Protokoll der Sitzung vom 30.04.2010

Mit unseren Vorschlägen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir in diesem Haushalt Unnötiges und Überflüssiges streichen: das Landesarbeitsmarktprogramm, das Landeserziehungsgeld, die Energie- und Green-Tech-Agentur oder auch Schulpädagogen für eine Schulart, die es noch gar nicht gibt, für die es noch nicht einmal ein Konzept gibt. Wir streichen nicht, um zu sparen, um etwa Geld auf die sprichwörtlich hohe Kante zu legen. Wir kürzen Ihre überzogenen Ansätze, damit Thüringen weniger Schulden aufnehmen muss,

(Beifall FDP)

damit Thüringen künftig weniger Geld für Zinsen ausgeben muss. Wir kürzen Ihre überzogenen Ansätze, damit unsere Kinder in vielen Jahren letztlich weniger für die Tilgung von Schulden aufbringen müssen, für die sie selbst überhaupt gar nichts können. Wir verzichten darauf, ohne Not Begehrlichkeiten zu wecken und Strukturen zu schaffen, die uns in den nächsten Jahren das Sparen zusätzlich erschweren.

Herr Kollege Mohring, Sie haben ja in den letzten Tagen durchaus erfolgreich versucht, sich das Bild des Mahners zu geben, sich als Mahner zu profilieren und die Botschaft zu transportieren, Sie würden ja gern anders handeln, wenn Sie nur könnten.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das hat er schon bereut.)

Ich verstehe es, dass Sie das tun und ich teile auch Ihr Unbehagen, welches Sie dazu veranlasst, sich so zu profilieren. Aber am Ende entscheidet nun einmal nicht der Wille, am Ende entscheidet die Tat und diese Tat heißt 821 Mio. € neue Schulden für Thüringen. Das ist nun einmal, das kann ich Ihnen nicht ersparen, auch das Ergebnis des Handelns der größten Regierungsfraktion. Es sei genügend Spielraum im Haushalt vorhanden, um die Neuverschuldung um 200 Mio. € insgesamt zu senken, haben

Sie noch vor einigen Wochen verkündet. Sie wissen auch, wem Sie es zu verdanken haben, dass Sie entgegen Ihrer eigenen Überzeugung dieser Rekordverschuldung zustimmen müssen. Unverantwortlich und dem Ernst der Lage nicht angemessen, haben Sie das Nein der Sozialdemokraten zu Ihrer Forderung bezeichnet.

Deshalb haben wir heute einen Antrag vorgelegt, in dem wir Ihnen noch mal die Möglichkeit geben, sich verantwortlich und dem Ernst der Lage angemessen zu verhalten. Wir schlagen deshalb vor, diese 200 Mio. € Globale Minderausgabe noch mal aufzurufen und werden das auch zur namentlichen Abstimmung stellen.

(Beifall FDP)

Wenn Sie sagen, dass Sie vielleicht wegen Ihrer 60 Mio. € dieses Einsparvolumen nicht mehr haben, dann haben wir einen Alternativantrag vorbereitet und stellen einen Antrag auf 140 Mio. € Globale Minderausgabe, um Sie aufzufordern: Bekennen Sie sich, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu einer zukunftsgerechten Zukunft in Thüringen auch für kommende Generationen durch einen zukunftsgerechten Haushalt und lehnen Sie diesen Haushalt deshalb gemeinsam mit uns ab. Herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Höhn von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, vor allem Herr Kollege Ramelow, Herr Kollege Barth - war das alles? War das alles an Substanz Ihrer Kritik an dem vorgelegten Haushaltsentwurf? Wenn das wirklich alles war, dann komme ich zu der Schlussfolgerung: Es ist ein guter Haushalt, der uns heute zur Abstimmung vorliegt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das sind doch die CDU-Redebeiträge vom letzten Mal.)

Wir nehmen zur Kenntnis - das geht vor allen Dingen in Richtung FDP, obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hatte, nach den zwei Tagen von FDPBaching, das berechtigterweise Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ereilt hat, mich nur in sehr begrenzter Weise zu beteiligen, muss

ich Ihnen nach Ihrem jetzigen Vortrag hier sagen: Mit Klamauk und im Verteilen irgendwelcher roten Laternen, das hat nun weiß Gott nichts mit Verantwortung für das Land zu tun.

(Beifall SPD)

Damit können Sie, um in Ihrem Bild zu bleiben, weiß Gott keinen Blumentopf gewinnen. Herr Ramelow, bei Ihrem Bild, das Sie vorhin gezeichnet haben von dem Kapitän, der in stürmischer See sei und ein fehlendes Konzept hätte,

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Zuhören, Kollege Höhn! Das war das Bild von Frau Ministerpräsidentin.)

da muss ich Ihnen sagen, ein Kapitän bei stürmischer See auf der Brücke, hielte er ein Konzept in den Händen, ginge sein Schiff höchstwahrscheinlich unter. Er braucht einen klaren Kurs

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Der fehlt doch bei Euch.)

und er muss vor allem das Steuer fest in der Hand halten, darauf kommt es an. Und das tut diese Regierung, das tun die beiden die Regierung tragenden Fraktionen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Dieser Haushalt - das ist in den letzten zwei Tagen noch einmal sehr, sehr deutlich geworden - ist der derzeitigen Situation des Landes, aber auch der derzeitigen Situation der Rahmenbedingungen, die sich um diesen Haushalt ranken, mehr als angemessen, er ist verantwortbar, er ist verantwortlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn gestern Frau Kollegin Dr. Klaubert bei ihrer Einzelplanberatung zu der Erkenntnis gekommen ist, dass dieser Haushalt - sie hat das auf den Einzelplan 10 bezogen - durchaus deutliche sozialdemokratische Züge oder einen sozialdemokratischen Stempel trägt, dann will ich ihr ja noch nicht einmal widersprechen. Ich will das allerdings auf den gesamten Haushalt bezogen wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das Zauberwort heißt nämlich Investitionen,

(Beifall SPD)

Investitionen in Köpfe, Investitionen in Bildung und in Kinder, also in unsere Zukunft, auch in Beton, das ist natürlich auch noch notwendig. Es gibt kaum noch ein Bundesland, das alle Förderprogramme so ausfinanziert, wie das Thüringen nach wie vor tut. Auch das ist eine Leistung, die man anerkennen muss. Aber in Köpfe, in Bildung, in Kinder - das sind wahrlich

rentierliche Investitionen.

(Beifall SPD)

Dafür, meine Damen und Herren - auch wenn es schwerfällt, auch wenn es immer zu hoch ist, egal welche Summe betroffen ist -, für solche Investitionen darf man dann auch ins Obligo gehen. Denn die Schuldenaufnahme, die vor allen Dingen bei den Kolleginnen und Kollegen der Opposition das Hauptargument oder den Faden ihrer Argumentation darstellt, ist uns nicht leichtgefallen, meine Damen und Herren, aber sie ist auch an dieser Stelle verantwortbar und vor allen Dingen an vielen Stellen unabweisbar gewesen.

(Beifall SPD)

Alles andere - siehe Vorschläge der FDP - wäre unter anderem auch - und wir sehen das als Sozialdemokraten nun einmal so und dabei bleiben wir auch: Der soziale Frieden im Land ist der Wert an sich, den gilt es zu bewahren.

(Beifall SPD)

Dafür steht auch dieser Haushalt und dafür sind wir auch bereit, in Verantwortung auch diese Schuldenaufnahme zu rechtfertigen. Natürlich muss es uns gelingen - mein Kollege Mohring hat zu Recht darauf hingewiesen -, den Einstieg in den Schuldenausstieg hinzubekommen. Das werden wir auch, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn Sie sich den Entschließungsantrag der Koalition einmal genau anschauen, da beschreiten wir genau diese lange Linie, die wir bereit sind, gemeinsam zu gehen und wo auch die SPD sich ihrer Verantwortung bewusst ist und auch sich dieser schweren Aufgabe für die Zukunft stellen wird. Das kann ich von dieser Stelle aus schon heute sagen.

Lassen Sie mich auch an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich betonen: Wenn es denn so ist, dass der Haushalt, wie man so schön sagt, das Königsrecht des Parlaments, das Highlight eines jeden Jahres in der Debatte des Parlaments ist, dann will ich mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich für die gezeigte Zusammenarbeit, für den Zusammenhalt innerhalb der Koalition bedanken, die es erst möglich gemacht hat, dass wir uns dieser nicht leicht zu bewältigenden Aufgabe auch gestellt haben und ein solches Ergebnis vorlegen konnten. Das ist ein Ergebnis des sehr kollegialen Miteinanders innerhalb der Regierung und es ist ein Ergebnis des sehr kollegialen und konstruktiven Miteinanders innerhalb der Koalition bis hinein in die Details. Dafür, denke ich, darf man auch durchaus einmal einen Beifall zollen.

(Beifall CDU, SPD)

Diese Koalition ist in der Lage, schwierige Themen, schwierige Probleme zu bewältigen. Wir haben das nicht nur beim Haushalt bewiesen, wir haben das auch am gestrigen Tage mit der Abstimmung über das Kita-Gesetz bewiesen. Wir sind trotz unterschiedlicher Ausgangspositionen - das darf man an dieser Stelle auch einmal betonen - in der Lage, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen, und das bringt Thüringen voran. Deshalb, meine Damen und Herren, ohne Umschweife, dieser Haushalt hat es verdient, eine breite Zustimmung des Parlaments zu bekommen. Dafür möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich werben. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Frau Siegesmund von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Abgeordnete, ich darf das letzte Wort auf Fraktionsebene haben in dieser unserer ersten Haushaltsdebatte. Das freut mich sehr. Mich freut auch, sagen zu können, dass ich natürlich sehr aufmerksam dieser Debatte gelauscht habe und ganz froh darum bin, dass wir eine gute politische Kultur in der gegenseitigen Auseinandersetzung und eine sachliche Debatte erlebt haben. Es gab sicher ein paar Übertreibungen, es gab auch ein paar Anmaßungen, aber daran werden wir uns offensichtlich gewöhnen müssen.

Mein zweiter Eindruck ist, dass manche Abgeordnete immer noch nicht glauben können, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Landtag eingezogen sind. Ich will deshalb sehr gern mit einem Zitat von Joschka Fischer beginnen. Joschka Fischer, der - und es kommt nicht das Zitat „Mit Verlaub, Herr Präsident...“, dafür gibt es keinen Grund, sondern jetzt kommt das Zitat - einmal sagte: „I am not convinced“.

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, Sie sagten zu Beginn der Debatte, wir müssen zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen. Aber allein das Wie steht weiter im Raum. Sie sagten, wir brauchen eine Aufgabenkritik. Die Frage ist nicht beantwortet, bis wann wir diese bekommen. Vielleicht kommt es nachher noch seitens der Finanzministerin, das würde ich mir wünschen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sagen, wir brauchen Konzepte, damit die jungen Menschen nicht aus Thüringen auswandern. Auch darüber habe ich in dieser Debatte nichts gehört.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viele Fragezeichen, deswegen sage ich noch mal nicht nur „I am not convinced“, sondern ich steigere das noch: I am not convinced at all.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich kurz zum von Herrn Höhn eben noch mal benannten Entschließungsantrag kommen, der hier als Tischvorlage reinflatterte. Sie sehen es uns nach, auch daran müssen wir uns gewöhnen, dass in so wichtigen Debatten wie einem Haushalt von 10 Mrd. € zwischendrin Entschließungsanträge kommen, an denen wir ablesen können und sollen als Oppositionsfraktion, was die Leitlinien dieses Haushalts sind. Ich muss Ihnen sagen, das ist auf zwei Seiten schlicht und ergreifend dünn.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist dünn und eigentlich ist es nicht einmal der Rede wert, deswegen werde ich dazu jetzt auch nicht mehr viel sagen, außer dass ich mich einfach nur gewundert habe. Deswegen habe ich auch an manchen Stellen den Eindruck gehabt, dass nicht nur wir üben - ich sage das ganz bewusst als bündnisgrüne Fraktion, denn es ist unser erster Haushalt, den wir hier begleiten dürfen, wenn auch ein besonderer, weil mitten im laufenden Haushaltsjahr -, sondern ich habe auch den Eindruck, dass Schwarz-Rot noch üben muss. Das ist ein teures Üben und ein teurer Erkenntnisgewinn an dieser Stelle.