Protokoll der Sitzung vom 28.04.2010

3. Zudem ist ein klares Meinungsbild bei den von einer eventuellen bundesrechtlichen Öffnungsklausel betroffenen Ländern derzeit nicht festzustellen. Es dürfte jedoch, wie in der vergangenen Legislaturperiode, einiges dafürsprechen, dass eine überwiegende Mehrheit der Länder einer Öffnungsklausel

zustimmend gegenübersteht. Deshalb führt die Landesregierung zur Thematik offene Gespräche mit Richtern, Interessenverbänden, Gewerkschaften, den Ländern und dem Bund.

Zu Frage 2: Hauptargumente für die Zusammenlegung von Gerichtsbarkeiten sind Entlastungseffekte durch mehr Flexibilität beim Personaleinsatz sowie durch Reduzierung von Personal- und Sachkosten. Jedem Argument für die Zusammenlegung, auch jedem Detailarguemt für die Zusammenlegung kann jedoch ein anderes Argument entgegengesetzt werden. So wird einer höheren Flexibilität beim Personaleinsatz der hohe Ausdifferenzierungsgrad des materiellen Rechts und vor allem des Prozessrechtes in Deutschland entgegengehalten. Dem richterrechtlich leichter möglichen Wechsel in ein anderes Rechts- oder Sachgebiet stünden eventuelle Reibungsverluste durch Einarbeitung, also durch eine langwierige Einarbeitung und dadurch eventuell verbundene Qualitätsverluste in der Rechtsprechung entgegen. Auch mögliche Synergieeffekte und Einsparungen bei Personal- und Sachkosten sind nur ein Aspekt. Denn fraglich ist, in welchem Zeitraum solche Synergieeffekte zu erreichen sind. Um dies zu verdeutlichen, erlauben Sie mir nur einen Hinweis auf eine Bedingung einer Zusammenlegung. Bedenken Sie etwa die unterschiedlichen Standorte in Thüringen der Sozialgerichte einerseits und der Verwaltungsgerichte andererseits. Veränderungen können hier bestenfalls mittel- oder langfristig wirken. Für die erheblich belastete Sozialgerichtsbarkeit war und ist jedoch eine kurzfristige und nachhaltige Unterstützung notwendig. Deshalb wurde der Personalbestand im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit gegenüber 2004 im Bereich des richterlichen Personals verdoppelt. Deshalb unterstützt die Thüringer Landesregierung auch die Initiativen auf Bundesebene zur Änderung des Grundgesetzes, um die Leistungsgewährung nach dem SGB II aus einer Hand sicherzustellen.

Zu Frage 3: Nur die Hansestadt Bremen hatte bis zum 31. Dezember 2008 von einer befristeten bundesrechtlichen Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht. Bei Beibehaltung der getrennten Gerichtsbarkeiten konnten danach bis zum 31. Dezember 2008 sozialgerichtliche Verfahren durch besondere Spruchkörper der Verwaltungsgerichte und der Oberverwaltungsgerichte geführt werden. Die so gebildeten besonderen Spruchkörper hatten die verfahrensrechtlichen Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes anzuwenden. Es war also keine vollständige Zusammenlegung. Dem Vernehmen nach hat Bremen mit dieser Übergangsregelung damals gute Erfahrungen gemacht. Allerdings ist kein anderes Land dem Beispiel Bremens gefolgt. Auch sind nach auslaufender Übergangsregelung keinerlei Bestrebungen bekannt geworden, diese im Vermittlungs

ausschuss zum Hartz-IV-Gesetz im Dezember 2003 gefundenen Übergangsregelungen erneut aufzugreifen. Ich glaube, die aktuellen Probleme der Sozialgerichtsbarkeit lassen sich mit einer solchen Regelung nicht lösen.

Zu Frage 4: Wie bereits in meinen Vorbemerkungen erwähnt, ist die kontroverse Diskussion um die Zusammenlegung in vollem Gange. Zu Wort melden sich Praktiker, Wissenschaftler, Politiker und Interessenverbände. Nur beispielhaft möchte ich auf eine Pro-und-Kontra-Diskussion, veröffentlicht in der Deutschen Richterzeitung im November 2008 auf den Seiten 310 und 311, verweisen. Prof. Ulrich Goll, der Justizminister von Baden-Württemberg, und Andrea Nahles, Mitglied des Deutschen Bundestags, tauschten hier die Für- und Wider-Argumente aus, die im Wesentlichen die Probleme nennen, die auch die Grundlagen für meine Antwort waren. Vielen Dank.

Es gibt keine Nachfragen zu diesem Thema? Ich rufe die Anfrage des Abgeordneten Barth, FDPFraktion, in der Drucksache 5/796 auf.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Stellenausschreibung einer Koordinatorin/eines Koordinators für die Lutherdekade und das Reformationsjubiläum

Im Thüringer Staatsanzeiger Nr. 15/2010 ist auf Seite 443 eine Stellenausschreibung für eine Koordinatorin/einen Koordinator für die Lutherdekade und das Reformationsjubiläum zu finden. Demnach plant das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur zum nächstmöglichen Zeitpunkt, diese Stelle zu besetzen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wurde diese Stellenanzeige über den Staatsanzeiger hinaus in weiteren Medien veröffentlicht, falls ja, welche Medien waren das, und falls nein, weshalb wurde auf eine weitere Veröffentlichung verzichtet?

2. Zu welchem Zeitpunkt hat die Landesregierung beschlossen, die Stelle einer Koordinatorin/eines Koordinators für die Lutherdekade auszuschreiben?

3. Welchen zusätzlichen Nutzen verspricht sich die Landesregierung durch die Schaffung dieser Stelle im Vergleich zu ihren bisherigen Anstrengungen bei der Begleitung des Reformationsjubiläums?

4. In welchem Haushaltstitel und in welcher Höhe sind die Personalkosten für die Koordinatorin/den Koordinator für die Lutherdekade und das Reformationsjubiläum eingestellt?

Diese Frage beantwortet Staatssekretär Prof. Merten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren Abgeordneten, werter Abgeordneter Barth, namens der Landesregierung beantworte ich Ihre Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Nein, mit der landesweiten Publikation der Ausschreibung wird ein hinreichend großer Interessentenkreis angesprochen.

Zu Frage 2: Eine Stellenausschreibung bedarf keiner Beschlussfassung durch die Landesregierung.

Zu Frage 3: Mit der Einstellung einer Koordinatorin/eines Koordinators wird angestrebt, die weiter anwachsenden Aktivitäten für die Lutherdekade und das Reformationsjubiläum inhaltlich aufeinander abzustimmen und die Repräsentation des Freistaats Thüringen zu intensivieren.

Zu Frage 4: Die Personalkosten für die Koordinatorin/den Koordinator werden aus dem Personalbudget des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur erbracht. Zur Höhe der Personalkosten wird angemerkt, dass sich die Eingruppierung aus der Tätigkeitsbeschreibung ergibt. Diese ist Bestandteil des Arbeitsvertrags.

Offensichtlich gibt es dazu ein bis zwei Nachfragen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Das ist in der Tat so. Sehr geehrter Herr Staatssekretär, wenn Sie sagen, dass Sie Ihrer Meinung nach mit dem Staatsanzeiger eine hinreichend große Öffentlichkeit erreichen, dann würde mich doch an der Stelle interessieren, wie denn nach Ihrer Kenntnis insbesondere vielleicht auch in der Zielgruppe, in der ein möglicher Lutherkoordinator, der ja ausweislich der Stellenausschreibung über gewisse Qualitäten, gewisse Vorbildungen verfügen soll - wäre nicht schlecht, denke ich auch -, inwieweit also der Staatsanzeiger speziell in diese Zielgruppe hineinwirkt insbesondere ausweislich des Verteilers des Staatsanzeigers.

Werter Abgeordneter, die Landesregierung legt immer hohen Wert auf hohe Qualität und hohe Vorbildung; in diesem Falle natürlich auch, wie Sie der Ausschreibung haben entnehmen können. Die Landesregierung hat überhaupt keinen Zweifel, dass vor dem Hintergrund der jetzt erfolgten Ausschreibung im Freistaat Thüringen sich genau solche Personen mit derart hohen Qualifikationen und hohen Anforderungen, wie wir sie formuliert haben, finden werden.

Sie haben eine weitere Nachfrage?

Ich würde noch einmal auf den letzten Punkt kommen. Zweifelsfrei - das überrascht auch niemanden - ist die konkrete Höhe der Vergütung sicherlich Sache des Arbeitsvertrags. Trotzdem gelten im öffentlichen Dienst gewisse Regeln, unter anderem auch, was die Frage betrifft, dass das entsprechend eingestellt sein muss in einem Haushalt. Deswegen würde mich die Höhe schon noch einmal interessieren, in welcher Höhe Mittel denn im Landeshaushalt im Einzelplan 04 an dieser Stelle eingestellt sind oder werden sollen, wenn es vielleicht erst zum 01.01.2011 zu einer Einstellung kommt, was ja auch denkbar ist.

Sie fragen ja spezifisch nicht nach einer Gehaltsgruppe. Da wiederum hätte ich auf die schutzwürdigen Daten des Mitarbeiters oder potenziellen Mitarbeiters/der potenziellen Mitarbeiterin verwiesen. Was die Frage der exakten Höhe der Einstellung im Haushalt betrifft, werde ich das gern nachreichen, die habe ich nicht im Kopf bei einem so großen Haushalt, wie wir ihn haben. Die Daten werde ich Ihnen dann gern zukommen lassen.

Es gibt keine weiteren Anfragen.

Ich rufe jetzt die Anfrage der Frau Abgeordneten Hennig, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/798 auf. Diese wird gestellt von Herrn Abgeordneten Bärwolff.

Vermittlung jugendlicher Erwerbsloser in Arbeit und Ausbildung

Am 17. April 2010 haben die Bundesminister von der Leyen und Westerwelle eine Offensive angekündigt, um - so Westerwelle - „mit dem Prinzip ‚Fordern und Fördern’ endlich ernst zu machen“ (nachzulesen in der TA vom 19. April 2010). Innerhalb von sechs Wochen soll jedem Leistungsempfänger unter 25 Jahren ein „verpflichtendes Arbeits- und Fortbildungsangebot“ gemacht werden. Sonst drohe eine empfindliche Leistungskürzung. Die Landesregierung könnte über die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit ebenfalls darauf hinwirken, das Leistungsempfänger noch besser unterstützt werden; zudem werden die Thüringer Kommunen über die Mitverantwortung für die ARGEn ganz sicher in die Umsetzung des Programms einbezogen sein.

Frau Hennig fragt die Landesregierung:

1. Ab wann gilt nach Kenntnis der Landesregierung diesmal die Frist von sechs Wochen, innerhalb derer allen jungen Menschen im Hartz-IVBezug ein Angebot unterbreitet werden soll?

2. Wie hoch wird nach Kenntnis der Landesregierung der jeweilige Anteil von Arbeits- bzw. von Fortbildungsangeboten an den Gesamtangeboten sein, die den jungen Menschen unterbreitet werden?

3. Bei welchen Betrieben und Arbeitsstellen sollen nach Kenntnis der Landesregierung die Arbeitsangebote unterbreitet werden und ist hierbei an normale tarifvertragliche Arbeitsverhältnisse gedacht, an Arbeitsplätze bei außerbetrieblichen Trägern, die extra für dieses Programm geschaffen werden, oder an Ein-Euro-Jobs?

4. Welche arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen könnten nach Ansicht der Landesregierung dann zur Anwendung kommen, wenn aufgrund der o.g. Initiative der Bundesminister die Zahl ordentlicher Arbeitsverhältnisse, die den erwerbslosen Jugendlichen angeboten werden, z.B. die Größe von fünf Prozent der erwerbslosen Jugendlichen nicht überschreitet?

Diese Anfrage beantwortet Staatssekretär Staschewski.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Hennig, vorgetragen vom Abge

ordneten Bärwolff, für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Bereits nach der geltenden gesetzlichen Regelung, § 3 Abs. 2 SGB II, sind erwerbsfähige Hilfebedürftige, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unverzüglich, nachdem sie einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt haben, zu vermitteln. Ob die Bundesregierung eine Änderung des Gesetzes beabsichtigt, ist nicht bekannt.

Zu Fragen 2 und 3, die würde ich gern gemeinsam beantworten: Die von der Bundesregierung angekündigte Offensive für bessere Arbeitsmarktchancen für junge Menschen wurde am 21. April 2010 im Bundeskabinett beschlossen. Die Vermittlung von erwerbslosen Hilfeempfängern obliegt grundsätzlich der Bundesagentur für Arbeit, auch wenn dies vor Ort gemeinsam mit den Kommunen in den ARGEn geschieht. Welche konkreten Maßnahmen die Bundesregierung in diesem Zusammenhang plant, ist derzeit nicht bekannt. Nach dem Wortlaut der zum Kabinettsbeschluss veröffentlichten Eckpunkte geht es in der geplanten Initiative darum, bestehende Aktivierungsregelungen noch konsequenter umzusetzen. Welche Angebote konkret unterbreitet werden können, ist abhängig vom jeweiligen regionalen Arbeitsmarkt.

Zu Frage 4: Die einschlägigen Bundesgesetze enthalten etliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen bzw. Förderinstrumente, die eingesetzt werden können, wenn sie im Einzelfall für die Integration der betreffenden Jugendlichen hilfreich sind. Wie erfolgreich die Aktivierungs- und Vermittlungsoffensive sein wird, lässt sich aufgrund der Ankündigung der Bundesregierung nicht einschätzen. An die Landesregierung ist der Bund im Hinblick auf eine erforderliche Abstimmung, insbesondere zu der im Kabinettsbeschluss angekündigten Bündelung der regionalen Aktivitäten, bislang nicht herangetreten.

Es gibt keine weiteren Fragen dazu. Ich rufe die nächste Frage auf, die des Abgeordneten Kemmerich, FDP-Fraktion, in Drucksache 5/799. Der Parlamentarische Geschäftsführer übernimmt die Aufgabe, diese vorzutragen. Sie können mir ja künftig alle vorgeben und ich trage sie vor.

Herzlichen Dank für das Angebot, Frau Präsidentin, darauf komme ich gerne zurück.

Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kemmerich, FDP

Auswirkungen der Einschränkungen im Luftverkehr in Thüringen

Die Flugsicherung hat wegen der Asche des isländischen Vulkans, ersparen Sie mir bitte den Namen, den deutschen Luftraum geschlossen. Verschiedene europäische Flughäfen und Lufträume öffneten zumindest vorübergehend, so auch der Erfurter Flughafen. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hans-Peter Keitel, hat mitgeteilt, dass in vielen Branchen der Wirtschaftskreislauf bereits jetzt „erheblich gestört ist“. Wenn die in der Weltwirtschaft vorhandenen Wertschöpfungsketten über einen längeren Zeitraum unterbrochen würden, „kommen wir in eine ernste Lage“.

Abgeordneter Kemmerich fragt die Landesregierung:

1. Welche Anstrengungen wurden unternommen, um im genannten Zeitfenster der Öffnung eine Umleitung von Flugzeugen, z.B. aus Frankfurt, auf den Erfurter Flughafen zu fördern?

2. Welche Fluggesellschaften haben bezüglich Landeerlaubnis am Erfurter Flughafen angefragt, als dieser zwischenzeitlich geöffnet wurde?

3. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass aufgrund der Beschränkung des Thüringer Luftraumes bereits Auswirkungen auf die Thüringer Wirtschaft entstanden sind, und von welchen Folgekosten für die Thüringer Wirtschaft wird derzeit ausgegangen?