Protokoll der Sitzung vom 28.05.2010

Herr Abgeordneter, Sie haben sicherlich bemerkt, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage durch den Abgeordneten Augsten.

Herzlich gern.

Herr Kollege Ramelow, da sich die FDP noch gemeldet hat, wäre es Ihnen möglich, noch in Ihre Fragen aufzunehmen, was die FDP von Planungssicherheit hält für Unternehmen?

Das ist eine interessante Frage.

(Beifall DIE LINKE)

Wir machen bei uns in der Fraktion immer Wetten, welche Begründungen gegen unsere Anträge stehen.

Wir haben mittlerweile sechs Punkte gefunden, die immer zur Ablehnung unserer Anträge führen. Dazu gehört, dass irgendwas in unseren Anträge so sehr an die DDR erinnert. Planungssicherheit hat was mit Planung zu tun. Ich glaube, da ist eine ganze Planungsgesellschaft den Bach runtergegangen. Aber ich glaube, Unternehmen brauchen Planungssicherheit und zur Planungssicherheit gehört eine Einspeisevergütung, mit der man kalkulatorisch umgehen kann, auf die man auch längerfristig bauen kann, sonst investiert kein Unternehmer. Aber so viel Erkenntnis ist bei der FDP zurzeit nicht zu erwarten, weil das nicht in die eigene Klientelpolitik passt.

Ich wollte aber auf den einen Punkt noch mal eingehen: Die Frage einer Renditeerwartung zwischen Atomstrom und Solarstrom. Wenn die Renditeerwartung für beide Fonds gleich hoch ist, könnte man sagen, aus der Sicht der FDP wäre das egal. Aus meiner Sicht ist es nicht egal, weil in die Atomstromphilosophie die gesamte Entsorgung und Endlagerung nicht eingepreist ist, während bei Solarenergie jede Investition, die wir dort hineinbringen, dazu führt, dass das Risiko der unkalkulierten Endlagerung des Atomstroms beendet wird. Insoweit geht es tatsächlich um eine völlig verfehlte Renditeerwartung durch Verlängerung der Laufzeiten bei Atomkraftwerken. Das ist volkswirtschaftlich eine Katastrophe und eine völlige Fehlentwicklung sowie eine Marktverzerrung in Größenordnungen. Asse lässt grüßen. Wir müssen als Steuerzahler im Moment Asse bereinigen. Die Fondsverwalter, die am Atomstrom beteiligt sind, interessiert das überhaupt nicht. Dann haben wir zwar einen billigen Atomstrom, den aber am Schluss der Steuerzahler als Generalumlage bezahlen muss. Das körperliche Risiko, das wir durch diese Belastung haben, Stichwort Erkrankung, Leukämie und andere Fragen, wird völlig ausgeblendet. Deswegen ist mir eine sichere Rendite über Solaranlagen und Solarproduktion einfach lieber.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn diese Rendite noch halbwegs in dem abgesenkten Bereich läge, über den wir gerade reden, nämlich volle Absenkung oder Teilabsenkung, wenn das der Unterschied in der Renditeerwartung wäre, dann lägen wir bei vielleicht 6 oder 8 Prozent Renditeerwartung für so einen Fonds. Wenn wir mal in so eine Richtung kämen, dass wir endlich wegkommen von 25 Prozent Eigenkapitalrendite - wie dieser Herr Ackermann uns ständig erzählt -, dann hätten wir die Rückbindung bei tatsächlich normalen kalkulatorischen Erwartungen, also kaufmännisch kalkulatorische Erwartungen, verbunden mit dem ökologischen Umbau, den wir dringend brauchen.

Da kommt der entscheidende Punkt und das kann ich der FDP nicht durchgehen lassen. Herr Kurth, Ihr

Generalsekretär twittert überall durch die Welt, was er für ein Kämpfer ist als Thüringer Abgeordneter gegen die Solarstromabsenkung. In dem Punkt, wo die CDU- und FDP-Abgeordneten im Bundestag umgefallen sind, twitterte er gar nichts mehr dazu, da war Ruhe im internationalen Netz.

(Beifall DIE LINKE)

Dann wollte er nicht mehr an die markigen Sprüche, die er vorher gemacht hat, erinnert werden. Ich frage mich nur, welchen Auftrag haben diese Abgeordneten? Vertreten die nicht Thüringer Interessen im Bundestag? Das ist für mich ein unerklärlicher Vorgang.

Meine Damen und Herren, es ist richtig angesprochen worden, im Bundesrat brauchen wir die Mehrheit. Im Vermittlungsausschuss brauchen wir Mehrheiten, damit wir mit dem Bundesrat und dem Bundestag zu einer Veränderung dieser Einspeisevergütung kommen. Insoweit hätte ich mir gewünscht, dass die Thüringer CDU-Bundestagsabgeordneten und FDP-Bundestagsabgeordneten Wort gehalten hätten und gemeinsam mit allen anderen Thüringer Bundestagsabgeordneten gegen diese radikale Absenkung gestimmt hätten.

(Beifall DIE LINKE)

Dann wäre es nicht der Weltuntergang von Frau Merkel gewesen, es wäre auch nicht der Weltuntergang von schwarz-gelb gewesen - was ich mir gewünscht hätte -, es wäre schlicht und ergreifend in den Vermittlungsausschuss gegangen. Nicht mal die Kraft zu haben, im Bundestag so viel Mumm in den Knochen zu haben, seinen Thüringer Wahlauftrag wahrzunehmen, sondern zu sagen, wir haben keine Argumente gehört, wir machen da mal ein bisschen mit und sich dann herauszumogeln als Generalsekretär der Partei, deren Fraktion hier auch sitzt. Es ist Ihr Generalsekretär, es ist nicht ein in einem fernen Raumschiff sitzender Bundestagsabgeordneter, sondern ein mit einem Thüringer Mandat ausgestatteter Vertreter.

Ich bleibe dabei, für Thüringen ist die Frage der Solareinspeisung und der Solareinspeisegebühr eine langfristige Frage unserer Arbeitsplätze. Der Umbau unserer Energie muss auch Zentrum einer Leitidee für dieses Land sein. Deswegen ist das weg von den Großanlagen hin zu vielen kleinen Anlagen, hin zu regenerativer Energie, hin zu einem Energiemusterland Deutschlands zu werden - das wäre mal eine Leitidee für dieses Land. Dazu müssen wir auch berücksichtigen, was wir an Solarproduktion in Thüringen haben. Wir müssen die Solarproduktion in der Produktionskette sogar noch vertiefen, verstärken. Wir müssen die Wertschöpfungskette erhöhen und

wir müssen auf die Dächer in Thüringen auch genügend Solaranlagen bekommen - also nicht nur Nein zur Atomkraft zu sagen, nicht nur Nein zur 380-kVLeitung zu sagen, sondern Ja zu einem Musterland der Energie. Dazu gehört eben auch als ein Teilelement die Einspeisegebühr. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen wir uns ja gern überholen durch bessere Anträge, wenn sie wirklich besser wären.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

In einem entscheidenden Punkt kommt es aber darauf an, ob wir die Absenkung, diese deutliche und radikale Absenkung, noch massiv verhindern, behindern oder wenigstens über den Vermittlungsausschuss einen Kompromiss bekommen, mit der Planungssicherheit für alle am Markt beteiligten Unternehmen, Einspeiser und Abnehmer möglich ist.

(Beifall DIE LINKE)

Das wäre ein Ausgleich. Und, meine Damen und Herren, es hätte endlich eine Gesamtkalkulation auch der gesamten Produktion beinhaltet. Das bedeutet, dass man wirklich aufhören muss, die atomare Endlagerung aus unserem Fokus immer wieder rauszumanipulieren. Die atomare Endlagerung ist das eigentlich kostentreibende Element, das zurzeit von niemandem einkalkuliert wird. Deswegen ist mir eine ehrliche Kalkulation und eine ehrliche Subvention von Solarstrom lieber als eine unehrliche Fortführung von der Atomtechnologie und der Megamonstertechnologie, von der wir, glaube ich, alle Abstand nehmen sollten - Tschernobyl lässt grüßen. Ich glaube, es gibt da nur einen gemeinsamen Umstieg. Für uns und für unsere Arbeitsplätze in Thüringen wäre es gut, wenn wir dort ein Bekenntnis hätten, dass diese Form der Auseinandersetzung in den Mittelpunkt kommt, nämlich dass Solarstromeinspeisung ein Teilelement ist zum Umbau unseres Landes für nachhaltige und regenerative Energie. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Danke, Herr Abgeordneter. Für die FDP-Fraktion hat jetzt um das Wort gebeten Abgeordneter Recknagel.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, das ist schon spannend, wieder mal so eine Diskussion zu erleben. Ich möchte zunächst einmal auf ein paar Einwürfe, die es heute gegeben hat, eingehen, weil sie doch ganz gut illustrieren, wie viel Sachkenntnis hier im Raum ist. Dieser Vergleich mit dem Son

nenstudio und der Solarenergie, da möchte ich eines dazu sagen: Der wesentliche Umstand, wenn Sie Licht, was von der Sonne kommt, über Photovoltaik in Strom umwandeln und anschließend im Sonnenstudio wieder in Licht verwandeln - der wesentliche Punkt, der mir als Ingenieur dabei einfällt, ist ein sauschlechter Wirkungsgrad.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Bei einem kostenlosen Energieträger.)

Herr Adams, Sie haben nicht recht, der Energieträger ist nicht kostenlos. Denn die Gewinnung von Strom aus Solarenergie kostet durchaus so viel Geld, dass Sie offenbar der Meinung sind, man müsse es subventionieren.

(Beifall FDP)

Dann noch einmal der Hinweis: Ich habe eben gehört, die chinesischen Solarmodule seien ja hochsubventioniert. Mit subventionierten Produktionsanlagen würden die jetzt quasi zum Spottpreis auf den europäischen Markt geworfen. Wir diskutieren hier über Subventionen, die der Energieverbraucher zu bezahlen hat in Deutschland. Da frage ich mich doch ernsthaft, wo ist da der Unterschied? Gibt es gute und schlechte Subventionen? Sind sie deswegen schlecht, weil sie Arbeitsplätze in anderen Ländern schaffen? Was halten Sie eigentlich von einer weltweiten Gerechtigkeit? Dort werden Arbeitsplätze geschaffen, hier werden Arbeitsplätze geschaffen offenbar. Also das ist doch schon ein ganzes Stück weit doppelzüngig.

Herr Ramelow, Sie haben den Begriff der Planungssicherheit angesprochen. Planungssicherheit gut und schön, wünscht sich jeder, perfekt in der Planwirtschaft, führt leider zum Konkurs.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: In der Tat halbjährlich.)

Planungssicherheit braucht man sicherlich in einem gewissen Maße. Aber über eines können wir uns durchaus klar und sicher sein, nämlich Anpassung an veränderte Marktbedingungen können Unternehmer wirklich gut und das traue ich denen zu. Ob Sie das denen auch zutrauen, weiß ich nicht. Ich habe da manchmal meine Zweifel. Aber sich an veränderte Bedingungen anzupassen, da habe ich überhaupt keinen Zweifel.

Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch des Abgeordneten Adams zu einer Zwischenfrage. Gestatten Sie diese?

Sie sprachen gerade von der Planungssicherheit und Sie haben gesagt, dass Unternehmer, das möchte ich auch noch mal unterstreichen, sich natürlich auf neue Marktbedingungen einstellen können. Würden Sie sagen als selber Unternehmer, dass eine halbjährliche Anpassung z.B. solcher Gesetze wie das EEG noch darunter fällt, dass Unternehmer sich neuen Marktlagen unterwerfen, oder ist es nicht ein vollkommenes Würfelspiel geworden, wie ich meine Investitionen, die sicherlich mindestens ein Jahr lang geplant werden, später wieder reinvestieren kann?

Gewohnt ist ein Unternehmer ganz sicher, sich an unterschiedliche Marktlagen anzupassen. Sie sprechen aber hier natürlich darauf an, dass sich die Gesetzeslage ändert. Aber da möchte ich doch noch mal ein Lieblingsthema der Liberalen -

Herr Abgeordneter …

sofort, danach - aufrufen: Die Gesetzeslage ändert sich beispielsweise im Steuerrecht etwa in dem gleichen Takt. Also auch das sind wir als Unternehmer durchaus gewohnt und damit sind wir durchaus geschult umzugehen.

(Beifall FDP)

Die nächste Zwischenfrage bitte.

Die hat sich erledigt.

In der Diskussion ging es darum: Renditesicherung. Herr Ramelow, das ist schon ein starkes Stück, wenn Sie das so erwähnen und sich zum Vorkämpfer für die Rendite der privaten Anleger der Fonds stark machen. Ich sehe hierin vor allem eines:

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sie haben mich nicht verstanden.)

Das sind Rückzugsgefechte, die wir immer und immer wieder erleben, wenn es darum geht, einmal geschaffene und einmal etablierte Subventionen in irgendeiner Form zurückzunehmen und zurückzuführen. Das haben wir bei der Steinkohleförderung gesehen, das haben wir meinetwegen auch bei der Kernenergie gesehen, das sehen wir in der Landwirtschaft, das sehen wir an jeder Stelle - diese Rückzugsgefechte werden dann gern hier im öffentlichen Raum ausgetragen. Das EEG, das ErneuerbareEnergien-Gesetz, ist durchaus ein Erfolgsmodell. Das gestehe ich gern zu. Ich bin durchaus davon angetan und begeistert, weil es nämlich einen wichtigen Schritt unterstützt: die Entwicklung hin zu erneuerbaren Energien. Es hat nur einen entscheidenden Geburtsfehler und den haben diejenigen, die es damals beschlossen haben, zu vertreten. Dieser Geburtsfehler ist der, dass es die technischen Innovationen unberücksichtigt lässt. Es legt nämlich von vornherein den Weg der technischen Innovationen fest. Man hat festgeschrieben, es gibt für Windenergie diesen Betrag, es gibt für Photovoltaik jenen deutlich höheren Betrag und das sind politische Festlegungen gewesen, die völlig unbeachtet jeglichen technischen Wissens getroffen wurden, einfach so,

(Beifall FDP)

weil den Entscheidenden damals jemand eingeredet hat, Photovoltaik ist doch eine tolle Sache, obwohl sie - ich komme wieder auf den Wirkungsgrad - weit, weit hinter allen anderen Erzeugungsmöglichkeiten erneuerbarer Energien zurückfällt. Es gibt nämlich heute schon erneuerbare Energien, die schon seit langen Jahren lohnend sind, die sich wirtschaftlich bewähren, die im Wettbewerb standhalten können, die sogar Kernenergie, Kohle oder sonst irgendwelchen anderen Erzeugungsmöglichkeiten gegenüber konkurrenzfähig sind. Das ist z.B. Gezeitenenergie, das ist z.B. Wasserkraft, Flusswasserkraftwerke, Speicherkraftwerke.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nehmen wir doch Gezei- tenenergie in Thüringen.)

Da ist das durchaus möglich. Man hat aber durch die politisch gewollte Auswahl von verschiedenen Innovationswegen festgelegt, dass man diese Wege gehen möchte, und hat damit auch festgelegt, dass man die anderen Wege gerade nicht geht. Denn die hätten sich dann, auch wenn sie viel näher an der Wirtschaftlichkeit sind, erst mal nicht gelohnt. Man berücksichtigt also gerade nicht die Auswahl nach Effizienz, nach den besten technischen Möglichkeiten, man berücksichtigt nicht die Kreativität von Ingenieuren, die möglicherweise mit anderen Techniken viel besser, viel schneller eine lohnende, eine konkurrenzfähige Möglichkeit der Erzeugung aus er

neuerbaren Energien geschaffen hätten.