Protokoll der Sitzung vom 26.05.2010

Danke, Herr Präsident.

Unerlaubte Datenerhebung durch Google

Wie kürzlich bekannt wurde (siehe beispielsweise FAZ vom 18. Mai 2010), hat das Unternehmen im Zuge seines ohnehin schon umstrittenen „StreetView-Projekts“ jahrelang auch „persönliche Daten von Internetnutzern aus nicht verschlüsselten Funknetzen (W-Lan) erfasst“ und gespeichert. Die sogenannte „Street-View-Cars“ haben nicht nur SSIDs und MAC-Adressen von WLAN-Routern gescannt, sondern offenbar auch Inhalte von unverschlüsselten WLAN-Kommunikationen mitgeschnitten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Haltung nimmt bzw. wird die Landesregierung zu der Frage öffentlich einnehmen?

2. In welcher Weise ist nach Kenntnis der Landesregierung der Freistaat Thüringen von dieser Problematik betroffen?

3. Welche Maßnahmen unternimmt bzw. welche Maßnahmen hat die Landesregierung unternommen, um die im Freistaat lebenden Personen davor zu schützen?

4. In welcher Weise wird die Landesregierung gegen die unerlaubte Datenerhebung durch Google sanktionierend tätig werden?

Für die Landesregierung antwortet das Innenministerium. Herr Staatssekretär Geibert, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bergner beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Der Landesregierung liegen keine hinreichenden Erkenntnisse vor, um das Verhalten von Google verlässlich bewerten zu können. Dies ist auch nicht ihre Aufgabe, denn die Zuständigkeit für die Datenschutzkontrolle für Google Deutschland liegt beim Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Er hat - wie den Medien zu entnehmen ist - Google unter Fristsetzung aufgefordert, Einsichtnahme in die gespeicherten Daten zu gewähren und für den Fall, dass Google dieser Aufforderung nicht nachkommt, ein Bußgeld bis zur Höhe von 300.000 € in Aussicht gestellt. Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft Hamburg ein Ermittlungsverfahren gegen namentlich nicht bekannte Mitarbeiter von Google Deutschland wegen des Verdachts des Abfangens von Daten nach § 202 b Strafgesetzbuch eingeleitet.

Zu Frage 2: Dazu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

Zu Frage 3: Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, liegt die Zuständigkeit für die datenschutzrechtliche Kontrolle von Google Deutschland beim Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Die Landesregierung begrüßt dessen konsequentes Vorgehen. Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass die Landesregierung bereits im März dieses Jahres sowohl durch Medieninformationen als auch auf der Homepage des Innenministeriums die Bürger über ihre Rechte informiert hat.

Zu Frage 4: Insoweit möchte ich auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 verweisen.

Vielen Dank.

Danke, Herr Staatsekretär. Ich sehe, es gibt eine Nachfrage durch den Fragesteller.

Herr Staatssekretär, erst einmal danke für die Antwort. Sehe ich das richtig, wenn also auch die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft positiv sein sollten, mit anderen Worten, der Tatbestand sich erhärten würde, würden Sie immer noch keine Zuständigkeit der Landesregierung sehen?

Die Zuständigkeit richtet sich nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder und die Zuständigkeit der Landesregierung für Verfahren im Datenschutzrecht knüpft an die Betriebsstätte an. Die Betriebsstätte Google Deutschland wäre Hamburg. Die Zuständigkeit für Straftatbestände wäre davon isoliert zu prüfen durch die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft dort, wo das Delikt begangen wurde oder der Straftäter seinen Wohnsitz hätte.

Danke für die Auskunft.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Doch, es gibt eine Nachfrage durch den Abgeordneten Adams.

Herr Staatssekretär, ich kenne aus der Praxis auf der Ebene der Landkreise oder in der kreisfreien Stadt Erfurt Folgendes, dass die Stadt Erfurt in einer Stadtsatzung z.B. das Filmen in Parks der Stadt Erfurt an eine Genehmigung geknüpft hat. Wäre das nicht ein Weg, dass Kommunen bzw. Landkreise in Thüringen sagen, wenn unsere Straßen gefilmt werden oder hier auf öffentlichen Plätzen Filmaufnahmen oder Abfotografien stattfinden, dass man dies mindestens an eine Genehmigung knüpft, um da auch prüfen zu können, ob derjenige vertrauenswürdig ist oder es sich um Google Deutschland handelt?

Im Gegensatz zu dieser Frage der kommunalrechtlichen Genehmigung gibt es die privatrechtliche Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Aufnahmen, die, denke ich, effektiver wäre.

Danke, Herr Staatssekretär. Es gibt keine weiteren Nachfragen. Es ist ja bereits erwähnt worden, dass die Drucksache 5/994 zurückgezogen wurde, des

halb rufe ich auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Berninger von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/995.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Abschiebung eines palästinensischen Flüchtlings aus Thüringen in jordanischen Polizeigewahrsam

Nach Informationen des Flüchtlingsrats Thüringen e.V. wurde am Abend des 18. Mai 2010 ein palästinensischer Flüchtling aus dem Landkreis Gotha nach Jordanien abgeschoben. „Seit seiner Ankunft in Amman/Jordanien befindet er sich im jordanischen Polizeigewahrsam. Völlig ungeklärt ist, wie er überhaupt von Amman in die Palästinensischen Gebiete (Westbank) einreisen soll. Der Reiseweg ist ungeklärt und die Lebenssituation gefährlich. Bundesweit sind aus diesem Grund keinerlei Abschiebungen von palästinensischen Flüchtlingen bekannt.“, so der Thüringer Flüchtlingsrat in einer Pressemitteilung. Im Vorfeld der Abschiebung hatte das Verwaltungsgericht Meiningen - trotz der Feststellung, es gelte generell, dass „eine Ausreise aus palästinensischen Gebieten (Westbank und Gaza-Streifen) auch mit Unterstützung der Deutschen Botschaft in Tel Aviv und des Vertretungsbüros in Ramallah nicht sichergestellt werden kann“ - einen kurzfristig gestellten Eilantrag auf Abschiebeschutz abgelehnt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Trifft es zu, dass dieser Vorgang im Bundesgebiet derzeit einmalig ist bzw. Abschiebungen nach Jordanien/in das Westjordanland derzeit aufgrund des unsicheren Reiseweges durch die Behörden im gesamten Bundesgebiet nicht durchgeführt werden, bzw. sind der Landesregierung weitere Fälle von Abschiebungen in die palästinensischen Gebiete bekannt?

2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung - insbesondere vor dem Hintergrund der im Dezember 2008 durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Meiningen in letzter Minute verhinderten Abschiebung eines palästinensischen Flüchtlings durch die Ausländerbehörde Eisenach - zur Entscheidung der Ausländerbehörde des Landkreises Gotha, die Abschiebung trotz des bekanntermaßen unsicheren Reisewegs durchzuführen bzw. zuzulassen?

3. Trifft es zu, dass Herrn Al-Masharga, der seit 1999 in Deutschland lebte, bisher ein Bleiberecht verweigert wurde, weil die deutschen Behörden seine Angaben zur Identität und seine Personaldokumente nicht für glaubhaft befanden, und dass er

jetzt mit genau diesen Dokumenten abgeschoben wurde, die bislang der Grund dafür waren, ihm eine aufenthaltsrechtliche Perspektive in Deutschland zu verweigern, und wie bewertet die Landesregierung diese Vorgehensweise?

4. Wird sich die Landesregierung vor diesem Hintergrund, dass sich Herr Al-Masharga seit seiner Ankunft in Amman in jordanischem Polizeigewahrsam befindet, für eine sofortige Rücküberstellung nach Deutschland einsetzen und wie begründet sie ihre Auffassung?

Für die Landesregierung antwortet das Innenministerium, wiederum Herr Staatssekretär Geibert.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Berninger beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Nach Aussage der Bundesbehörden ist der Weg über Jordanien ein sicherer Reiseweg. Aufgrund des hohen organisatorischen Aufwandes werden Rückführungen allerdings nur in Einzelfällen durchgeführt.

Zu Frage 2: Das Verwaltungsgericht Meiningen hat am 18. Mai 2010 im vorliegenden Fall den Antrag des Ausländers, ihm Rechtsschutz zu gewähren, abgelehnt. Damit war die Ausländerbehörde verpflichtet, die Abschiebung zu vollziehen. Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Meiningen in anderen Fällen haben insofern keinerlei rechtliche Bedeutung.

Zu Frage 3: Im vorliegenden Fall ist der Ausländer seit dem Jahr 1999 insgesamt 20-mal untergetaucht und hat aus diesem Grunde die Voraussetzungen für ein Bleiberecht nicht erfüllt.

Zu Frage 4: Nach Auskunft der Bundespolizei hat der Ausländer das Westjordanland erreicht. Dies bestätigt, dass der Weg über Jordanien ein sicherer Reiseweg ist.

Es gibt eine Nachfrage, Frau Abgeordnete.

Wenn er das Westjordanland erreicht hat, würde ich gern wissen, inwieweit er dort über eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung verfügt, inwieweit

diese auch durch den Staat Israel genehmigt ist und er somit auch die Möglichkeit hat, die Grenzen der Westbank zu verlassen - das ist die erste Frage. Die zweite Frage: Wo im Westjordanland befindet er sich?

Die Frage besteht insgesamt aus drei Teilfragen, die ich alle gleichlautend mit, ist mir nicht bekannt, beantworten kann.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch die Fragestellerin.

Zunächst eine Bemerkung: Meines Erachtens ist die Frage 4 nicht beantwortet worden, ob sich die Landesregierung für eine Rücküberstellung einsetzen wird. Meine Nachfrage - die erste wäre: Sie haben, Herr Geibert, die Frage 3 damit beantwortet, dass er insgesamt 20-mal untergetaucht sei und deshalb keine Berechtigung zu einer bleiberechtlichen Regelung habe. Aber zu der Frage der Anzweiflung der Personaldokumente bzw. Identität, ob trotz dieser Anzweiflung die Abschiebung jetzt angeordnet wurde, haben Sie nichts gesagt. Können Sie das noch mal konkretisieren?

Sehr gern, Frau Abgeordnete, zunächst zu Frage 4: Die Frage 4 beruht in ihrem Gehalt ja darauf, dass er sich noch in jordanischem Polizeigewahrsam befindet, das ist nicht der Fall.

Zu Frage 3: Die Personaldokumente wurden als echt im Verfahren festgestellt. Es wurden lediglich weitere gefälschte Dokumente im Verfahren vorgelegt, auf denen dann diese Bewertung beruhte. Der Hinweis auf das Untertauchen bezog sich auf die Anwesenheitszeit, die erst dann läuft, wenn er sich wieder rechtmäßig im Land befindet.

Die Fragestellerin noch einmal.

Kann ich Ihrer Antwort auf Frage 4 entnehmen, dass Sie sich nicht für eine Rücküberstellung einsetzen werden?

Wir hatten angekündigt für den Fall, dass ihm die Durchreise nicht möglich wäre, dass wir die Kosten der Rücküberstellung getragen hätten. Aber die Frage stellt sich nicht, weil er sich nicht mehr im Polizeigewahrsam befindet.

Und die zweite Nachfrage aus der Mitte des Hauses.