punkte eingehen. Ich hatte im ersten Beitrag schon gesagt, dass wir die Aufnahme von Bürgerbussen als eine Form von ÖPNV in das Gesetz ablehnen. Der öffentliche Nahverkehr, so stellt es das Gesetz richtigerweise fest, ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Wenn sich also im Ort weder ein Geschäft noch eine Bushaltestelle befinden, dann halten wir es für problematisch, gesetzlich gefördert festzustellen, dass der Nachbar ohne Ausbildung als Busfahrer die Verkehrsverbin

(Minister Dr. Voß)

dung oder die Busfahrerdienste übernehmen sollte. Dies halten wir auch für bedenklich in Bezug auf die Lage der Berufskraftfahrer selbst. Ich denke, hier dürfte sich weder das Land noch ein Kreis noch eine Kommune aus der Verantwortung entfernen. Außerdem, wenn man argumentiert, man könne auch flexible Bedienformen fördern, sie sind in den Richtlinien zum Teil mit enthalten. Ich kann mir zwar vorstellen, dass es jetzt auf gesetzliche Ebene mit hochgenommen werden soll, weil Richtlinien auch relativ schnell geändert werden können, aber trotzdem, die Einführung flexibler Bedienformen ist bereits möglich. Wir stellen fest und wir wollen daran festhalten, dass solche Bedienformen immer nur in Zusammenarbeit mit den Verkehrsunternehmen eingerichtet werden dürfen, niemals als Ersatzlösung, einmal um den Status des Berufskraftfahrers zu sichern bzw. auch seinen Sozialstandard nicht zu senken.

Den Planungszeitraum auf 20 Jahre zu erhöhen, das hätten wir gern diskutiert. Ich möchte deswegen noch mal mein Bedauern zum Ausdruck bringen, dass dieser Gesetzentwurf nicht überwiesen wurde. Inwieweit die Notwendigkeit für 20 Jahre besteht, das könnte ich hier jetzt selbst auch nicht genau artikulieren, denn auf manche Anforderungen wie die Veränderung von Zughalten auf Veränderungen des Landesentwicklungsplanes müsste man auch in der Nahverkehrsplanung schneller eingehen können.

Positiv, um das noch mal hervorzuheben, ist die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Beschlussfassung durch den Landtag und ist auch die Fixierung, dass alle Beteiligten angehört werden müssen. Nun hat es gerade bei der Festlegung dieses Nahverkehrsplans viele Initiativen durch die Landesregierung gegeben, sowohl die Anhörung von Vereinen und Verbänden als auch die Regionalkonferenzen, aber nach der Devise, es wäre sicherer, wenn man es festlegen würde, dass sich jede folgende Landesregierung auch daran hält, wäre das ein Schritt gewesen, den wir mitgetragen hätten.

Einen Punkt kann ich Ihnen nicht ersparen, und zwar, unsere Fraktion - das hatten wir auch schon festgestellt - begrüßt alle Schritte in Richtung einer besseren Vertaktung des Thüringer Verkehrsnetzes.

Deswegen hat es mich gewundert, dass Sie nicht dem § 2 Abs. 3 zustimmen können, denn in Ihrem Koalitionsvertrag fordern Sie explizit: „Die Bildung eines Thüringer Verkehrsverbundes mit einem einheitlichen Tarif-, Fahrplan- und Taktsystem wird angestrebt.“

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum tun Sie sich so schwer, um diese Gesetzesinitiative zumindest an dieser Stelle zu unterstützen?

In der letzten Plenartagung war gerade die Frage eines Thüringer Busnetzes mit der Möglichkeit zentraler Buslinien sehr ausführlich diskutiert worden. Diese Forderung steht nicht nur allein hier im Raum, sondern vor fast genau zwei Jahren auf einer Tagung des Verbandes der Verkehrsunternehmen wurde ebenfalls darauf hingewiesen, dass das Problem im ländlichen Raum zumindest mit diesem Ansatz einer Lösung weiter zugeführt werden könnte. Das heißt, Prof. Gather hatte einige Vergleiche gezogen zwischen Bundesländern: Jeder Thüringer fährt im Jahr bis zu 800 km mit Bus und Bahn, in Schleswig-Holstein oder Brandenburg bis ca. 1.200 km. Dann war die Frage: Warum erbringen wir in Thüringen eine so hohe Betriebsleistung der Unternehmen und haben eine relativ geringere Beförderungsleistung? Nicht weil sie schlecht sind oder weil die Verbindungen nicht toll sind, sondern als eine der Ursachen wurde herausgearbeitet die relativ kleinen Gebietszuschnitte und die vielen Aufgabenträger. Deshalb war es eine Forderung der Unternehmen, ein zentrales Busliniennetz mit zu entwickeln, das würde natürlich...

(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Ist aber wieder einkassiert worden. Fordert keiner mehr!)

Das ist sehr unterschiedlich, wir haben diese Forderung zum Teil auch wieder gehört. Deshalb wäre es aber notwendig, wesentlich mehr Landesmittel wieder in die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs hineinzugeben. Seit 2011 sind dort die Landesmittel im Wesentlichen reduziert worden. Also man könnte diese Frage hier durchaus diskutieren. Ob man gleich Lösungen findet für die Verkehrsverbindungen im ländlichen Raum sei dahingestellt, aber zumindest bietet dieser Gesetzesvorschlag doch einen Ansatzpunkt für ausführliche Diskussionen dieses Themas.

Wie gesagt, in der jetzigen Form könnten wir ihm nicht zustimmen, ich hatte einige Punkte kritisch erwähnt, aber einer Diskussion hätten wir uns sehr interessiert zugewandt.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Doht das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch ich hatte mich in der ersten Beratung zu diesem Gesetz schon sehr eingehend und im Detail mit allen Paragrafen und vorgesehenen Änderungen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auseinandergesetzt und möchte das deswegen hier in diesem vollen Umfang nicht noch einmal tun. Ich will nur

(Abg. Dr. Lukin)

sagen, dass wir mit dem 20-jährigen Planungszeitraum nicht einverstanden sind, dass wir das für zu lange ansehen, um eine vernünftige Planung vorlegen zu können, dass wir auch die Bürgerbusse nicht als gleichwertigen Ersatz im ÖPNV-Gesetz festgeschrieben haben wollen und dass es nicht so ist, wie hier steht, dass dieser Gesetzentwurf keine Kosten verursachen würde. Im Gegenteil, würde dieser Gesetzentwurf so umgesetzt, entstünden zusätzliche Kosten und somit wäre erst einmal überhaupt eine haushaltsrechtliche Sicherstellung dieser Ausgaben im Haushalt vorzunehmen.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Ja, das werden aber nicht wir heute hier vornehmen, sondern das wird der nächste Landtag tun. Das allein ist schon ein weiterer Grund, diesen Gesetzentwurf abzulehnen.

Frau Dr. Lukin, es stimmt nicht, wenn Sie hier behaupten, dass wir die Themen nicht im Ausschuss diskutiert haben und Anträge selten an den Ausschuss überweisen.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Da hat sie recht.)

Wir haben grundsätzlich alle Themen im Ausschuss diskutiert. Dass wir nicht jeden Antrag, der hier im Plenum gestellt wurde, an den Ausschuss überwiesen haben,

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Fast keiner.)

hängt doch wohl mit der Verfahrensweise der Opposition und insbesondere von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zusammen, immer zuerst einen Selbstbefassungsantrag im Ausschuss zu stellen, das Thema dort zu diskutieren und das dann noch einmal als Antrag in das Plenum zu bringen. Da muss ich sagen, jedes Thema doppelt im Ausschuss zu diskutieren, das hat nichts mehr mit einer zielgerichteten Arbeit zu tun.

(Beifall CDU, SPD)

Da habe ich eine andere Auffassung. Wir sind kein Debattierklub, sondern wir müssen letztendlich etwas beschließen

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie wollen ja nichts beschlie- ßen, das ist ja das Problem.)

und wir wollen die Politik in diesem Lande voranbringen und das werden wir kaum schaffen, wenn wir jedes Thema x-mal im Ausschuss durchkauen, nur damit es noch einmal überwiesen wurde.

(Beifall SPD)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Untermann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Zuschauer auf der Tribüne, in der letzten Plenardebatte wurde bereits das Wichtigste gesagt. Daher möchte ich in aller Kürze einige Gründe nennen, warum wir den Gesetzentwurf ablehnen werden.

Laut § 2 im Entwurf soll der ÖPNV unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit eine attraktive Alternative zum motorisierten Individualverkehr sein, um dessen Notwendigkeit zu reduzieren. Um dies in einem Flächenland wie Thüringen zu erreichen, müsste aber der ÖPNV massiv ausgeweitet und vor allem überdimensional subventioniert werden. Das widerspricht letztlich jeder Wirtschaftlichkeit.

Sie wollen kreisübergreifende Busnetze einrichten. Das wird, wie im Entwurf vorgeschlagen, letztlich den Einsatz von Landesmitteln erfordern. Wo die entsprechenden Haushaltsmittel herkommen sollen, lassen Sie aber vollkommen offen, aber das ist nichts Neues.

Auch Ihre Gedanken eines flächendeckenden integralen Taktplans sind realitätsfern. Es wird immer nachfrageschwache Linien geben, auf denen nur zu wenigen Zeiten ein Verkehrsbedarf besteht. Den Rest des Tages würde dann wortwörtlich nur noch heiße Luft transportiert werden. Weiterhin ist der Gedanke, stärker auf flexible Angebotsformen zu setzen, zwar nicht verkehrt; Bürgerbusse würden allerdings in Konkurrenz zu den kleinen privatwirtschaftlichen Taxi- oder Verkehrsunternehmen treten und deren Existenz mit einem unlauteren Wettbewerb gefährden. Ganz abgesehen von den Problemen bei den Abrechnungen oder bei versicherungstechnischen Fragen.

Weiterhin möchte Ihre Fraktion zudem den Nahverkehrsplan für 20 Jahre ausstellen und alle fünf Jahre fortschreiben. Diesen langen Zeitraum halte ich für nicht sinnvoll und auch nicht umsetzbar. Die Meinung der Fraktion der FDP hat sich nicht geändert. Der Gesetzentwurf ist mit seinen beantragten Änderungen nicht praxistauglich. Wir werden ihn ablehnen. Danke schön.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Schubert das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir waren in der ersten Lesung zu diesem Gesetzentwurf noch nicht am Ende angelangt, ich hatte leider weniger Redezeit als Sie und so kann ich zum Glück heute die Gelegenheit nutzen, naht

(Abg. Doht)

los fortzuführen, zumal nach der Rede des Herrn Ministers letztes Mal, der behauptet hat, das Land solle Aufgabenträger spielen und ein Landesbusnetz betreiben. Nichts davon steht in diesem Gesetzentwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und was Sie gemacht haben, Sie haben einfach eine große Nebelkerze geworfen,

(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Das stimmt überhaupt nicht.)